Profane Zeitgeschichtsschreibung des ausgehenden 4. und frühen 5. Jahrhunderts: (D1) Nicomachus Flavianus, (D2) Anonymus, (D3) Epitome de Caesaribus, (D4) Sulpicius Alexander, (D5) Renatus Profuturus Frigeridus 350679292X, 9783506792921, 783657702756 [P (2024)

PROFANE ZEITGESCHICHTSSCHREIBUNG DES AUSGEHENDEN 4. UND FRÜHEN 5. JAHRHUNDERTS

KLEINE UND FRAGMENTARISCHE HISTORIKER DER SPÄTANTIKE (KFHist)

ERAUSGEGEBEN VON RUNO

LECKMANN UND

ARKUS TEIN

2) AURELIUS FLAVIANUS VICTOR (D 1)(B NICOMACHUS HISTORIAE ABBREVIATAE (D 2) ANONYMUS

(D 3) EPITOME DE CAESARIBUS (D 4) SULPICIUS ALEXANDER (D 5) RENATUS PROFUTURUS FRIGERIDUS

PROFANE ZEITGESCHICHTSSCHREIBUNG DES AUSGEHENDEN 4. UND FRÜHEN 5. JAHRHUNDERTS

Bruno Bleckmann, Barbara Court und Antonia Knöpges

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Vorwort Im vorliegenden Band sind die lateinischen profangeschichtlichen Autoren aus dem Modul D („Profane Zeitgeschichtsschreibung des ausgehenden vierten und frühen fünften Jahrhunderts“) zusammengestellt, die über die Profangeschichte vom dritten bis zum fünften Jahrhundert berichten, dabei aber – im Unterschied zu den auf einzelne Kaiser konzentrierten panegyrischen Darstellungen im Modul C – zu den von ihnen beschriebenen Ereignissen schon in einer größeren und oft kritischen Distanz stehen1 und im Unterschied zu den im Modul B behandelten Sammelbiographien historische Zusammenhänge ausführlicher würdigen. Den Hauptplatz im Modul nimmt die Epitome de Caesaribus (D 3) ein, die neben Übernahmen aus Aurelius Victor, aus Eutrop oder aus der Enmannschen Kaisergeschichte zahlreiche Passagen einer Quelle enthält, die auch von Ammianus Marcellinus benutzt worden ist und Übereinstimmungen mit der spätgriechischen Tradition (Eunap bzw. Zosimos und Zonaras) zeigt. In den durch die Übereinstimmungen umgrenzten Stücken könnte ein Autor des ausgehenden vierten Jahrhunderts überlebt haben, der in der Kontinuität senatorischer Zeitgeschichtsschreibung eine eingehende Behandlung gerade auch der jüngeren Geschichte bot. Unabhängig ob man diese von J. Schlumberger und M. Festy dargelegten Vorstellungen von der Quellengrundlage der Epitome de Caesaribus teilt oder nicht, kann die Vorlage einer deutschen Übersetzung einen Beitrag dazu leisten, im akademischen Unterricht diesen wichtigen Autor stärker zu beachten 2. Dem Interesseschwerpunkt der KFHist folgend, nämlich der Dokumentation der spätantiken Geschichte, beschränkt sich der historische Kommentar (mit wenigen Ausnahmen) wie bereits bei Aurelius Victor (KFHist B 2) und Eutrop (KFHist B 3) auf die Epoche des dritten und vierten Jahrhunderts, während der philologische Kommentar wegen der Notwendigkeit, die Eigenarten des spätantiken Historikers zu erschließen, den gesamten Zeitraum erfasst. 1

Eine ganz scharfe Grenze kann hier nicht gezogen werden. Die Origo Constantini war vielleicht Teil eines größeren Geschichtswerks, das sich nicht auf den Kaiser Konstantin beschränkte. 2 Die tschechischsprachige Ausgabe der Epitome de Caesaribus, die I. Prchlík kürzlich vorgelegt hat, konnte aus Zeitgründen nicht mehr in den vorliegenden Band eingearbeitet werden.

(D 1–5) Profane Zeitgeschichtsschreibung des 4. und 5. Jh.

VI

Neben der Epitome de Caesaribus enthält der Band weitere lateinische Profanhistoriker des ausgehenden vierten und beginnenden fünften Jahrhunderts. Relativ sicher zu datieren sind die zeithistorischen Geschichtswerke des Sulpicius Alexander und des Renatus Profuturus Frigeridus (D 4 und 5), die nach 393 bzw. nach 430 bis ca. 455 geschrieben haben. Sie bieten den Beleg dafür, dass es auch nach Ammianus Marcellinus eine größer dimensionierte lateinische Geschichtsschreibung gab. Ein bis zwei Generationen früher schrieb Nicomachus Flavianus (D 1) ein prominentes Geschichtswerk, dessen Identifizierung mit der Hauptquelle der Epitome de Caesaribus zwar umstritten ist, aber weiterhin als möglich erscheint. Schließlich verdient auch der von Symmachus angeschriebene anonyme Senator, der sich der Rhetorik und gleichzeitig der Historiographie widmet, Berücksichtigung, weil auch bei ihm die Beschäftigung mit der Zeitgeschichtsschreibung zumindest nicht ausgeschlossen ist (D 2). Die Einordnung dieser beiden Autoren in das Modul D erfolgt dabei wohlbemerkt nur aufgrund einer hypothetischen Vermutung über den Gegenstand ihrer historiographischen Bemühungen. Nicht behandelt worden sind dagegen profangeschichtliche Autoren, die die spätantike Zeitgeschichte nicht erfasst haben, also etwa Nummius Aemilianus Dexter oder Protadius 1, ferner Autoren, bei denen nicht einmal sicher ist, ob ihre schriftstellerische Aktivität überhaupt mit Geschichtsschreibung identisch war 2. Die philologischen Einleitungen stammen von B. Court, ebenso der durch lateinische Lemmata eingeleitete Kommentar. Die historische Einleitung und den historischen Kommentar (nach deutschen Lemmata) zu D 3 (Epitome de Caesaribus) hat A. Knöpges verfasst, die auch den Gesamtindex angefertigt hat, die Einleitungen und Kommentare zu den übrigen Autoren B. Bleckmann. Für die Übersetzung von D 3 wurde von B. Court ein erster Übersetzungsentwurf, den Mejra Reichert-Lindermann 2019 fertiggestellt hatte, völlig überarbeitet und meistens durch eigene Lösungen ersetzt. Unser Dank gilt den Teilnehmerinnen und Teilnehmern des Düsseldorfer Colloquiums für die Diskussion und Evaluation verschiedener Stellen, insbesondere Markus Stein, sowie dem Colloquium von Jürgen Hammerstaedt in Köln, das wiederholt Gelegenheit bot, philologische Fragen zu diskutieren. Für Hilfe beim Korrekturlesen danken wir Niklas Fröhlich und Vgl. Van Hoof / van Nuffelen, Fragmentary Latin Histories, Nr. 4 und 5. Vgl. zu Naucellius, Favius und Consentius (Van Hoof / Van Nuffelen, Fragmentary Latin Histories, Nr. 6, 11 und 12) Bleckmann, Rezension Van Hoof / Van Nuffelen. 1 2

Vorwort

VII

Mehran Nickbakht. Abbildungen verschiedener Handschriften haben wir dem freundlichen Entgegenkommen von Marek Thue Kretschmer (Paris), Claudia Davidts und Norbert Wex (beide Stadtarchiv Soest) zu verdanken. Darüber hinaus gilt der Dank wie immer der Nordrhein-Westfälischen Akademie der Wissenschaften und der Künste für die Finanzierung und Förderung des gesamten Projekts.

Düsseldorf, im Frühjahr 2023 Bruno Bleckmann, Barbara Court und Antonia Knöpges

Inhaltsverzeichnis Vorwort

V

Verzeichnis abgekürzt zitierter Quellen und Literatur I. Abkürzungen II. Quellen III. Literatur

XIII XV XXXI

(D 1) Nicomachus Flavianus EINLEITUNG I. Historische Bemerkungen (B. Bleckmann) II. Bemerkungen zum Text (B. Court) 1. Überlieferung der Zeugnisse 2. Sprache und Stil a) Nicomachus Flavianus und die Historia Augusta b) Nicomachus Flavianus als Verfasser von Gesetzestexten c) Mögliche Spuren des Nicomachus Flavianus in der Epitome de Caesaribus

3 19 19 19 19 20 22

TEXT (B. Court) UND ÜBERSETZUNG (B. Bleckmann) Erklärung der Siglen, Zeichen und Abkürzungen Text und Übersetzung

25 26

KOMMENTAR (B. Bleckmann / B. Court)

35

(D 2) Anonymus EINLEITUNG I. Historische Bemerkungen (B. Bleckmann) II. Bemerkungen zum Text (B. Court) 1. Überlieferung und Editionen 2. Zur Textkonstitution und Anlage des kritischen Apparats

57 57 57 58

TEXT (B. Court) UND ÜBERSETZUNG (B. Bleckmann) Erklärung der Siglen, Zeichen und Abkürzungen Text und Übersetzung

61 62

X

(D 1–5) Profane Zeitgeschichtsschreibung des 4. und 5. Jh.

KOMMENTAR (B. Court)

65

(D 3) Epitome de Caesaribus EINLEITUNG I. Historische Bemerkungen (A. Knöpges) 1. Zeit und Ort der Entstehung 2. Zu den Quellen a) Augustus bis Domitian b) Nerva bis Elagabal c) Severus Alexander bis Carinus d) Diokletian bis Gratian e) Theodosius 3. Tendenz und Profil II. Bemerkungen zum Text (B. Court) 1. Handschriftliche Überlieferung 2. Die neuzeitlichen Drucke und modernen Editionen 3. Zur Textkonstitution und Anlage des kritischen Apparats 4. Bemerkungen zur Orthographie 5. Sprache und Stil 6. Sprachliche Aspekte der Datierung

73 74 80 83 84 86 87 89 90 96 96 105 107 117 120 125

TEXT (B. Court) UND ÜBERSETZUNG (B. Court, mit Vorarbeiten von M. Reichert-Lindermann) Erklärung der Siglen, Zeichen und Abkürzungen 141 Text und Übersetzung 144 KOMMENTAR (B. Court / A. Knöpges)

229

(D 4) Sulpicius Alexander/ (D 5) Renatus Profuturus Frigeridus EINLEITUNG I. Historische Bemerkungen (B. Bleckmann) 1. Sulpicius Alexander 2. Renatus Profuturus Frigeridus II. Bemerkungen zum Text (B. Court) 1. Handschriftliche Überlieferung 2. Die Editionen

435 436 438 441 441 444

Inhaltsverzeichnis

3. Zur Textkonstitution und Anlage des kritischen Apparats 4. Bemerkungen zur Orthographie 5. Sprache und Stil a) Sulpicius Alexander b) Renatus Profuturus Frigeridus 6. Anmerkungen zur Übersetzung TEXT (B. Court) UND ÜBERSETZUNG (B. Bleckmann) Erklärung der Siglen, Zeichen und Abkürzungen Sulpicius Alexander KOMMENTAR (B. Bleckmann / B. Court) Renatus Profuturus Frigeridus

XI

447 449 452 453 456 457

459 460 471 494

KOMMENTAR (B. Bleckmann / B. Court)

503

INDEX (A. Knöpges)

519

Verzeichnis abgekürzt zitierter Quellen und Literatur I. Abkürzungen AE

L’Année épigraphique

BHAC

Bonner Historia Augusta Colloquium

BNJ

Brillʼs New Jacoby

CAH

Cambridge Ancient History

CCL

Corpus Christianorum, Series Latina

CFHB

Corpus Fontium Historiae Byzantinae

Chron. min.

Th. Mommsen (Hg.), Chronica minora saec. IV. V. VI. VII. 3 Bde. (MGH AA 9. 11. 13), Berlin 1892–1898

CIL

Corpus Inscriptionum Latinarum

CSEL

Corpus Scriptorum Ecclesiasticorum Latinorum

CSHB

Corpus Scriptorum Historiae Byzantinae

DNP

Der Neue Pauly

EKG

Enmannsche Kaisergeschichte

FC

Fontes Christiani

FGrHist

Fragmente der griechischen Historiker

GCS

Die Griechischen Christlichen Schriftsteller, Berlin 1897–

Georges

K. E. Georges, Ausführliches Lateinisch-Deutsches Handwörterbuch, 2 Bde., Hannover 131972

HAC

Historiae Augustae Colloquium

H.-Sz.

J. B. Hofmann / A. Szantyr, Lateinische Syntax und Stilistik (HdbAW 2,2,2), München 1965 (verbess. ND 1972)

HdbAW

Handbuch der Altertumswissenschaft

ILS

Inscriptiones Latinae Selectae, hg. v. H. Dessau

K.-H.

R. Kühner / F. Holzweissig, Ausführliche Grammatik der lateinischen Sprache. Erster Band: Elementar-, Formenund Wortlehre, Hannover 21912 (ND Darmstadt 1978)

K.-St.

R. Kühner / C. Stegmann, Ausführliche Grammatik der lateinischen Sprache. Zweiter Teil: Satzlehre 1/2, Hannover 2 1914 (mit Zusätzen und Berichtigungen zur 4. und 5. Aufl. von A. Thierfelder im ND Darmstadt 1997)

XIV

(D 1–5) Profane Zeitgeschichtsschreibung des 4. und 5. Jh.

KFHist

Kleine und fragmentarische Historiker der Spätantike

Lampe

G. W. H. Lampe (ed.), A Patristic Greek Lexikon, Oxford 1961.

Lausberg

H. Lausberg, Handbuch der literarischen Rhetorik, München 21973

LCL

Loeb Classical Library

MGH

Monumenta Germaniae Historica AA

Auctores antiquissimi

SS rer. Merov. Scriptores rerum Merovingicarum OLD

Oxford Latin Dictionary

PIR

Prosopographia Imperii Romani (2. Auflage)

PLRE

Prosopography of the Later Roman Empire

RAC

Reallexikon für Antike und Christentum

RE

Paulys Real-Encyclopädie der classischen Altertumswissenschaft

RGA

Reallexikon der Germanischen Altertumskunde

RIC

Roman Imperial Coinage

SC

Sources chrétiennes

Stotz

P. Stotz, Handbuch der lateinischen Sprache des Mittelalters, 5 Bde. (HdbAW 2,5), München 1996–2004

ThLL

Thesaurus linguae Latinae

II. Auswahl der abgekürzt zitierten Quellen Die Abkürzungen für Autoren und Werke richten sich weitgehend nach ThLL (lateinisch), LSJ (griechisch profan) und Lampe (griechisch christlich). Ambr. = Ambrosius von Mailand epist. = Epistulae (CPL 160) O. Faller / M. Zelzer (Hgg.), Ambrosius, Epistulae et acta (CSEL 82,1–4), Wien 1968–96. Expos. Luc. = Expositio evangelii secundum Lucam (CPL 143) C. Schenkl (Hg.), Ambrosius, Expositio evangelii secundum Lucam (CSEL 32,4), Wien u. a. 1902. M. Adriaen (Hg.), S. Ambrosius, Opera, Pars IV (CCL 14), Turnhout 1957, 1–400. obit. Theod. = De obitu Theodosii (CPL 159) O. Faller (Hg.), Ambrosius, Explanatio symboli et al. (CSEL 73), Wien 1955, 371–401. V. Zimmer-Panagl (Hg.), Ambrosius, Orationes funebres I: In psalmum 61 / De obitu Gratiani / De consolatione Valentiniani / De obitu Valentiniani / De obitu Theodosii, Berlin, Boston 2021. obit. Valent. = De obitu Valentiniani (CPL 158) O. Faller (Hg.), Ambrosius, Explanatio symboli et al. (CSEL 73), Wien 1955, 329–67. V. Zimmer-Panagl (Hg.), Ambrosius, Orationes funebres I: In psalmum 61 / De obitu Gratiani / De consolatione Valentiniani / De obitu Valentiniani / De obitu Theodosii, Berlin, Boston 2021. Amm. = Ammianus Marcellinus, Res gestae W. Seyfarth (Hg.), Ammianus Marcellinus, Römische Geschichte, 4 Bde. (SQAW 21), Darmstadt 1968–71. W. Seyfarth (Hg.), Ammianus Marcellinus, Rerum gestarum libri qui supersunt (BT), 2 Bde., Leipzig 1978 (ND 2011). Anon. post Dionem = Anonymus post Dionem (Continuator Dionis) U. P. Boissevain (Hg.), Cassii Dionis Cocceiani historiarum Romanarum quae supersunt, 3 Bde., Berlin 1895–1901. C. Müller (Hg.), FHG 4, Paris 1968, 192–99. Anon. reb. bell. = Anonymus, De rebus bellicis Ph. Fleury, De rebus bellicis. Sur les affaires militaires, Paris 2017. Anon. Vales. I. = Origo Const.

XVI

(D 1–5) Profane Zeitgeschichtsschreibung des 4. und 5. Jh.

Anon. Vales. = Anonymi Valesiani pars posterior (cap. 7–16) Th. Mommsen (Hg.), Chronica Minora 1 (MGH AA 9), Berlin 1892, 306–28. Arist. Phgn. = Aristoteles, Physiognomica S. Vogt (Hg.), Aristoteles, Physiognomica (Opuscula VI) Darmstadt 1999. Asinius Quadratus B. Bleckmann / J. Groß (Hgg.), Philostratos von Athen. Historiker der Reichskrise, Bd. 1 (KFHist A3) Paderborn 2016, 8–29. Ath(an). = Athanasios von Alexandreia apol. Const. = Apologia ad Constantium (CPG 2129) H. Ch. Brennecke / U. Heil / A. von Stockhausen (Hgg.), Apologia ad Constantium, in: Athanasius Werke, Zweiter Band, Die „Apologien“, 8. Lieferung, Berlin 2006, 279–309. J. M. Szymusiak (Hg.), À lʼempereur Constance, in: Athanase d’Alexandrie, Deux Apologies. À l’empereur Constance, pour sa fuite (SC 56bis), Paris 1988, 86–175. Aug. = Augustinus von Hippo civ. = De civitate Dei B. Dombart / A. Kalb (Hgg.), Augustinus, De civitate Dei libri XXII (CCL 47. 48), Turnhout 1955. ep. = Epistulae A. Goldbacher (Hg.), Augustinus, Epistulae (CSEL 34. 44. 57. 58), Wien u. a. 1895–1923 (ND 1961–1970). K. D. Daur (Hg.), Augustinus, Epistulae (CCL 31. 31A. 31B), Turnhout 2004–2009. Aur. Vict. = Aurelius Victor, Historiae abbreviatae A. Schott (Hg.), Sexti Aurelii Victoris Historiae Romanae, Antwerpen 1579, 97–165. F. Sylburg (Hg.), Historiae Romanae scriptores Latini minores, notae in Aurelii Victoris Imperatores Romani, Frankfurt 1588, 724–34 (Text von Schott mit Anmerkungen). Gruter (Hg.), Sexti Aurelii Victoris Historiae Romanae Breviarium, J. Gruteri notae, Leiden 1611, 329–40 (Text von Schott mit Anmerkungen). A. Dacier (Hg.), Sexti Aurelii Victoris Historiae Romanae, Paris 1681, 107–82 (Text von Schott mit Anmerkungen). S. Pitiscus (Hg.), Sexti Aurelii Victoris Historiae Romanae Breviarium, Utrecht 1696, 279–434 (Text von Schott mit Anmerkungen).

Quellen

XVII

J. Arntzen (Hg.), Sexti Aurelii Victoris Historiae Romanae cum notis integris, Amsterdam 1733, 307–444 (Text von Schott mit Anmerkungen). J. F. Gruner (Hg.), Sexti Aurelii Victoris Historia Romana, cum animadversionibus criticis atque historicis, Coburg 1757. Chr. Harlesius (Hg.), Sexti Aurelii Victoris Historia Romana, 2 Bde. London 1829 (auf der Grundlage von Arntzen). A. Forbiger (Hg.), Sextus Aurelius Victor, 2 Bde., Stuttgart 1866 (dt. Übersetzung). F. Pichlmayr / R. Gruendel (Hgg.), Sexti Aurelii Victoris Liber de Caesaribus (BT), Leipzig 1970, 77–129. P. Dufraigne (Hg.), Aurelius Victor, Livre des Césars (CUF), Paris 1975. M. Festy (Hg.), Sextus Aurelius Victor, Livre des Césars, Diss. Montpellier 1991. H. W. Bird (Hg.), Liber de Caesaribus of Sextus Aurelius Victor (TTH 17), Liverpool 1994. M. Fuhrmann / K. Groß-Albenhausen (Hgg.), S. Aurelius Victor, Die römischen Kaiser, lateinisch - deutsch, Düsseldorf 32009. A. Dubois / Y. Germain (Hgg.), Aurelius Victor, Œuvres complètes, traduites du latin, Clermont-Ferrand 2003. N. Zugravu (Hg.), Sextus Aurelius Victor, Liber des Caesaribus, editio bilinguis, Iași 2006. M. A. Nickbakht / C. Scardino, Aurelius Victor, Historiae abbreviatae (KFHist B 2), Paderborn 2021. Auson. = D. Magnus Ausonius Burdigalensis R. P. Green (Hg.), The Works of Ausonius (OCT), Oxford 1991. epigr. = Epigrammata P. Dräger (Hg.), Epigrammata, in: Decimus Magnus Ausonius, Sämtliche Werke, Band 1, Trier 2012, 182–248. Grat. act. = Gratiarum actio R. P. H. Green (Hg.), Gratiarum actio, in: Decimi Magni Ausonii opera, Oxford 1999, 161–180. P. Dräger (Hg.), Gratiarum actio („Dankabstattung“), in: Decimus Magnus Ausonius, Sämtliche Werke, Band 2, Trier 2011, 164– 199.

XVIII

(D 1–5) Profane Zeitgeschichtsschreibung des 4. und 5. Jh.

Cassiod. = Cassiodor chron. = Chronica Th. Mommsen (Hg.), Cassiodorus, Chronica minora II (MGH AA 11), Berlin 1894, 109–61. hist. = Historia ecclesiastica tripartita W. Jacob / R. Hanslik (Hgg.), Cassiodorus, Epiphanius, Historia ecclesiastica tripartita (CSEL 71) Wien 1952. inst. = Institutiones R. A. B. Mynors (Hg.), Magnus Aurelius Cassiodorus, Institutiones, Oxford 21961. var. = Variae Th. Mommsen (Hg.), Cassiodori Senatoris Variae (MGH AA 12), Berlin 1894. Cass. Dio = Cassius Dio U. P. Boissevain (Hg.), Cassii Dionis Cocceiani historiarum Romanarum quae supersunt, 3 Bde., Berlin 1895–1901. Cedr. = Georgios Kedrenos J. Scylitza / I. Bekker (Hgg.), Georgius Cedrenus, 2 Bde. (CSHB 9), Bonn 1838–39. L. Tartaglia (Hg.), Georgii Cedreni Historiarum compendium (Bollettino dei Classici. Suppl. 30), 2 Bände, Rom 2016. Chron. Gall. (452) = Gallische Chronik von 452 Th. Mommsen (Hg.), Chronica minora 1 (MGH AA 9), Berlin 1892 (ND München 1981), 615–66. R. W. Burgess (Hg.), The Gallic Chronicle of 452: A New Critical Edition with a Brief Introduction, in: R. W. Mathisen / D. Shanzer (Hgg.), Society and Culture in Late Antique Gaul. Revisiting the Sources, Aldershot 2001, 52–84. J.-M. Kötter / C. Scardino (Hgg.), Gallische Chroniken (KFHist G 7/8), Paderborn 2016, 44–75. Chron. Gall. (511) = Gallische Chronik von 511 O. Holder-Egger (Hg.), Über die Weltchronik des sogenannten Severus Sulpitius und südgallische Annalen des fünften Jahrhunderts, Diss. Göttingen 1875, 72–5. Th. Mommsen (Hg.), Chronica minora 1 (MGH AA 9), Berlin 1892 (ND München 1981), 615–66. R. W. Burgess (Hg.), The Gallic Chronicle of 511: A New Critical Edition with a Brief Introduction, in: R. W. Mathisen / D. Shanzer

Quellen

XIX

(Hgg.), Society and Culture in Late Antique Gaul. Revisiting the Sources, Aldershot 2001, 85–100. J.-M. Kötter / C. Scardino (Hgg.), Gallische Chroniken (KFHist G 7/8), Paderborn 2016, 198–211. Chron. min. = Chronica minora Th. Mommsen (Hg.), Chronica Minora (MGH AA 9; 11; 13), 3 Bde., Berlin 1892–98 (ND München 1981). Chron. Pasch. = Chronicon Paschale L. Dindorf (Hg.), Chronicon Paschale, ad exemplar Vaticanum (CSHB 7), 2 Bde., Bonn 1832. Claud. = Claudius Claudianus, Carmina J. B. Hall (Hg.), Claudius Claudianus, Carmina, Leipzig 1985. J.-L. Charlet (Hg.), Claudien, Œuvres 2,1, Poèmes politiques (395– 398), texte établi et traduit (CUF. Série latine), Paris 2000. M. Platnauer (Hg.), Claudian, with an English transl., 2 Bde. (LCL) London 1922. Ph. Weiß / C. Wiener (Hgg.), Claudius Claudianus, Politische Gedichte, Berlin/Boston 2020. In Rufinum A. Prenner (Hg.), Claudiano, In Rufinum, libro 1, testo, trad. e comm. (Studi latini 64), Neapel 2007. Laus Serenae F. E. Consolino (Hg.), Claudiano, Elogio di Serena (Il convivo), Venedig 1986. Cod. Iust. = Codex Iustinianus P. Krueger (Hg.), Codex Iustinianus, Berlin 1877. P. Krueger (Hg.), Corpus Iuris Civilis, volumen secundum, Codex Iustinianus, Berlin 91915. Cod. Theod. = Codex Theodosianus Th. Mommsen / P. M. Meyer (Hgg.), Theodosiani libri XVI cum constitutionibus Sirmondianis et leges novellae ad Theodosianum pertinentes, 2 Bde., Berlin 1905. Coll. Mos. = Collatio legum Mosaicarum et Romanarum R. M. Frakes (Hg.), Compiling the Collatio legum Mosaicarum et Romanarum in Late Antiquity, Oxford 2011, 157–201. Cons. Const. = Consularia Constantinopolitana M. Becker u. a. (Hgg.), Consularia Constantinopolitana und verwandte Quellen (KFHist G 1–4), Paderborn 2016, 30–57.

XX

(D 1–5) Profane Zeitgeschichtsschreibung des 4. und 5. Jh.

Cons. Ital. = Consularia Italica Th. Mommsen (Hg.), Chronica Minora 1 (MGH AA 9), Berlin 1892, 249–339. Const. or. s.c. = Constantinus I Imperator, Constantini imperatoris oratio ad sanctorum coetum F. Winkelmann (Hg.), Constantins Rede an die heilige Versammlung, in: Eusebius Werke, Erster Band, Erster Teil, Über das Leben des Kaisers Konstantin (GCS 7), Berlin 21991, 149–92. Konstantin, Rede an die Versammlung der Heiligen, eingel. und übers. von K. M. Girardet (FC 55), Freiburg 2013. Diod. = Diodorus Siculus P. Goukowsky (Hg.), Diodore de Sicile: Bibliothèque historique, Livres XXVII–XXXII, Les Belles Lettres, Bd. 3, Paris 2012. EKG = Enmannsche Kaisergeschichte B. Bleckmann (Hg.), Enmannsche Kaisergeschichte (KFHist B 1), Paderborn 2022. Epit. Caes. = Epitome de Caesaribus (Ps. Aurelius Victor) L. Abstemius (Hg.), Libellus de vita et moribus imperatorum breviatus ex libris Sexti Aurelii Victoris a Caesare Augusto usque ad Theodosium, Fani 1504. G. Iucundus (Hg.), Sexti Aurelii Victoris libellus aureus de vita et moribus imperatorum Romanorum a Caesare Augusto usque ad Theodosium, Paris 1504. A. Schott (Hg.), De vita et moribus imperatorum Romanorum excerpta ex libris Sexti Aurelii Victoris a Caesare Augusto usque ad Theodosium imperatorem, Antwerpen 1579. F. Sylburg (Hg.), Historiae Romanae scriptores Latini I, Frankfurt 1588. Gruter (Hg.), Sexti Aurelii Victoris Historiae Romanae Breviarium, J. Gruteri notae , Leiden 1611. A. Dacier (Hg.), Sexti Aurelii Victoris Historiae Romanae, Paris 1681. S. Pitiscus (Hg.), Sexti Aurelii Victoris Historiae Romanae Breviarium, Utrecht 1696. J. Arntzen (Hg.), Sexti Aurelii Victoris Historiae Romanae cum notis integris, Amsterdam 1733, 447–600. J. F. Gruner, Sexti Aurelii Victoris Historia Romana, cum animadversionibus criticis atque historicis, Coburg 1757, 164–217.

Quellen

XXI

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III. Verzeichnis der abgekürzt zitierten Literatur Im Literaturverzeichnis sind nur Titel aufgeführt, die in Einleitung und Kommentar mehr als einmal zitiert werden. Die Zeitschriftentitel folgen den Siglen der Année Philologique.

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(D 1) Nicomachus Flavianus

Einleitung I. Historische Bemerkungen Nicomachus Flavianus war eines der prominentesten Mitglieder der stadtrömischen Senatsaristokratie. Unter den Kaisern Gratian und Theodosius I. avancierte er bis zur Prätorianerpräfektur von Illyricum, Italia und Africa, bevor er sich 392 dem Usurpator Eugenius anschloss und als Prätorianerpräfekt und Konsul von 394 dessen wichtigste Stütze war. Nach der Niederlage des Eugenius gegen die Armee des Theodosius in der Schlacht am Frigidus beging Nicomachus Flavianus noch am Abend des 5. September 394 Selbstmord. Die Erinnerung an ihn wurde zunächst getilgt 1. 431 ließ dann der junge Valentinian III., dem Druck senatorischer Kreise nachgebend, den zu keinem Zeitpunkt vergessenen Flavianus rehabilitieren 2. Aus dem inschriftlich publizierten Schreiben (test. 1) – formal im Namen der beiden regierenden Kaiser Theodosius II. und Valentinian III. verfasst – erfährt man von den angeblich besonderen Beziehungen zwischen

Der Name des Nicomachus Flavianus musste vor allem aus allen Dokumenten, die ihn als Konsul des Jahres 394 erwähnten, gelöscht werden, vgl. Cod. Theod.15,14,9: funestorum tantum consulum nomina iubemus aboleri, ita ut his reverentia in lectione recitantium tribuatur, qui tunc in Oriente annuos magistratus victuris perpetuo sunt fascibus auspicati. Ansonsten ließ Theodosius zu, dass die Verfügungen aus der Zeit des Eugenius gültig blieben. Dazu Errington, The Praetorian Prefectures 439 f.; Grünewald, Der letzte Kampf 467 f. Cod. Theod. 15,14,11 regelt, dass die Amtsträger und Militärs, die auf der Seite des Eugenius gestanden hatten, zwar ihre Würden behielten, aber nur diejenigen, die sie bis zur Erhebung des Eugenius schon innegehabt hatten (quibus eas tantum dignitates valere decernimus, quas ante tyrannicum tempus habuerunt), vgl. Grünewald, 468. Für Nicomachus Flavianus gingen allerdings die Maßnahmen weiter. Monumente, die an ihn erinnerten, wurden offenkundig zerstört, auch wenn das Vermögen der Familie erhalten blieb, vgl. Grünewald, 482. 2 Die genauen Motive sind unklar, hängen aber mit der Erhebung des Nicomachus des Jüngeren zum praefectus praetorio zusammen. Vielleicht ging es Aetius darum, in internen Auseinandersetzungen die Unterstützung des Senats zu gewinnen. S. zur Verbindung zwischen der Rehabilitation des Nicomachus Flavianus und dem Aufstieg des Aetius Grünewald, Der letzte Kampf 486 f. mit Anm. 91 mit weiterer Literatur. Eher skeptisch Stickler, Aëtius 290 f. Hedrick, History 32 vermutet, dass neben Aetius auch dessen Rivalin Galla Placidia um die Unterstützung senatorischer Kreise geworben haben könnte. 1

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(D 1) Nicomachus Flavianus

Theodosius I. und Nicomachus Flavianus 1. Es wird dargelegt, Theodosius selbst, aus dessen wörtlicher Rede gegenüber Senatoren zitiert wird 2, habe eigentlich schon die Begnadigung des Nicomachus Flavianus gewünscht. Die dunklen Machenschaften zugeschriebene Tilgung des Andenkens habe dagegen nichts mit den eigentlichen Wünschen des Kaisers zu tun gehabt. Dieser habe sich vielmehr sogar von Nicomachus, der sein Quaestor und Prätorianerpräfekt gewesen sei, dessen Annales betiteltes Geschichtswerk widmen lassen. Diese besondere kaiserliche Gunst habe dann den Neid der improbi ausgelöst. Die Inschrift gibt damit anscheinend einen ersten Anhaltspunkt für die zeitliche Einordnung des einzigen, mit Sicherheit dem Nicomachus Flavianus zuzuweisenden literarischen Werks 3, der Annales. Sie wurden einerseits dem Theodosius erst gewidmet, als Nicomachus Flavianus in seiner Laufbahn bis zur Präfektur gelangt war, andererseits aber bereits vor der Zeit, in der Nicomachus Flavianus durch die Teilnahme an der Erhebung des Eugenius mit Theodosius gebrochen hatte. Es kommt daher ein Zeitraum von den frühen 380er Jahren bis 392 in Betracht. Eine darüber hinaus gehende Eingrenzung ist schon deshalb schwierig, weil die Rekonstruktion der Karriere des Nicomachus Flavianus offen bleiben muss und Gegenstand einer umfangreichen, seit dem 19. Jahrhundert akkumulierten Forschungsliteratur ist. Die PLRE vertritt das System der späten Chronologie: Nach ihren Angaben war Nicomachus Flavianus 364/5 Statthalter (consularis) in Sizilien, 377 vicarius Africae; 389 quaestor sacri palatii sowie von 390–392 (unter Theodosius) und von 393–394 (unter dem Usurpator Eugenius) praefectus praetorio Italiae, Die dem Nicomachus Flavianus erwiesene Gunst des Theodosius wird zu seinen Lebzeiten wiederholt in der Korrespondenz des Symmachus zur Sprache gebracht, vgl. z. B. ep. 2, 17,2; 22,1 etc. 2 Vgl. dazu jetzt den philologischen Kommentar zu test. 1. 3 Die Benutzung vermeintlicher philosophischer Schriften des Flavianus im Policraticus des Johannes von Salisbury gilt inzwischen als unwahrscheinlich. Van Nuffelen / Van Hoof, Fragmentary Latin Histories 53–58 lehnen die Zuweisung ab, weil nicht sicher sei, ob der im Policraticus erwähnte Flavianus der bekannte Nicomachus Flavianus sei. Schmidt, HLL § 637.15, 593 verweist auf Forschungen, denen zufolge der Dialogpartner aus Macrobs Saturnalien in mystifizierender Weise transferiert worden sei, entsprechend einer (Janet Martin) „practice of manufacturing pseudo-antiques“ im Mittelalter, vgl. die von Schmidt, 593 f. zitierte ausführliche Literatur. Nicht ganz klar ist die Frage, ob Nicomachus Flavianus eine lateinische Bearbeitung der Apollonios-Vita Philostrats verfasst hat. Zur Diskussion s. unten Komm. zu test. 4. 1

Einleitung

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Illyrici, Africae. Alternativ dazu ist die Quaestur auch schon 382 datiert und ist dementsprechend auch die Präfektur des Nicomachus vorangezogen worden 1. Diese Anordnung ist bereits diejenige des ersten Ansatzes von Otto Seeck 2. Er ordnete im Vorwort seiner Symmachus-Ausgabe die Quästur und die erste Präfektur des Nicomachus Flavianus in die Zeit von 382 bis 383, die zweite Präfektur in die Zeit von 390 bis 394 ein 3. In seinen folgenden prosopographischen Arbeiten entwickelte Seeck aber eine späte Chronologie (ausgehend von einer späteren Datierung der Quaestur) 4, die lange Zeit gültig blieb und sich, wie erwähnt, in der PLRE wiederfindet. Diese späte Chronologie ist zuletzt auch von Alan Cameron vertreten worden, der aus ihr unter anderem auch Schlüsse für das chronologische Verhältnis zwischen Nicomachus Flavianus und Ammian gezogen hat 5. Ein Argument für die späte Chronologie besteht etwa darin, dass die Quaestur, die normalerweise von Senatoren vom Range des Nicomachus Flavianus gar nicht bekleidet wurde, am besten in die Zeit passt, in der Theodosius nach dem Sieg über Maximus (388) in Italien residierte und der Senat die Verständigung mit dem Bürgerkriegssieger anstrebte 6. Eine Variante der späten Chronologie, die den Ausnahmecharakter der Quaestur des Nicomachus Flavianus berücksichtigt, bietet Errington, demzufolge Nicomachus zunächst ganz regulär nach seinem Vikariat in Afrika die erste Prätorianerpräfektur 382 noch unter Gratian bekleidete. Nach der Usurpation des Maximus (383–388) war er dann quaestor sacri palatii, um später die zweite Prätorianerpräfektur zu übernehmen 7. Dieses Modell hat freilich den Nachteil, dass die Übernahme eines niedrigeren Amtes durch einen ehemaligen Prätorianerpräfekten sonst nicht belegt ist.

Quästur und Präfektur stehen auf jeden Fall in einem engen zeitlichen Zusammenhang, wie Symmachus ep. 3,90 (Brief an Rufinus, den Bruder des Flavianus): quaestorem antehac fratrem, nunc rectorem praetorianum litteris nuntiasti. Vgl. Hartke, Zwei chronologische Fragen 434; Errington, The Praetorian Prefectures 446. 2 Zu den verschiedenen Vorschlägen von Otto Seeck, Callu, Les préfectures 51. 3 Otto Seeck, Symmachus, 1883, CXVI-CXVII. 4 Zu den Gründen der Meinungsänderung Hartke, Zwei chronologische Fragen 431. 5 Cameron, Last Pagans 632 f.; ders., Nicomachus Flavianus. 6 Errington, The Praetorian Prefectures 446 f. Verweis unter anderem auf Honoré / Matthews 18 f. 7 Diese Präfektur dauerte dann von 391 bis zum 5. September 394, vgl. Errington, The Praetorian Prefectures 446. 1

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(D 1) Nicomachus Flavianus

Die frühe Chronologie (Präfektur 382–383), die zumindest den Vorteil hat, zu den Daten im Codex Theodosianus zu passen 1, hat seit den 1970er Jahren immer wieder engagierte Vertreter auf den Plan gerufen. Zum ersten chronologischen Entwurf von Seeck hat zunächst J.-P. Callu in einem Aufsatz aus dem Jahre 1974 zurückgefunden 2. Er geht dabei von einer genauen Analyse der Symmachus-Korrespondenz aus. Die erste, in der Zeit von 382–383 zu datierende Präfektur des Nicomachus Flavianus (vor die dann die Quaestur gehört), wäre dann eine Präfektur über Ostillyricum gewesen, in der Zeit, in der Gratian dieses Territorium noch bei Theodosius belassen hatte 3. Die zweite Präfektur falle in die Zeit von 390 bis 394, wurde also sukzessiv unter Theodosius und unter Eugenius bekleidet. Damit würde sich erklären, warum nicht nur in der privaten Inschrift bald nach der Zeit des Eugenius Nicomachus Flavianus als praefectus praetorio iterum hervorgehoben wird, sondern auch die hochoffiziöse Inschrift aus dem Jahre 431 (test. 1) von einer zweiten Präfektur ausgeht. Wäre diese zweite Präfektur ausschließlich unter dem Usurpator Eugenius zu platzieren, wäre Nicomachus Flavianus in der offiziösen Inschrift nur einmal Präfekt 4. Die Abundanz der Sekundärliteratur beweist, dass eine eindeutige Klärung der Chronologie nach bisherigem Stand der Dinge nicht möglich ist. Für beide Ansätze gibt es gute Gründe, wobei trotz einer umfangreichen Bibliographie vielleicht noch nicht alle Argumente ausgetauscht sind. Ein wichtiges Argument für die Frühdatierung hat beispielsweise G. Cecconi erst kürzlich geäußert. Folgt man der Spätdatierung wäre Nicomachus Flavianus in den späten 380er Jahren lediglich bis zum Rang eines consularis von Sizilien und vicarius von Africa gelangt, während der Sohn Vgl. Cod. Theod. 7,18,8 und 9,29,2 (vom 27. Februar 383). Seeck schlägt eine Umdatierung auf 391 vor. 2 Callu, Les préfectures. 3 Zu dieser Lösung, die von D. Vera, La carriera di Virius Nicomachus Flavianus e la prefettura dellʼIllyrico orientale nel IV sec. d. C., Athenaeum 71 (1983) 24–64 und 390–426 weiterentwickelt worden ist, s. allerdings die kritischen Bemerkungen von Errington, The Praetorian Prefectures 457 f. mit Anm. 90. Alternativ wäre eine Prätorianerpräfektur in Konstantinopel zu erwägen, wobei sich dann die Frage stellt, weshalb nach der Rehabilitationsinschrift (test. 1) Nicomachus zweimal praefectus praetorio von Italia, Illyricum, Africa gewesen ist. Als Quaestor des Theodosius muss Nicomachus Flavianus beim früh datierenden Modell auf jeden Fall in Konstantinopel tätig gewesen sein, vgl. Hedrick, History 21. 4 Grünewald, Der letzte Kampf 470 fasst dagegen reddita dignitas als „spezielle(r) Erlaubnis“ (…), „aberkannte Ämter der Eugeniuszeit wieder nennen zu dürfen“, auf. 1

Einleitung

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schon vor 385 die höhere Stellung eines consularis von Campania und Prokonsuls von Asien innegehabt hätte. Solche Beziehungsmuster der Karrieren von Vater und Sohn sind sonst nicht bekannt 1. Die Verbindung zwischen der Karriere des Nicomachus Flavianus einerseits und dem Zeitpunkt der Widmung des Geschichtswerks andererseits ist jüngst ganz in Frage gestellt worden. Die Inschrift sei in dem Sinne zu verstehen, dass Nicomachus Gunst und Nähe des Kaisers in zweifacher Hinsicht genossen habe, nämlich als hoher Amtsträger und dadurch, dass der Kaiser den Wunsch geäußert habe, dass ihm die Annalen gewidmet werden 2. Man kann, wenn man die analoge Aufforderung des Theodosius an Ausonius in Betracht zieht 3, auch nicht ausschließen, dass Theodosius die nachträgliche Widmung eines Werkes wünschte, das bereits publiziert war. Zu einer wesentlichen Veränderung des möglichen Zeitrahmens, innerhalb dessen das Geschichtswerk abgeschlossen wurde, führen diese Modifikationen nicht. Terminus ante quem bleibt das Jahr des Bruchs mit Theodosius, also 392. Terminus post quem ist die Erhebung des Theodosius zum Kaiser im Jahre 379. Was den Inhalt und Charakter des Geschichtswerks betrifft, sind die Anhaltspunkte äußerst dürftig. Sicher ist, dass das Geschichtswerk den Titel Annales hatte 4. Annales steht wie Historia für „Geschichtswerk“ ohne weitere Spezifizierung 5. Des weiteren scheint klar, dass die historiographische Tätigkeit des Nicomachus Flavianus eine gewisse Prominenz hatte. Das zeigt die vom Gemahl seiner Enkelin vermutlich um 402, unmittelbar nach dem Tode des Symmachus, gesetzte Inschrift (test. 2), die das Pendant zu einem zweiten Monument für Symmachus war. Beide Monumente standen auf dem privaten Grund der Symmachi auf dem Caelius. Die Inschrift für Nicomachus Flavianus blieb daher von der Cecconi, Alan Cameron’s Virius Nicomachus Flavianus 163. Die Statthalterschaft des Nicomachus Flavianus des Jüngeren in Asien lässt sich durch Lib. or. 28,5 (zweite Rede gegen Ikarios) eindeutig auf die Zeit vor 385 fixieren. S. dazu den Kommentar zu test. 1. 2 Van Hoof / Van Nuffelen, Fragmentary Latin Histories 47 f. Möglicherweise hat Nicomachus das Geschichtswerk als Quaestor verfasst, vgl. Van Hoof / Van Nuffelen, Fragmentary Latin Histories 47, Anm. 65 mit Verweis auf Bleckmann, Bemerkungen 95. 3 Appendix zu Auson. praef. var. 3. 4 Des öfteren bestritten, vgl. z. B. Cameron, Last Pagans 631 ; Van Hoof / Van Nuffelen, Fragmentary Latin Histories 48. Dazu s. phil. Kommentar zu test. 1 annalium. 5 Vgl. die zeitgenössische Passage von Symm. ep. 1,3,2: quidquid in poetis lepidum, apud oratores grave, in annalibus fidele, inter grammaticos eruditum fuit, solus hausisti, iustus heres veterum litterarum. 1

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(D 1) Nicomachus Flavianus

offiziellen Tilgung des Andenkens des Nicomachus Flavianus unberührt und erwähnte sogar das 394 unter Eugenius bekleidete Konsulat. Auf diesen Monumenten wurde Nicomachus Flavianus als historicus disertissimus dem orator disertissimus Symmachus gegenübergestellt. Wenig überzeugend ist der Versuch von Cameron, die Tatsache, dass Nicomachus Flavianus offenkundig als prominenter Historiker gefeiert wurde, zu relativieren: „Sensible people don’t take seriously extravagant claims by family members on funerary monuments in private houses.“ 1 Es ist nicht zu erkennen, warum im privaten Kontext, in dem die Leistungen des Nicomachus Flavianus bekannt waren, völlig irreführende oder extravagante Aussagen getätigt worden sein sollen. Die Bezeichnung als historicus disertissimus beweist aber nicht nur die Prominenz des Autors, sondern ist kaum für den Autor eines Werks verwendbar, das nur ein völlig dürftiges Breviarium dargestellt hätte. In der großen Inschrift des Jahres 431 wird unter den intellektuellen Aktivitäten des Nicomachus nur das Verfassen von Annales hervorgehoben. Die zweite Expertise, die Nicomachus Flavianus auch hatte, nämlich die für Weissagungen, spielte für Theodosius I, keine Rolle. Sie wurde auf einem offiziellen, von christlichen Kaisern verfassten Dokument ohnehin verschwiegen, genau so wenig, wie im Cursus der Inschrift auf die Mitgliedschaft im Collegium der pontifices hingewiesen wurde. Umgekehrt verhält es sich bei Macrobius, wo die historiographische Tätigkeit des Nicomachus ausgeklammert wird, vielleicht deshalb, weil die Diskussionen in diesem Werk gerade nicht um Kaisergeschichte, sondern nur um antiquarische Details kreist. Auch bei Symmachus ist von der historiographischen Tätigkeit des Freundes Nicomachus Flavianus nicht die Rede. Gegenüber den beiden inschriftlichen Zeugnissen, die den familiären Standpunkt der Nicomachi widerspiegeln, kann aber dieses Schweigen nicht in dem Sinne ausgelegt werden, die historiographischen Bemühungen des Nicomachus seien völlig bedeutungslos gewesen. Wenn Nicomachus zumindest in den Augen seines Sohnes Historiker par excellence war, ist er auch mit einiger Wahrscheinlichkeit der Autor einer zeitgeschichtlichen Darstellung gewesen. Denn mit ziemlicher Regelmäßigkeit schreiben antike Historiker Geschichte bis in die eigene Zeit, auch wenn die „Zeitgeschichtsschreibung“ im Sinne der Systematik Felix Jacobys sich nicht als reines Phänomen isolieren lässt. In welcher Weise die älteren Epochen gegenüber dem eigenen Zeithorizont berücksichtigt 1

Last Pagans 629.

Einleitung

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werden, unterliegt bedeutenden Schwankungen. Möglich ist, dass Nicomachus Flavianus nur die Kaisergeschichte bis zur eigenen Zeit behandelt hat, ab Augustus oder ab Hadrian, wobei mit der Annäherung an die Gegenwart des Autors die Detailfülle zunahm. Erwogen werden kann auch, ob im Rahmen einer Gesamtdarstellung der Geschichte Roms die Republik zumindest kursorisch behandelt wurde. Dagegen ist die Annahme, dass die Annales des Nicomachus Flavianus ausschließlich die Republikgeschichte behandelt haben sollen, schwer zu begründen. T. D. Barnes, der für diese Hypothese im angelsächsischen Raum große Zustimmung gefunden hat, stützt sich auf die Beobachtung, dass der gleiche Theodosius der Große, dem die Annales gewidmet waren, ein vorrangiges Interesse für die Republik gehabt habe 1. In der Epitome de Caesaribus (Epit. Caes. 48, 11 f.) heißt es nämlich zu den historiographischen Vorlieben des Kaisers: sagax plane multumque diligens ad noscenda maiorum gesta. e quibus non desinebat exsecrari quorum facta superba, crudelia libertatique infesta legerat, ut Cinnam, Marium, Syllamque atque universos dominantium, praecipue tamen perfidos et ingratos. Der Dreiklang der republikanischen Tyrannen wird freilich in der Epitome de Caesaribus deshalb zur Sprache gebracht, weil er in der zeitgenössischen Panegyrik der Spätantike auch sonst als Kontrast zur Milde des aktuell herrschenden Kaisers evoziert wurde 2. Ob damit aber wirklich ein speziell republikanisches Interesse des Kaisers durchscheint, bleibt schon deshalb offen, weil die Epitome de Caesaribus sich in der besagten Passage keineswegs auf diese drei Potentaten beschränkt, sondern nach dem Dreiklang allgemein auf weitere Gewaltherrscher hinweist, zu denen zweifelsohne auch kaiserliche Tyrannen gehören 3. Interesse für die Geschichte der frühen römischen Barnes 268. Zustimmend Grünewald 471, Anm. 31, s. ferner Cameron, Last Pagans 630 f. Das Argument wurde zunächst von Matthews, Western Aristocracies 231, Anm. 3 geäußert. 2 Vgl. Paneg. 12(2),20,3-21 und 12(2),46,1. Vgl. dazu Festy, Abrégé 234, Anm. 17; Vitiello, Theodosius’ Liberty 108; ders. L’Imperatore, und den Kommentar von A. Knöpges zur Epitome-Passage. 3 Pacatus nennt nach dem Dreiklang zumindest noch Caesar, mit der ironischen Bemerkung, er sei gegenüber Toten barmherzig gewesen, vgl. Paneg. 12(2) 46,1: Tu (Roma), quae experta Cinnanos furores et Marium post exilia crudelem et Sullam tua clade Felicem et Caesarem in mortuos misericordem ad omne civilis motus classicum tremescebas. Etwas weiter unten wird auf die Ermordung Ciceros hingewiesen. Caesar und Augustus dürften auch bei Augustinus civ. 5,26 gemeint unter alii tales impliziert sein: Bella civilia non sicut Cinna et Marius et alii tales nec finita finire voluerunt, sed magis doluit exorta quam cuiquam 1

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Republik könnte Nicomachus als Experte für das antike Wahrsagewesen an den Tag gelegt haben, aber diese antiquarischen Spezialitäten können für Theodosius kaum von besonderem Interesse gewesen sein, und die Eruierung von antiquitates ist ohnehin kaum als Geschichtsschreibung zu bezeichnen. Wenn somit die Eventualität wahrscheinlich gemacht werden kann, dass Nicomachus Flavianus Zeitgeschichte geschrieben hat, ist es auch möglich, die gemeinsame Quellengrundlage der Epitome de Caesaribus, Ammian und Eunap-Zosimos mit dem Profil in Verbindung zu bringen, das man aus einigen Elementen der Vita des Nicomachus Flavianus erschließen kann. Die von J. Schlumberger herausgearbeiteten Gemeinsamkeiten zwischen der Epitome de Caesaribus und Ammian betreffen vor allem die Zeit zwischen 353 und 378 und fallen etwa bei der jeweiligen Charakterisierung des Constantius II. und Julians auf 1. Ebenso schwer zu bestreiten sind auffällige Übereinstimmungen zwischen Epitome de Caesaribus und Eunap-Zosimos. Ein Beispiel für diese Übereinstimmung bieten etwa die Angaben über die Caesarerhebung von 317, die man in der Epitome de Caesaribus und bei Zosimos findet. In der Epitome de Caesaribus 41,4 liest man: filiumque suum Crispum nomine, ex Minervina concubina susceptum, item Constantinum iisdem diebus natum oppido Arelatensi Licinianumque, Licinii filium, mensium fere viginti, Caesares effecit. Völlig parallel ist Zosimos 2,20,2: Κωνϲταντῖνοϲ μὲν καθίϲτηϲι Καίϲαρα Κρίϲπον, ἐκ παλλακῆϲ αὐτῷ γεγονότα Μινερβίνηϲ ὄνομα, ἤδη νεανίαν ὄντα, καὶ Κωνϲταντῖνον οὐ πρὸ πολλῶν ἡμερῶν ἐν Ἀρελάτῳ τῆ πόλει τεχθέντα, ἀναδείκνυται δὲ ϲὺν αὐτοῖϲ Καῖϲαρ καὶ ὁ Λικιννίου παῖϲ Λικιννιανόϲ εἰϲ εἰκοϲτὸν προελθὼν μῆνα τῆϲ ἡλικίαϲ. Es finden sich dort alle Elemente wieder, die in der Epitome de Caesaribus auffallen. Sie sind so spezifisch, dass die Quellenbeziehung zwischen Epitome und Eunap/Zosimos kein subjektiver Einfall von Quellenforschern ist: Crispus ist Sohn der Konkubine Minervina; Constantin der Jüngere ist genau in diesen Tagen in Arles geboren; Licinianus ist zwanzig Monate alt. Die Kombination genau dieser Angaben nocere voluit terminata. Caesar hat sich bereits deutlich von der Grausamkeit von Bürgerkriegssiegern abzuheben versucht, vor allem von Sulla, vgl. Cic. Att. 9,8 (7), C 1. 1 S. hist. Komm. zu Epit. Caes. (D 3). Zu den folgenden Ausführungen s. auch B. Bleckmann, Die antichristliche Geschichtsschreibung des ausgehenden vierten Jahrhunderts: Eine moderne Konstruktion?, erscheint in Occidente/Oriente 2023.

Einleitung

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in beiden Quellenpassagen ist ohne eine gemeinsame Grundlage nicht erklärbar. Es gibt für die Bestimmung dieser gemeinsamen Grundlage nur zwei Möglichkeiten. Entweder die Epitome de Caesaribus benutzt die gleiche griechische Quelle wie Zosimos, also Eunapios 1. Oder aber EunapZosimos benutzt eine lateinische Quelle bzw. die Quelle der Epitome. Die Stücke der aus Ammian, der Epitome de Caesaribus und Zosimos rekonstruierbaren gemeinsamen Quellenschicht zu Konstantin oder Julian verraten eine eindeutige Tendenz. Die Frage Camerons, warum die gemeinsame Quelle nicht einfach nur als profan definiert wird und was „pagan“ für die Zeitgeschichte eigentlich bedeuten soll 2, mag berechtigt erscheinen. Zur Beantwortung ist auf die Struktur römischer Zeitgeschichtsschreibung zu verweisen, die gerade in der Spätantike die Geschichtsschreibung zu einzelnen Kaiserregierungen ist und die ein starkes biographisches Element enthält 3. Aufgrund dieser strukturellen Vorgaben erscheint die spätantike pagane Zeitkritik kaum als eine generelle Abrechnung mit dem Christentum, sondern sie findet ihren Ausdruck zunächst nur in der tendenziösen Darstellung verschiedener Kaiser. Das Vorgehen dieser tendenziösen Geschichtsschreibung hat Photios (bibl. cod. 98) in seiner Charakterisierung des Eunapios beschrieben: Eunap verleumdet die christlichen Kaiser und hebt in übertriebener Weise Julian lobend hervor. Dass es diese Grundtendenz der Überhöhung Julians und der Abwertung Konstantins nicht nur bei Eunap (bzw. Zosimos) gibt, sondern auch bei Ammian und der Epitome de Caesaribus und bei (dem Eunap Dementsprechend sind in der Fragmentsammlung von Blockley auch Passagen der Epitome de Caesaribus zu finden. 2 Cameron, Last Pagans 637: „Nor is it clear what is meant by the claim that this source was pagan (rather than just secular)“. Die Kritik bezieht sich auf die Isolierung einer Grundquelle in der byzantinischen Geschichtsschreibung, die man eventuell mit Nicomachus Flavianus in Verbindung bringen kann. Dass die Grundquelle („Leoquelle“) des Zonaras profangeschichtlich ist, ist wichtig, um sie von kirchengeschichtlichen Darstellungen (wie z. B. die Zwillingsquelle) abzuheben. Pagan ist sie in dem Sinne, dass Julian zumindest nicht verteufelt und Konstantin kritisiert wird. Diese Klärungen begegnen selbstverständlich in meinen Darlegungen zur Nicomachus-Flavianus-Problematik. 3 C. Samberger, Die „Kaiserbiographie“ in den Res Gestae des Ammianus Marcellinus. Eine Untersuchung zur Komposition der ammianeischen Geschichtsschreibung, Klio 51 (1969) 349–482 hat hier die Unterschiede zwischen Tacitus und Ammian klar herausgearbeitet. Während bei Tacitus die Jahresrubrik primär ist und es darum geht, entsprechend dem annalistischen Schema Ereignisse domi und militiae zu illustrieren, wird bei Ammian der Stoff nach Kaisern disponiert, was im Einzelfall bei Kollegialherrschaften auch zu Wiederholungen führen kann. 1

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ausschreibenden) Zosimos ist evident und genügt zu ihrer Charakterisierung als Zeugen paganer Geschichtsschreibung. Diese gemeinsame Tendenz allein würde vielleicht noch nicht ausreichen, eine Abhängigkeit von einer gemeinsamen historiographischen Quelle zu konstatieren 1. Auf eine gemeinsame Quelle wird man aber immer dann verwiesen, wenn Übereinstimmungen in spezifischen Details der Erzählung in der oben beschriebenen Art auffallen. Die ideologische Positionierung des Nicomachus Flavianus wiederum steht fest, und zwar unabhängig von der Diskussion, mit wem der im „Carmen contra paganos“ attackierte praefectus vester nun identisch sein soll 2. Denn durch die erhaltenen kirchengeschichtlichen und sonstigen Erzählungen ist hinreichend deutlich, dass Nicomachus sich als Präfekt des Eugenius demonstrativ als Verehrer der alten Götter ausgab und den Eugenius zu Maßnahmen zugunsten der traditionellen Kulte ermunterte 3. Zwar mag die Erhebung des Eugenius, der selbst Christ war, anfangs nicht durch die Opposition zu den einschneidenden christenfreundlichen Maßnahmen des Theodosius begründet gewesen sein. Heidnisch-senatorische Kreise sahen aber die Möglichkeit, sich diesem Aufstand anzuschließen und ihre Position bei Eugenius, der auf jede Unterstützung angewiesen war, durchzusetzen. Die Reaktion des Theodosius, der nach der Niederschlagung der Usurpation des Eugenius die Senatoren zwang, in Massen zum Christentum überzutreten, zeigt ebenso wie die christlichen Erzählungen Möglich ist in diesem Fall der gemeinsame Rekurs auf Schriften Julians, s. R. Lizzi Testa, Alle origini della tradizione pagana su Costantino e il senato romano (Amm. Marc. 21.10.8 e Zos. 2.32.1), in: Ph. Rousseau / E. Papoutsakis (Hgg.), Transformations of Late Antiquity, Ashgate 2009, 85–127. 2 Die Hypothese der Identifizierung des angegriffenen Präfekten mit Nicomachus Flavianus wird vertreten von J. F. Matthews, The Historical Setting of the „Carmen contra paganos“ [Cod. Par. Lat. 8084], Historia 19 (1970) 464–79. Identifizierung mit Vettius Agorius Praetextatus: L. Cracco Ruggini, Il paganesimo romano tra religione e politica (384395 d. C.) : per une reinterpretazione del „Carmen contra paganos“. Testo, Atti della Accademia Nazionale dei Lincei : Memorie, Classe di Scienze morali, storiche e filologiche 23 (1979) 1-141 ; Cameron, Last Pagans 273–319. Gabinius Barbarus Pompeianus: G. Manganaro, La reazione pagana a Roma nel 408-409 d. C. e il poemetto anonimo „contra paganos“, GIF 13 (1960) 210–24 ; Verknüpfung beider Gestalten, des Nicomachus Flavianus des Älteren und des jüngeren zu einer fiktiven Figur: Grünewald, Der letzte Kampf 474–481. Van Hoof / Van Nuffelen, Fragmentary Latin Histories 36 folgern in der Art von Cameron: „Since there is now broad agreement that the Carmen contra paganos was not directed against Flavianus, there is little evidence to suppose that Flavianus was a militant pagan. “ 3 S. test. 6-9. 1

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über die Niederlage der Heiden am Frigidus, dass der Konflikt zwischen Theodosius und Eugenius auf jeden Fall zeitnah als religiös aufgeladen interpretiert wurde und dass dem Nicomachus Flavianus hier entscheidende Impulse zugeschrieben wurden. Ferner lässt sich zeigen, dass Nicomachus Flavianus hier nicht als vereinzelter verblendeter Akteur verstanden wurde, sondern dass klar war, dass er im Bunde mit angesehenen Senatoren agiert hatte 1. Seine ideologisch-religiösen Präferenzen dürfte der Senator Nicomachus schon vor seinem Abfall zu Eugenius gepflegt haben und die Vermutung ist naheliegend, dass seine Enttäuschung über die Verschärfung der christlichen Religionspolitik den Ausschlag gegeben hat, die Erhebung des Eugenius und des Arbogast zu unterstützen. Allerdings kann ein Geschichtswerk, das dem Theodosius gewidmet war, auch in den 380er Jahren nicht offen antichristliche Inhalte propagiert haben. Hier ist nun freilich auf die Beobachtung hinzuweisen, dass man zwar offen antichristliche Polemik bei Eunap/Zosimos findet, nicht aber in der aus den Gemeinsamkeiten zwischen Epitome de Caesaribus, Ammian und Eunap zu rekonstruierenden Quellenschicht. Die Epitome de Caesaribus endet sogar mit einem Lob auf Theodosius, vereint also Loyalität gegenüber der theodosianischen Dynastie mit einer gegenüber zeitgeschichtlichen Entwicklungen des vierten Jahrhunderts kritischen Ausführungen 2. Der relativ moderate Ton gegenüber Constantius II., der die Epitome de Caesaribus auszeichnet, so wie eine gewisse Distanzierung gegenüber einigen Zügen Julians – insbesondere gegenüber dem zu großen Ehrgeiz im Perserkrieg und der Ignorierung zahlreicher unglücksverheißender Vorzeichen – verraten, dass die Epitome durchaus ein differenziertes Bild der Regierung der Vorgänger des Theodosius bot 3. Die ideologische Positionierung der Vorlage der Epitome ist gleichwohl in der scharfen Kritik an der Regierung Konstantins und im verhaltenen Lob der Aktionen Julians in Gallien sowie der Würdigung von dessen Bildung hinreichend deutlich 4. Die Darstellung der früheren Kaisergeschichte in der Vorlage der Epitome könnte den Zweck Vgl. test. 9. Vgl. dazu Komm. zur Epit. Caes. (KFHist D 3). Aus einigen Gemeinsamkeiten, die zwischen griechischer und lateinischer Tradition für die Regierung des Valentinian I. und des Valens auffallen, lassen sich lobende Anspielungen auf die Regierung des Theodosius erkennen, vgl. dazu Bleckmann, Bemerkungen 89–93. 3 Epit. Caes. 42,16-20; 43,7 f. 4 Epit. Caes. 41,12 f.; 41,16; 42,13 f.; 43,5. 1 2

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verfolgt haben, den Theodosius auf das mustergültige Beispiel einiger seiner idealisierten Vorgänger festzulegen 1. Was die Bewertung des Christentums des Theodosius betrifft, muss man sich dagegen davor hüten, dem von christlicher Seite entworfenen Idealbild des princeps christianissimus allzu großen Glauben zu schenken und die Schwankungen seiner Religionspolitik zu ignorieren. Man kann zumindest davon ausgehen, dass er für eine gewisse Zeit die Möglichkeit einer toleranteren Politik aufscheinen ließ, etwa unmittelbar nach der Niederschlagung des Aufstands des Maximus 2. Die Kritik an Konstantin und ein (differenziertes) Lob Julians waren auf jeden Fall, wenn sie denn in einem zeitgeschichtlichen Werk formuliert wurden, in dieser Zeit und auch später für Theodosius durchaus nicht anstößig. Die Überhöhung Konstantins zum Gründervater des christlichen Byzanz ergab sich erst in der Regierungszeit des Theodosius II. In der Zeit des Theodosius I. konnte noch ein Autor wie Hieronymus deutlich aus hom*ousischer Perspektive den Konstantin scharf kritisieren 3. Was das Verhältnis des Theodosius zu Julian betrifft, so kann daran erinnert werden, dass die Überstellung von Julians Leichnam von Tarsos nach Konstantinopel aller Wahrscheinlichkeit nach erst unter Theodosius erfolgte 4. Der Zeitzeuge und Historiker Seleukos scheint seine Geschichte Julians erst in dieser Zeit geschrieben zu haben 5. Vgl. zu Pacatus Paneg. 2(12) 11,6 Bleckmann, Bemerkungen 97 f. Vgl. zu Pacatus Paneg. 2(12) 47,3; Cod. Theod. 16,2,27 und 3,1 (gegen Eingriffe des Klerus in das öffentliche Leben); Ambr. epist. 57,4 (zeigt sich vorübergehend geneigt, die Victoria wieder aufzustellen). Vgl. die Argumente von Prchlík, Fiery Eyes 16, Anm. 40. 3 Hier. chron. 234a: Constantinus extremo vitae suae tempore ab Eusebio Nicomedensi episcopo baptizatus in Arrianum dogma declinat. a quo usque in praesens tempus ecclesiarum rapinae et totius orbis est secuta discordia. 4 Zur Frage der Überführung Julians von Tarsos nach Konstantinopel C. Mango, Three Imperial Byzantine Sarcophagi discovered in 1750, Dumbarton Oaks Papers 16 (1962) 397– 402; Bleckmann, Reichskrise 386 mit Anm. 235. Die Nachricht über die Bestattung findet sich in einer Handschrift des Symeon Logothetes, vgl. ed. Wahlgren, p. 114, aber auch bei Zonaras (13,13,25). Da Amm. 23,2,5 und 25,10,4 nur das Grab Julians in Tarsos bezeuge, ergibt sich nach Rosen, Julian 506 f., Anm. 1, dass die Überführung während der Usurpation des Eugenius nach 392 aus Gründen der politischen Demonstration stattfand. Alternativ wäre zu überlegen, ob Ammian Gründe hatte, die Überführung in das wenig geliebte Konstantinopel zu ignorieren. Aufgrund des von ihm so betonten Ausnahmecharakters der Regierung Julians wäre ein Hinweis auf seine letzte Ruhestätte unter den Konstantiniden unpassend gewesen. Die Anwesenheit des Grabs des paganen Kaisers in der Kaisergruft wurde später als schwerer Anstoß empfunden. 5 Zum Autor s. BNJ 226 A; KFHist C 13. 1 2

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Zum Säulenheiligen des ausgehenden Heidentums wurde Julian erst in den 390er Jahren, als sich die Fronten zwischen Heiden und Christen durch die antiheidnischen Maßnahmen des Theodosius und durch die Niederschlagung der Usurpation des Eugenius extrem verschärft hatten. Wichtigster Zeuge dieser Überhöhung Julians ist Ammianus Marcellinus, in dessen Geschichtswerk das Wirken Julians einen völlig zentralen Platz einnimmt, ferner der nach Ammian schreibende Eunapios. Die oben erläuterte Frage der Chronologie der Karriere des Nicomachus Flavianus hat insofern Bedeutung für die Einordnung des Geschichtswerks, als Nicomachus bei der Widmung seines Geschichtswerks an Theodosius dessen „Quästor und Präfekt“ gewesen sein soll. Nach dem Modell der frühen Chronologie kann diese Widmung bereits in den 380er Jahren erfolgt sein, nach dem Modell der späten dagegen erst in den 390er Jahren. Bei der späten Chronologie ergeben sich nun gewisse Schwierigkeiten, was das zeitliche Verhältnis insbesondere zu Ammianus Marcellinus betrifft. Denn wenn dieser sein Geschichtswerk noch in der Regierungszeit des Theodosius fertiggestellt hat, scheint es schwer vorstellbar zu sein, dass er das eben erst erschienene Geschichtswerk des Nicomachus Flavianus benutzen konnte 1. Das von Cameron geäußerte Argument, es sei nicht denkbar, dass mehrere Geschichtsschreiber gleichzeitig zum gleichen zeitgeschichtlichen Zeitraum geschrieben haben können 2, trifft zwar nicht zu. Denn die Fälle der gleichzeitig schreibenden Cousins Johannes und Euagrios von Epiphaneia oder des Menandros Protektor, des Johannes von Epiphaneia und des Theophanes von Byzanz belegen gerade diese Konstellation, die mit Sicherheit in der Geschichte der Geschichtsschreibung keine Ausnahmeerscheinung gewesen ist. Aber die späte Chronologie des Werks des Nicomachus erschwert in der Tat die Annahme eines Modells der Abhängigkeit Ammians und der Epitome de Caesaribus von der Vorlage Nicomachus Flavianus. Nur ist die späte Chronologie keineswegs so sicher bewiesen, wie es Cameron annimmt 3, so dass das chronologische Argument allein nicht für eine Erledigung der Nicomachus-Flavianus-Hypothese sorgt. Von der Chronologie der Autoren her ist damit eine Erklärung der Gemeinsamkeiten der paganen Historiker Ammianus Marcellinus, Eunapios Vgl. Cameron, Last Pagans 632 f. Cameron, Last Pagans 633 f. 3 Zugespitzt bei Cameron, Nicomachus Flavianus, wo Cameron zu beweisen sucht, dass Nicomachus Flavianus erst nach Ammian geschrieben habe. 1 2

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und des Redaktors der Epitome de Caesaribus durch den gemeinsamen Rückgriff auf Nicomachus Flavianus zumindest möglich. Die Existenz einer gemeinsamen Quelle ist aber von der Etikettierung dieser Vorlage mit dem Namen Nicomachus Flavianus zu trennen. Ein Beweis ist hier nicht möglich. Es ist durchaus denkbar, dass das Geschichtswerk des Nicomachus Flavianus tatsächlich keine Spuren hinterlassen hat. Umgekehrt wird man aber im Reich der Möglichkeiten auch nicht ausschließen können, dass das Werk des Nicomachus Flavianus in Gänze erhalten ist, jedenfalls dann, wenn man den Forschungen von S. Ratti folgen und es mit der Historia Augusta identifizieren möchte 1. Eine Nähe der Historia Augusta zum Umfeld des Nicomachus Flavianus ist schon in älteren Arbeiten vertreten worden. Dafür könnte etwa die pagane Inspiration dieser Quelle sprechen oder die Berührung mit zahlreichen Themen die um 390–400, nicht aber in der fiktiven Entstehungszeit der Historia Augusta, in diokletianisch-konstantinischer Zeit, aktuell waren. Zur Verortung des Nicomachus Flavianus in die Nähe der Historia Augusta hat beigetragen, dass die Historia Augusta selbst an zwei Stellen Personen mit dem Namen Nicomachus erwähnt. Programmatisch äußert sich ein Maecius Faltonius Nicomachus in der Tacitusvita zum Kinderkaisertum, also zu einer in den 390er Jahren durchaus aktuellen Problematik 2. Und ein Nicomachus wird in der Vita Aureliani als Übersetzer eines Briefs der Zenobia vom Syrischen ins Griechische erwähnt, unmittelbar nach einer Passage über die Belagerung von Tyana durch Aurelian und Ausführungen über Apollonios von Tyana, dessen von Philostrat verfasste Vita Nicomachus Flavianus in welcher Form auch immer bearbeitet und wohl ins Lateinische übersetzt hat 3. Aufsätze zusammengestellt bei Ratti, Antiquus error. S. ferner dens. Polémiques entre païens et chrétiens, Paris 2012, bes. 105–178; dens., L’Histoire Auguste. Les païens et les chrétiens dans l’antiquité tardive, Paris 2016. 2 Hist. Aug. Tac. 5,3: Auftreten des Nicomachus Flavianus. Die Rede (Tac. 6) lobt dann die Entscheidung, mit Tacitus einen alten Kaiser zu wählen, und warnt vor kindlichen Kaisern, vgl. 6,5: Dii avertant principes pueros, et patres patriae dici impuberes, et quibus ad suscribendum magistri litterarii manus teneant, quos ad consulatus dandos dulcia et circuli et quaecumque voluptas puerilis invitet. Diese Warnung dient bei W. Hartke, Römische Kinderkaiser, zum Ausgangspunkt von Betrachtungen zur Datierung und Erklärung der Historia Augusta. Der Autor der Historia Augusta habe vor allem die Erhebung des Honorius zum Augustus durch Theodosius im Auge gehabt. T. Honoré, Scriptor Historiae Augustae, JRS 77 (1987) 156-176, hier 173 vertritt die Annahme, dass die Rede sogar einer realen Ansprache des Nicomachus Flavianus vor dem römischen Senat entspricht. 3 S. dazu die Diskussion zu test. 8. 1

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Die wirklichen oder vermuteten Verbindungen der Historia Augusta mit den Nicomachi hat dann zur These geführt, Nicomachus Flavianus der Jüngere sei der Autor der Historia Augusta gewesen. Die zuerst von Emilienne Demougeot vertretene Auffassung, nicht der jüngere, sondern der ältere Nicomachus habe die Historia Augusta verfasst, ist von Ratti mit einer Reihe von Argumenten untermauert worden 1. Ratti weist darauf hin, dass annales keinen scharf abgrenzbaren Typ von Geschichtsschreibung darstellen und dass ein Werk wie die Annales des Tacitus in einer spätantiken Werkbeschreibung nicht nur mit den Historien zu einem einzigen großen Geschichtswerk zusammengezogen worden ist, sondern dass dieses Geschichtswerk dann auch als eine Reihe von Viten aufgefasst wird, wie Hier. in Zac. 3,14 zeige: Cornelius quoque Tacitus, qui post Augustum usque ad mortem Domitiani vitas Caesarum triginta voluminibus exaravit. Im Umkehrschluss ergebe sich daraus, dass eine Sammelbiographie wie die Historia Augusta, die Vitae diversorum principum et tyrannorum a divo Hadriano usque ad Numerianum 2, verkürzt auch einfach als annales bezeichnet werden könne. Ein weiteres Argument ergibt sich für Ratti aus der Analyse der Biographie des jüngeren Symmachus im Ordo generis Cassiodorum (Anecdoton Holderi). Von Symmachus wird ausgesagt, er habe seine Vorväter nachgeahmt, unter anderem auch, indem er eine römische Geschichte in sieben Büchern geschrieben habe3. Diese Nachahmung erstrecke sich – so Ratti – bis auf die genau gleiche Zahl von sieben Büchern. Ratti verweist darauf, dass die Siebenzahl von Büchern nun für die Historia Augusta belegt sei, nämlich im Katalog der Abtei von Murbach. Die Historia Augusta sei daher mit den sieben Büchern der Annales des Ahns des Symmachus identisch und Nicomachus Flavianus sei als Autor der Historia Augusta sicher bestimmt. Für eine Nähe zwischen dem Werk des Ahns des Symmachus und der Historia Augusta könnte, wie Ratti ausführt, der Umstand sprechen, dass die Historia Romana des Symmachus ein langes Stück aus der Historia Augusta eingelegt hat 4. Weitere Argumente werden ins Feld geführt, etwa der Verweis auf Ähnlichkeiten zwischen der Vgl. zu den älteren Ansätzen, die Historia Augusta mit den Annales des Nicomachus Flavianus in Verbindung zu bringen Prchlík, Historicus disertissimus 56 f. Zum Ansatz von Ratti Prchlík 60 f. Die Thesen Rattis sind teilweise in vehementer Form abgelehnt worden. 2 Titel im Codex Palatinus Lat. 899. Vgl. J.-P. Callu (Hg.) , Histoire Auguste 1,1, Paris 1992, 18 (apparatus criticus); S. Ratti, Nicomaque Flavien Senior auteur 217. 3 S. test. 3. 4 Es handelt sich um die Stücke aus der Vita Maximini duo 4,4 und 6,5,1–2. 1

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Vita Cari 16,1-5 und einem dem Nicomachus als Quästor zugeschriebenen Gesetz 1. Nicht alle Argumente zugunsten der Identifizierung der Annalen des Nicomachus Flavianus sind gleichermaßen evident, die stärksten Indizien ergeben sich m. E. aus der in der Tat erklärungsbedürftigen Benutzung der Historia Augusta im Geschichtswerk des Senators Symmachus, die auch schon in der älteren Forschung eine Verortung der Historia Augusta im Kreise des Symmachus und Nicomachus nahegelegt hat. Ratti versucht auch eine Erklärung für den Umstand anzuführen, dass ein hochgestellter Senator eine kaum als seriös zu bezeichnende Schrift verfasst haben kann. Gegen die Argumentation von Ratti ist darauf hingewiesen worden, dass sich ja in einzelnen Biographien der Historia Augusta Proömien finden und dass damit im erhaltenen Material auf keinen Fall eine Organisation in sieben Büchern nachweisbar sei. Wenn Nicomachus Flavianus sein Werk direkt dem Theodosius gewidmet hat, sei auch nicht verständlich, warum er es gleichzeitig unter dem Namen von sechs verschiedenen Autoren verstecken muss und fiktive Widmungen an Diokletian oder Konstantin vorbringt 2. Weniger relevant ist dagegen für die Beurteilung der Hypothese, Nicomachus Flavianus sei der Verfasser der Historia Augusta, die angebliche Unvereinbarkeit zwischen der religiösen Einstellung der Historia Augusta und derjenigen des Flavianus 3: Denn die kompromisslose Haltung des Nicomachus Flavianus ist erst nach dem Bruch von 392 und damit lange nach der Abfassung der Annales zutage getreten. Abschließend eine Bemerkung zur Zusammenstellung der Testimonien: Während das Geschichtswerk des Nicomachus Flavianus nur durch die beiden inschriftlichen Andeutungen eindeutig belegt ist, ist die Auswahl der übrigen Testimonien schwierig. Das Wirken der Person Nicomachus ist zwar reichhaltig dokumentiert, etwa im Codex Theodosianus oder im zweiten Buch der Korrespondenz des Symmachus. Ausgesucht wurden aber nur Testimonien, die möglicherweise Aufschlüsse zur literarischen Aktivität Coll. Mos. et Rom. 5,5,3. Vgl. zu den Parallelen Ratti, Nicomaque Flavien Senior auteur 220. Eine weitere Argumentationskette ergibt sich aus Verbindungen zwischen der Historia Augusta, dem Autor der pseudoquintilianischen Deklamation zum Miles Marianus und Nicomachus Flavianus, vgl. S. Ratti, Nicomaque Flavien Senior et lʼHistoire Auguste: La découverte de nouveaux liens, in: Antiquus error, 239–248. 2 S. die Einwände von Paschoud, Vies des deux Maximins XXXII-XXXVIII. 3 Grünewald, Der letzte Kampf 472: „Die kompromißlose, militante Haltung des Flavianus in der religiösen Frage steht zu der moderaten Toleranz des Verfassers der HA in direktem Gegensatz.“ 1

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des Nicomachus erlauben oder die die besondere Bildung des Autors, aber auch seine ideologische Einstellung dokumentieren. II. Bemerkungen zum Text 1. Überlieferung der Zeugnisse Von Nicomachus Flavianus ist kein direkter Wortlaut überliefert. Zur Überlieferung der Textzeugen sei auf den philologischen Kommentar zu den einzelnen Testimonien verwiesen. 2. Sprache und Stil Über den Stil nicht erhaltener Schriften lässt sich naturgemäß schwerlich eine Aussage treffen. Dennoch wurden bezüglich der schriftstellerischen Tätigkeit des Nicomachus Flavianus in der Forschung einige Thesen aufgestellt, die hier überblicksartig zusammengefasst werden sollen. a) Nicomachus Flavianus und die Historia Augusta Sofern die in Hist. Aug. Tac. 6 berichtete Rede eines Maecius Faltonius Nicomachus tatsächlich von Nicomachus Flavianus stammt (vgl. Prchlík, Historicus disertissimus 53–55 und Einl., S. 16 Anm. 2), erlaubt sie vorsichtige Rückschlüsse auf Sprache und Stil des verlorenen Geschichtswerks. Honoré, Some Writings 17 weist auf stilistische Besonderheiten in dieser Rede hin, wie Wortwiederholungen mit Asyndeton (6,2 nihil ab hoc inmaturum, nihil prae ⟨pro〉perum, nihil asperum formidandum est und 6,8 ... ut villulam tuam, ut colonos tuos, ut servos tuos relinquas) oder asyndetische Reihungen (6,6 consules, duces, iudices, … vitam, merita, aetates, familias, gesta). Außerdem finden sich laut T. Honoré (vgl. Scriptor Historiae Augustae, JRS 77 [1987] 175) zahlreiche generalisierende Aussagen (6,1 f. semper … neque a quoquam … umquam … nulla umquam … nihil … nihil … omnia … cuncta). 1 Zu Honorés Beobachtungen sind zu ergänzen: pluralisch verwendete Eigennamen (6,4 Nerones … Heliogabalos … Commodos und 6,9 Nervas, Traianos, Hadrianos), Alliterationen (6,5 dii avertant principes pueros et patres patriae dici inpuberes) und wachsende F. Paschoud, Vies dʼAurélien 267 f. hält Honorés Ansatz nicht für überzeugend: „la spécifité du style de Nicomaque nʼest illustrée que par lʼemploi de figures très banales et fréquentes, comme lʼanaphore.“ Anaphern und Polyptota fänden sich auch sonst häufig in der Historia Augusta. 1

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Glieder (6,8 convenio petens, obsecrans ac libere pro communi patria legibus deposcens). b) Nicomachus Flavianus als Verfasser von Gesetzestexten Honoré hat aufgrund von sprachlichen und stilistischen Untersuchungen die These geäußert, dass die im Codex Theodosianus überlieferten Gesetzestexte aus dem Zeitraum vom 10. Oktober 388 bis zum 14. Mai 390 von Nicomachus Flavianus in seiner Amtszeit als quaestor sacri palatii verfasst wurden. 1 Vor diesem Hintergrund zieht er (vgl. Some Writings 17) einen Vergleich zwischen den stilistischen Mitteln in den von ihm dem Nicomachus Flavianus zugeschriebenen Gesetzestexten und der oben erwähnten möglicherweise auf diesen zurückgehenden Rede in der Historia Augusta. So finden sich auch in den Gesetzestexten auffallende asyndetisch gereihte Wortwiederholungen z. B. in Cod. Theod. 15,14,7 (nullus igitur sibi lege eius, nullus iudicio blandiatur) 2, Cod. Theod. 1,5,9 (si quos iudices corpore marcentes …, si quos servilis furti aviditate degeneres vel similium vitiorum labe sublimitas tua reppererit involutos, in eos vindictam publicae ultionis exaggeret) und Cod. Theod. 3,17,4 (sed ne sit facilis in eas post tutelam iure susceptam inruptio, bona eius primitus, … in obligationem venire et teneri obnoxia rationibus parvulorum3 praecipimus, ne quid incuria, ne quid fraude depereat), ebenso eine dreigliedrige asyndetische Aufzählung (audierit deprehenderit occupaverit Cod. Theod. 9,16,11). Außerdem verweist Honoré (Some Writings 17) auf die Verwendung von Das methodische Konzept, das diesen Untersuchungen zugrunde liegt, erläutert Honoré, Emperors and Lawyers 56–70 und ders., Law in the Crisis of Empire viii f. Zu Nicomachus Flavianus im besonderen vgl. Honoré, Some Writings 9–17 und ders., Law in the Crisis of Empire 58–70. Prchlík, Historicus disertissimus 54–56 würdigt Honorés Ansatz ausdrücklich und hält ihn für überzeugend. Dagegen hält Riedlberger, Prolegomena 117 f. Honorés Versuch, einzelne Gesetzestexte aus dem Codex Theodosianus einem bestimmten Quästor als Verfasser zuzuschreiben, grundsätzlich für gescheitert. Vgl. auch im Einzelfall seine Kritik, Prolegomena 302 Anm. 74 an Honorés Bewertung von Asyndeta und Alliterationen für die Abgrenzung der Verfasserschaft. 2 Diese und die folgenden Textstellen aus dem Codex Theodosianus werden in Appendix B zu Honoré, Some Writings 26–41 angeführt. Die dem Nicomachus Flavianus zugeschriebenen Gesetzestexte werden dort in chronologischer Reihenfolge und mit englischer Übersetzung geboten. 3 Das Diminutiv parvulus kommt auch in der Rede in der Historia Augusta Tac. 6,8 vor. Dieser Tatsache misst Paschoud, Vies dʼ Aurélien 272 wenig Beweiskraft zu, da das Wort auch sonst im Codex Theodosianus (14,3,5 [aus dem Jahr 364] und 2,1,8 [aus dem Jahr 395]) und in der Historia Augusta (15 Mal in 13 verschiedenen Viten) verwendet werde. 1

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Parenthesen sowohl in Hist. Aug. Tac. 6,4 (et Commodos – seu potius semper Incommodos – , certe non) als auch Cod. Theod. 16,5,18 (voluntates autem eorundem – quin immo ipsae etiam facultates populo publicatae – nec vim testamentorum teneant) und Cod. Theod. 9,7,6 (nihil enim discretum videntur habere cum feminis). In Cod. Theod. 2,8,19 liegt laut Honoré (Law in the Crisis of Empire 61) eine elegante Alliteration vor (aestivis fervoribus mitigandis et autumnis fetibus decerpendis). Alliterationen kommen auch sonst in den von Honoré dem Nicomachus Flavianus zugeschriebenen Gesetzestexten öfters vor: fraudibus facultate (Cod. Theod. 10,22,2), in defendendis decurialibus … priscorum principum … de auferendis privilegiis putaverit lite pulsandum (Cod. Theod. 14,1,3), nobis necessitudinibusve nostris (Cod. Theod. 4,4,2). Die folgenden rhetorischen Stilmittel werden von Honoré nicht genannt, finden sich aber ebenfalls in den dem Nicomachus Flavianus zugeschriebenen Gesetzestexten. Die angeführten Stellen illustrieren den ingesamt kunstvollen Stil 1: Chiasmus: Augustae in partibus civitatis magis antiqua reddi convenit quam incohari supervacua (Cod. Theod. 15,1,27); parem necesse est habere reverentiam nostris etiam diebus, qui vel lucis auspicia vel ortus imperii protulerunt. (Cod. Theod. 2,8,19). Hyperbaton: idcirco, si quis possessione deiectus auxilium nostri poscat oraculi, nullis eum temporum, quae ex rescriptorum editione defluunt, moris esse cludendum2 hac lege decernimus (Cod. Theod. 2,4,5); quidquid enim universo corpori videtur indici, nullam specialiter potest obligare personam (Cod. Theod. 13,5,18); omnibus eductos – pudet dicere – virorum lupanaribus (Coll. Mos. 5,5,2) 3. Parallelismus mit Polyptoton: ordinariorum iudicum apparitores … nullo annorum numero, nulla stipendiorum contemplatione laxentur (Cod. Theod. 8,4,16) Personifikation: his adicimus natalicios dies urbium maximarum Romae atque Constantinopolis, quibus debent iura differri, quia et ab ipsis nata Es ist allerdings für die Argumentation zu beachten, dass auch sonst die Gesetzestexte im Codex Theodosianus vielfach rhetorische Stilmerkmale aufweisen, vgl. R. M. Honig, Humanitas und Rhetorik in spätrömischen Kaisergesetzen, Göttingen 1960, 41–61, mit Belegen zu Hyperbaton (S. 42), Chiasmus (S. 44) und dreifachen Anaphern (S. 45 und 47). 2 cludendum ist eine Emendation Mommsens, die meisten Hss. haben ludendum. 3 Die Collatio legum Mosaicarum et Romanorum bietet die vollständige Fassung von Cod. Theod. 9,7,6. 1

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sunt (Cod. Theod. 2,8,19); non patimur urbem Romam virtutum omnium matrem diutius … contaminatione foedari (Coll. Mos. 5,5,2). Wachsende Glieder: viles autem infamesque personae et hi, qui bis aut saepius violentiam perpetrasse convincentur, constitutionum divalium poena teneantur. iudicem vero nosse oportet, quod gravi infamia sit notandus, si violentiae crimen aput se probatum distulerit omiserit vel inpunitate donaverit aut molliore, quam praestituimus, poena perculerit (Cod. Theod. 9,10,4). Honoré, Law in the Crisis of Empire 61 weist darauf hin, dass in den von ihm dem Nicomachus Flavianus zugeschriebenen Gesetzestexten häufig generalisierende Wörter wie omnis, quicumque, universus etc. vorkommen. Hier muss allerdings das Genre dieser Texte berücksichtigt werden, in denen aus inhaltlichen Gründen oft derartige Vokabeln gefordert werden. Der Ton ist insgesamt scharf und dogmatisch. 1 c) Mögliche Spuren des Nicomachus Flavianus in der Epitome de Caesaribus Schlumberger sieht einen engen Zusammenhang zwischen der Epitome de Caesaribus und dem Werk des Nicomachus Flavianus. 2 Für diese These spielen u. a. stilistische Beobachtungen eine Rolle. 3 Mit den folgenden Ausführungen ist keine grundsätzliche Stellungnahme in der Quellenfrage beabsichtigt. 4 Es sollen lediglich Schlumbergers Beobachtungen in stilistischer Hinsicht ergänzt und präzisiert werden, da er die oben angeführten Gesetzestexte nicht berücksichtigt hat. Diese als literarische Zeugnisse zu betrachten erscheint legitim. 5 Die Verwendung von gängigen rhetorischen Mitteln wie dreigliedrigen Asyndeta, Alliterationen, Vgl. Honoré, Some Writings 16 f. und ders., L’Histoire Auguste 196. Vgl. Schlumberger, Epitome 233–246 und ders., Die verlorenen Annalen 317 Anm. 30. 3 Schlumberger, Epitome 243: „Der im Vergleich mit den anderen Breviarien ins Auge fallende rhetorische Stil vieler in Frage kommender Epitomepassagen ließe sich leicht auf den historicus disertissimus zurückführen, von dem die frühere Nicomachusinschrift spricht.“ 4 Anders P. L. Schmidt, Handbuch der lateinischen Literatur der Antike 6,1 (HdbAW 8,6,1), München 2020, 589: „Bei der Rekonstruktion der Annales ist auszugehen von der Epitome de Caesaribus“. Ein nicht völlig mit der Materie vertrauter gelegentlicher Benutzer des Handbuchs gewinnt den Eindruck, dass die Epitome de Caesaribus Aufbau, Struktur und Inhalt der Annalen verlässlich abbildet. Dies ist aber keineswegs gesichert und wird in dieser apodiktischen Form auch nicht von Schlumberger behauptet, s. ders., Epitome 244. 5 S. Honoré, LʼHistoire Auguste 196 f. 1 2

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Chiasmus, Hyperbaton, Parallelismus u. ä. zieht sich durch die gesamte Epitome de Caesaribus (vgl. Einl. zu D 3, S. 121). Zu ergänzen sind zwei sprachliche Eigentümlichkeiten, die sich sowohl in den dem Nicomachus Flavianus zugeschriebenen Gesetzestexten als auch in der Epitome de Caesaribus finden: Erstens eine Vorliebe für konsekutive ut-Sätze 1 (vgl. den phil. Kommentar zu Epit. Caes. 1,10 adeoque denique – bellum indixerit [KFHist D 3,230]): Cod. Theod. 14,1,3 (usque adeo privilegia vetusta servamus, ut nova … beneficia praestare velimus); Cod. Theod. 4,4,2 (ceterum … codicillos et epistulas adeo refutamus, ut ex illis … quidquid nobis relictum nostrisve constiterit, ad liberos defuncti vel … ad proximum quemque iudicii nostri humanitate pertineat); Cod. Theod. 15,1,26 (id ex minorum viribus vindicetur, ita ut non ante poscatur, quam …); (Cod. Theod. 10,22,3 (primicerium fabricae … non solum vacatione, verum etiam honore donari praecipimus, ita ut inter protectores … dirigatur) / Epit. Caes. 43,8 (ita … pervicerat, ut neque … adductus sit …); Epit. Caes. 47,6 (adeoque barbarorum comitatu et prope amicitia capi ⟨ 〉, ut nonnumquam eodem habitu iter faceret), Epit. Caes. 48,9 (mens vero prorsus similis, adeo ut nihil dici queat, quod…), Epit. Caes. 48,10 (usque eo detestatus, ut bella non moverit…). Zweitens der Plural von Eigennamen: Hist. Aug. Tac. 6,4 (Nerones … Heliogabalos … Commodos) und 6,9 (Nervas, Traianos, Hadrianos) / Epit. Caes. 42,20 (per Adamantias et Gorgonias), vgl. den phil. Komm. zur Stelle (KFHist D 3,390). Diese Eigentümlichkeit ist von gewissem Interesse, da sie zwar nicht selten vorkommt (s. auch Schwyzer, Griechische Grammatik 2,45), aber nicht eines der am häufigsten angewendeten Mittel aus dem Repertoire der sprachlichen Stilmittel darstellt. Die Frage, ob sprachliche Besonderheiten in der Epitome de Caesaribus auf das Vorbild des Nicomachus Flavianus zurückgehen oder eine Eigen-

Mit ut eingeleitete Konsekutivsätze nach ita oder adeo kommen allerdings auch sonst oft im Codex Theodosianus vor. Laut Riedlberger, Prolegomena 237 wird die Kombination ita ut (mit mehreren hundert Belegen im Codex Theodosianus) in vielen Fällen nicht konsekutiv, sondern „mit neutraler Sinnrichtung“ im Sinne von „wobei“ zur Anknüpfung an das vorher Gesagte verwendet. Die oben angeführten Zitate mit ita ut sind daher in der Argumentation nur eingeschränkt verwendbar. Dennoch ist eine gewisse Häufung von Konsekutivsätzen in den möglicherweise im Zeitraum der Amtszeit des Nicomachus Flavianus verfassten Gesetzestexten zu beobachten. 1

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leistung des Epitomators darstellen, lässt sich nicht abschließend beantworten. Schlumberger (vgl. Epitome 45–47) traut beispielsweise die Formulierung der dicta, die aus der Umwandlung der indirekten Rede aus der suetonischen Vorlage in die direkte Rede resultieren, nicht dem Epitomator selbst, sondern nur seiner Vorlage zu. Laut Schlumberger, (Epitome 243 f.) spricht der rhetorische Stil vieler Epitomepassagen für Nicomachus Flavianus als Autor dieser Vorlage, wenn auch derartige Beobachtungen als Beweis nicht ausreichten. Die hier zusammengetragenen stilistischen Beobachtungen können lediglich Material für die Diskussion liefern. Es ist eine Frage der quellenkritischen Perspektive, ob man stilistische Gemeinsamkeiten zwischen der Epitome de Caesaribus und möglichen Texten des Nicomachus Flavianus als genügend aussagekräftig erachtet, um mit Schlumberger einen Einfluss der verlorenen Annalen anzunehmen. Für den Ruf und die Qualität der Annalen spricht die Art und Weise ihrer Erwähnung in der Inschrift (vgl. Einl., S. 7 sowie den phil. Komm. zu test. 1,5 ad annalium, S. 40 f. und zu test. 2 historico disertissimo, S. 46). Die möglicherweise auf Nicomachus Flavianus zurückgehende Rede in der Historia Augusta sowie die ihm zugeschriebenen Gesetzestexte weisen einen rhetorisch elaborierten Stil auf. Folglich dürfte es sich um ein Werk mit stilistischem Anspruch, keine bloße chronologische Aneinanderreihung gehandelt haben. Auch sind moralisierende und generalisierende Aussagen zu vermuten.

Erklärung der Siglen, Zeichen und Abkürzungen in Text und Apparat ⟨aaa〉 (aaa) ạạạ [aaa] ̣̣̣̣ [...]

vom Editor hinzugefügte Buchstaben vom Editor aufgelöste Abkürzungen unsicher erhaltene Buchstaben vom Editor in einer Lücke ergänzte Buchstaben unleserliche Reste von Buchstaben Zahl der in einer Lücke verlorengegangenen Buchstaben

corr. dub. om.

correxit (-erunt) vel correctus, -a, -um dubitanter omisit (-erunt) vel omissus, -a, -um

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1. CIL 6,1783 (ILS 2948; cf. p. 3,5 Hedrick) (1) Nicomacho Flauiano cons(ulari) Sicil(iae), uicar(io) Afric(ae), quaest(ori) aulae | diui Theodosi, praef(ecto) praet(orio) Ital(iae), Illyr(ici) et Afric(ae) iterum, |3 uirtutis auctoritatisq(ue) senatoriae et iudicariae ergo | reddita in honorem filii Nicomachi Flauiani, cons(ularis) Camp(aniae), | procons(ulis) Asiae, praef(ecti) urbi saepius, nunc praef(ecti) praet(orio) |6 Italiae Illyrici et Africae. (2) | imperatores Caess(ares) Fl(auius) Theodosius et Fl(auius) Placidus Valentinianus | semper Augg(usti) senatui suo salutem. (3) |9 clarorum adq(ue) inlustrium in ṛẹp(ublica) uirorum aduersum casus condicionis | ̣ humanae interpolatum aliquatenus adserere honorem et memoriam | defuncti in lucem aẹṭ[ernam] reuocare emendatio quaedam eius sortis |12 uidetur, quae praeiudịc ̣[ium sum]mumq(ue) [detri]mentum uirtutum exsistimatur. (4) | bono nobiscum, p(atres) c(onscripti), [fausto(que) o]mini ịṇṭẹḷḷịgitis profecto, quidquid in resti|tutionem pr[ ̣]ṇ[ ̣ ̣]inis ̣ inlustris et sanctissimae aput omnes recor|dationis Flauiani senịọ[ri]s adimus, diui aui nostri uenerationem esse, 15| si eum, quem uiuere nobis seruariq(ue) uobis (quae uerba eius aput uos fuisse | pleriq(ue) meministis) optauit, sic in monumenta uirtutum suarum titulosq(ue) reuo|cemus, ut quidquid in istum caeca insimulatione conmissum est, procul ab eius 18| principis uoto fuisse iudicetis; (5) cuius in eum effusa beneuolentia et usq(ue) ad an|nalium, quos consecrari sibi a quaestore et praefecto suo uoluit, prouecta |21 excitauit liuorem inproborum. (6) nunc, si aput uos abunde causas piaetatis | adstruximus, accipite aliud, quod de uestris in illum sensib(us) et prouinciar(um) | omnium iudiciis muniamur, quib(us) per illum locupletioris adhuc rei p(ublicae) |24 bona 5 praefecti urbi saepius de Rossi : praef. urbis Appius lapis 11 aẹṭ[ernam] Hedrick, duce Seeck : [antiquam] dub. Bormann 12 [detri]mentum de Rossi : [supple]mentum dub. Hedrick 14 pr[istini honor]is Seeck : [honoris ac nominis] de Rossi : pr[imitivam nom]inis Bormann : pr[ae]ṇ[om]inis dub. Hedrick

(D 1) Nicomachus Flavianus Zeugnisse 1. (Inschrift aus Rom) (1) Dem Nicomachus Flavianus, Konsular Siziliens, Vicar von Africa, Quaestor am Hofe des vergöttlichten Theodosius, zweimal praefectus praetorio von Italien, Illyricum und Africa, |3 ist wegen seiner Tugend und senatorischen und richterlichen Autorität (eine Statue) wieder aufgestellt worden zu Ehren seines Sohnes Nicomachus Flavianus, Konsulars von Kampanien, Prokonsuls von Asia, öfters praefectus urbi, zur Zeit praefectus praetorio von |6 Italien, Illyricum und Africa. (2) Die Imperatoren Caesaren Flavius Theodosius und Flavius Placidus Valentinianus, immerwährende Augusti, entbieten ihrem Senat einen Gruß. (3) |9 Berühmter und im Staate hervorragender Männer in gewisser Weise entstellte Ehre gegen die Wechselfälle der menschlichen Bedingung in Schutz zu nehmen und die Erinnerung an einen Verstorbenen in das ewige Licht zurückzurufen |12 erscheint gewissermaßen als eine Verbesserung seines Loses, welches als voreiliges Urteil und höchste Beeinträchtigung seiner Tugenden eingeschätzt wird. (4) Unter dem mit uns verbundenen guten und glückverheißenden Vorzeichen erkennt ihr Senatoren, in der Tat, dass, was auch immer wir für die Wiederherstellung der früheren berühmten Ehre (?) und der bei allen heiligsten Erinnerung an den älteren Flavianus beginnen, der Verehrung unseres vergöttlichten Großvaters dient, 15| wenn wir denjenigen, von dem er wünschte, dass er für uns lebe und dass er euch erhalten werde (dies waren seine Worte bei euch, wie sich viele von euch erinnern), so in die Denkmäler für seine Tugendbeweise und Inschriften zurückrufen, dass ihr urteilt, dass, was auch immer gegen ihn in blinder Anklagewut vorgebracht worden ist, dies weit vom Wunsch dieses Kaisers 18| gewesen ist. (5) Dessen ihm gegenüber offenbartes Wohlwollen, das bis zu den Annalen reichte, von denen er wünschte, dass sie ihm von seinem Quästor und Präfekten gewidmet würden, |21 erweckte den Neid der Bösen. (6) Nun aber, wenn wir vor euch in reichlicher Weise Belege für unser Pflichtgefühl angeführt haben, so nehmt des weiteren zur Kenntnis, dass wir aufgrund eurer Einstellungen jenem gegenüber (d. h. Nicomachus Flavianus dem Älteren) und aufgrund des Urteils aller Provinzen uns bestätigt fühlen. Diesen sind durch jenen |24 die Güter

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uel adseruata uel etiam aucta tantum et aput nos reuerentiae contule|runt, ut quod hodie facimus, in pectorib(us) et sensib(us) uestris absq(ue) interpella|tione ulla mediae obliuionis fuisse nouerimus. (7) ex quo quidem ipso non min[us] |27 memoriae illius quam nobis, p(atres) 30 c(onscripti), supra omnia praestitistis, ut non inmerit[o] | patientiae uestrae gratias agamus, ne quid erga restitutionem honoris eius admoniti | potius quam sponte fecisse uideamur, cum alioqui ipse etiam de institu|tione illius probatus saepe nobis parentibusq(ue) nostris Flauiani filiụ[1-3 litt.] 30| honor semiplenus etiam sub praefecturae 35 praetorianae apice, quem prouidẹ[ntia] | et industria sua cottidie auget, delatus exsistimetur, nisi integer tandem et abs[q(ue) ullo] |33 [r]eligiosi muneris debito totius domus eius familiaeq(ue) sit. (8) gaudete ergo nob[iscum], | p(atres) c(onscripti), optimo imperii nostri opere, ut nobiscum recognoscitis, et redditam uobis e[t] | patriae senatoris eius 40 memoriam et dignitatem probate, cuius consorti[o] |36 clariores fuistis et in posteris eius eadem aput nos reuerentia uigetis. (9) | Appius Nicomachus Dexter, u(ir) c(larissimus), ex praef(ectus) urb(i), auo optim[o] | statuendam curaui. (10) dedicata Id[ibus] Sept(em)b(ribus) [Bas]so et Antiocho uu(iris) cc(larissimis) conss(ulibus). 34 fili ụ(iri) [c(larissimi)] Bleckmann : fili[us ei] de Rossi Rossi : abs[olutus] Hedrick

36 abs[q(ue) ullo] de

2. CIL 6,1782 (ILS 2947) Virio Nicomacho Flauiano, u(iro) c(larissimo), | quaest(ori) praet(ori), pontif(ici) maiori | consulari Siciliae, | uicario Africae, | quaestori intra palatium, | praef(ecto) praet(orio) iterum, co(n)s(uli) ord(inario), | historico disertissimo | Q(uintus) Fab(ius) Memmius Sym5 machus u(ir) c(larissimus) prosocero optimo. 3. Anecdoton Holderi p. 306,5-8 Gallonier (codd. εΓξΕΠηR) Symmachus patricius et consul ordinarius vir philosophus, qui antiqui Catonis fuit novellus imitator, sed virtutes veterum sanctissima 2 sed εΓΠηR : ac ξE

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eines bis heute immer reicheren Staates entweder bewahrt oder sogar vermehrt worden und haben auch bei uns soviel Respekt erzeugt, dass wir gewiss sind, dass das, was wir heute tun, in euren Herzen und eurem Sinn ohne jede Unterbrechung eines dazwischen liegenden Vergessens existiert hat. (7) Aus genau diesem Grund habt ihr, Senatoren, nicht weniger |27 seinem Andenken als uns zuliebe es vor allem zustandegebracht, dass wir nicht ohne Grund eurer Geduld danken, damit es nicht etwa so scheint, dass wir zur Wiederherstellung seiner Ehre eher ermahnt worden seien als aus eigenem Antrieb gehandelt zu haben, da sonst selbst die aufgrund |30 der Erziehung durch jenen oft von uns und unseren Eltern gebilligte Ehre seines Sohnes Flavianus, vir [clarissimus] (?), sogar in Form der Würde der Prätorianerpräfektur, welche er durch seine Voraussicht und seinen Fleiß täglich vergrößert, nur als halbvoll übertragen eingeschätzt wird, wenn sie nicht endlich unbelastet und ohne jede Schuld |33 einer religiösen Pflicht seines ganzen Hauses und seiner Familie sein sollte. (8) Freut euch also mit uns, Senatoren, an der großartigen Tat unserer Herrschaft, wie ihr euch mit uns wiedererinnert, und billigt, dass euch und der Vaterstadt die Erinnerung an diesen Senator und seine Würde wiedergegeben worden ist. Durch die Gemeinschaft mit ihm |36 seid ihr glänzender gewesen, und unter dessen Nachkommen blüht ihr bei uns in derselben Ehrerbietung. (9) Ich, Appius Nicomachus Dexter, vir clarissimus, ehemaliger Stadtpräfekt, sorgte dafür, dass diese (Statue) dem besten Großvater errichtet wurde. (10) Geweiht an den Iden des September im Konsulat der viri clarissimi Bassus und Antiochus. 2. (Inschrift aus Rom) Für Virius Nicomachus Flavianus, vir clarissimus, Quaestor, Praetor, größerer Pontifex, Konsular von Sizilien, Vicar von Africa, Palastquaestor, zum zweiten Mal praefectus praetorio, ordentlicher Konsul, hochberedter Historiker, Q. Fabius Memmius Symmachus, vir clarissimus, für den besten Großvater seiner Gattin. 3. Anecdoton Holderi Symmachus, patricius und consul ordinarius, ein Philosoph, der ein neuer Nachahmer des alten Cato war, aber die Tugenden der Alten

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religione transcendit. dixit sententiam pro a⟨l〉lecticiis in senatu parentesque suos imitatus historiam quoque Romanam septem libris edidit. 3 alecticiis ε : aleoticiis ξΕ : pro aleo. Titus Π : om. R : corr. Usener 4 imitatur ξE VII ΓξΕΠ

4. Sid. Apoll. epist. 8,3,1 (codd. LMCPFT) Apollonii Pythagorici vitam, non ut Nicomachus senior e Philostrati, sed ut Tascius Victorianus e Nicomachi schedio exscripsit, quia iusseras, misi; quam, dum parere festino, celeriter eiecit in tumultuarium exemplar turbida et praeceps et opica translatio. 3 parere MCFPT : parare L 4 opaca MPF

5. Macrob. sat. 1,5,13 tum Symmachus: „nullus, qui quidem se dignum hoc conventu meminerit, sodalitatem hanc vel ipsum conventus regem repudiabit; sed ne quid ad perfectionem coetus desideretur, invitandos ad eundem congressum convictumque censeo Flavianum, qui quantum sit mirando 5 viro Venusto patre praestantior, non minus ornatu morum gravitateque vitae quam copia profundae eruditionis adseruit, simulque Postumianum, qui forum defensionum dignatione nobilitat, et Eustathium, qui tantus in omni genere philosophiae est, ut solus nobis repraesentet ingenia trium philosophorum, de quibus nostra antiquitas gloriata est.“

6. Rufin. hist. 11,33 (GCS n. s. 6,2,1037 sq.) (codd. LFNP) at pagani, qui errores suos novis semper erroribus animant, innovare sacrificia et Romam funestis victimis cruentare, inspicere exta pecudum et ex fibrarum praescientia securam Eugenio victoriam nuntiare, superstitiosius haec agente et cum omni animositate Flaviano tunc 5 praefecto, cuius adsertionibus (magna enim erat eius in sapientia praerogativa) Eugenium victorem fore pro certo praesumpserant. sed ubi verae religionis fretus auxilio Theodosius Alpium fauces coepit urguere, primi illi, quibus nequiquam litatae tot victimae, sed fallaciae 8 sed N : de LP : et F

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durch die heiligste Religion überragte. Er äußerte im Senat sein Urteil zugunsten der Leute aus der Kategorie der Adlecti und hat, indem er seine Väter nachahmte, auch eine römische Geschichte in sieben Büchern publiziert. 4. Sidonius Apollinaris, Briefe 8,3,1 Die Lebensbeschreibung des Pythagoreers Apollonius habe ich Dir, weil Du es befohlen hattest, geschickt, nicht wie sie der ältere Nicomachus aus dem Exemplar Philostrats, sondern wie sie Tascius Victorianus aus dem des Nicomachus ausgeschrieben hat. Während ich mich beeilte, Dir zu gehorchen, da brachte die kopflose, überstürzte und rohe Übertragung nur ein hastig zusammengestelltes Exemplar hervor. 5. Macrobius, Saturnalien 1,5,13 Da sagte Symmachus: „Niemand, der jedenfalls bedenkt, dass er dieser Zusammenkunft würdig ist, wird diese Gesellschaft oder gar den Leiter der Zusammenkunft verschmähen. Damit jedoch der Schar nichts an Vollkommenheit fehlt, meine ich, dass man zu dieser Versammlung und diesem Bankett den Flavianus einladen muss, der sowohl durch die Reinheit seiner Sitten und den Adel seiner Lebensführung als auch durch die Fülle und Tiefe seines Wissens bewiesen hat, wie sehr er seinen schon bewundernswerten Vater Venustus übertrifft, zugleich auch den Postumianus, der das Forum durch die Würdigung seiner Verteidigungsreden adelt, und Eustathius, der so groß in jeder Art der Philosophie ist, dass er allein uns den Geist der drei Philosophen repräsentiert, derer sich unser Altertum rühmte.“ 6. Rufinus, Kirchengeschichte 11,33 Aber die Heiden, die ihre Irrtümer durch ständig neue Irrtümer am Leben erhalten, erneuerten die Opfer, besudelten Rom mit dem Blut unheilvoller Opfer, betrachteten die Eingeweide der Tiere und verkündeten aus dem Vorwissen der Eingeweideschau dem Eugenius den sicheren Sieg, wobei der damalige Präfekt Flavianus diese Dinge in ziemlich abergläubischer Art und mit aller Leidenschaftlichkeit betrieb, durch dessen Versicherungen (groß war nämlich sein Vorrang in der Weisheit) sie es für sicher vorausgesetzt hatten, dass Eugenius Sieger sein werde. Aber sobald der auf die Hilfe der wahren Religion vertrauende Theodosius begann, die Engpässe der Alpen zu bedrängen, da flohen zuerst jene Dämonen, denen vergeblich so viele Opfertiere geschlachtet

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(D 1) Nicomachus Flavianus

conscientia trepidi daemones in fugam versi, post etiam magistri horum 10 et doctores errorum. praecipue Flavianus plus pudoris quam sceleris reus, cum potuisset evadere, eruditus admodum vir, mereri se mortem pro errore iustius quam pro crimine iudicavit.

7. Paul. Med. vit. Ambr. 26 (codd. ABDEFGHKL) Eugenius suscepit imperium. qui ... petentibus Flaviano tunc praefecto et Arbogaste comite aram Victoriae et sumptus caeremoniarum … oblitus fidei suae concessit. 2 sumptus DEFHK : sumptibus AGL : cum sumptibus B

8. Paul. Med. vit. Ambr. 31 promiserat ... Arbogastes tunc comes et Flavianus praefectus Mediolano egredientes, cum victores reversi fuissent, stabulum se esse facturos in basilica ecclesiae Mediolanensis atque clericos sub armis probaturos. 9. Soz. 7,22,4 sq. (GCS n. s. 4,335) Εὐγένιοϲ δέ τιϲ οὐχ ὑγιῶϲ διακείμενοϲ περὶ τὸ δόγμα τῶν Χριϲτιανῶν ἐπειϲπηδᾷ τῇ ἀρχῇ καὶ τὰ ϲύμβολα τῆϲ βαϲιλείαϲ ἀμφιέννυται. ᾠετο δὲ τοῦ ἐπιχειρήματοϲ ἀϲφαλῶϲ κρατήϲειν ὑπαγόμενοϲ λόγοιϲ ἀνθρώπων εἰδέναι τὸ μέλλον ὑπιϲχνουμένων 5 ϲφαγίοιϲ τιϲὶ καὶ ἡπατοϲκοπίαιϲ καὶ καταλήψει ἀϲτέρων. ἐϲπούδαζον δὲ περὶ ταῦτα ἄλλοι τε τῶν ἐν τέλει Ῥωμαίων καὶ Φλαβιανὸϲ ὁ τότε ὕπαρχοϲ, ἀνὴρ ἐλλόγιμοϲ καὶ περὶ τὰ πολιτικὰ ἐχέφρων εἶναι δοκῶν, προϲέτι δὲ καὶ τὰ μέλλοντα ἀκριβοῦν νομιζόμενοϲ ἐπιϲτήμῃ παντοδαπῆϲ μαντείαϲ. ταύτῃ γὰρ μάλιϲτα 10 τὸν Εὐγένιον ἔπειϲεν εἰϲ πόλεμον παραϲκευάϲαϲθαι, μοιρίδιον εἶναι αὐτῷ τὴν βαϲιλείαν ἰϲχυριζόμενοϲ καὶ νίκην ἐπὶ τῇ μάχῃ ξυμβήϲεϲθαι καὶ μεταβολὴν τῆϲ τῶν Χριϲτιανῶν θρηϲκείαϲ.

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worden waren, die aber aufgrund ihres Bewusstseins, getäuscht zu haben, ängstlich waren, danach auch deren Meister und die Lehrer der Irrtümer. Vor allem Flavianus, der eher der Peinlichkeit als eines Verbrechens angeklagt war, ein sehr gebildeter Mann, glaubte, obwohl er hätte entkommen können, dass er den Tod gerechterweise mehr wegen eines Irrtums als wegen eines Verbrechens verdient habe. 7. Paulinus, Vita Ambrosii 26 Eugenius übernahm die Herrschaft. Dieser gestand, als Flavianus, der damalige Präfekt, und der Comes Arbogast darum baten, ihnen den Altar der Victoria und die Kosten für die Zeremonien zu ... und vergaß dabei seinen eigenen Glauben. 8. Paulinus, Vita Ambrosii 31 Arbogast, der damalige Comes, und der Präfekt Flavianus hatten bei ihrem Abzug aus Mailand angekündigt, dass sie, wenn sie als Sieger zurückkehrten, in der Kathedralkirche von Mailand einen Stall einrichten würden und dass sie die Kleriker unter den Waffen erproben würden. 9. Sozomenos 7,22,4-5 Ein gewisser Eugenius, der, was den Glauben der Christen betrifft, keine gesunde Gesinnung hatte, usurpierte die Macht und legte die Abzeichen der Kaiserherrschaft an. Er glaubte, dass er das Unternehmen sicher zustande bringen werde, weil er durch die Reden von Menschen verleitet wurde, die versprachen, durch irgendwelche Opfer, Leberschauen und das Erfassen der Sterne die Zukunft zu kennen. Diese Dinge studierte neben anderen vornehmen Römern auch Flavianos, der damals Präfekt war, ein hochangesehener Mann, der auch den Ruf hatte, in Staatsgeschäften verständig zu sein und von dem man ferner meinte, dass er die Zukunft genau erforschen könne aufgrund seiner Kenntnis vielfacher Weissagekunst. Dadurch aber überzeugte er am meisten Eugenios, den Krieg vorzubereiten, indem er bekräftigte, dass ihm die Kaiserherrschaft vom Schicksal bestimmt sei, dass im Kampf der Sieg gewonnen werde und dass es einen Umsturz des Glaubens der Christen geben werde.

Kommentar test. 1 Die Inschrift wurde erstmals 1849 von Matranga und im gleichen Jahr von de Rossi veröffentlicht. Die Herausgeber des CIL (Henzen und Bormann 1882) haben einzelne schwierige Stellen gesichtet, hängen aber im Großen und Ganzen von de Rossi ab (zur genauen Publikationsgeschichte vgl. Hedrick, History 247 f.) Hedrick hat den Stein seinerseits noch einmal geprüft. Die Inschrift ist nicht immer leicht zu entziffern und sprachlich teilweise kompliziert. Buchstaben können leicht miteinander verwechselt werden. Die Buchstaben sind über eine darunter liegende, teilweise durchscheinende Inschrift in den Stein gemeißelt worden. Einzelne Buchstabenfolgen der Inschrift sind im Laufe der Zeit unterschiedlich gelesen worden. Zur genauen Beschreibung des Steins und der Schrift s. Hedrick, History 249–52. 1 Die Angaben zu den unsicher gelesenen Buchstaben folgen im Wesentlichen Hedrick, wurden aber in Zweifelsfällen anhand der digitalen Abbildungen überprüft. [B. C.] Zur Gestaltung von Text und Apparat Der Buchstabe v in der Inschrift auf dem Stein wird durchgängig als u geschrieben, um an unsicheren Stellen den Leser nicht zu beeinflussen. Die Inschriftenzeilen sind durch | abgetrennt. Der kritische Apparat folgt der Zeilenzählung des gedruckten Textes, der Kommentar dagegen der Paragraphenzählung der Inschrift. Sowohl im lateinischen Text als auch in der deutschen Übersetzung ist jede dritte Zeile mit Nummern versehen. Zu den orthographischen Gepflogenheiten der Inschrift, die denen des Codex Theodosianus entsprechen, vgl. Hedrick, History 250 f. 2 [B. C.] (1) Konsular Siziliens Die früheren Karrierestufen, die in test. 2 genannt sind, werden ausgelassen, ebenso wie der inopportune Hinweis auf die Stellung als pontifex maior, vgl. Hedrick, History 18. Die Statthalterschaft Vgl. auch Clauss-Slaby mit Verweisen auf die Inschrift in weiteren epigraphischen Datenbanken (tinyurl.com/y3v7544c). Gute digitale Abbildungen bietet die Epigraphische Datenbank Heidelberg (tinyurl.com/2mw6k375). 2 Z. B. adque statt atque (Z. 9), aput statt apud (Z. 14, 16, 21, 24, 36), ae statt e (piaetas, Z. 21). Die Präfixe in- und ad- werden nicht assimiliert. 1

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in Sizilien ist in das Jahr 364/365 zu datieren, vgl. Hedrick, History 18. Die Nicomachi hatten familiäre Verbindungen in diese Provinz und besaßen Güter bei Enna, s. Hedrick, History 18 und 77. Vicar von Africa Die Tätigkeit des Nicomachus Flavianus als Vicar von Afrika wird von Ammianus Marcellinus 28,6,28 bezeugt. Vgl. Cod. Theod. 16,6,2; Aug. ep. 87,4. Quaestor am Hofe des vergöttlichten Theodosius Zur Bezeichnung quaestor aulae divi Theodosii bzw. quaestor intra palatium (test. 2) – beides ist für den Quaestor sacri palatii ungewöhnlich, vgl. Hedrick, History 20. Vermutlich sollte durch den Hinweis auf den vergöttlichten Theodosius die enge Bindung zwischen Theodosius dem Älteren und Nicomachus unterstrichen werden, die dann im Text des Rehabilitationsschreibens erneut betont wird. zweimal praefectus praetorio … Africa Zu den beiden Präfekturen des Nicomachus Flavianus des Älteren s. Einleitung. Die erste Präfektur könnte lediglich eine Präfektur über das östliche Illyricum gewesen sein. richterlichen Autorität Gemeint ist die Tätigkeit als iudex im spätantiken Sinne, also nicht nur die richterliche, sondern auch die administrative Tätigkeit, insbesondere in der Verwaltung der Prätorianerpräfektur. Auf die für die Provinzen segensreiche Tätigkeit des Nicomachus Flavianus wird auch im kaiserlichen Schreiben hingewiesen (Z. 22 f.). Hedrick, History 18 f. will die segensreiche Wirkung in der Rechtsprechung und die Vergrößerung der staatlichen Einnahmen mit der Tätigkeit als vicarius Africae, vor allem in der Romanus-Affäre verbinden. reddita Hier liegt wie in Z. 38 eine Ellipse von statua vor. Laut Wytzes, Der letzte Kampf 342 f. Anm. 1 ist bei reddita durch einen Fehler des Steinhauers memoria ausgefallen. Grünewald, Der letzte Kampf 465 Anm. 9 nimmt an, dass memoria et dignitas ausgefallen sei. Hedrick, History 295 Anm. 17 weist jedoch zu Recht darauf hin, dass in römischen Ehreninschriften der geweihte Gegenstand oft nicht ausdrücklich benannt wird. Zu Ellipsen in Grab- und anderen Inschriften vgl. Löfstedt, Syntactica 2,256 f. Löfstedt nennt das Beispiel der Ehreninschrift CIL 4,2120 (ob … immensam munificentiam eius equestrem ponendam censuerunt). Auch in dieser Inschrift liegt eine Ellipse von statuam vor. seines Sohnes Nicomachus Flavianus Nicomachus Flavianus der Jüngere, vgl. die bei PLRE 2, Flavianus 14 zusammengestellten Belege, s. ferner AE 1982, 154: pro felici[tate temporum? dd(ominorum) nn(ostrorum) Fl(avi) Theo]/dosi et Pla[cidi Valentiniani semper] /

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Augg(ustorum) pont[em? --- plu?]/rimis usu[---] / Nicoma[chus Flavianus cons(ularis) Cam(paniae) proc(onsul) Asiae] / praefec[tus urbi iterum? praefectus] / [pr]aetor[io Italiae Illyrici et Africae] / [cu]ravit [---]. S. Hedrick, History 25-32. Konsulars von Kampanien, Prokonsuls von Asia Ca. 358 geboren, war Nicomachus Flavianus d. J. 382 consularis Campaniae, und von 382383 oder 383 proconsul Asiae. Als Prokonsul wurde er offiziell deshalb entlassen, weil er einen Dekurionen gegeißelt haben soll, vgl. Lib. or. 28,5 sowie die Andeutung bei Symm. ep. 3,69. Vermutlich verbirgt sich hinter diesen Vorgängen eine Hofintrige gegen die Nicomachi, aus der deutlich wird, wie das in test. 1 behauptete große Einvernehmen zwischen Nicomachus Flavianus und dem Kaiser Theodosius in Wirklichkeit beschaffen war. öfters praefectus urbi Während der Usurpation des Eugenius war Nicomachus Flavianus d. J. Stadtpräfekt von Rom. Diese Stadtpräfektur erklärt, warum die Zahl der Stadtpräfekturen auf der Inschrift nicht präzisiert wird, sondern nur davon die Rede ist, dass die Präfektur öfters bekleidet wurde, vgl. Hartke, Zwei chronologische Fragen, 432; Errington, The Pretorian Prefectures 442; Hedrick, History 29. Nach Cameron, Last Pagans 520 f. steht die Formel in Übereinstimmung mit einem gewöhnlichen Sprachgebrauch. saepius bedeute einfach nur „three times“ (oder mehr). Die weiteren Präfekturen sind die von 399-400 und 408. Sie zeigen, dass die Stellung des Nicomachus Flavianus unter Honorius unangetastet blieb, mit Ausnahme der Tatsache, dass er das Gehalt seines Vaters als praefectus praetorio unter Eugenius zurückbezahlen musste, vgl. Symm. ep. 4,19 und 51; 5,47; 6,12 sowie (für die Straflosigkeit) Aug. civ. 5,26. Die Rückerstattung seines Erbes wurde durch die Bekehrung zum Christentum erkauft, vgl. Aug. civ.; Symm. ep. 4,19 mit Hedrick, History 28. Das Regime des Honorius konnte auf seine Unterstützung nicht verzichten, wie die Entsendung des Nicomachus Flavianus in Sondermission nach Afrika zeigt (Cod. Theod. 7,4,33 vom November 414). praefectus praetorio von Italien, Illyricum und Africa. Die Prätorianerpräfektur, die den Höhepunkt seiner Karriere bedeutete, hatte Nicomachus Flavianus der Jüngere von 431 bis 432 inne. Seine Ernennung steht offenkundig mit der Rehabilitierung des Vaters in engem Zusammenhang. Damit der Glanz seiner Stellung nicht geschmälert wurde, wurde nach Aussage der großen Inschrift das Andenken des Vaters wiederhergestellt.

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(2–8) imperatores – uigetis Die Zeilen geben die an den Senat gerichtete epistula von Valentinian III. und Theodosius II. zur Rehabilitation des Nicomachus Flavianus Senior wieder. Das Schriftstück ist in dem typischen komplizierten und bürokratischen Stil seines Genres abgefasst, s. Hedrick, History 248. 1 (3–5) berühmter ... der Bösen: Theodosius II. und Valentinian III. behaupten, dass die Wiederherstellung der Ehre des Nicomachus Flavianus, konkret die Wiederaufstellung seiner Statue, ganz dem Wunsch des Theodosius I. entspricht. Theodosius soll selbst gegenüber dem Senat sein Bedauern über den Tod des Nicomachus geäußert haben. Die Wiederherstellung der Denkmäler für Nicomachus Flavianus soll beim Senat das Urteil festigen, dass die Verurteilung des Nicomachus nichts mit dem Wunsch des Theodosius zu tun gehabt habe. Vielmehr habe dieser sogar Nicomachus um die Widmung der Annalen gebeten. Die Kampagne gegen Nicomachus Flavianus sei das Werk von Intriganten, die an dem besonderen Wohlwollen des Kaisers Anstoß genommen hätten. (3) clarorum – existimatur Es liegt eine Inversion vor, indem das Genitivattribut (clarorum ... virorum) und das Partizip zu honorem, interpolatum, an den Satzanfang gestellt wurden. adserere honorem und memoriam … revocare sind chiastisch angeordnet. Das Prädikatsnomen emendatio quaedam erscheint erst am Ende des Hauptsatzes. Inhaltlich ermöglicht die Inversion den Übergang vom allgemeinen Ausdruck clarorum … virorum zum Einzelfall des Nicomachus Flavianus. clarorum … uirorum Hedrick, History 143 vergleicht Tac. Agr. 1 (clarorum virorum facta moresque posteris tradere antiquitus usitatum). Szidat, Gnomon 75 (2003) 241 f. hält auch die Herkunft der Formulierung aus Cic. Planc. 66 (etenim M. Catonis illud quod in principio scripsit Originum suarum semper magnificum et praeclarum putavi, „clarorum virorum atque magnorum non minus oti quam negoti rationem exstare oportere“) für denkbar. Die Verwendung einer Anspielung auf das verbreitete Zitat aus Catos Origines in der Inschrift spricht für einen gewissen literarischen und stilistischen Anspruch des Rehabilitationsschreibens. Vgl. auch O. Hey, ALLG 15 (1908) 56 „besonders des Lateins der kaiserlichen Kanzleien, wo seit der Vollendung der Monarchie (3./4. Jh.) wohl die hochtrabendste Stilgattung gepflegt wurde.“ sowie MacMullen, Roman Bureaucratese, Traditio 18 (1962) 377, der auf die Schwierigkeiten verweist, die ein moderner Leser aufgrund des rhetorisch überladenen Stils antiker amtlicher Schriftstücke hat, den eigentlichen Kern der Aussage zu verstehen. 1

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aliquatenus Das Adverb ist sinnvoller auf interpolatum als auf adserere zu beziehen. Nicht die Rehabilitation selbst, sondern die Trübung der Ehre wird relativiert. Szidat, Gnomon 75 (2003) 242 möchte aliquatenus nicht modal, sondern zeitlich auffassen. Entsprechend dieser Interpretation wäre die Erinnerung an Nicomachus Flavianus eine Zeitlang unterbrochen gewesen. Der modale Sinn von aliquatenus mit der qualitativen Relativierung von interpolatum entspricht der Absicht des kaiserlichen Schreibens jedoch eher als die Betonung des rein zeitlichen Faktors. aẹṭ[ernam] Die Buchstaben sind kaum leserlich. De Rossi schlug außer dem von ihm schließlich bevorzugten hominum auch publicam, urbanam oder vitamque vor. Hedrick meint, als ersten Buchstaben sicher ein A, gefolgt von einigen unsicheren Spuren, zu erkennen und schließt sich deswegen Seecks Vorschlag a[etern]a[m] an. [detri]mentum uirtutum Der Zusammenhang und das vorangehende Wort praeiudicium fordern einen negativen Klang des Satzes. Der Relativsatz quae … existimatur ist entsprechend der Wortstellung auf eius sortis zu beziehen. Anders Hedrick, History 175 f., der den Relativsatz auf emendatio beziehen möchte und bestreitet, dass praeiudicium negativ aufzufassen sei. Hedrick, History 255 gesteht zu, dass sein Vorschlag [supple]mentum Platz für einen zusätzlichen Buchstaben erfordert, hält dies jedoch vor dem Hintergrund der schwierigen Lesbarkeit der Inschrift nicht für ein Ausschlusskriterium. (4 f.) bono – inproborum Der quidquid-Satz bildet den Subjektsakkusativ in dem von intelligitis abhängigen AcI. In den folgenden Bedingungssatz ist als Relativsatz (quem … optavit) der Wunsch des Theodosius I. eingebettet. Die Parenthese in Form eines relativischen Satzanschlusses (quae verba … meministis) legt nahe, dass es sich bei dem vorangehenden Ausdruck quem vivere nobis servariq(ue) vobis um die Wiedergabe eines wörtlichen Zitats handelt (vgl. historischen Kommentar zu „dies waren seine Worte“). Die Wiederholung von quidquid in Z. 18 nach quidquid in Z. 13 unterstreicht den generalisierenden und allgemein gültigen Charakter der Aussagen. eius principis (Z. 18 f.) und der dazugehörige relativische Satzanschluß cuius lenken am Ende des langen Satzes die Aufmerksamkeit noch einmal auf Theodosius I. (4) guten und glückverheißenden Vorzeichen Grünewald übersetzt: „Weil wir die Quelle des guten und glücksverheißenden Vorzeichens sind (..).“ Gemeint ist der mit der gegenwärtigen Regierung verbundene

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glückliche Zustand, in dem sich alles zum Guten wendet, ein übliches Thema imperialer Propaganda. pr[ ̣ ]̣ ṇ[ ̣ ̣]inis Die Lesung der Buchstaben ist sehr unsicher, vgl. die ausführliche Diskussion bei Hedrick, History 255 f. („The reading –inis is not in doubt.“ 1). Seinen eigenen Vorschlag pr[ae]ṇ[om]inis vertritt Hedrick mit Vorsicht, da er zwar zu dem Platz und den Buchstabenresten auf dem Stein sowie in den Zusammenhang der Rehabilitation passe, die Ergänzung aber für eine Übernahme in den Text zu unsicher sei, vgl. History 256. Seecks Vorschlag pr[istini honor]is ergibt einen guten Sinn, passt aber nicht zum Platz und den Resten. unseres vergöttlichten Großvaters Theodosius I. (379-395), der über Arcadius der Großvater Theodosius II. und über Galla Placidia der Großvater Valentinians III. war. Obwohl Theodosius niemals konsekriert wurde, wird er in traditioneller Weise als „vergöttlicht“ bezeichnet. dies waren seine Worte Offenkundig wird aus einer oratio principis zitiert. Ob dies voraussetzt, dass Theodosius in Person vor dem Senat in Rom gesprochen hat, ist umstritten. Grünewald, Der letzte Kampf 483 bringt diese Passage mit dem bei Zos. 4,59,1 erwähnten, in seiner Historizität fraglichen Rombesuch des Theodosius in Verbindung. Grünewald betont zu Recht, dass Theodosius hier ein doppeltes Spiel spielte. Er selbst betonte seine Bemühung um Milde, während untergeordneten Stellen die Abstrafung des Nicomachus Flavianus überlassen wurde. Zur Milde des Theodosius s. vor allem Ambr. obit. Theod. 4: (Theodosius) qui etiam his qui in se peccaverunt, doluit, quam dederat, perisse indulgentiam et veniam denegatam; Socr. h. e. 5,14,4-9; Claud. Paneg. Hon. Cons. IV, 111-117. Zu diesen Passagen Prchlík, Fiery Eyes, 15 Anm. 37. monumenta … titulosq(ue) H. Niquet, Monumenta virtutum titulique, Stuttgart 2000, 228 übersetzt „auf die Denkmäler und Inschrifttafeln seiner Verdienste“; ebenso Hedrick, History 2 „to the monuments and inscriptions of his worth“; dagegen Grünewald, Der letzte Kampf 466 „auf die Denkmäler seiner Verdienste und auf seine Inschrifttafeln“. (5) ad annalium Die Tatsache, dass ein Akkusativ zu ad fehlt, wird bei den bisherigen Erläuterungen der Inschrift üblicherweise als fehlerhafter Ausfall eines Wortes verstanden. De Rossi wollte volumen ergänzen 2,

Diese Aussage lässt sich anhand der digitalen Abbildungen nicht verifizieren. Annali dell’Istituto di Corrispodenza Archeologica n. s. 6 (1849) 348 Anm. α: „Qui manca un sostantivo, senza il quale il periodo non corre, probabilmente vi ci dovrà supplire, 1 2

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Dessau acceptionem oder etwas Ähnliches. 1 Hedrick, History 256 f. vermutet einen Ausfall von libros oder einem ähnlichen Wort durch einen Fehler des Steinmetzen. 2 Auch Van Hoof / Van Nuffelen, Fragmentary Latin Histories 48 ergänzen libros, geben aber keine weitere Erklärung für den Grund des Wortausfalls. Baldini, Epigraphica 66 (2004) 256 schlägt mit Blick auf Z. 11 die Ergänzung von emendationem vor. Tatsächlich handelt es sich hier aber nicht um eine fehlerhafte Auslassung, sondern vielmehr um die idiomatische Ellipse von libros bei einem Buchtitel. Dieses grammatische Phänomen wird ausführlich behandelt von Vahlen, Opusc. 2,334– 36, besonders 336: „Quorum exemplo patefieri putamus genetivum in titulis librorum per se solum poni solitum, id quod compluribus testimoniis eorum quae supra allata sunt subiudicari videatur“ mit Anm. 36. Aus den zahlreichen angeführten Beispielen sei hier Cassiod. var. praef. 17 (huc accedit, quod modo regibus, modo potestatibus aulicis, modo loqui videamur humillimis … ut merito Variarum dicatur, quod tanta diversitate conficitur) angeführt, vgl. auch Löfstedt, Peregrinatio 302 („Weglassung eines selbstverständlichen Begriffes beim Genetiv“) und ders., Syntactica 2,250 („Ellipse bei der Bezeichnung von Büchern, Schriften, Reden usw.“). H.-Sz. 61 (γ) bezeichnen die Ersparung von liber als häufig im Spätlatein, namentlich in Zitaten. Der Ausdruck ad annalium findet seine Entsprechung in vergleichbaren Ausdrücken, bei denen ein direktes Bezugswort zur Präposition im Akkusativ aufgrund von typischer Ellipse fehlt, z. B. ad Dianae (sc. templum), vgl. K.-St. 1,232 Anm. 6. Damit erübrigen sich sämtliche Versuche, einen Bezugsakkusativ zu ad zu ergänzen. Der Wortlaut der Inschrift spricht dafür, Annales als Titel zu sehen 3, vgl. auch hist. Einl., S. 7.

ad almeno sottindere volumen.“ De Rossis Formulierung zeigt, dass er evtl. auch schon an eine syntaktische Ellipse dachte. 1 ILS 2948, 578 Anm. 13. Vgl. auch Wytzes, Der letzte Kampf des Heidentums in Rom, 1977, 342 f. Anm. 6 und Baldini, Storie perdute 176. Grünewald, Der letzte Kampf 466 übersetzt: „Dessen Wohlwollen wurde ihm in hohem Maße zuteil und reichte bis zur Förderung der Annalen …“, ergänzt also ebenfalls ein vermeintlich fehlendes Wort. 2 Sein alternativer Vorschlag („… then we might perhaps understand some word such as eos, which can be inferred from the following relative pronoun.“) ist syntaktisch unverständlich. 3 Schlumberger, Epitome 244 rechnet damit, dass Nicomachus seinem Werk den Titel Annales gegeben hat. Man darf annehmen, dass dieser Titel für das Geschichtswerk des Nicomachus Flavianus einigermaßen bekannt und etabliert war, da sonst die elliptische Ausdrucksweise nicht als ohne weiteres verständlich vorausgesetzt werden konnte.

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gewidmet würden Theodosius erklärt, die Widmung des (vermutlich schon beendeten) Werkes selbst gewünscht zu haben. Dabei ist anzunehmen, dass der Kaiser ein entsprechendes Schreiben an Nicomachus Flavianus gerichtet hat. Eine Parallele bietet der in eigener Hand verfasste Brief des Theodosius an Ausonius (Appendix zu Auson. praef. variae 3), Hartke, Zwei chronologische Fragen, 430. Theodosius fordert den Ausonius auf, neben älteren bekannten Schriften auch neuere Produktionen zuzusenden. Ausonius antwortet mit einer Widmung in Versen. uoluit Der Ausdruck bezeichnet laut Van Hoof / Van Nuffelen, Fragmentary Latin Histories 47 lediglich die Absicht, nicht das Resultat. Auch einige Zeilen früher werde ein unerfüllter Wunsch ausgedrückt: eum quem vivere nobis servarique vobis (…) optavit. Die Ausdrucksweise sagt aber nichts über die Erfüllbarkeit des Wunsches aus. Außerdem spricht gegen diese Deutung, dass velle bei spätantiken Kaisern in der Regel im Sinne von „anordnen“ verwendet wird, s. Riedlberger, Prolegomena 236. 1 Neid der Bösen In einer gewundenen Erklärung geht es darum, die Tatsache, dass Theodosius auf der einen Seite zwar Nicomachus den Jüngeren geschont hatte, auf der anderen Seite aber Maßnahmen getroffen hatte, das Andenken des Älteren wegen dessen Teilnahme an der Eugeniususurpation zu ächten, zu verschleiern. Während der Kaiser selbst für clementia eintritt, äußern dunkle, nicht weiter konkret gefasste Intriganten Anklagen gegen den früheren Prätorianerpräfekten. livor und improbi sind aus einem Vokabular entnommen, das der Beschreibung innersenatorischer Intrigen diente, vgl. J. Matthews, Symmachus and his enemies, in: F. Paschoud (Hg.), Colloque Genevois sur Symmaque à l’occasion du mille six centième anniversaire du conflit de l’autel de la Victoire, Paris 1986, 163-175, hier 175. Zu Nicomachus und seinen Feinden ders., 169-172. Zu Symm. 9,97 vgl. den Kommentar von A. Marcone, S. 61. Die Parallelen mit dem aus Symmachus bekannten Vokabular senatorischen Intrigenspiels genügen vermutlich, um die Junktur livor improborum zu erklären. Weitreichende Schlüsse werden aber daraus gezogen, dass die identische Wendung livor improborum ausgerechnet in der Hist. Aug. (Heliog. 35,1-3) begegnet, vgl. M. Festy, Les Nicomaques auteurs de l’Histoire Auguste. La jalousie des méchants, Paris 2004, 757767; Vitiello, L’Imperatore, 489 f. mit der Zusammenfassung der Riedlberger führt als überzeugendes Beispiel Cod. Theod. 7,22,10 (non solum in diversis officiis militantes, sed etiam vacantes rebus propriis veteranorum et militum filios armateae militiae volumus sociari. nulla igitur sit excusationis occasio) an. 1

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Diskussion. In der Passage der Vita geht es in gleicher Form wie bei Hist. Aug. Aurelian. 2,1 und Ael. 1,1 um den passenden Inhalt von Kaisern gewidmeten kaisergeschichtlichen Darstellungen. Das könnte der Widmung der Annales an Theodosius und den hierdurch ausgelösten Diskussionen entsprechen. Unterstellt wird in der Passage der Elagabalvita, dass der kaiserliche Adressat (Konstantin) dann auch etwas über skandalöse Kaiser wie Elagabal hören möchte: Vitiello, L’Imperatore, 494. (6) Nun aber ... existiert hat: Weiterer Grund für die Wiederherstellung der Monumente für Nicomachus ist die Einstellung des Senats und das Urteil der seinerzeit von diesem als Präfekten erfolgreich verwalteten Provinzen. Nicomachus hat durch seine Tätigkeit als vorbildlicher Administrator für eine ständige Vermehrung des Wohlstands der von ihm verwalteten Gebiete gesorgt und dadurch den Respekt der Herrscher vergrößert. So ist eine Basis dafür gegeben, dass die Kaiser im Wissen, mit dem Urteil und den Gefühlen des Senats übereinzustimmen, den Nicomachus Flavianus rehabilitieren können. Belege für unser Pflichtgefühl Gemeint sind die angeblich reichlichen Gründe, aus denen die pietas der Kaiser gegenüber Theodosius und dem von diesem begünstigten Nicomachus Flavianus deutlich wird. aliud – muniamur Der quod-Satz nimmt aliud auf und ist damit von accipite abhängig (zu quod-Sätzen nach Verba dicendi et sentiendi vgl. H.Sz. 576 und Galdi, Jordanes 384–86). aufgrund des Urteils aller Provinzen Nicomachus Flavianus, dessen Ansehen als Senator und als Administrator in Z. 3 gerühmt wird, bleibt bei „allen Provinzen“ unvergessen. Der Ausdruck zeigt, dass hier weniger Sizilien oder die afrikanische Diözese gemeint sind, als vielmehr die Gesamtheit der Provinzen in dem großen, ihm als praefectus praetorio untergeordneten Sprengel von Illyricum, Italia et Africa. vermehrt worden Angesichts der zwischen 390 und 430 eingetretenen Katastrophen im römischen Westen mutet die Behauptung über den angeblich immer reicheren Staat befremdlich an, gehört aber zur üblichen imperialen Rhetorik. absqu(e) interpellatione … obliuionis Hier zeigt sich beispielhaft die „große Vorliebe des Spätlateins für Abstrakta“ (H.-Sz. 785). (7) Aus genau diesem Grund ... seiner Familie sein sollte. Weil der Senat, der immer den Nicomachus Flavianus in positiver Erinnerung behalten hat, geduldig gewartet hat, ist damit den Kaisern die Möglichkeit gegeben, aus eigenem Antrieb die Ehre des Hauses des Nicomachus

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Flavianus in vollem Umfang herzustellen und die Ehrung des jüngeren Nicomachus Flavianus durch seine Erhebung zum Prätorianerpräfekten dadurch zu komplettieren, dass dieser nun von der bisher verbliebenen Verpflichtung, das Andenken seines Vaters wiederherstellen zu müssen, befreit ist. cum – sit Die Partie ist syntaktisch kompliziert, vor allem durch die unsichere Lesung von fili am Ende von Z. 30, vgl. die ausführliche doxographische Diskussion bei Hedrick, History 257 f. De Rossi, Iscrizione 348 lässt mit cum einen neuen Satz beginnen, setzt ein Komma hinter das von ihm gelesene fili[us] (wobei als fehlendes Verb sinngemäß fuerit zu verstehen sei) und ergänzt [ei] vor honor. Hedrick, History 258 paraphrasiert de Rossis Konstruktion folgendermaßen: „although the son of Flavian has been proven true, his half-full honor may be considered on trial, unless he is exonerated“. Hedrick selbst glaubt, auf der Inschrift hinter fili die linke diagonale Haste eines V zu erkennen. Dies würde für die Lesung fili[us] sprechen. Für fili[us] bietet Hedrick, History 258 keine überzeugende grammatische Erklärung an 1 und folgt in seiner eigenen Übersetzung dem Vorschlag Cavedonis, fili als Genitiv zu verstehen. Sofern man den Genitiv fili oder fili[i] (wie in Zeile 4) liest, ist es am besten, dem bei Hedrick berichteten Vorschlag R. Kasters zu folgen und den cum-Satz als Angabe des begleitenden Umstands von dem vorangehenden ne-Satz abhängen zu lassen. Die von Hedrick gelesene diagonale Haste könnte nach dem Vorschlag von B. Bleckmann als ụ[c] (Abkürzung für viri clarissimi) verstanden werden. der Erziehung durch jenen Entsprechend dem senatorischen Ethos sorgte der Familienvater persönlich für die Erziehung des Sohnes. S. auch Macrob. Sat. praef. 1-2. 1

Immerhin erwähnt sei die Möglichkeit, im Falle der Lesung ipse … fili[us] unter Beibehaltung von Hedricks Interpunktion die Konstruktion durch einen aus anakoluthischem Satzbau hervorgegangenen Nominativus absolutus zu erklären, vgl. e. g. die von G. Galdi, Zum sogenannten Nominativus absolutus im Lateinischen, SO 91 (2017) 61 angeführte Stelle Hyg. Fab. 103,2: Laodamia … cum audisset eum (sc. Protesilaum) perisse, flens petit a diis ut sibi cum eo tres horas colloqui liceret. quo impetrato, a Mercurio reductus, tres horas cum eo collocuta est. Galdi, Nominativus absolutus 69 Anm. 9 beschränkt seine Untersuchung zum Nominativus absolutus auf handschriftlich überlieferte Texte, da dieser auf Inschriften praktisch unbekannt sei, vgl. aber G. Konjetzny, De idiotismis syntacticis in tit. lat. urbanis (CIL vol. VI) conspicuis, ALL 15 (1908) 310 f. Außerdem ist das Rehabilitationsschreiben zwar als Inschrift überliefert, aber in einer vom Kanzleistil geprägten Syntax verfasst.

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unseren Eltern Die Karriere des Nicomachus Flavianus des Jüngeren wurde unter Theodosius I., unter Arcadius und Honorius (Stadtpräfektur von 408), dann auch unter Honorius und Theodosius II. (durch die Entsendung nach Afrika) gefördert, bevor sie unter Valentinian III. ihren Höhepunkt erreicht hat. Hedrick, History 33 deutet parentes im Sinne von Theodosius dem Älteren und Honorius, doch ist zu beachten, dass Theodosius II. und Valentinian III. nominell die Verfasser des Briefes sind, so dass auch Arcadius mit gemeint ist. Wichtig ist, dass dieser Text von einer engen Solidarität zwischen Senat und der Familie des Nicomachus Flavianus ausgeht, vgl. dazu Grünewald, Der letzte Kampf 485. Schuld einer religiösen Pflicht seines ganzen Hauses und seiner Familie Worin diese Belastung besteht, wird verschwiegen. Hedrick geht von Verpflichtungen im funerären Kontext aus. So die Übersetzung von Hedrick, History 4: „debt of duty owed the dead by his whole house and family.” Vgl. die Hedrick, History 106 gebotene Definition von religiosum munus: „traditional cults and practices associated with the dead.” Eine solche Verpflichtung würde wohl auch nach der Rehabilitation weiterbestehen, kann also kaum gemeint sein. M. E. geht es eher um Aufgaben der Pietät, die dem Hause auferlegt sind. Solange keine Rehabilitierung erlangt ist, besteht für das Haus der Nicomachi weiterhin die Notwendigkeit, eben auf diese Rehabilitierung hinzuarbeiten. Durch die Maßnahme des Kaisers ist diese Belastung beseitigt. (8) unter dessen Nachkommen blüht ihr Erneut wird von einer engen Solidarität zwischen Senat und der Familie des Nicomachus Flavianus ausgegangen, vgl. dazu Grünewald, Der letzte Kampf 485. (9) Appius Nicomachus Dexter Vgl. PLRE 2, Dexter 3: Er edierte Livius und erscheint in Subskriptionen der ersten Pentade des Livius. Belegt ist damit ein Interesse an der Geschichtsschreibung und der paganen Tradition Roms, was von Cameron allerdings in Abrede gestellt wird. Umstritten ist, ob Dexter der Sohn eines Clementianus war, der in den Subskriptionen als parens genannt wird. In diesem Fall könnte er nur der Neffe des jüngeren Flavianus gewesen sein. Parens ist aber wohl nur als ein Ehrentitel aufzufassen, den Dexter dem Clementianus gibt. Wahrscheinlicher bleibt damit, dass Dexter der Sohn des jüngeren Flavianus war, so Cameron, Last Pagans, 521 f. [B. B.] statuendam Zur Ellipse des Bezugsworts s. phil. Komm. zu (1) reddita. (10) dedicata Zur Ellipse des Bezugsworts s. phil. Komm. zu (1) reddita.

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Sept(em)b(ribus) Grünewald, Der letzte Kampf 465 löst Sept(em)b(ris) auf. Der Genitiv der Monatsnamen ist aber im Vergleich zur adjektivischen Verwendung im Ablativ sehr selten und schlecht bezeugt, s. K.-H. 1041 (3). Möglich ist auch die Auflösung Id[us] Sept(em)b(res). Bassus und Antiochus Konsuln des Jahres 431. Zu Fl. Anicius Auchenius Bassus, vgl. PLRE 2, Bassus 8. comes rei privatae im Jahre 425, praefectus praetorio im Jahre 426 und 435. Zu Antiochus mit dem Beinamen Chuzon, vgl. PLRE 2, Antiochus 7. Er war 430-431 praefectus praetorio für den Orient und in den Streit um Nestorios impliziert. test. 2 1 Für Virius Nicomachus Flavianus … ordentlicher Konsul Zu den Stufen der Karriere des Nicomachus Flavianus vgl. den historischen Kommentar zu test. 1. Zusätzlich zu den in test. 1 genannten Stufen wird die stadtrömische Prätur und die Mitgliedschaft im Priesterkollegium der pontifices erwähnt. Vor allem aber wird das Konsulat genannt, das Nicomachus Flavianus während der Usurpation des Eugenius bekleidet hatte. Da offiziell nicht an das Konsulat des Nicomachus Flavianus erinnert werden durfte, wird die Inschrift als „privat“ aufgefasst, vgl. hierzu Grünewald, Der letzte Kampf 469 und bereits Dessau im Kommentar zu ILS 2946, der auf den Fundort Caelius verweist, wo sich das Anwesen der Symmachi befand. historico disertissimo Baldini, Storie perdute 172 gibt das Adjektiv wieder mit „chiaro“, „preciso“, „eloquente“, „ben ordinato“. Die Wahl des Begriffs ist durch die gewünschte Parallelität mit der dem Redner Symmachus gewidmeten Inschrift (oratori disertissimo CIL 6,1699 = ILS 2946) bestimmt, vgl. B. Girotti, Nicomaco Flaviano, Historicus disertissimus? Hermes 143 (2015) 124–28. Es ist dennoch schwer vorstellbar, dass dieser Ausdruck verwendet worden wäre, wenn die Annalen keinerlei stilistischen Anspruch gehabt hätten, s. Einl., S. 7 f. Q. Fabius Memmius … für den besten Großvater seiner Gattin Q. Fabius Memmius Symmachus: PLRE 2, Symmachus 10. Sohn des bekannten Rhetors. Die auf dem Elfenbeindiptychon (vgl. Cameron, Last Angaben zur Inschrift unter Verweis auf weitere Datenbanken finden sich bei Clauss-Slaby (tinyurl.com/24vt3xbm).

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Pagans, 712-719) gefeierte Verbindung der beiden Familien bestand darin, dass Quintus Fabius Symmachus eine Enkelin des Nicomachus Flavianus (und Nichte Nicomachus Flavianus des Jüngeren) und Nicomachus Flavianus der Jüngere eine Tochter des Symmachus geheiratet hatte. Zur Eheschließung zwischen Q. Fabius Memmius Symmachus und der Enkelin des Nicomachus Flavianus s. Symm. ep. 4,14; 9,93 und 106 f. Da die Hochzeit des jüngeren Symmachus mit der Enkelin des Nicomachus Flavianus des Älteren erst 401 stattfand, kann die Inschrift frühestens in diesem Jahr abgefasst worden sein, vgl. OʼDonnell, Career, 129, Grünewald, Der letzte Kampf 467. Errington, 442 nimmt plausibel an, dass die Inschrift bald nach dem Tode des Q. Aurelius Symmachus (402) gesetzt wurde, der auf dem Pendant geehrt wird (ILS 2946). Für die Spiele des jüngeren Symmachus während seiner Prätur wurden 2000 Goldpfund ausgegeben, s. die berühmte Passage bei Olympiodor fr. 44. test. 3 Während Th. Mommsens Ausgabe des sogenannten Anecdoton Holderi (Cassiodoris Senatoris Variae, MGH AA 12, Berlin 1894, V f.) ausschließlich auf der ältesten Hs. ε basiert, hat A. Gallonier, Anecdoton Holderi ou Ordo Cassiodororum. Introduction, édition, traduction et commentaire, AntTard 4 (1996) 299–312, Text hier 306, 5–8 sechs weitere Hss. herangezogen. Deren Verhältnis zueinander wird nach seinem Stemma (302) nicht ganz klar. Es muss wohl mit Kontamination aus einem zweigeteilten Überlieferungsstrang gerechnet werden. [B. C.] Symmachus Q. Aurelius Memmius Symmachus, (PLRE 2, Symmachus 9). Der Konsul des Jahres 485 und Schwiegervater des Boethius verfasste eine römische Geschichte, die von Jordanes benutzt worden ist. Vgl. Van Hoof / Van Nuffelen, Fragmentary Latin Histories, 144-165 (Nr. 14). [B. B.] a⟨l〉lecticiis Das Wort wird von der Hs. ε mit einfachem Konsonanten überliefert. 1 Diese Schreibweise wird von Gallonier übernommen. Der ThLL s. v. allecticius Sp. 1661 („ab allegere, allectus“) korrigiert nach Usener. Da es sich um ein Hapax legomenon handelt, ist es schwer zu sagen, ob bereits der Archetyp den einfachen Konsonanten hatte, da unterlassene Gemination ein häufiger Fehler in der handschriftlichen Überlieferung ist.

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Die anderen Hss. verschreiben es sinnlos oder lassen es ganz aus.

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Kategorie der Adlecti Es handelt sich um eine Gruppe im Senat, die ihren Namen der adlectio (früher die vom Kaiser vorgenommene Bestimmung von Senatoren) verdankt, aber als eine Art Personalkategorie hervorgehoben wird. Vgl. zu möglichen Erklärungen Van Hoof / Van Nuffelen, Fragmentary Latin Histories, 154, mit Anm. 40. indem er seine Väter nachahmte Wegen der Heiratsverbindungen zwischen den Familien der Nicomachi und der Symmachi gehörten erstere zu den Ahnen des Memmius Symmachus. Der Verweis auf die historiographische Betätigung von Vorfahren könnte somit auf das historische Œuvre Nicomachus Flavianus des Älteren zielen, vgl. hierzu die Einleitung, S. 17. test. 4 Wiedergegeben ist (mit geringfügigen Modifizierungen) die gelungene Übersetzung von H. Köhler (C. Sollius Apollinaris Sidonius. Die Briefe. Eingeleitet, übersetzt und erläutert von Helga Köhler, Stuttgart 2014). Vgl. auch die von Cameron, Last Pagans, 547 zitierte Übersetzung von W. B. Anderson (Sidonius: Poems and Letters 2, Cambridge Mass. 1965, 404407). Das Testimonium illustriert das Interesse des Nicomachus Flavianus für den „paganen“ Heiligen Apollonios von Tyana, vgl. zu dessen Bedeutung M. Dzielska, Apollonius of Tyana in Legend and History, Rom 1986. Unklar ist, ob Nicomachus Flavianus eine (kürzende) lateinische Bearbeitung Philostrats bot. Zur Ablehnung der These von der Übersetzung Philostrats durch Nicomachus s. Cameron, Last Pagans, 546-554 und Schmidt, HLL § 637.15, 593. Differenzierte Diskussion bei Prchlík, Historicus dissertissimus, 50 mit Anm. 7. Zur Frage, ob Nicomachus Flavianus nur eine Apollonios-Handschrift besorgte, vgl. meine (hier wiedergegebene) Diskussion der Äußerungen von Van Hoof / Van Nuffelen, Fragmentary Latin Histories, 51-53 in Bleckmann, Eine Fragmentsammlung. Van Hoof / Van Nuffelen betonen zu Recht, dass translatio im Sidonius-Brief nur auf einen Übertragungsprozess hinweisen kann, nicht etwa auf eine Übersetzung. In diesem Sinne hat freilich bereits (die von Van Hoof / Van Nuffelen nicht berücksichtigte) H. Köhler die Passage aufgefasst, wie in ihrer Übersetzung zum Ausdruck kommt, die hier übernommen worden ist. Köhler schließt aber trotz dieses Verständnisses von translatio nicht aus, dass von lateinischen Bearbeitungen die Rede ist, und folgt insbesondere im Verständnis von exscribere (als „ausschreiben“ statt

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als „abschreiben“) den wichtigen Beobachtungen von Mülke, Der Autor und sein Text, 236-243, besonders S. 242: „Das Verb exscribere meint hier nicht wie transcribere das einfache, originalgetreue ‚Abschreiben‘ der Vorlage, sondern in eigentlicher Bedeutung das verändernde, modifizierende ‚Herausschreiben‘ – sonst wäre die Nennung der verschiedenen Schritte überflüssig.“ Die entsprechenden „Herausgeber“ müssen sich jeweils in einer Präfatio zu erkennen gegeben haben. Dass es sich um lateinische Versionen handelt, vermutet Mülke, 238 aufgrund der Formulierungen des Sidonius Apollinaris: „Seine Formulierung des Satzes legt in ihrer Antithese allerdings nahe, daß es sich bei den beiden letzteren, die dem griechischen Original gegenübergestellt sind und zwischen denen allein Leo seine Wahl traf (…), um lateinische Fassungen handelte (…).“ Gerade der Hinweis, dass es sich nicht um die Bearbeitung des Nicomachus, sondern um diejenige des Victorianus aus Nicomachus handelt, scheint nur dann sinnvoll, wenn es nicht um bloße Abschriften des griechischen Textes, sondern um fortschreitend gekürzte Exzerpte ging: Im Rahmen eines doppelten Epitomierungsprozesses dürfte die Bearbeitung durch Tascius Victorianus dann nicht mehr den gewaltigen Umfang der griechischen Apollonios-Biographie gehabt, sondern eine praktikable und handliche Kurzfassung geboten haben, die dann vielleicht von Sidonius Apollinaris weiter gekürzt worden ist. Für die Übersendung einer solchen Kurzfassung mag vor allem sprechen, dass Sidonius Apollinaris (8,3,2) selbst die äußerst turbulenten Begleitumstände hervorhob, unter denen er sein Exemplar anfertigen musste und die kaum zur ruhigen Korrektur der Abschrift eines komplexen griechischen Textes geeignet waren. Dass hier gar nicht verschiedene Schritte gemeint sind, sondern dass Sidonius Apollinaris nur die subscriptio des ihm vorliegenden Exemplars des Tascius Victorianus wiedergeben wollte, vermutet Cameron, 553. Die subscriptio des Sidonius vorliegenden Exemplars hätte lauten können: emendavi ego Tascius Victorianus de codice Nicomachi Flaviani senioris. [B. B.] Zur handschriftlichen Überlieferung des Sidonius Apollinaris s. H. Köhler, Sidonius, Briefe Buch I, 25 f.: Luetjohann teilte die Hss. in vier Familien ein, aus denen er sechs Vertreter auswählte: L (cod. Oxoniensis Laudianus Lat. 104, 9. Jh.), M (cod. Florentinus Marcianus 554, 10. Jh.), C (cod. Matritensis bibl. Nat. 9449, früher Ee 102, 10./11. Jh.), P (cod. Parisinus Latinus 2781, 10./11. Jh.), F (cod. Parisinus Latinus 9551, 12. Jh.) und T (cod. Florentinus Laurentianus plut. 45.23, 12. Jh.). Alle Hss. sind auf

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denselben Hyparchetypus zurückzuführen. Dieser ist nicht später als im 8. Jh. anzusiedeln und reichte vermutlich sogar an die Lebenszeit des Sidonius heran, s. H. Köhler, Sidonius, Briefe Buch I, 28 Anm. 144. Die älteste und beste Hs. ist die Hs. L. [B. C.] schedio Hier ist schedium nicht in der Bedeutung von „Entwurf“, sondern von „Exemplar“ verwendet, s. Mülke, Der Autor und sein Text 241 Anm. 759. exscripsit Das Wort ist hier im Sinne von „herausschreiben“, nicht „wörtlich abschreiben“ verwendet, s. o. ThLL s v. exscribo Sp. 1831,13–16 führt außer dieser Stelle Sidon. epist. 9,16,2 (schedium ... raptim coactimque translator festinus exscripsi) an. Mülke, Der Autor und sein Text 239 f. sieht in Sidon. epist. 9,16,2 eine „schlagende Parallele“ für den Inhalt und Sprachgebrauch von Sidon. epist. 8,3,1. Außerdem führt Mülke, Der Autor und sein Text 242 Anm. 761 Sidon. epist. 2,9,5 (quamquam sic esset ad verbum sententiamque translatus, ut nec Apuleius Phaedonem sic Platonis neque Tullius Ctesiphontem sic Demosthenis in usum regulamque Romani sermonis exscripserint) an. Dort wird im Zusammenhang von Rufins Origenesübersetzung exscribere dem Ausdruck ad verbum sententiamque transferre gegenübergestellt. Diese Stelle zeigt, dass die Bedeutung der Verben exscribere und transferre so weit gefasst ist, dass jeweils ein Zusatz erforderlich ist (ad verbum sententiamque translatus bzw. in usum regulamque Romani sermonis exscripserint), damit deutlich wird, dass es sich um eine Übersetzung handelt. Auch dies spricht gegen die Deutung, dass Nicomachus Flavianus lediglich aus dem Griechischen übersetzt hat, s. o. opica Das seltene Wort gibt ex negativo einen Hinweis auf die Arbeitsweise und den Stil des Nicomachus (non ut Nicomachus senior). Es bedeutet „roh, barbarisch“, besonders im Hinblick auf Sprache und Bildung, vgl. OLD s. v. Opicus 2, ThLL s. v. opicus Sp. 702,81–703,12 und Mülke, Der Autor und sein Text 239 Anm. 755. translatio Das Wort wird hier im Sinne von „Übertragungsprozess“, nicht von „Übersetzung“ verwendet. Grundsätzlich kann es sowohl „Übersetzung“ als auch „Abschrift“ bedeuten, s. Mülke, Der Autor und sein Text 242 Anm. 761 und den Komm. zu exscripsit.

Kommentar

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test. 5 Das Testimonium illustriert die profunde Bildung (copia eruditionis), die Macrobius dem Nicomachus zuschreibt. Gleichzeitig ist deutlich, dass diese Bildung weder juristischen (wie bei Postumianus, PLRE 1, Postumianus 3) noch philosophischen Charakter hat (wie bei Eustathius, PLRE 1, Eustathius 3). Die Passage zielt, weil Nicomachus Flavianus sich im (verlorenen Übergang) vom zweiten auf das dritte Buch der Saturnalien des Macrobius zu Fragen des Auguralrechts äußerte, allerdings vor allem auf die antiquarisch-religionsgeschichtliche Expertise des Nicomachus, die auch bei seinem Einsatz für Eugenius offenkundig wurde (test. 4-7). [B. B.] ad eundem congressum convictumque Zu idem im Sinne von is s. H.Sz. 188 und M. Becker zu Prosp. chron. 1247 eiusdem civitatis (KFHist G 5,193). Venustus Der Vater des Nicomachus Flavianus Volusius Venustus, vgl. PLRE 1, Venustus 5. [B. B.] ornatu – eruditionis Die lobenswerten Eigenschaften des Nicomachus Flavianus werden in Form von jeweils mit einem Genitivattribut versehenen Ablativen aufgezählt. In dem durch non minus … quam gegliederten Satz kommt der copia profundae eruditionis besondere Bedeutung zu. test. 6 Mommsen benutzte für seine Ausgabe des Rufinus die folgenden Hss. 1: P: cod. Vaticanus Palatinus Latinus 822 (8./9. Jh.) N: cod. Parisinus Latinus 18282 (8./9. Jh.) F: cod. Monacensis 6375 (9./10. Jh.) L: cod. Lucensis, Cap. 490 (ausgehendes 8. Jh.) 2 Die Hss. P und N gehören jeweils zu einer eigenen Familie; F ist kontaminiert. Der Text der vorliegenden Stelle ist, unabhängig von der

Die von Mommsen ebenfalls herangezogene Hs. O (Paris. Lat. 5500) ist ab 11,9 defekt. Mommsen, Eusebius Werke 2,3 (1909) CCLXI–CCLXVIII (GCS NF 6,3) beschreibt die von ihm benutzten Hss. (wobei er auf L nicht eingeht), ihr Verhältnis zueinander und die Grundlagen seiner Textkonstitution. Eine von Mommsen nicht berücksichtigte Hs. beschreibt A. Cameron, Scriptorium 18 (1964) 270 f. Zur handschriftlichen Überlieferung des Rufinus vgl. jetzt auch HLL 6,2,562 f. 1 2

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(D 1) Nicomachus Flavianus

grundsätzlichen Kritik an Mommsens Ausgabe 1, in Bezug auf die Angaben zu Nicomachus Flavianus weitgehend unstrittig. [B. C.] magna – praerogativa Der in Parenthese gesetzte Ausdruck erhält durch das Hyperbaton magna … praerogativa besonderes Gewicht. Daitrino übersetzt: „poiché grande era creduta la sua esperienza nell’interpretazione dei presagi“, Amidon: „since he had a great reputation for being wise.“ Amidons Übersetzung ist treffender, da die Aussage sich nicht nur auf die Deutung der Vorzeichen, sondern auf die Weisheit des Flavianus insgesamt bezieht. Zu praerogativa im Sinne von „Vorrang“ s. ThLL s. v. Sp. 797,65– 798,38. sed Durch das vorherige nequiquam erscheint sed im adversativen Sinn etwas redundant. Amidons Übersetzung verdeckt das Problem: „… the first to flee were the demons, fearfully aware of how deceitfully they had received the many victims offered to them in vain.“ Hier ist mit der im Spätlateinischen verblassenden adversativen Bedeutung von sed zu rechnen, vgl. Löfstedt, Peregrinatio 33 f., wenn nicht doch die Lesart et der Hs. F zu bevorzugen ist. Es wäre auch möglich, die Lesart de der Hss. L und P aufzunehmen und auf trepidi zu beziehen (zu de für die Angabe des Grundes vgl. K.-St. 1,499 f. [ε]). litatae – versi Zur Ellipse einer Form von esse s. Komm. zu Epit. Caes. 4,4 Romae introducta (KFHist D 3,237). mehr wegen eines Irrtums als wegen eines Verbrechens Auffällig ist einerseits, dass die ideologische Parteinahme und Rolle des Nicomachus Flavianus in der Eugenius-Usurpation deutlich hervorgehoben wird, dass aber gleichzeitig diese Rolle offenkundig entschuldigt und erklärt wird, was nur mit dem besonderen Verhältnis zwischen der theodosianischen Dynastie und der Familie des Nicomachus Flavianus zu erklären ist, wie sie insbesondere auch in der Rehabilitationsinschrift (test. 1) deutlich wird.

1

Alle nötigen Angaben hierzu finden sich im Geleitwort von F. Winkelmann zum Nachdruck von Schwartzens Eusebiusausgabe 2,1, VII–IX (GCS NF 6,1). Vgl. auch St. Rebenich, Theodor Mommsen und Adolf Harnack, Berlin 1997, 202: Mommsen habe selbst eingeräumt, dass der Rufin keine selbständige Edition sei.

Kommentar

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test. 7 Zur Editionsgeschichte des Paulinus von Mailand s. HLL 6,2,511. In der Ausgabe von Pellegrino wird keine stemmatische Anordnung der Hss. vorgenommen. 1 [B. C.] test. 8 reversi fuissent Zur Tempusverschiebung s. phil. Komm. zu Epit. Caes. 35,7 effectus fuerat (KFHist D 3,309). test. 9 Mommsen, Eusebius Werke 2,3, CCLVII nimmt an, dass Sozomenos den Rufinus direkt benutzt hat (vgl. auch Y.-M. Duval, HLL 6,2 [2020] 564). Dies lässt sich in der Passage über Nicomachus Flavianus an der Parallelität einzelner Ausdrücke illustrieren: Rufin. hist. 11,33 (test. 6) superstitiosius haec agente ... Flaviano tunc praefecto / Soz. 7,22,5 (test. 9) ἐϲπούδαζον δὲ περὶ ταῦτα …Φλαβιανὸϲ ὁ τότε ὕπαρχοϲ Rufin. hist. 11,33 (test. 6) magna enim erat eius in sapientia praerogativa / Soz. 7,22,5 (test. 9) ἀνὴρ ἐλλόγιμοϲ καὶ περὶ τὰ πολιτικὰ ἐχέφρων εἶναι δοκῶν. [B. C.] ἐπειϲπηδᾷ ­ ἀμφιέννυται Das historische Präsens im Wechsel mit den Vergangenheitstempora dient wohl der Variation der Erzählung. Zur insgesamt wenig strengen Verwendung der Tempora bei Sozomenos vgl. Hansens Einleitung zu seiner Übersetzung (2004) 1,61. neben anderen vornehmen Römern Die Passage beweist, dass Nicomachus Flavianus nicht isoliert, sondern im Konnex der senatorischen Aristokratie agierte. Diese Stelle hätte Hedrick, History, 51 und 59 zur Unterstützung seiner Argumentation anführen können.

Vgl. die Kritik von R. McClure, The Pellegrino Edition of the Vita Ambrosii of Paulinus of Milan, SO 48 (1973) 117–30, besonders 128: „What is expected of an editor is that he either posit a stemma codicum or else demonstrate why this is not possible. Pellegrino does neither.“ Die Ausgabe von Bastiaensen basiert auf Pellegrinos Text. 1

(D 2) Anonymus

Einleitung I. Historische Bemerkungen In seiner Korrespondenz richtet sich Symmachus an einen mit ihm auf gleicher sozialer Höhe stehenden unbekannten Adressaten, der an scheinend sowohl ein ausgezeichneter Rhetor als auch ein Historiker ist. Symmachus erwartet von ihm, dass er sich mit dem Hinweis auf die Mühen, die er aktuell für das Verfassen eines Geschichtswerks aufwendet, seinen Bitten, auch im Senat zu reden, entziehen wird und fordert ihn auf, weiterhin auf beiden Feldern tätig zu sein. Der Brief belegt nachdrücklich, wie auch im vierten Jahrhundert Geschichtsschreibung im Zentrum von senatorischem otium stand. Ein Teil der Symmachusforschung, insbesondere J.-P. Callu, nimmt an, dass der Adressat des Symmachus hier kein anderer als Nicomachus Flavianus war. Diese Annahme ist von A. Cameron zurückgewiesen worden 1. Wegen der Reden, die der von Symmachus genannte Historiker anscheinend auch gehalten hat, ist die von Seeck vorgeschlagene Identifizierung mit Ammian ebenfalls unwahrscheinlich 2. Auch für die Identifizierung mit weiteren vorgeschlagenen Kandidaten wie Tascius Victorianus, Naucellius, Protadius oder dem Autor der Epitome de Caesaribus gibt es keine Anhaltspunkte 3. Da der Autor aber römische Geschichte schreibt, besteht zumindest die Eventualität, dass er auch die spätantike Zeitgeschichte beschrieben hat. II. Bemerkungen zum Text 1. Überlieferung und Editionen Die Überlieferung von Symm. epist. 9,110 basiert auf den beiden verlorenen Hss. Π (Divionensis) und Γ (Giphaniensis), vgl. Seeck, Q. Aurelii Symmachi quae supersunt (MGH AA 6,1) XXXIII–XXXVII und

1

Vgl. dazu Cameron, Last Pagans, 637: “But even among Latin historians, we have already identified another possible candidate : the anonymous addressee of Symmachus Ep. IX. 110, a late fourth-century senatorial historian who cannot be Flavian.” 2 Seeck, Art. Ammianus Marcellinus (Ammianus 49, RE I, 1894, 1846). 3 Richtig Van Hoof / Van Nuffelen, Fragmentary Latin Histories, 73-76.

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(D 2) Anonymus

Callu, Symmaque, Lettres 2002, XV. Sie sind durch den Text bzw. die Anmerkungen der folgenden Editionen zu erschließen: 1 Π liegt der Edition des Iuretus (erste Auflage von 1580, einzusehen unter: tinyurl.com/y5xkfdrh, zweite Auflage von 1604, einzusehen unter: tinyurl.com/366jupyn; epist. 110 jeweils unter Nr. 101) 2 zugrunde und ist nach Seecks Analyse (MGH AA 6,1, XXXIV) von der Hs. P (Parisinus 8623) abhängig, die nach epist. 8,41 abbricht und laut Seeck (MGH AA 6,1, XXVII) unter den Hss. die erste Stelle einnimmt. Die von Π abhängige Edition des Iuretus dient somit als Ersatz für die fehlenden Partien der Hs. P, vgl. Seeck (MGH AA 6,1) XXXIV. Scioppius kollationierte die Hs. Γ im Januar 1596 3 und übertrug von Π abweichende Lesarten in sein Exemplar der Ausgabe des Lectius von 1587 (= Parmensis 1383,II,IX,2). 4 Diese Notizen gingen in seine Ausgabe von 1608 ein (einzusehen unter: tinyurl.com/8phcacwu). 5 2. Zur Textkonstitution und Anlage des kritischen Apparats Da ein Abgleich der beiden Hss. Π und Γ nicht möglich ist 6, bedeutet die Angabe Π im textkritischen Apparat, dass Scioppius der Ausgabe des Iuretus folgt und keine abweichende Lesart aus Γ notiert hat. In seiner Ausgabe von 1608 notiert er zu ep. 9,110 folgende Varianten aus Γ (bei ihm als Bessar. Codex bezeichnet): qui demediorationibus tuis; invadas; perge quaeso hanc posteris totam relinquere, ut quod singulis auctoribus

Da diese Editionen die verlorenen Hss. ersetzen, erfolgt der Verweis auf die verfügbaren Digitalisate. 2 Die Ausgabe des Iuretus stellt die erste vollständige Ausgabe der Symmachusbriefe dar (s. Callu, Symmaque, Lettres 1972, 30) und ist somit die editio princeps des Testimoniums über den Anonymus. 3 Die Hs. befand sich im Besitz des Giphanius, nachdem sie angeblich dem Kardinal Bessarion entwendet worden war. Zu der Anekdote, derzufolge Scioppius den Codex nur eine Nacht lang einsehen konnte, vgl. Callu, RHT 6 (1976) 210 f. Seeck, MGH AA 6,1, XXXVI weist darauf hin, dass, selbst wenn die Anekdote in dieser Form nicht stimmen sollte, Scioppius den Codex für seine Ausgabe von 1608 nicht mehr vorliegen hatte. 4 Zu den Einzelheiten s. Callu, Symmaque, Lettres 1972, 31 Anm. 3 und ders., RHT 6 (1976) 210 f. 5 Zur Editionsgeschichte des Symmachus insgesamt s. Callu, RHT 6 (1976) 199 sowie ders., Symmaque, Lettres 1972, 29-35. 6 Zu dieser Problematik verlorener Hss. s. Callu, Symmaque, Lettres 1972, 42: „Ce fait limite a priori leur valeur, en interdisant les vérifications, les confrontations systématiques.“ 1

Einleitung

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ante placuerunt, in te coniuncta laudentur 1 (s. den textkritischen Apparat). Callu berücksichtigt diese Sachlage nicht immer konsequent: Wenn er z. B. im Apparat zu epist. 9,110,1 zu der überlieferten Lesart patribus die Angabe „codd.“ macht, erweckt das einen missverständlichen Eindruck bezüglich des Gewichts dieser Lesart. Diese stammt aus der Ausgabe des Iuretus und wird von Scioppius übernommen, ohne dass er eine Variante aus Γ verzeichnet. Es ist aber unsicher, ex negativo zu schließen, dass Γ deswegen auch zwingend patribus gehabt haben muss. In Seecks Apparat erscheint an dieser Stelle die Angabe (Π). 2 Sowohl Seeck als auch Callu geben bei den Abweichungen in der Ausgabe des Scioppius gegenüber der des Iuretus die Hs. Γ an, z. B. in 9,110,2 zu Homerica appellatione und περιδέξιον. Nach Seecks Stemma (MGH AA 6,1, XXXVII) gehören die beiden Hss. Π und Γ zu zwei verschiedenen Zweigen, die sich vom Archetypus abspalten. Nach Callus Stemma (Symmaque, Lettres 1972, 46) haben die beiden Hss. Π und Γ einen gemeinsamen Hyparchetypen α, wobei Γ zugleich durch einen anderen Zweig der Überlieferung kontaminiert erscheint. 3 Aus dieser unsicheren Überlieferungslage ergibt sich, dass für die Textgestaltung des Testimoniums keine der Lesarten der beiden Hss. Π und Γ grundsätzlich zu bevorzugen ist.

Π hat hier: perge igitur, quaeso, et stude hanc posteris dotem relinquere, ut, quae divisa in singulis auctoribus ante placuerunt, eadem nunc in te coniuncta laudentur. 2 (Π) ist bei Seeck die Sigle für die erste Auflage des Iuretus. Diese Differenzierung wird hier im Apparat nicht vorgenommen. 3 Callus weit verzweigtes Stemma wird in der Rezension von R. Klein, Gymnasium 80 (1973) 486 als kaum überprüfbar charakterisiert. Es sei nicht klar, inwieweit Callu über Seeck hinausgekommen ist, dessen Ausgabe nicht überflüssig geworden sei. Etwas anders urteilt Roda, Rezension zu Callu Symmaque, Lettres 1972, Athenaeum 52 (1974) 413. Das Stemma bilde verlässlich die Überlieferungslage ab. Vgl. zu den Prinzipien von Callus Edition des Symmachus auch P. Langlois, Rezension zu Bd. 1, RPh 48 (1974) 92–95. Dort (93) wird Kritik an Callus Änderungen einheitlich überlieferter und verständlicher Lesarten geäußert. 1

Erklärung der Siglen, Zeichen und Abkürzungen in Text und Apparat Π Γ

⟨aaa〉 ̣̣̣̣̣

del. om.

cod. Divionensis deperditus (überliefert in der Edition des Iuretus [1580]) cod. Giphaniensis deperditus (als Varianten überliefert in der Edition des Scioppius [1608])

vom Editor hinzugefügte Buchstaben unleserliche Reste von Buchstaben (entsprechend der Angabe des Iuretus) delevit (-erunt) omisit

(D 2) Anonymus testimonium Symm. epist. 9,110 (1) aliorum quidem tibi spectanda est sententia, quos decet de paribus iudicare. mei ingenii exilitas etiam parva miratur, quare velim credas nihil tibi ex meo testimonio honoris accedere. nam etsi „laudari ab laudato viro” vetus dictum est, nostri tamen mediocritas non multum 5 famae tuae claritudinem iuvat. sed quia voluntati tuae mos gerendus est, quid e medio ⟨unus〉 de orationibus tuis sentiam, iussus expediam. (2) prope est, ut te arguere debeam, quod saeculo nostro Tulliani stili famam parcus invideas. respondebis omnem te operam condendae historiae deputasse. ignosce avaritiae meae, si utrumque desidero. nam 10 pari nitore atque gravitate senatorias actiones et Romanae rei monumenta limasti, ut plane Homerica appellatione usus περιδέξιον (id est aequimanum) te esse pronuntiem. perge igitur, quaeso, et stude hanc posteris dotem relinquere, ut, quae divisa in singulis auctoribus ante placuerunt, eadem nunc in te coniuncta laudentur. 2 paribus Seeck : patribus Π 4 laudato viro Iuretus : laudito uro Π 5 gerendus est Π : est gerendus Callu 6 quid e medio ⟨unus de o〉rationibus Seeck : qui demediorationibus Γ : quicquid de orationibus Π : quid quidam e medio de orationibus Scioppius : quid e mediocritate de orationibus Callu 7 Tulliani stili Scioppius : Tullianum stilū (vel stili) Π 8 famam Scioppius : fame Π : tam Seeck | invideas Iuretus : invadas Π Γ 11 homerica appellatione Γ : homeri ̣ ̣ ̣ ̣ ̣ relatione usus ̣ ̣ ̣ ̣ ̣ ̣ ̣Π ΠΕΡΙΔΕΞΙΟΝ Γ : om. Π 11 sq. id – aequimanum del. Seeck 12 pronuntiem Seeck : pronunciam Π | igitur Π : om. Γ | et stude Π : om. Γ 13 dotem Π : totam Γ | quae – in Π : quod Γ 14 eadem nunc Π : om. Γ

(D 2) Anonymus Zeugnis Symmachus, Brief 9,110 (1) Du musst zwar die Meinung anderer berücksichtigen, denen es zusteht, über Gleichgestellte zu urteilen. Die Kraftlosigkeit meines Geistes bewundert aber auch kleine Dinge, weswegen ich möchte, dass du dir bewusst bist, dass dir aus meinem Zeugnis kein Zuwachs an Ehre entsteht. Denn zwar ist „von einem gelobten Mann gelobt zu werden” ein altes Sprichwort, aber unsere Mittelmäßigkeit unterstützt den Glanz deines Ruhmes nicht sehr. Aber weil deinem Willen Genüge getan werden muss, will ich auf deinen Befehl hin darlegen, was ich als einer aus der Mitte über deine Reden denke. (2) Es fehlt wenig, dass ich dich beschuldigen muss, dass du in deiner sparsamen Art unserem Zeitalter den Ruhm des ciceronianischen Stils neidest. Du wirst antworten, dass du deine ganze Mühe dem Verfassen einer Geschichte gewidmet hast. Verzeihe meiner Habgier, wenn ich beides begehre. Denn mit gleichem Glanz und Gewicht hast du Senatsreden und geschichtliche Aufzeichnungen des römischen Staates ausgefeilt, so dass ich dich geradezu mit einem homerischen Ausdruck als περιδέξιοϲ (d. h. mit beiden Händen geschickt) bezeichnen möchte. Fahre daher bitte fort und bemühe dich, diese Gabe den Nachfahren zu hinterlassen, damit das, was früher getrennt bei den einzelnen Autoren gefiel, ebenso nun bei dir in vereinter Form gelobt wird.

Kommentar 1. etsi … tamen Der Gedanke ist nicht im streng logischen Sinne konzessiv, vgl. H.-Sz. 671: „im Spätlatein ist etsi – tamen neben einzelnen Satzgliedern oft fast = quidem – sed“. laudari a laudato viro Vgl. A. Otto, Die Sprichwörter der Römer § 926 und S. Roda, Commento storico 241. nostri Vor allem im Spätlateinischen kann der Genitiv des Personalpronomens das attributive Possessivpronomen ersetzen, vgl. H.-Sz. 61 (β). G. Haverling, Studies 194 führt weitere Beispiele aus Symmachus an (epist. 6,62 vestri … absentia; epist. 1,9 adventum vestri). nostri ist hier als Pluralis modestiae aufzufassen, vgl. H.-Sz. 20. mediocritas Zu dieser Art der Bescheidenheitsformel s. ThLL s. v. mediocritas Sp. 569,11–19. Vgl. auch Symm. epist. 1,14,1 (sed ego, qui sim paupertini ingenii mei conscius) und epist. 2,22 (pro mediocritate ingenii mei). gerendus est Callu druckt die Wortfolge est gerendus entsprechend der Beobachtung von L. Havet, La prose métrique de Symmaque et les origines métriques du cursus, Paris 1892, 71 („Voluntati tuae mos gerendus est … ne rentre pas dans la règle du type ōs ămīcum.“). Die durch die Umstellung entstandene Wortfolge est gerendus bildet die metrische Klausel des Ditrochaeus. Laut Callu, Symmaque, Lettres 1972, 29 Anm. 1 macht der Anteil der metrischen Klauseln im ersten Buch der Briefe des Symmachus 89,8 % aus. 1 St. M. Oberhelman, The Cursus in Late Imperial Latin Prose: A Reconsideration of Methodology, CPh 83 (1988) 139 f. kommt in seinen Untersuchungen zu dem Ergebnis, dass Symmachus den Cursus mixtus verwendet. Bei diesem wird die Übereinstimmung von metrischer Länge und rhythmischem Wortakzent angestrebt. 2 Entsprechend dem akzentuierenden rhythmischen Klauselsystem würde nach Callus Umstellung mós est geréndus dem Cursus planus entsprechen. Dieser macht laut Oberhelmans tabellarischer Statistik, The Cursus 1988, 140 einen Anteil von 31,8 % der Klauseln im Laut H.-Sz. 717 kommen die drei metrischen Grundklauseln (nach H.-Sz. 716 katalektische kretische Dipodie, akatalektische kretische Dipodie und trochäische Dipodie) bei Symmachus insgesamt zu 76 % vor. 2 Zu den Einzelheiten s. St. M. Oberhelman / R. G. Hall, Meter in Accentual Clausulae of Late Imperial Latin Prose, CPh 80 (1985) 216 Anm. 11 und dies., The History and Development of the Cursus mixtus in Latin Literature, CQ 38 (1988) 228. 1

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(D 2) Anonymus

ersten und zweiten Buch der Symmachusbriefe aus; die drei Grundtypen Cursus planus, tardus und velox umfassen insgesamt 90,4 %. Von diesen drei Grundtypen gibt es jedoch Ausnahmen: Die überlieferte Wortfolge mós geréndus est entspricht in Oberhelmans System, The Cursus 1988, 138 Anm. 8 dem Cursus medius („one unaccented syllable between two word-accents and two unaccented syllables after the last accent: repúgnant spíritus“). Der Cursus medius macht 4,0 % der Klauseln im ersten und zweiten Buch der Symmachusbriefe aus. Dieser Befund rechtfertigt es nicht, die überlieferte Wortfolge umzustellen. Derartige Umstellungen bergen zudem die Gefahr, dass ggf. Untersuchungen zum Prosarhythmus verfälscht werden, da seltenere Klauseltypen durch den Eingriff in den Text bestenfalls in den Apparat verbannt werden. quid – orationibus Durch die in der Ausgabe des Iuretus verwendete verlorene Hs. Π (s. Einl.) ist quicquid de orationibus überliefert. Dies druckt auch Scioppius in seinem Text. Seine als Anmerkung vorgebrachte Konjektur quid quidam e medio de orationibus, die durch die von ihm notierte Lesart der Hs. Γ qui demediorationibus angeregt wurde, erklärt er folgendermaßen: „quidam e medio, id est, hom*o vulgaris“. In Verbindung mit dem Ausdruck e medio ist jedoch meistens nicht eine Gruppe mit einzelnen Mitgliedern, sondern die Öffentlichkeit insgesamt gemeint, s. ThLL s. v. medius Sp. 594,16–595,7 und speziell zu e medio ThLL s. v. Sp. 595,56–67. Im Zusammenhang von Rede und Literatur wird medium in Bezug auf allgemein Zugängliches verwendet, vgl. Cic. de orat. 3,177 sed ea nos cum iacentia sustulimus e medio, sicut mollissimam ceram ad nostrum arbitrium formamus et fingimus sowie Horaz epist. 2,1,168 ex medio quia res arcessit (sc. comoedia). Callu, Lettres 2002, 125 Anm. 1 hält die Verwendung von medius in Symm. epist. 9,110,1 nicht für passend und schlägt quid e mediocritate de orationibus vor. 1 Für Callus Konjektur spricht, dass die Wortwiederholung grundsätzlich keinen Anstoß bieten würde. Bei Symmachus lässt sich sogar eine gewisse Neigung zur Wiederholung von Schlüsselbegriffen feststellen (vgl. z. B. Symm. epist. 2,20 … honoris … honoris …; 2,57 … otium … otium …; 2,67 … commendatio … commendationis; 2,88 stili … stilus …). Der zweimalige Verweis auf die mediocritas innerhalb einer kurzen Partie wirkt jedoch sogar innerhalb des Bescheidenheitstopos etwas redundant. Für den Aus-

Seine dazugehörige Übersetzung lautet: „… jʼexposerai ce que moi, du fond de cette médiocrité, je pense de vos discours.“ 1

Kommentar

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druck quidam e medio (Scioppius) bzw. e medio unus (Seeck) 1 gibt es keine direkte Parallele. Allerdings liegt vielleicht die Betonung nicht so sehr auf der Person, die urteilt, sondern auf dem Maßstab, den sie anwendet. Man könnte daher die Möglichkeit in Betracht ziehen, Seecks Vorschlag dahingehend zu modifizieren, dass unter Weglassung von unus der Ausdruck quid e medio ⟨de o〉rationibus im Sinne von „was ich mitten aus dem Leben 2 über deine Reden denke“ aufgefasst wird. Der Kern der Aussage bestünde dann darin, dass Symmachus unter Verweis auf die alltägliche Perspektive seines Urteils seinen Adressaten zu weiteren literarischen Aktivitäten auffordert. Der Eingriff in den durch die Hs. Γ überlieferten Text wäre geringer als bei Seeck und Callu. Die unklare Überlieferungslage macht aber eine endgültige Entscheidung schwierig, weswegen Seecks Textgestaltung hier beibehalten wird. Tulliani stili – invideas In seiner ersten Auflage druckt Iuretus im Text Tullianum stilū famae parcus invideas. In den Anmerkungen (94) schreibt er den Text der ihm vorliegenden Hs. so aus: „Tullianum stili 3 fame parcus invadas, was er folgendermaßen emendieren möchte: „Tullianum stilum famae parcus invideas“. Scioppius druckt den Text des Iuretus und merkt an: „Bessar. invadas, fortasse Tulliani stili famam parcus invadas“. Auch aus dieser Anmerkung lässt sich der genaue Wortlaut der Hs. Γ nicht erschließen. Wenn man die in der Hs. Π überlieferte Form fame als famae deutet, ist zu beachten, dass bei parcus in der Regel dasjenige im Genitiv steht, woran man spart. (z. B. Symm. epist. 1,26 dudum parcus es litterarum; epist. 8,51 es … parcus eloquii). Allerdings kann der Genitiv bei parcus auch etwas bezeichnen, auf das kein Wert gelegt wird, vgl. ThLL, der s. v. parcus Sp. 344,33–37 unter der Rubrik „cum gen. rei qua quis abstinet, cuius cupidus non est“ Plin. epist. 10,9 (statuam poni mihi … quamquam eius modi honorum parcissimus, tamen patior) anführt. Zu einer Übersicht der Verwendungsmöglichkeiten von parcus mit Genitiv s. auch ThLL s. v. parcus Sp. 344,45–54. Der Ausdruck famae parcus ließe sich also halten. Problematischer ist die in den Hss. vermutlich einheitlich überlieferte Form invadas. invadere kann im Sinne von „etwas angehen“ erklärt werden (vgl. Symm. epist. 8,27 prompta et avida manu litteras tuas Zu dem Sinn „einer aus der Menge von vielen“ vgl. ThLL s. v. medius Sp. 573,72–76. Vgl. den Kommentar von Kiessling / Heinze zu Horaz epist. 2,1,168: „Noch weniger Mühe glaubt man sich bei der Komödie geben zu müssen, weil sie ihre Stoffe … aus der Alltäglichkeit des Privatlebens schöpft“. 3 Nach der Ausgabe des Iuretus wird nicht klar, ob in der Hs. Π stilū oder stili stand. 1 2

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(D 2) Anonymus

… invasi und ThLL s. v. invado Sp. 115,32–39). In diesem Fall müsste saeculo nostro als Ablativus temporis aufgefasst werden. Die Übersetzung des (wahrscheinlich) überlieferten Textes quod saeculo nostro Tullianum stilum famae parcus invadas könnte lauten: „dass du in unserem Zeitalter den ciceronianischen Stil in Angriff nimmst, ohne auf den Ruhm bedacht zu sein.“ Grammatisch ist diese Konstruktion möglich, aber die Pointe von arguere, die darin besteht, dass dem Adressaten eine Vernachlässigung des Redenschreibens vorgeworfen wird, ist nicht erkennbar. Daher werden, auch angesichts der unsicheren Überlieferungslage, hier die Konjekturen des Iuretus und Scioppius übernommen. pari … gravitate Van Hoof / Van Nuffelen, Fragmentary Latin Histories 74 f. weisen darauf hin, dass der Ausdruck einen hohen rhetorischen Stil im Werk des unbekannten Verfassers nahelegt, dass aber bei Symmachus mit starker Übertreibung gerechnet werden muss. limasti Vgl. Cic. de orat. 3,190 cum exercitatione tum stilo, qui et alia et hoc maxime ornat ac limat, formanda nobis oratio est. Die Wortwahl des Symmachus ist zwar der Tatsache geschuldet, dass er dem Adressaten des Briefes schmeicheln möchte, entbehrt aber wahrscheinlich nicht völlig jeder sachlichen Grundlage. Man darf annehmen, dass sowohl die Reden als auch das Geschichtswerk des Anonymus Merkmale sorgfältiger Ausarbeitung zeigten. id est aequimanum Der Ausdruck wurde von Seeck als vermeintliche Glosse getilgt. Der dadurch erklärte Begriff περιδέξιοϲ ist ein seltenes Wort (homerisches Hapax Il. 21,163; Ar. nub. 949; zur Verwendung im 4. Jh. in Literaturkritik und Rhetorik vgl. Roda, Commento storico 245 f.). Callu, Symmaque, Lettres 2002, 125 befürwortet die Tilgung der Parenthese als Glosse, da der von ihm angenommene Adressat des Briefes, Nicomachus Flavianus, des Griechischen mächtig sei und keine Erklärung benötigte (zu den griechischen Wörtern im Werk des Symmachus s. Haverling, Studies 132–35 und dies., Symmachus and Greek Literature, in: Greek and Latin Studies in memory of Cajus Fabricius [Hg. S.-T. Teodorsson], Göteborg 1990, 188–205, hier 199–201). Haverling kommt (auch aufgrund von Symm. epist. 9,110,2) zu dem Schluss, dass Homerlektüre des Symmachus wahrscheinlich sei. Laut P. L. Schmidt, Handbuch der lateinischen Literatur der Antike, HdbAW 8,6,1 (2020) 499 ist Griechischkenntnis bei Symmachus nicht sicher festzustellen, da griechische Zitate zum Briefstil gehörten. aequimanus ist ebenfalls ein seltenes Wort; zu den wenigen Belegen s. ThLL s. v. aequimanus Sp. 1009,8–10.

Kommentar

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Ein seltenes griechisches Wort wird also durch ein ebenso seltenes lateinisches Wort erklärt. An anderen Stellen erklärt Symmachus griechische Ausdrücke nicht (vgl. epist. 1,14,2 aut ἀμουϲότεροϲ tibi videar, qui iudicare non possem; epist. 3,44 concedo in leges tuas et ἀρχαϊϲμὸν scribendi non invitus adfecto; epist. 8,23 quae igitur ὑπόθεϲιϲ erit paginae longioris? und epist. 3,47 videorne πανηγυρικώτερον tibi locutus, quam mos epistulae sinit?). Allerdings kann an diesen Stellen jeweils der Sinn des griechischen Wortes aus der Wortwurzel und dem Zusammenhang klar werden, während περιδέξιοϲ auch bei einem gebildeten Adressaten erklärungsbedürftig ist. Gebildet ist der anonyme Historiker zweifellos, wobei der Umfang seiner Griechischkenntnisse unbekannt ist. Symmachus verwendet id est sonst noch an zwei Stellen in seinem Werk (or. 8,2 dolet misera et quod queritur et quod precatur, id est defectum pecuniae et voti deformitatem [id – deformitatem wurde von Seeck ebenfalls getilgt]; rel. 13,2 nam mille sescentas auri libras decennalibus imperii tui festis devotus Ordo promisit urbanis ponderibus conferendas, id est trutinae largioris examine), allerdings beide Male nicht zur Erklärung eines einzelnen Begriffs.

(D 3) Epitome de Caesaribus

Einleitung I. Historische Bemerkungen Die von einem unbekannten Autor verfasste sogenannte Epitome de Caesaribus 1 bietet eine Sammlung kurzer Kaiserbiographien in lateinischer Sprache, beginnend mit der Alleinherrschaft des Augustus bis Theodosius I. (ca. 31 v. Chr. bis 395 n. Chr.). Die einzelnen Biographien divergieren dabei stark in ihrer Länge: Die Darstellungen des ersten und des letzten Kaisers der Sammlung sind mit 31 bzw. 20 Absätzen die umfangreichsten, die kürzeste Behandlung erfährt das Sechskaiserjahr (238 n. Chr.), in dem Usurpationen und Todesumstände von vier Kaisern in zwei Sätzen behandelt werden. Den Terminus post quem der Abfassung bildet die Beisetzung des Theodosius I. am 8. November 395 in Konstantinopel 2. Der Tod des Arcadius am 1. Mai 408 gilt als Terminus ante quem, da der Kaiser nur in zwei kurzen Notizen am Ende des Textes erscheint (47,1; 48,19) und dort nicht angedeutet wird, dass er im Zeithorizont des Verfassers der Epitome bereits verstorben ist. Der Autor (im Folgenden auch Epitomator genannt) hält sich also an eine gängige Praxis der Geschichtsschreibung, die aktuellen Herrscher nicht mehr zu behandeln 3. Der Epitomator schrieb wahrscheinlich während der Herrschaft der kaiserlichen Brüder Honorius und Arcadius. Die Epitome de Caesaribus ist damit nach den Werken des Aurelius Victor, des Eutropius und des Rufius Festus das jüngste der erhaltenen Breviarien des 4. Jh. Diese bieten die Geschichte des Imperium Romanum in geraffter Form, dabei haben sie trotz vieler Gemeinsamkeiten jeweils eigene Ambitionen und Vorgehensweisen4. Die Epitome de Caesaribus hat von den Breviarien den engsten biographischen Zuschnitt auf die Kaiser. In den ausführlicheren Biographien konzentriert sich der Epitomator vor allem auf die Herkunft (origo), die Sitten bzw. den Charakter (mores) und die Zum Titel vgl. phil. Einleitung 101. 48,20. Vgl. zur Datierung auch die Ausführungen in der phil. Einleitung 125–40. 3 Die Beschreibung der lebenden Herrscher wird von Eutrop als Aufgabe der Panegyrik zugewiesen (vgl. Komm. zu Eutr. 10,18,3 [KFHist B 3,323] mit Literatur). 4 So behandeln Eutrop und Festus bspw. auch die republikanische Vergangenheit des Römischen Reiches, während Aurelius Victor – wie die Epitome de Caesaribus – nur die Kaiserzeit darstellt. Dafür tritt Victor sehr viel stärker mit eigenen Wertungen und Exkursen hervor als Eutrop oder der Autor der Epitome. 1 2

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Todesumstände (exitus) der jeweiligen Kaiser. Außerdem fokussiert der Autor sich eher auf innenpolitische Aspekte wie Auseinandersetzungen mit Usurpatoren und weniger auf militärische Kampagnen gegen äußere Feinde. Wegen der spezifischen Tendenz in einzelnen Kaiserbiographien, aber auch wegen der demonstrativen Ignorierung des Christentums darf vermutet werden, dass der Epitomator eher den traditionellen römischen Kulten anhing. 1. Zeit und Ort der Entstehung Die traditionelle Datierung zwischen 395 und 408 1 wurde vor kurzem verworfen. Stover / Woudhuysen versuchen vor allem mit philologischen Argumenten zu belegen 2, dass die Epitome in Teilen ihres Berichts über Valens und Theodosius von den Romana des Jordanes abhängt, in ihrer heutigen Form also frühestens nach Jordanes in der zweiten Hälfte des 6. Jh. kompiliert worden sei. Die Stellen, die Stover / Woudhuysen dabei hauptsächlich in den Blick nehmen, lassen allerdings auch andere Rückschlüsse zu und gehören außerdem nicht zu den Nachrichten, die entscheidend für unser Verständnis der Epitome de Caesaribus sind. Würde man die vermeintlich aus Jordanes interpolierten Informationen beseitigen, erschiene der Kernbestand immer noch als Werk theodosianischer Zeit 3. Stover / Woudhuysen deuten allerdings an, dass weitere, von ihnen nicht mehr untersuchte Passagen der Epitome erst deutlich nach dem 4. Jh. Innerhalb dieses Zeitraums werden verschiedene Datierungen vorgeschlagen: Schmidt, Libellus 595 und R. Burgess, Epitome de Caesaribus, in: O. Nicholson (Hg.), The Oxford Dictionary of Late Antiquity Vol. I, Oxford 2018, 551, gehen wie Syme, Emperors 102. 128 Anm. 2. 231, R. Syme, Fiction in the Epitomators, in: J. Straub (Hg.), BHAC 1977/78, Bonn 1980, 267–78, hier 269 und Barnes, Epitome 1976, 266 von einer Veröffentlichung kurz nach der Beisetzung des Theodosius am 8. November 395 aus. Cameron, Epitome hält die Passage zur Beisetzung für interpoliert und datiert die Epitome früher (vgl. dazu aber den Komm. zu 48,20), revidiert dies aber in Cameron, Nicomachus Flavianus 351 (395 oder später). Schlumberger, Epitome 245 erwägt einen etwas längeren Zeitraum zwischen 395 und 400, vgl. auch Schlumberger, Epitome und Historia Augusta 201 (Jahrhundertwende). M. Kulikowski, Classicizing History and Historical Epitomes, in: S. McGill / E. J. Watts (Hgg.), A Companion to Late Antique Literature, Hoboken 2018, 143–59, hier 150 geht vom Ende des 4. Jh. aus. Bonamente, Minor Latin Historians 100 bietet die traditionell längst mögliche Zeitspanne zwischen 395 und noch vor dem Tod des Arcadius 408, vgl. auch Gauville, Epitome vii. Festy, Abrégé LV f. argumentiert für die Zeit zwischen 402 und 406 oder 406 und 408. Sólyom, Epitome 206 setzt den Terminus post quem in das Jahr 406. 2 Stover / Woudhuysen, Jordanes. S. dazu die phil. Einleitung 125–40. 3 Vgl. 46,2; 48,5–7 und 19 f. mit Komm. 1

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entstanden sein dürften 1. Die Annahme, dass die Epitome in größerem Umfang erst nach der Mitte des 6. Jh. zusammengefügt wurde, muss allerdings zurückgewiesen werden. Denn besonders einige Grundzüge der tendenziösen Darstellung von Kaisern, die in verschiedenen Teilen des Textes immer wieder begegnen 2, sowie die gänzliche Ausblendung des Christentums und die panegyrische Endbetrachtung des Theodosius I. weisen stark auf einen Kontext des späten 4. und frühen 5. Jh. hin. Das Argument von Stover / Woudhuysen, dass antike Texte häufig Ereignisse behandelten, die lange vor ihrer Zeit lagen, scheint daher für die Epitome kaum zutreffend und ist auch generell zu bezweifeln. Denn Autoren, die Zeiten der weiter zurückliegenden Vergangenheit behandeln, nehmen dies häufig im Zusammenhang mit einer engagierten Bewertung der eigenen Epoche vor 3. Die Epitome de Caesaribus, die als Kaiserbiographiensammlung mit profangeschichtlichen Elementen einen didaktischen So zu Epit. Caes. 14,1: „Hadrian … aus Hadria stammte, einer Stadt im picenischen Gebiet, die auch dem Hadriatischen Meer seinen Namen gab“. Wahrscheinlich hat die Adria ihren Namen von der ehemals bedeutenden etruskischen Stadt am Po (vgl. J. Partsch, Art. Adria, RE 1,1 [1893] 417–19, hier 417). Der Fehler ist für Stover / Woudhuysen, Jordanes 169 ein Indiz für die Spätdatierung der Epitome de Caesaribus in das 6. Jh. oder sogar 7. Jh., da sie davon ausgehen, dass ein solches Missverständnis nur einem Autor unterlaufen kann, in dessen Zeithorizont die Stadt keine Bedeutung mehr hatte. Diese hatte Hadria (am Po) allerdings schon während der Kaiserzeit eingebüßt, nachdem der Hafen der Stadt durch Sedimentanschwemmungen nicht mehr nutzbar geworden war und die Stadt nur noch durch einen Kanal mit dem Meer verbunden werden konnte. Zudem zeigen sich häufiger Verwechslungen der beiden Städte (vgl. Ch. Hülsen, Art. Atria, RE 2,2 [1935] 2144). Das picenische Hadria (heute Atri) liegt ebenfalls nicht weit von der adriatischen See entfernt (ca. 7 km). Die Verwechslung wäre also einem Autor des späten 4. oder frühen 5. Jh. durchaus zuzutrauen, besonders einem flüchtig kompilierenden wie dem Epitomator. Sein Bericht hängt hier ansonsten augenscheinlich von der gleichen Quelle ab wie die Historia Augusta (Hadr. 1,1). Die Quelle wurde entweder missverstanden, oder der Epitomator hat die Erklärung und damit die Verwechslung selbst hinzugefügt. 2 S. dazu die Ausführungen unter 3. Tendenz und Profil zu den immer wieder auftauchenden Vergleichen und Motiven. 3 Arrian hat in seiner umfangreichen literarischen Tätigkeit immerhin 10 von 17 Büchern seiner Parthika den Perserkriegen seines Zeitgenossen Trajan gewidmet und auch Sallust ist als Beispiel eher ungeeignet, weil er neben dem Bellum Iugurthinum auch Zeitgeschichte geschrieben hat. Zudem ist Sallusts Bericht über den Krieg gegen Iugurtha bekanntermaßen durchzogen mit Themen, die auf die späte Republik anspielen. Der im Frühmittelalter zu verortende Paulus Diaconus hat neben seiner Historia Romana die Langobardengeschichte bis in seine eigene Zeit verfasst. Die Historia Langobardorum sollte laut Paulusʼ eigener Aussage in der Historia Romana zudem wohl eigentlich eine Fortsetzung derselben sein 1

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Anspruch hat und die in geradezu listenhafter Form Herrscher und Anekdoten zu diesen aufzählt, ist von der Form und Tendenz mit Aurelius Victor, Eutrop und Sueton zu vergleichen. Die Hypothese von Stover / Woudhuysen lässt die Frage offen, welchen Nutzen ein Leser des 6. bis 8.1 Jh. von einer neu kompilierten Sammlung von Kurzbiographien der Kaiser gehabt hätte, die über 150 Jahre vor seiner eigenen Zeit endet und ohne Bezug zum aktuellen Zeithorizont bleibt. Umgekehrt finden sich beim Epitomator immer wieder Anachronismen, die auf das 4. Jh. als Entstehungszeit schließen lassen 2. Bemerkenswert ist dabei die Notiz über die Reformen Konstantins. Recht unvermittelt heißt es im Bericht zu Hadrian: „Er organisierte die Ämter im Staat und am Hof, aber auch die des Militärs in der Form, die, mit einigen von Konstantin eingeführten Änderungen, bis heute noch fortbesteht“ 3. Der Epitomator geht also für seine Gegenwart nicht nur von spätantiken, sondern vor allem von hochkaiserzeitlichen Verhältnissen aus. Eine gewisse nostalgische Verklärung darf zwar in tendenziös senatorischen Texten der Spätantike erwartet werden. Es würde allerdings von außerordentlicher Ignoranz zeugen, wenn der Epitomator lange nach dem Ende des Weströmischen Kaiserreichs die administrativen Verhältnisse der Epoche Hadrians als gegenwärtig betrachtet hätte. Auch wenn die Administration sich im Westen (vor allem durch das Nachspiel der Herrschaft Theoderichs) länger hielt als das Kaisertum, endete auch diese spätestens mit der justinianischen constitutio pragmatica im Jahre 554. Nur das Amt des praefectus urbi blieb erhalten, während die Verwaltung Italiens von nun an vom Hof von (vgl. Paul. Diac. ad Adelperga 3 [S. 21 Citelli]). Florus will mit seinem Abriss zu den republikanischen Großtaten die fehlenden kriegerischen Ambitionen der Kaiserzeit, insbesondere Hadrians kritisieren (Stover / Woudhuysen, Jordanes 152 weisen auf die praefatio des Florus für dessen Datierung hin, thematisieren aber nicht, dass Florus sein Geschichtswerk aus dem Kontext der eigenen Zeit erklärt, dabei bestünde darin der signifikante Unterschied zur Epitome, wenn diese im 6. Jh. entstanden wäre). Auf die Probleme, die sich mit der Origo Constantini als Beispiel ergeben, weisen Stover / Woudhuysen selbst in Anm. 8 hin. 1 Dies ist der späteste Zeitpunkt, den Stover / Woudhuysen, Jordanes 169 f. als mögliches Datum für die Entstehung der Epitome ins Spiel bringen. 2 Vgl. 9,13; 35,8; 41,17 mit Komm. Der Epitomator (20,6) bietet als Sondergut auch die Nachricht vom Bau des Hauses des Lateranus in Rom, mit dem Septimius Severus seinen Freund geehrt habe und das der Epitomator zu kennen vorgibt. Aufschlussreich für die religiöse Orientierung des Epitomators ist dabei zudem, dass er das Gebäude nicht mit dem Bau der Lateranbasilika durch Konstantin in Verbindung bringt, vgl. Gauville, Epitome 192. 3 14,11, vgl. den Komm. zur genauen Bedeutung der Maßnahmen.

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Konstantinopel aus vorgenommen wurde 1. Die Notiz sowie die generellen Tendenzen der Epitome de Caesaribus könnten nur dann mit einer Entstehung im 6. bis 8. Jh. 2 vereinbar sein, wenn der Autor ein ausgemachter Traditionalist und zudem im Osten 3 tätig gewesen wäre. Doch an Letzterem zweifeln auch Stover / Woudhuysen zurecht 4. Denn gerade für den Osten ist die bereits hervorgehobene Vernachlässigung außenpolitischer Nachrichten besonders deutlich. Vieles, was noch in seinen direkten Quellen an Vgl. Iust. App. 7 mit Börm, Westrom 153 f., der den bisher übersehenen Zäsurcharakter betont. 2 Das 8. Jh. als Entstehungszeit der Epitome ist auch in einem oströmischen Kontext kaum mit der Tendenz des Textes vereinbar. Es stellt sich z. B. die Frage, warum man das doch recht negative Konstantinbild der Epitome in einer Zeit neuauflegen sollte, in der sich besonders vehement auf diesen Kaiser berufen wurde (vgl. N. Viermann, Herakleios, der schwitzende Kaiser: Die oströmische Monarchie in der ausgehenden Spätantike, Berlin/Boston 2021, 281 f.). So wurde Eunapios bspw. wegen seines negativen Konstantinbilds im Mittelalter zensiert (vgl. Suda K 2285). Auch die konsequente Nichtnennung des Christentums ist für einen Text des 8. Jh. kaum zu erklären. Paulus Diaconus, der laut Stover / Woudhuysen, Jordanes 169 f. als der erste fassbare Zeuge der Epitome de Caesaribus zu gelten hat, sah sich zum Beispiel gezwungen, Eutrop durch kirchengeschichtliches Material zu ergänzen, vgl. Paul. Diac. ad Adelperga 3 (p. 21 Citelli). 3 Vgl. Cameron, Last Pagans 670, der davon ausgeht, dass der Epitomator in Konstantinopel tätig war. Cameron versucht dies mit den Notizen über die Beerdigung Konstantins (41,17) und Theodosius‘ I. (48,20) zu belegen. Zu ersterem bemerken Stover / Woudhuysen, Jordanes 170 richtig, dass auch Aur. Vict. 41,17 die Nachricht bietet. Zur Beisetzung des Theodosius ist die Frage Camerons „Why would this have interested a Roman audience?“ vielleicht damit zu beantworten: Der Epitomator notiert nicht nur die Beisetzung selbst, sondern auch die Überführung aus dem Westen, genauer aus Mailand, wo der Sohn des Verstorbenen nun immerhin als Kaiser residierte. Wenn vielleicht auch nicht so deutlich wie im Falle Konstantins (vgl. Aur. Vict. 40,17 mit Komm. Nickbakht [KFHist B 2,350]), hegte der Hof in Mailand oder auch der Senat in Rom vielleicht die leise Hoffnung, dass ihre jeweilige Stadt durch das Grab des Theodosius geadelt wird. R. Biering / H. v. Hesberg, Zur Bau- und Kulturgeschichte von St. Andreas apud S. Petrum. Vom Phrygianum zum Kenotaph Theodosius des Großen?, RQA 82 (1987), 145–82, bes. 171 f. erwägen immerhin die Möglichkeit eines Kenotaphs des Theodosius I. in Rom und Hyd. chron. 25a berichtet, der Kaiser sei in Mailand bestattet worden, wobei auch die handschriftliche Überlieferung zu diesem Fehler geführt haben könnte. In dem Zeitraum zwischen seinem Tod am 17. Januar 395 und seiner Beisetzung am 8. November desselben Jahres könnte er provisorisch in Mailand bestattet worden sein, vgl. Scardino, Komm. zu Hyd. chron. 25a (KFHist G 9,210). 4 Wie das Profil des Epitomators ist auch sein Aufenthaltsort nur schwer zu eruieren, zumeist wird aber von einem westlichen oder sogar stadt-römischen Umfeld ausgegangen, vgl. Stover / Woudhuysen, Jordanes 170 f. (Italien); Gauville, Epitome 225 (Italien/Rom); Schlumberger, Epitome und Historia Augusta 201; Schlumberger, Epitome 245 (Rom). 1

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diesbezüglichen Nachrichten zu finden ist, lässt der Epitomator aus 1. Zudem erwähnt er keinen einzigen militärischen Erfolg der Römer über die Perser. Dies könnte sowohl auf den Ort der Abfassung im Westen des Römischen Reiches hindeuten, aber auch auf den zeitlichen Entstehungskontext. Der Autor erwähnt lediglich Friedensschlüsse mit den Persern 2, die Ergebnis von Verhandlungen, nicht militärischer Operationen sind, ferner dramatische Niederlagen römischer Kaiser gegen den Feind im Osten 3. Vielleicht steckt dahinter absichtliche Rücksichtnahme auf den Frieden, den Theodosius I. nach einigen Verhandlungen 387 mit den Persern schloss 4. Damit gehörte der Autor nicht zu denjenigen, die von Honorius und Arcadius einen neuen Krieg gegen die Perser forderten 5. Ignoriert der Epitomator einerseits Ereignisse im Osten des Reiches, so zeigt er sich andererseits gut über Begebenheiten und Personen im Westen, insbesondere in Rom sowie Nord- und Mittelitalien informiert. Der in den anderen Breviarien eher stiefmütterlich behandelte Nerva hat außergewöhnlich viel Raum in der Epitome erhalten. Als einzige Quelle nennt diese seinen Geburtsort Narni in Umbrien und bestätigt den numismatischen Befund, dass die alimenta für italische Kinder auf Nerva zurückgehen und nicht auf Trajan 6. Mit Nachrichten aus dem Gebiet um Ticinum (heute Pavia) bietet der Epitomator Sondergut, durch das die Abfolge der Schlachten des Aurelian in Italien und das Itinerar des Magnentius nach der Schlacht von Mursa rekonstruiert werden können. Die Epitome überliefert zudem als einzige Quelle den Namen des Mannes, der Beispielsweise werden weder die Persienkampagne Trajans (Aur. Vict. 13,3; Eutr. 8,3,1), noch der Sieg Diokletians und Galerius‘ erwähnt (Aur. Vict. 39,33–37; Eutr. 9,25,1). Dem Palmyrenischen Teilreich wird ebenfalls kein Platz in der Epitome zugestanden und dessen Niederschlagung nur in einem kryptischen Vergleich angedeutet, s. 35,2 mit Komm. 2 1,8 und 48,5 (hierin kann eine Analogie zwischen Theodosius und Augustus gesehen werden). Nero, der entsprechend der senatorischen Geschichtsschreibung pejorativ charakterisiert wird, wird allerdings von den Persern verehrt (5,8). Vespasian zwingt die Perser durch Furcht zum Frieden (9,12), auch hier deutet der Epitomator keine Kampagne an, sondern sieht den Erfolg, wie bei Theodosius, durch die Autorität des Kaisers bewirkt. 3 Vgl. 2,9; 27,2; 32,5 f.; 38,3; 43,1–5 und 8; Besonders auffällig ist, dass der Epitomator den Jovianfrieden ausspart, vielleicht klammert er das polarisierende Thema absichtlich aus. 4 Vgl. 48,5 mit Kommentar. 5 Claud. 3 cons. Hon. 189–210. 6 Siehe generell zum 12. Kap. Festy, Abrégé 98–101. Zu den alimenta vgl. RIC II Nerva 92 und G. Seelentag, Der Kaiser als Fürsorger - die italische Alimentarinstitution, Historia 57 (2008) 208–41. Der Epitomator bespricht auch erstaunlich präzise den Todesort des Usurpators Aemilianus, der in Umbrien umkam (31,2). 1

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Claudius Gothicus die Herrschaftsinsignien nach Ticinum brachte. Ebenso ergänzt sie im Bericht zu demselben Kaiser den Namen des stadtrömischen Senators, der sich für den Staat opfern wollte 1. Dass der Epitomator besonders in seinem Bericht zur frühen und hohen Kaiserzeit einiges Sondergut aus Rom und seiner Umgebung bietet, mag auch daran liegen, dass sich die Kaiser dieser Zeit noch verstärkt dort aufgehalten haben. Umso erstaunlicher ist es, dass sich der Autor auch im Bericht über die Reichskrise und das 4. Jh. um Stoff aus (Nord-)Italien bemüht zu haben scheint 2. Dem Epitomator hat zumindest eine Quelle vorgelegen, die diesen Raum in besonderem Maße behandelt hat. Da er diese konsultieren konnte und ihr Interesse offenbar geteilt hat, besteht eine Wahrscheinlichkeit dafür, dass auch er in Norditalien tätig war. Der panegyrische Nachruf auf Theodosius sowie einige Tendenzen, die der Epitomator und der Dichter Claudian 3 gemeinsam haben, lassen auf einen Zeitraum zwischen 395 und 402 schließen 4. Zudem ermahnt der Epitomator das kaiserliche Brüderpaar (Arcadius und Honorius) einmal direkt und einmal indirekt zur Eintracht 5, was gut in die konfliktgeladenen späten 90er Jahre des 4. Jh. passt. In dieser Zeit wurde Stilicho, der Vormund des Honorius und starke Mann im Westen, vom östlichen Hof sogar zum hostis publicus erklärt (397). Womöglich war der Epitomator selbst auf die eine oder andere Weise mit dem Hof in Mailand verbunden. Er deutet jedenfalls an, Einblicke in das höfische Leben gehabt zu haben6. Die Verbindung mit dem Mailänder Hof würde sowohl die guten Kenntnisse von Ereignissen um die nahegelegene Stadt Ticinum erklären als auch den Fokus des Werkes auf das Verhalten der Kaiser und ihre mores. Denn auch wenn das vom Epitomator formulierte Vgl. 34,2 f.; 35,2; 42,5 mit Komm. Vgl. für weiteres Sondergut auch die Zusammenstellung bei Festy, Abrégé 279–86. Der Epitomator entbehrt nicht gänzlich der Nachrichten aus dem Osten und bietet für diesen Teil des Reiches auch einiges Sondergut. Das Ungleichgewicht der Perspektive zwischen Osten und Westen insbesondere für das 3. und 4. Jh. ist nichtsdestoweniger auffällig. 3 Besonders die fingierte Abstammung des Theodosius von Trajan und die Theodosius in den Mund gelegte Empfehlung, sich durch das Studium der Geschichte auf das Kaisertum vorzubereiten (vgl. Claud. 4 cons. Hon. 18–23 und 396–438), entsprechen den Ausführungen der Epitome in 48,1 und 48,12. 4 Die unpolemische Darstellung von Nichtrömern könnte darauf hindeuten, dass die Epitome vor der Belagerung Mailands 402 durch Alarichs Goten entstanden ist. 5 In 48,19 betont der Epitomator, dass Theodosius I. seinen Söhnen das Reich in friedlichem Zustand hinterlassen habe. Auf das schwierige Verhältnis zwischen Ost und West spielt der Epitomator in 41,5 an. 6 48,18. 1 2

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Programm 1, die Kaiser durch exempla ihrer Vorgänger belehren zu wollen, floskelhafte Züge hat, könnte diese Belehrung über die Erwartungen an den herrschenden Kaiser doch ein Zweck des Werkes gewesen sein 2. Der Autor hegte neben eigenen Interessen, die er mit seiner Epitome bewahren wollte, womöglich auch die Hoffnung, pädagogisch Einfluss nehmen zu können. Man ist versucht die Kürze und Einfachheit der Darstellung dadurch zu erklären, dass Adressat der in Mailand residierende sehr junge Kaiser Honorius war. 2. Zu den Quellen Die Diskussion um die Epitome de Caesaribus beschäftigt sich zumeist weniger mit den Eigenarten und Ambitionen des Textes selbst, als mit ihren Quellen. Die Aufmerksamkeit für die Quellenfrage ergibt sich daraus, dass der Epitomator seine fassbaren Vorlagen an vielen Stellen lediglich abschreibt, partiell verkürzt und neuanordnet. Der Autor verfolgt beim Ausschreiben seiner Quellenvorlage einen Plan, was sich unter anderem in den Großabschnitten seines Werkes verfolgen lässt. Orientiert man sich an den Quellenwechseln und an den Parallelquellen erschließt sich folgende, schon oft besprochene, Struktur der Epitome de Caesaribus: a) Kapitel 1–11 (Augustus bis Domitian) folgen suetonischem Stoff mit starken wörtlichen Anklängen an Aurelius Victor (um 360). Der Bericht wurde durch wenigstens eine (verlorene) Quelle weiter ergänzt. b) Kapitel 12–23 (Nerva bis Elagabal) weisen keine umfangreichen Parallelen zu Aurelius Victor mehr auf. Ab dem Bericht über Hadrian zeigen sich dagegen Übereinstimmungen mit den erhaltenen Teilen der Historia Augusta (um 400). Eutrop (um 370) tritt ebenfalls verstärkt als Parallele hinzu. c) Kapitel 24–38 (Severus Alexander bis Carinus) bieten sehr viel kürzere Berichte über die Kaiser als die Biographien davor und danach. Dem Breviarium Eutrops wird immer wieder wörtlich gefolgt. Wie Aurelius Victor in den ersten 11 Kaiserviten wird auch Eutrop aus unbekanntem Material ergänzt. Die Historia Augusta bietet weiterhin Parallelen. Solche treten vermehrt auch 3,6. S. dazu auch 3. Tendenz und Profil. Men. Rhet. 2,1,1; 2,2,36 zur Relevanz von Vergleichen mit historischen exempla für die Kaiserrede. 1 2

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zu griechischen Quellen wie Herodian (um 250), Zosimos 1 (um 500) und späteren Byzantinern auf. d) Kapitel 39–47 (Diokletian bis Gratian) sind, was die Quellenfrage betrifft, wohl die umstrittensten Passagen der Epitome. Sie weist weiterhin Parallelen zu Zosimos auf, ab dem Bericht zu Constantius II. tritt auch Ammian 2 hinzu. Eutrop und Aurelius Victor bieten, so weit sie reichen, weiterhin Parallelen in der Darstellung, teils mit wörtlichen Übernahmen. Bis auf die Informationen aus den beiden Breviarien sind keine direkten Abhängigkeiten auszumachen, es kann von wenigstens einer verlorenen Quelle ausgegangen werden. e) Kapitel 48 (Theodosius I.) wird teilweise zum vierten Teil der Epitome gezogen. Der Epitomator zeigt wieder Parallelen zu Ammian und Zosimos, allerdings aus Stücken, die bei diesen Autoren nicht Theodosius betreffen. Die Vergleiche zwischen Trajan und Theodosius sowie zwischen Augustus und Theodosius mögen ebenfalls ursprünglich aus einer Quelle stammen, die dem Epitomator für frühere Teile seiner Erzählung vorlag. Dennoch zeigt sich der Autor hier in besonderem Maße gestaltend tätig und folgt unmittelbar zeitgenössischen Tendenzen der Theodosius-Panegyrik, wodurch sich dieses Kapitel von der Behandlung der Quellen her von den vorherigen unterscheidet 3. Die einzelnen Teile sind mit jeweils eigenen Problemen behaftet und haben jeweils unterschiedlich intensive Diskussionen erfahren. Hervorzuheben ist die Untersuchung des gesamten Textes durch die Monographie von J. Schlumberger und durch die kommentierende Ausgabe von M. Festy4. Der Epitomator, dessen kompilierende Arbeitsweise sich am besten in den ersten Der Epitomator selbst kann Zosimos nicht als Quelle genutzt haben. Es wird entweder von einer gemeinsamen lateinischen Quelle ausgegangen, die die Epitome und (mittelbar) Eunap benutzt haben. Oder es wird vermutet, dass die Epitome die erste Ausgabe des Geschichtswerks Eunaps selbst genutzt hat, vgl. Barnes, Epitome 1976, 265. 2 In den Rückblicken, die die erhaltenen Bücher Ammians bieten, lassen sich allerdings auch Parallelen mit der Darstellung der Epitome finden, vgl. 27,3; 28,2; 29,3; 32,4; 34,2 mit Komm. 3 Vgl. Schlumberger, Epitome 10 (vier Teile); Festy, Abrégé XX–XXXVII (fünf Teile); Bonamente, Minor Latin Historians 101 (fünf Teile). 4 Schlumberger, Epitome; Festy, Abrégé. 1

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elf Kapiteln zeigt, hat vermutlich in allen Teilen eine oder mehrere verlorene Quellen konsultiert, anders lässt sich die Koexistenz von Sondergut und wörtlichen Entsprechungen nur schwerlich erklären 1. Die Diskussion um diese verschollenen Quellen wird schon seit einiger Zeit geführt. Besonders polarisiert dabei die Frage, wie und bis wann die sogenannte Enmannsche Kaisergeschichte (EKG) 2 von der Epitome konsultiert wurde und ob sich in der Epitome (in Teilen oder Gänze) ein Zeuge der verlorenen Annalen des berühmten Senators Nicomachus Flavianus (gestorben 394) 3 findet. Die Fronten in dieser Frage scheinen verhärtet 4. Als gesichert darf nur gelten, dass der Epitomator einen didaktischen Anspruch hatte und dass er Aurelius Victor und Eutrop direkt benutzte. Die Informationen, die über diese hinausgehen, könnten zwar bisweilen aus weiteren erhaltenen Quellen stammen, die Belege dafür sind aber weniger eindeutig. Was verlorene Quellen wie Marius Maximus oder Nicomachus Flavianus betrifft, muss es bei Vermutungen bleiben. Der fehlende Profilierungswille des Autors sowie das in der Antike übliche Fehlen von Quellenangaben erlauben es somit sowohl für den Entstehungskontext wie für die meisten der Quellen, nur von Wahrscheinlichkeiten zu sprechen: Wahrscheinlich wirkte der Epitomator nicht lange nach 395 in Italien und konsultierte dort über die EKG hinaus eine oder mehrere verlorene Quellen mit italischen und senatorischen Tendenzen. Im Folgenden werden die spezifischen Probleme der Abschnitte a) bis e) skizziert.

Beispielsweise Aur. Vict. 40,4: quo mortuo cunctis, qui aderant, annitentibus imperium capit. Epit. Caes. 41,3: quo mortuo cunctis, qui aderant, annitentibus, sed praecipue Croco, Alamannorum rege, auxilii gratia Constantium comitato imperium capit. Hier scheint der Epitomator Aurelius Victor um Sondergut aus einer verlorenen Quelle ergänzt zu haben (s. den Komm. zur Stelle). 2 Die Enmannsche Kaisergeschichte ist benannt nach ihrem Entdecker Alexander Enmann, der 1884 eine ausführliche Studie veröffentlichte, in der er aus dem kritischen Vergleich von Aurelius Victor, Eutrop und der Historia Augusta eine gemeinsame Quelle herausdestillieren konnte. Die Existenz der Kaisergeschichte wird kaum noch in Frage gestellt, die Diskussion dreht sich eher um die Zeit, die sie umfasste und damit zusammenhängend um mögliche Redaktionen und Erweiterungen, vgl. dazu Bleckmann, Einleitung KFHist B 1. 3 Zu diesem s. allgemein in diesem Band die Einleitung zu KFHist D 1,3–18. 4 Ausführliche Quellenanalysen bieten Schlumberger, Epitome und Festy, Abrégé. Für die Kapitel ab Severus Alexander nimmt sich auch der hist. Komm. der Quellenfrage an. 1

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a) Augustus bis Domitian Mit dem Beginn des Prinzipats orientierte sich die römische Historiographie noch deutlicher an einzelnen Persönlichkeiten, als es zuvor bereits der Fall war. Die Monopolisierung der Herrschaft auf eine Person verengte zum einen den Zugang zu möglichen Vorlagen der Historiographen, zum anderen orientierte sich die Geschichtsschreibung zusehends am Leben des Herrschers. Im Laufe der Zeit erlangten die Kaiserbiographien immer größere Popularität. Einer ihrer berühmtesten Vertreter entfaltete in den Breviarien des 4. Jh. eine besondere Nachwirkung: Der im frühen 2. Jh. schreibende Senator Gaius Suetonius Tranquillus beeinflusste auch die Epitome de Caesaribus maßgeblich. So sind die Kaiser von Augustus bis Domitian in Verknappung ganz dem suetonischen Werk verpflichtet. Dabei scheinen die Abhängigkeitsverhältnisse kaum bestimmbar, da die Epitome in ihren ersten elf Viten auch frappierende, wörtliche Übereinstimmungen mit Aurelius Victor und teils Eutrop aufweist, gleichzeitig aber auch Informationen anführt, die über diese hinausreichen, und oft sogar Sueton Stoff voraus hat. Es finden sich zudem Spuren von Angaben, die Tacitus und Cassius Dio ähnlich sind 1. So ist zu vermuten, dass, wenngleich Sueton die Urquelle ist, in die Epitome wenigstens eine weitere, zusätzliche Quelle geflossen ist. Sie wurde von Cohn als „Suetonius auctus“ beschrieben 2 und später mit der EKG identifiziert 3. Es könnte indes auch sein, dass dem Epitomator schon für diesen Teil seines Werkes die Quelle vorlag, aus der er später in größerem Maße Informationen entnahm, die er sich mit späten griechischen Quellen teilt 4. Für den Epitomator ist in dieser Konstellation in jedem Fall von signifikanter Bedeutung, dass sich seine kompilierende Arbeitsweise am deutlichsten in den umfangreichen Übereinstimmungen mit Sueton und Aurelius Victor zeigt 5. Den Entsprechungen zu letzterem sowie der handschriftlichen Überlieferung seit dem Humanismus ist allerdings auch geschuldet, dass der Epitomator bis heute immer wieder mit Aurelius Victor gleichgesetzt wird und die Epitome de Caesaribus als Victors Spätwerk

Schlumberger, Epitome 25 f. und 56–62 Cohn, Quibus ex fontibus 31; Schlumberger, Epitome 9. 3 Vgl. Festy, Abrégé XXI f.; Bleckmann, Einleitung KFHist B 1,17 f. 4 Die Anekdote über Athenodorus, den Lehrer des Augustus, die der Epitomator für sein letztes Kapitel verwertet hat, bieten ansonsten nur griechische Quellen, vgl. 48,15 mit Komm. 5 Vgl. die Untersuchung von Schlumberger, Epitome 63–77. 1 2

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identifiziert wurde 1. Einer der großen Verdienste von Schlumberger ist, dass er sich nach Cohn der ersten elf Kapitel der Epitome nochmals angenommen hat und so die Emanzipation der Epitome de Caesaribus von Aurelius Victor entscheidend vorangetrieben hat 2. b) Nerva bis Elagabal Auch wenn der „Suetonius auctus“ bzw. die EKG eine unbekannte Größe bleiben muß, ist das Quellentableau der Epitome für die Zeit von Augustus bis Domitian wegen der offensichtlichen Benutzung Suetons (mittelbar) und Victors (direkt) noch gut zu umreißen. Anders verhält es sich bei den Kaisern von Nerva bis Elagabal, für die Stoff im Umfang eines Sueton oder Tacitus nicht überliefert ist und für die die entsprechenden Passagen bei Cassius Dio zu großen Teilen nur in Exzerpten vorliegen 3. Dafür hat sich der Name des Autors einer möglichen Urquelle für das 2. und frühe 3. bewahrt: Marius Maximus, der möglicherweise mit dem Konsul von 223 identisch ist 4. Dessen Werk scheint im 4. Jh. bekannt und als Lektüre beliebt gewesen zu sein, heute ist es allerdings nur noch in Fragmenten fassbar 5. Diese werden vor allem von der Historia Augusta überliefert, doch allein der schlechte Ruf, den diese Biographiensammlung hinsichtlich ihrer Glaubwürdigkeit hat, lässt so manchen am Gehalt des Geschichtswerks des Marius Maximus, eventuell eine Suetonfortführung bis Elagabal, zweifeln. Die Skeptiker sehen hinter zuverlässigeren Passagen der Historia Augusta – die sich diese partiell mit der Epitome teilt – einen Ignotus. Schlumberger befürwortet die These von Marius Maximus als Quelle der Epitome de Caesaribus, vermutet aber, dass dem wenig kreativen Epitomator schon eine komprimierte Fassung des Werks des Maximus vorgelegen habe, der Historia Augusta dagegen eine umfangreichere. Die Diskussion ist noch

Dies zeigt sich vor allem in der immer noch geläufigen Bezeichnung der Epitome als Ps. Aurelius Victor. Stover / Woudhuysen, Jordanes 174 haben die Verbindung zuletzt wieder angedeutet. 2 Vgl. Schlumberger, Epitome 1–62; phil. Einleitung. 3 Schlumberger, Epitome 79 hat darauf hingewiesen, dass sich eine Benutzung des Cassius Dio aus den xiphilinischen Fragmenten nicht ergibt. Für die vorliegende Untersuchung bestätigt sich dies in dem greifbaren Fokus des Cassius Dio auf Ulpian, der in der Epitome keine Erwähnung findet, vgl. Komm. zu Kap. 24. 4 Vgl. Zinsli, Heliogabal 79. 5 Amm. 28,4,14. Die anderen Testimonien und Fragmente sind gesammelt bei FRHist. Nr. 101. 1

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nicht abgeschlossen 1, was für die Bewertung der Epitome auch nicht zwingend erforderlich scheint. Für diese ist vor allem entscheidend, dass in ihrem Material zu den Kaisern von Nerva bis Elagabal die senatorische Tendenz sowie eine stark biographische Darstellungsweise aus dem frühen 3. Jh. durchscheint. Hierbei ist nicht zu entscheiden, ob Marius Maximus, der Ignotus oder eine Quelle des 4. Jh. benutzt worden ist, die wiederum auf eine frühere zurückgeht. Eine Vermittlung des Marius Maximus oder des Ignotus über die Historia Augusta bzw. die Benutzung der Historia Augusta durch den Epitomator ist zweifelhaft 2. Zum einen ist es gut möglich, dass die Epitome de Caesaribus bereits vor der Historia Augusta entstand 3, zum anderen wendet sich der Epitomator schon vor dem Ende der in der Historia Augusta dargestellten Zeit vermehrt Eutrop zu 4. Der Fall ist ähnlich gelagert wie das Verhältnis zwischen der Epitome und Ammian. Es finden sich vereinzelt wörtliche Übereinstimmungen der Epitome de Caesaribus mit der Historia Augusta, die allerdings nie so deutlich sind wie die mit den Breviarien Victors und Eutrops. Die inhaltlichen Parallelen sind zwar auffällig, die wörtlichen Entsprechungen beschränken sich aber zumeist auf einzelne „Stichworte5“.

Vgl. zur Diskussion Syme, Emperors 30–53, bes. 45–9; Barnes, Epitome 1976, 262 f.; Schlumberger, Epitome 124–33; Festy, Abrégé XXV–II; Schlumberger, Epitome, Historia Augusta und Marius Maximus? 195–210; Zinsli, Heliogabal, 78–83. Zu Marius Maximus allgemein A. Birley, Marius Maximus: The Consular Biographer, in: W. Haase (Hg.), Aufstieg und Niedergang der römischen Welt. 2,34,3. Teil 2, Principat ; Bd. 34, Sprache und Literatur ; Teilbd. 3, Einzelne Autoren seit der hadrianischen Zeit und Allgemeines zur Literatur des 2. und 3. Jahrhunderts, Berlin/New York 1997, 2678–757. 2 Zinsli, Heliogabal 79 geht nicht davon aus, dass die „gute Quelle“ der Historia Augusta in der Elagabal-Vita Marius Maximus ist. 3 Die Entstehung der Historia Augusta wird ebenfalls auf die Wende vom 4. zum 5. Jh. datiert. Ihr Autor könnte somit Zeitgenosse des Epitomators sein, weshalb sich eher gemeinsame Tendenzen als direkte Abhängigkeiten finden. Maßgebend für die Spätdatierung der Historia Augusta ist H. Dessau, Über Zeit und Persönlichkeit der Scriptores Historiae Augustae, Hermes 24,3 (1889) 337–392; vgl. auch Zinsli, Heliogabal 286 f. 4 Vgl. den Komm. zu Kap. 38 f. 5 Schlumberger, Epitome 78–123 bes. 89 (Zitat). Zinsli, Heliogabal 78 erwägt, ob sowohl die Historia Augusta (Heliog. 17,1–4; 33,7) als auch die Epitome (23,6) die Darstellung der Schändung des Leichnams von Elagabal eher aus den Annalen des Nicomachus Flavianus entnommen haben könnten als aus einer Quelle aus severischer Zeit. 1

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c) Severus Alexander bis Carinus Welche ausführliche biographische Quelle dem Epitomator (mittelbar) für die hohe Kaiserzeit auch immer vorgelegen hat, sie endete offenbar mit Elagabal oder sah in der ausführlichen Beschreibung der sogenannten Reichskrise des 3. Jh. kein besonderes Anliegen. In den kurzen Darstellungen der Kaiser ab Severus Alexander lassen sich nunmehr vielfältige Parallelen zu verschiedensten Quellen ausmachen 1. Neben Eutrop, der die Rolle Victors (für Kap. 1–11) als fassbare direkte Vorlage für den Bericht der Epitome nunmehr übernommen zu haben scheint, finden sich inhaltliche Entsprechungen zu griechischen Traditionen. Dies betrifft griechische Autoren, die sowohl vor als auch nach der Epitome schrieben. Obwohl Herodian (nach 240) schon für die Geschichte seit Mark Aurel zur Verfügung stand, lässt sich im Text des Epitomators herodianischer Stoff erst mit dem Bericht zu Severus Alexander ausmachen. Ab demselben Kaiser treten vermehrt Entsprechungen zu Zosimos (um 500) und Zonaras (um 1100) auf. Letzterer teilt sich in einem Strang seines Werkes, der sogenannten Leoquelle, Informationen mit der Epitome. Diese Leoquelle des Zonaras kann einerseits durch die Aussonderung der Teile der Chronik, die aus anderen Traditionen (Synopsisquelle; Synkellos) entnommen sind, bestimmt werden und ist andererseits durch den Abgleich mit der Logothetenchronik (10. Jh.), der Chronik des Kedrenos (um 1060) und dem Anonymus post Dionem fassbar 2. Eine Benutzung der Epitome durch die byzantinischen Autoren kann dabei ausgeschlossen werden. Diese sind häufig breiter in ihrer Darstellung, und dem Epitomator unterlaufen Fehler bei der Kompilierung seines Textes, die diese nicht haben 3. Dass der Epitomator selbst des Griechischen so mächtig war, dass er ausführliche Geschichtswerke komprimieren konnte, ist unwahrscheinlich 4. Da ab diesem Kaiser auch ein durchgehender historischer Kommentar in diesem Band beginnt, sei auf die weiteren Parallelen verwiesen, die dort geboten sind. 2 Hinzukommt in Einzelfällen auch der salmasische Johannes Antiochenus. Vgl. zu diesen komplexen Verbindungen Bleckmann, Reichskrise; Bleckmann, Chronik; Bleckmann, Epitome. Der von E. Patzig geprägte Name „Leoquelle“ ist etabliert und geht darauf zurück, dass eine der Redaktionen der Logothetenchronik den Fiktivnamen „Leon Grammatikos“ trug. Eine Umbenennung in „Logothetenquelle“ oder „Symeonquelle“ ist nicht nötig, s. zur Begründung B. Bleckmann, Last Pagans, Source Criticism and Historiography of the Late Antiquity, Millenium 12 (2015), 103–115, hier 106 f. 3 Vgl. den hist. Komm. zu 34,2 und 36,2. 4 Rudimentäre Griechischkenntnisse mag der Epitomator gehabt haben, es deutet allerdings nichts darauf hin, dass er selbst sein Material aus umfangreichem griechischen 1

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Festy und Schlumberger nehmen daher an, dass der Epitomator sein griechisches Material der Verarbeitung in den Annalen des Nicomachus Flavianus verdankt. Dieser könne auch dafür verantwortlich sein, dass sich noch in byzantinischen Werken Parallelen mit der Epitome de Caesaribus für Angaben finden 1, die in den Breviarien des 4. Jh. kein Gegenstück aufweisen. Als alternative Erklärung wird vermutet, dass der Epitomator ausführlicher als Aurelius Victor oder Eutrop aus der verlorenen EKG schöpfte und dass die Verbindung zwischen griechischen Historikern und der Epitome sich durch die gemeinsame Quellengrundlage Eunap erklären lasse 2. Ob der Epitomator die verlorenen Bücher des Ammianus Marcellinus konsultiert hat, kann nicht festgestellt werden. Es scheint aber unwahrscheinlich, da sich jedenfalls keine Benutzung der erhaltenen Teile Ammians in der Epitome de Caesaribus konstatieren lässt. Wie die Parallelen der Epitome mit griechischen Autoren zu erklären ist, muss also offenbleiben. Es ist aber festzustellen, dass der Epitomator sich gezwungen sah, größere erzählerische Zusammenhänge für seine Zwecke zuzuschneiden, dass diese ihm vermutlich in lateinischer Sprache vorlagen und dass die Parallelen zu griechischer Historiographie bis zum Bericht über die 380er Jahre reichen3. d) Diokletian bis Gratian Der Quellenwechsel in der Epitome de Caesaribus, der anscheinend mit dem Bericht über Diokletian vollzogen wurde, offenbart sich nicht so deutlich wie in vorherigen Partien des Textes. Bis zum Bericht über Constantius II. und Jovian finden sich nach wie vor Parallelen zu Aurelius Victor bzw. Eutrop und auch die Übereinstimmungen mit Zosimos und den Vorlagen entnehmen oder dieses gar übersetzen konnte, vgl. Schlumberger, Epitome 174 f.; F. Paschoud, On a Recent Book by Alan Cameron: The Last Pagans of Rome, AnTard 20 (2012) 359–88, hier 377 sowie die phil. Einleitung 119 f. 1 Schlumberger, Epitome 239 f.; Laut Festy, Abrégé XXVII–XXXI. 138 u. 140 wechselt der Epitomator mit dem Bericht über Severus Alexander zu den Annalen des Nicomachus Flavianus. 2 Vgl. Barnes, Epitome 1976, 265 f.; Cameron, Last Pagans 670; Burgess, Common Source 177 für eine Passage über Valentinian, Burgess bespricht im Aufsatz die Darstellung des Zeitraums von 358–378. 3 Vgl. den hist. Komm. zu 47,7. Auch der Bericht des Epitomators (48,6) über den Sturz des Usurpators Magnus Maximus 388 weist noch Parallelen mit Zos. 4,47,1 auf. Die sehr knappe Notiz und die panegyrische Färbung der Epitome an dieser Stelle, lassen einen möglichen Quellenzusammenhang aber weniger deutlich erscheinen.

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späteren Byzantinern wie der Logothetenchronik, Kedrenos und Zonaras brechen nicht ab. Diese sind allerdings umfangreicher als zuvor, ebenso wie der Bericht des Epitomators insgesamt. Ihm scheint eine ausführlichere Erzählung vorgelegen zu haben, die er versuchte zu kürzen und teils mit den Breviarien kombinierte. Die genauen Verhältnisse sind indes schwer zu eruieren, denn der Epitomator sah sich offenbar gezwungen seine erzählende Quelle in größerem Maße umzugestalten: Die Geschichte Diokletians selbst wird noch in biographischer Form berichtet, die von diesem neugegründete Herrschaftsform, die Tetrarchie, vermag der Epitomator aber nicht mehr so darzustellen und bespricht die Tetrarchen daher nicht biographisch oder chronologisch, sondern nach den Themen origo, mores und exitus sortiert 1. Immer wieder zeigt er auch Anklänge an die christliche Literatur unter Konstantin, allerdings ohne die christliche Wertung zu teilen. Die Parallelen könnten (mittelbar) schon auf gemeinsame Quellen tetrarchischer Zeit rekurrieren 2. Womöglich verdankt er einige Wertungen und Motive auch Quellen aus julianischer Zeit oder späteren julianfreundlichen Traditionen 3. Mit dem Bericht über Constantius II. endet zwar Aurelius Victor als parallele Darstellung zum Bericht des Epitomators, dafür steht die ausführliche Erzählung Ammians zum Abgleich zur Verfügung. Mit diesem weist die Epitome ebenfalls einige Parallelen auf, besonders in den Passagen, in denen Ammian nach dem Tod eines Kaisers ein Resümee zieht. Dies könnte die Annahme nahelegen, dass der Epitomator diese Teile des ammianischen Berichts für seine Darstellung der Kaiser konsultierte. Allerdings sind die Divergenzen in den Berichten doch so groß, dass kaum von einer direkten Benutzung ausgegangen werden kann. Daher ist Schlumberger darin zuzustimmen, dass eine verlorene erzählende Quelle der Epitome auch Ammian für seine charakterisierenden Schlussbetrachtungen der Kaiser gedient hat, er aber sehr viel freier mit dem Material umging als die Epitome de Caesaribus 4.

S. den hist. Komm. zu Kap. 39 und 40, bes. zu 40. (1) In diesen Tagen. Vgl. 40,4; 40,5; 40,14; 40,17; 41,2 mit Komm. Aus tetrarchischer Zeit könnten auch schon negative Bewertungen einiger Soldatenkaiser stammen, insbesondere zu Valerian und Gallienus (s. den hist. Komm. zu 32,1 und 6; 33,1; 38,8). 3 Vgl. den hist. Komm. zu 34,2; 35,2; 40,18; 41,3; 41,11; 42,2; 42,13. 4 Vgl. Schlumberger, Epitome 223. Zu den umfangreicheren Parallelen vgl. den hist. Komm. ab dem Bericht über Constantius II. 1 2

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Wie weit der Epitomator von seinem Zeitgenossen Hieronymus abhängen könnte, ist schwer zu beurteilen. Es gibt durchaus wörtliche Überschneidungen mit dem Kirchenvater, die auf eine Verwandtschaft schließen lassen 1. Diese sind allerdings nicht so frappierend wie bei Aurelius Victor oder Eutrop, obwohl die chronistische Schrift des Hieronymus dazu einlädt, kurze Nachrichten unverändert zu übernehmen. Zudem bleibt fraglich, ob ausgerechnet der Epitomator dieses christliche Werk zu Rate gezogen hätte 2. Auch wenn dies nicht definitiv auszuschließen ist, hätte er die Chronik in jedem Fall nur sporadisch genutzt und durch weitere Quellen ergänzt. e) Theodosius Im letzten Kapitel seines Berichts musste der Epitomator ähnlich kompositorische Originalität walten lassen wie in den Passagen, die die Tetrarchie behandeln. Allerdings scheint dies weniger der kompilierenden Verarbeitung einer breiteren komplizierten Erzählung geschuldet zu sein, sondern vielmehr dem Fehlen einer erzählenden Vorlage. Der Epitomator nutzt Anekdoten, die von ihrer ursprünglichen Erzählstruktur her nicht in die theodosianische Zeit gehören, und reichert mit diesen seinen panegyrischen Nachruf auf Theodosius I. an 3. In diesem greift der Epitomator übergeordnete Themen seines Werkes wieder auf, ruft mahnend am Beispiel des Theodosius die Tugenden in Erinnerung, die ein guter Herrscher Da Hieronymus eine Chronik schrieb, teilen er und der Epitomator sich eher Nachrichten über Tod und Regierungsdauer von Kaisern und selbst dort benutzt der Epitomator häufig imperavit, wo Hieronymus regnavit verwendet. Auffälligere Übereinstimmungen mit Hieronymus finden sich zu Epit. Caes. 46,2 und 47,1, vgl. den jeweiligen Komm. zu den Stellen. 2 Es scheint, als wäre die Chronik des Hieronymus kurz nach ihrer Abfassung vornehmlich im direkten Umfeld des Kirchenvaters rezipiert worden, vgl. Ruf. Apol. 2,29; Paul. Nol. Ep. 3,3 (fraglich); Aug. Civ. 18,8. In den 420er Jahren benutzte Orosius die Chronik vor allem für chronologische Angaben. Erst mit Prosper Tiro (433) lässt sich eine umfangreichere Rezeption der Hieronymuschronik nachweisen. Vgl. dazu die Ausführungen von Niklas Fröhlich (in Druckvorbereitung). 3 In 48,2 hat der Epitomator womöglich die Herkunft des Namens Jovians (44,2) zweitverwertet; 48,3 f. ist eigentlich eine Anekdote aus der Herrschaft des Valens, also bevor Theodosius Kaiser wurde, als solche erscheint die Erzählung auch bei Ammian und Zosimos; 48,14 f. gehört zu Berichten über Augustus, wo sie bei Plutarch und späteren byzantinischen Autoren zu finden ist. Dies ist besonders auffällig, da die Epitome die einzige lateinische Quelle ist, die diese Athenodorus-Anekdote überliefert, vgl. den hist. Komm. zu der jeweiligen Stelle. 1

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benötigt, und stellt abermals heraus, wie entscheidend das Studium der historischen exempla – auch der tadelnswerten – für einen guten Princeps ist 1. Die Auswahl der Themen, Anekdoten und exempla ist dabei kaum zufällig, sondern spiegelt den Gesamtanspruch des Epitomators sowie Tendenzen und Diskurse seiner Zeit wieder 2. Womöglich orientierte er sich an der zeitgenössischen Panegyrik. Ebenso hat er sich vermutlich bei den wenigen zeitgeschichtlichen Nachrichten von seinem Umfeld leiten lassen. Diese sind recht kurzgehalten und teilweise fehlerhaft. Sollte er dafür eine schriftliche Vorlage genutzt haben, käme eine chronistische Quelle in Betracht 3. Die Frage nach den (verlorenen) Quellen der Epitome de Caesaribus ist vielschichtig und lässt unterschiedliche Erklärungsmodelle zu. Daher sei über diesen groben Überblick hinaus auf die Detailbesprechungen der einzelnen Stellen im Kommentar verwiesen. 3. Tendenz und Profil Es gibt keinerlei Testimonien über die Person des Epitomators. Daher kann sein Profil nur aus seiner tendenziösen Darstellung der Kaiser und den wenigen Notizen, in denen er selbst hervorzutreten scheint, eruiert werden. Allerdings offenbart sich dabei eine Problematik des Textes, da der Epitomator seine Quellen im Zuge der Kompilation zwar meist umformt, in Teilen aber immer wieder wörtlich wiedergibt 4. Als Beispiel mag die Reflexion über die Notwendigkeit der Bildung für den guten Charakter eines Herrschers dienen (8,6): hi omnes, quos paucis attigi, praecipue Caesarum gens, adeo litteris culti atque eloquentia fuere, ut, ni cunctis vitiis absque Augusto nimii forent, profecto texissent modica flagitia. Der Epitomator scheint hier hervorzutreten, um sein Bildungsideal ausdrücklich zu verdeutlichen, das ansonsten implizit in der Beschreibung der Kaiser und Usurpatoren wirksam ist. Die Bemerkung des Epitomators ist allerdings nicht originell, sondern aus seiner Quelle entnommen, den um 360 n. Chr. verfassten Historiae Abbreviatae des Sex. Aurelius Victor (8,7): Die klassischen römischen Tugenden wie virtus (48,5) modestia (48,9 f.; 10; 13; 16) civilitas (48,9; 18), pietas (48,9), iustitia (48,10), humanitas (48,18) und die Signifikanz der Bildung sowie die Lehren aus der Geschichtsschreibung und den exempla (48,11 f.), vgl. auch den jeweiligen hist. Komm. 2 Vgl. 48,1; 48,5; 48,8 f.; 48,11–14; 48,16–19. 3 Vgl. 48,6 f. und 48,20 mit hist. Komm. 4 Vgl. dazu auch „2. Zu den Quellen“. 1

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hi omnes, quos paucis attigi, praecipueque Caesarum gens adeo litteris culti atque eloquentia fuere, ut, ni cunctis vitiis absque Augusto nimii forent, tantae artes profecto texissent modica flagitia. Das Beispiel 1 zeigt, dass auch bei anderen Stellen, in denen sich der Epitomator positioniert, die Gefahr besteht, dass nicht der Epitomator selbst zu uns spricht, sondern eine (verlorene) Quelle. Gleichwohl lohnt es sich, die Stellen zu betrachten, in denen der Autor räsoniert und auf seine eigene Zeit Bezug nimmt. Denn auch wenn er die eine oder andere Bemerkung nicht selbst formuliert hat, verfolgt er bei deren Aufnahme in seine Biographiensammlung eigene Absichten. Die Epitome hat eine klare didaktische Stoßrichtung, die der Epitomator in seinem Werk sehr früh auch in einem Statement zum Ausdruck bringt. Er begründet seine Darstellung der Biographie des moralisch fragwürdigen Caligula (3,6) folgendermaßen: de quo nescio an decuerit memoriae prodi, nisi forte quia iuvat de principibus nosse omnia, ut improbi saltem famae metu talia declinent 2. Der Epitomator bereitet also seine Rezipienten, unter denen er womöglich auch Herrscher sieht, darauf vor, im folgenden Text mit ,Fürstenspiegeln 3‘ konfrontiert zu werden, und gibt damit zu verstehen, was seiner Auffassung nach die Funktion der historischen Biographie ist: Die lobens- und tadelnswerten Beispiele menschlichen Gebarens und die fama der Herrscher zu bewahren, um gleichzeitig zu belehren und zu

Aurelius Victor führt seine Überlegungen im Folgenden sogar noch weiter aus (8,8): quis rebus quamquam satis constet praestare mores, tamen bono cuique, praesertim summae rectori, utroque, si queat, iuxta opus, sin aliter, vitae proposito immensum progrediente elegantiae satis atque auctoritatis sumat eruditione. Diese Überlegungen hat der Epitomator aus welchen Gründen auch immer gestrichen. Das Beispiel verdeutlicht auch die Arbeitsweise des Epitomators, dazu, besonders im Hinblick auf die ersten elf Kapitel und die Abhängigkeiten zwischen Sueton, der EKG, Aurelius Victor und der Epitome de Caesaribus vgl. Schlumberger, Epitome 17–62. 2 Aur. Vict. 3,5 f. lässt sich in seinen Ausführungen über Caligula ebenfalls zu allgemeinen Äußerungen über den Charakter der Menschen hinreißen, allerdings mit anderen Intentionen und ohne wörtliche Übereinstimmungen mit der Epitome de Caesaribus. Der didaktische Anspruch der Epitome zeigt sich auch deutlich in 48,11: litteris, si nimium perfectos contemplemur, mediocriter doctus; sagax plane multumque diligens ad noscenda maiorum gesta. e quibus non desinebat exsecrari, quorum facta superba crudelia libertatique infesta legerat, ut Cinnam Marium Syllamque atque universos dominantium, praecipue tamen perfidos et ingratos. 3 Den Begriff wählt auch Gauville, Epitome 159. 178 f., dessen Analyse ich in vielen anderen Punkten allerdings nicht folge. 1

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warnen 1. Dabei bedient sich der Epitomator gängiger Topoi und orientiert sich an den traditionellen römischen Tugenden und damit an den Erwartungen, die besonders die Senatsaristokratie an den Kaiser richtete 2. Das Gegenstück zur Reflexion über die mali principes bietet der Epitomator in seinen Ausführungen zu Vespasian (9,16): plura dicere studium coegit imperatoris boni. Trotz dieser scheinbar einfachen Schwarz-WeißDarstellung unterwirft sich der Epitomator genrespezifischen Wahrheitsund Objektivitätsansprüchen, wie sie sich in ausgereifterer Form schon in den suetonischen Kaiserviten finden. Diese sind nicht nur Grundquelle für einige Nachrichten in der Epitome de Caesaribus, sondern haben generell vorbildhaften Charakter für die sehr viel kürzere Biographiensammlung. Immer wieder bietet der Epitomator über das Biographische hinausreichendes profangeschichtliches Material, wobei er gegenüber den außenpolitischen Notizen Angaben zur Innenpolitik privilegiert. Den Anschein von Objektivität evoziert er durch eine ausgewogene Darstellung der meisten Kaiser. Dahinter verbergen sich bisweilen dennoch weitere belehrende Aspekte, bspw. die Erklärung, wie es dem aus bäuerlichen Verhältnissen stammenden Maximinus Daia gelungen sei, dennoch ein guter Kaiser zu sein 3. Die meisten Viten folgen demselben Schema: Sie beginnen zumeist mit Namen und Herkunft (origo) des Kaisers, führen dabei Jahres- und z.T. Monatsangaben über dessen Herrscherdauer an. Anschließend variieren die Nachrichten; häufig werden die mores der Herrscher thematisiert, bevor der Bericht mit dem Tod und dem Alter der Kaiser geschlossen wird 4. Obwohl sich dieses Muster durch den größten Teil des Textes zieht, divergieren die Vgl. zu diesem klassischen Zweck der antiken Geschichtsschreibung U. Walter, Memoria und res publica. Zur Geschichtskultur im republikanischen Rom, Frankfurt 2004, 42–50. Eutrop (Proömium) bezeichnet die exempla berühmter Männer als bestes Lehr- und Lernmaterial für Kaiser und Feldherren (vgl. Bleckmann, Einl. KFHist B 3,7). 2 Dies zeigt sich bspw. deutlich im panegyrischen Nachruf auf Theodosius, in dem die gesellige Tafel und der Umgang des Kaisers mit seinen Freunden – gemeint sind Mitglieder der Reichselite, also Senatoren – gelobt wird. Die Erwartung, dass der Kaiser sich als civilis princeps präsentiert, findet sich prägnant auch bei Eutrop (vgl. Bleckmann, Einl. KFHist B 3,10). Daneben werden iustitia, virtus, clementia und pietas ebenso thematisiert, vgl. den hist. Komm. zu Kap. 48. 3 40,18 f. mit Komm. 4 Die Verhältnisse der zweiten Tetrarchie (Kap. 40) vermag der Autor nicht mehr streng biographisch darzustellen, gänzlich kann er erst im Bericht zu Jovian (Kap. 44) wieder zu seinem Schema zurückkehren, vgl. den hist. Komm. zu den Kapiteln. 1

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einzelnen Viten in ihrer Länge. Die Biographien von Augustus (Kap. 1) bis Elagabal (Kap. 23) sind noch relativ umfangreich 1, die Darstellung des Severus Alexander (Kap. 24) ist schon deutlich kürzer und ab der Zeit der Soldatenkaiser stellen ausführliche Besprechungen der Kaiser bis zur Biographie Diokletians (Kap. 39) die Ausnahme dar. Man gewinnt den Eindruck, dass die Kaiser der frühen und hohen Kaiserzeit dem Epitomator dienen, um seine Ansprüche an die Herrscher vorzustellen, er aber die Zeit der sog. Reichskrise eher als Intermezzo betrachtet und schließlich die Kaiser seiner und der unmittelbar vorangegangenen Generationen an den Augusti der Blütezeit des römischen Kaisertums misst. Besonders deutlich zeigt sich dies im ausdrücklichen Vergleich mit dem optimus princeps Trajan, aber auch Augustus und Hadrian werden für spezifische Analogien herangezogen 2. Wie wichtig die boni principes für den römischen Staat sind, illustriert der Epitomator in einem wiederkehrenden topischen Motiv. In diesem konstatiert er, dass die guten Kaiser wie ein Heilmittel in schwierigen Zeiten gesandt werden 3. Der Topos taucht bezeichnenderweise nur bei Kaisern der hohen Kaiserzeit und bei Theodosius auf, der als Vater der amtierenden Kaiser mit einem panegyrischen Nachruf gewürdigt wird. Auch in diesem letzten Kapitel finden sich Vergleiche mit Trajan und Augustus. Diese „guten“ Kaiser vermag Theodosius nach dem Urteil des Epitomators noch zu übertrumpfen. Ein Charakterzug scheint dem Autor dabei besonders wichtig zu sein und zwar die moderatio im Streben nach gloria. Schon Augustus ermahnt laut dem Epitomator die folgenden Herrscher, keinen Krieg nur aus Ruhmsucht zu beginnen 4. Antoninus Pius

Mit Ausnahmen der kurzen Herrschaft der Kaiser des ersten Vierkaiserjahrs und der des Macrinus und des Diadumenus (Kap. 22). Am ausführlichsten bespricht der Epitomator Augustus, dessen Kapitel dreimal so lang ist wie der durchschnittliche Umfang der Darstellung der übrigen Kaiser. 2 Vgl. 41,13; 42,21; 45,5; 48,8–10; 48,14 f. jeweils mit Komm. Es lässt sich mit dem Bericht über Severus Alexander allerdings auch ein Quellenwechsel feststellen, s. dazu 2. zu den Quellen. 3 9,16; 13,10; 16,2–4; 47,3. 4 Ein weiteres Beispiel wären die dem Augustus in den Mund gelegten Überlegungen zum Streben des Kaisers nach Ruhm, der nie der einzige Grund sein dürfe einen Kriegszug zu beginnen, vgl. Epit. Caes. 1,10–12 mit Suet. Aug. 25,4. Die Ruhmsucht kritisiert der Epitomator noch mehrfach in seinem Text (14,6; 15,6; 41,13; 43,1; 43,7; 48,10). Hierin kann man einen Reflex des von Maier, Palastrevolution postulierten imperator-Dilemmas vermuten, auch wenn der Epitomator es durchaus auch lobt, wenn der Kaiser Krieg führt: (13,4) cumque duo sint, quae ab egregiis principibus exspectentur, sanctitas domi, in armis 1

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und Theodosius halten sich im Gegensatz zu Trajan vorbildlich an diese Maxime. Am meisten wird Julian für seine Gier nach Ruhm kritisiert, der ansonsten (insbesondere für die Zeit als Caesar unter Constantius II.) eine eher wohlwollende Beschreibung erfährt 1. Übertrieben ist nach dem Urteil der Epitome auch die von Julian betriebene Verehrung der traditionellen römischen Kulte. Zugleich erscheint aber Julian als der Kaiser mit der größten Bildung 2. Darin gibt der Epitomator womöglich einen Hinweis auf seinen eigenen Glauben. Er selbst hält sich mit Äußerungen zur Religion zurück, das Christentum taucht kein einziges Mal in seinem Text auf. Dass der Epitomator in der modernen Forschungsgeschichte stets eher als Anhänger der traditionellen römischen Kulte gesehen wurde 3, liegt unter anderem an der Aussparung des Christentums und an der tendenziösen Beurteilung, die er für einige Kaiser vornimmt: Besonders Konstantin wird im Laufe der Erzählung immer negativer charakterisiert 4, was womöglich die fortschreitende Hinwendung des Kaisers zum Christentum oder dessen zunehmende Förderung widerspiegelt. Dagegen werden Christenverfolger wie Decius und Maximinus Daia besonders positiv behandelt. Beide haben außerdem mit Julian gemein, dass sie als besonders gebildet dargestellt werden. Hier wurde mit Recht vermutet, dass der Epitomator Bildung bisweilen im Sinne von „heidnisch[er]“ Bildung versteht bzw. nichts anderes als den paganen Glauben meint 5. Für Förderer und Anhänger des Christentums unter den Kaisern ist der Fall weniger eindeutig, da die christlichen Kaiser ab Konstantin in ambivalenter Form beschrieben werden, um vermeintlichen historischen Objektivitätsansprüchen zu genügen. Konstantin selbst wird zum Beispiel durchaus Affinität zur literarischen Bildung bescheinigt. Ein anderes Thema, das bei diesem Kaiser evoziert wird, könnte dennoch auf fortitudo, utrobique prudentia; (48,5) fuit autem Theodosius propagator rei publicae atque defensor eximius. 1 1,10; 15,6; 43,1–3 und 7 f.; 48,10. 2 Vgl. 43,5 und 7 mit Komm. 3 Vgl. die Argumentation bei Schlumberger, Epitome, bes. 245 und Festy, Abrégé XLVIII f.; zuletzt Schmidt, Libellus 595. 4 Epit. Caes. 41,16. 5 Bleckmann, Epitome 142 Anm. 9. Die Parallelisierung zum eigentlich panegyrisch dargestellten Theodosius mag Ursache dafür sein, dass dem optimus princeps Trajan keine höhere Bildung bescheinigt wird. Der weise Umgang des letzteren mit seiner vinolentia, der von Aur. Vict. 13,10 vermerkt wird, wird vom Epitomator auf Maximinus Daia gemünzt, vgl. 40,18 f. mit Komm.

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dessen Nähe zum Christentum hindeuten: Der Epitomator vergleicht Konstantin sowie seinen Sohn Konstantin II. mit Räubern und behauptet, Philippus Arabs stamme von einem Räuber ab. Philippus Arabs wird aber in einer verbreiteten Tradition für den ersten christlichen Kaiser gehalten und geht darin Konstantin und seinem Sohn voraus. Womöglich assoziiert der Epitomator dies mit dem spätantiken Gebrauch des Begriffs latro, der fremdartige Herrscher mit usurpatorischem und tyrannischem Gebaren definiert 1. Nicht nur die Abstammung des Philippus Arabs wird detailliert erörtert, auch sein Tod ist in der Epitome auf außergewöhnlich drastische Weise beschrieben. Dies hängt sicherlich mit der Vorliebe des Epitomators für die Todesarten von Kaisern zusammen. Die Singularität und Ausschmückung einiger dieser Nachrichten lassen allerdings auf ein tieferes, vielleicht medizinisches Interesse schließen 2. Der Epitomator offenbart weitere Präferenzen. Durch den Fokus auf einzelne Persönlichkeiten, erwähnt er eher Auseinandersetzungen mit Usurpatoren als militärische Kampagnen oder Schlachten. Ebenso zeichnet er sich wegen dieses Schwerpunkts immer wieder durch die Überlieferung von Namen und Beinamen der Kaiser aus, die teilweise besonders qualitätsvolles Material zu enthüllen scheinen, aber auch Rätsel aufgeben 3. Insgesamt lässt sich die Epitome de Caesaribus ähnlich wie die Breviarien des 4. Jh. in einer literarischen Tradition mit senatorischem

Grünewalds Begriffsdefinition für die latrones in der Spätantike trifft auf die Epitome bezogen nur bedingt zu, vgl. 28,4; 41,16; 42,21 mit Komm. Vgl. zu der gemeinsamen Negativdarstellung von Philippus Arabs und Konstantin im Kontrast zu den Tetrarchen Bonamente, Minor Latin Historians 103, der darin ebenso ein Indiz dafür sieht, dass der Epitomator eher den traditionellen römischen Kulten anhing. 2 Besonders 12,8; 25,2; 28,2; 42,6. Auch der Vergleich zwischen der Staatskasse und der Milz deutet darauf hin, s. 42,21. 3 Neben geläufigen Cognomina wie Caligula (3,2) oder Caracalla (21,2) hat der Epitomator einige nur aus ihm bekannte Namen (29,5 [Lucinianus]; 30,2 [Perpenna]; 32,1 [Colobius]; 34,2 [Gallonius Basilius]; 34,3 [Pomponius Bassus]; 35,1 [Aurelius]; 36,2 [Equitius]; 37,1 [Dalmatius]; 39,1 [Dioclea]; 40,18 [Daza/Daca]; 41,3 [Crocus]; 41,5 [Hiulca]; 41,22 [Chrestius]; 42,20 [Adamantia und Gorgonia]; 48,1 [Thermantia]). Ebenso bietet er Namen, die sonst nur epigraphisch und numismatisch belegt sind ([30,18 [Vibius/Virius]; 32,3 [Cassius Labienus]; 40,16 [Romuliana]; 42,12 [Claudius]; 42,21 [Pompeia]). Ein paar Namen und Beinamen teilt sich der Epitomator nur mit späten Byzantinern (25,1 [Thrax]; 41,16 [Trachala]). Für die verschiedenen Erklärungsmöglichkeiten der Namen vgl. die jeweiligen Kommentare. 1

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Blickwinkel verorten 1, die allerdings einen noch engeren biographischen Zuschnitt hat als ihre Gattungsgenossen 2. Dabei ist der Epitomator kein exponierter Selbstdarsteller, sondern fokussiert sich auf seine pädagogische Agenda und auf sein Material. Durch dessen Epitomierung und Neuordnung gehen im Text des Autors exzellente Informationen und historisches Sondergut Hand in Hand mit erstaunlichen Sachfehlern und offenkundigen Verfälschungen seines Stoffes. II. Bemerkungen zum Text 1. Handschriftliche Überlieferung Die Epitome de Caesaribus war im Mittelalter weit verbreitet und ist, ähnlich wie Eutrop, in zahlreichen Handschriften erhalten. 3 Bevor die für die Textkonstitution wichtigen Handschriften einzeln kurz beschrieben werden sollen, ist vorab die Verwendung der Handschriftensiglen grundsätzlich zu klären: Festy behält in seiner Ausgabe der Epitome griechische Minuskeln als Siglen für die bereits von Pichlmayr in dessen Ausgabe berücksichtigten Hss. bei. Für die von Festy neu kollationierten Hss. hat dieser, gemäß den noch offenen Möglichkeiten, auf lateinische oder griechische Minuskeln zurückgegriffen (z. B. c und ξ), vgl. Festy, Abrégé LXVIII Anm. 119. Bei Pichlmayr und Festy werden griechische Minuskeln für individuelle, noch existierende Hss. verwendet; lateinische Großbuchstaben hingegen als kollektive Siglen für Hyparchetypen. Dieses Verfahren ist konträr der von Martin West, Textual Criticism, 74 f. empfohlenen und seitdem in vielen kritischen Textausgaben angewandten Praxis. Außerdem präsentiert Festy die indirekte Überlieferung in gleicher Dieser offenbart sich über den ganzen Text verteilt. Ein anschauliches Beispiel ist der geradezu sallustsche Ausspruch des Senators Arrius Antoninus, in dem die Epitome Kritik an der Monarchie, aber auch dem Verhalten der kaiserzeitlichen Senatorenschaft wiedergibt (12,3): qui cum in curiam a senatu gratanter exceptus esset, solus ex omnibus Arrius Antoninus, vir acer eique amicissimus, condicionem imperantium prudenter exprimens, amplexus eum gratulari se ait senatui et populo provinciisque, ipsi autem nequaquam, cui satius fuerat malos semper principes eludere quam tanti oneris vim sustinentem haud molestiis modo et periculis subici, sed famae etiam inimicorum pariter et amicorum, qui cum se mereri omnia praesumant, si quicquam non extorserint, atrociores sunt ipsis quoque hostibus. 2 Vgl. Festy, Abrégé L. 3 Neben den 19 bekannten hält Festy, Abrégé LXVII die Existenz weiterer Hss. für möglich. 1

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Weise wie die Lesarten der direkten Hss.-Überlieferung, indem z. B. π für Paulus Diaconus steht. Dies führt zu einer gewissen Unübersichtlichkeit des Apparats. Die Nachteile dieses Verfahrens wiegen schwer, vor allem für gelegentliche Benutzer, vgl. Barnes, Epitome 2002, 25–27 und Stover, Epitome 268 Anm. 1. Daher soll die vorliegende Neuausgabe für eine Umbenennung der Siglen genutzt werden. Um dennoch eine gewisse Kontinuität gegenüber den Vorgängerausgaben zu gewährleisten, wird bei der Neubenennung der Siglen nach folgendem Prinzip verfahren: Die von Festy für die Hyparchetypen verwendeten lateinischen Majuskeln werden zu griechischen Minuskeln; die für die existierenden Handschriften verwendeten griechischen und lateinischen Minuskeln werden nach Möglichkeit zu den entsprechenden lateinischen Majuskeln. Die Träger der indirekten Überlieferung werden statt mit griechischen Minuskeln mit abgekürzten Namen zitiert, also z. B. Paul. statt π. Die „Erklärung der Siglen“ ermöglicht einen schnellen Überblick. Zu beachten ist, dass die von Pichlmayr verwendete Bezeichnung der Handschriftenklassen mit A, B, C und D in dem neuen System, wie bereits bei Festy, keine Rolle mehr spielt. Die Sigle λ wird eingeführt für den Hyparchetypen der Handschriften der vulgärlateinischen Fassung und ist nicht zu verwechseln mit Festys Sigle für den Urbinas 411. Bei der folgenden Beschreibung der Hss. wird in Klammern jeweils Festys Sigle angegeben. Für die vorliegende Textausgabe wurde aus Gründen der Ökonomie keine systematische Kollation aller Handschriften vorgenommen, wohl aber eine flächendeckende Überprüfung besonders strittiger Stellen. Aufgrund der Tatsache, dass die meisten Hss. mit den zugehörigen Informationen digital zugänglich sind, sollen im folgenden nur die nötigsten und für die Einschätzung der Überlieferungslage oder die Textkonstitution relevanten Angaben gemacht werden. A (α) Guelferbytanus 4388 (Gudianus Lat. 84), fol. 66r–93v, Mitte des 9. Jh., Herkunft unbekannt, von Arntzen (1733) und Gruner (1757) in ihren Ausgaben zugrundegelegt, ist die älteste und wohl beste der erhaltenen Hss., einzusehen unter: https://tinyurl.com/tf3qaut. B (β) Guelferbytanus 4435 (Gudianus Lat. 131), fol. 138r–156r, 11. Jh., Herkunft unbekannt, erstmals von Gruner herangezogen (der Katalogeintrag bei Milchsack ist einzusehen unter: https://tinyurl.com/uzpdy7g). Ein Digitalisat liegt nicht vor, aber ein Graustufenscan wurde von der HerzogAugust-Bibliothek Wolfenbüttel zur Verfügung gestellt und konnte zur Überprüfung herangezogen werden. Schon Pichlmayr stellt fest, dass die

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Lateinkenntnisse des Schreibers nicht gut waren (z. B. 23,7 ex res quae acciderant). Die Schrift ist recht nachlässig; es könnten auch mehrere Hände beteiligt gewesen sein. C (c) Parisinus Latinus 6121, fol. 2r–38r, 10. Jh., ist identisch mit dem Codex Pithoei, den Schott seiner Ausgabe von 1579 zugrundegelegt hat und der – noch von Pichlmayr in der Praefatio zu seiner Ausgabe, XVIII Anm. 30, und Schlumberger, Epitome 4 Anm. 27 als verloren erklärt – von Festy, Abrégé LXVIII wieder herangezogen wurde, 1 einzusehen unter: https://tinyurl.com/u2vs5th. E (ε) Parisinus Regius 4955, fol. 17r (16,2 Romani)–21v (48,3 cuius nomen), Anfang 13. Jh., eng verwandt mit Z und J, aber von besserer Qualität, unvollständig, beginnt mit 16,2 Romani und endet 48,3 cuius nomen, einzusehen unter: https://tinyurl.com/w9563tq. F (f) Parisinus Latinus 6810, fol. 37v–48r, 10. Jh., erstmals von Festy herangezogen und von ihm als eine der besseren Hss. geschätzt, einzusehen unter: https://tinyurl.com/vxqek2h. G (γ) Mediceus pluteus 66,39, fol. 1r–20r, 12. Jh., Vorlage für den Bernensis 104, 14. Jh. (der die Sigle δ bei Pichlmayr trägt und von Festy als Abschrift nicht mehr berücksichtigt wird, vgl. Festy, Abrégé LXVIII Anm. 121). G ist gekennzeichnet durch Auslassungen und irrtümliche Lesungen (z. B. 1,21 studiosimus), einzusehen unter: https://tinyurl.com/ugc7544. H (h) Augustodunensis BM 39 (S 42), fol. 65v–79v, 11. Jh., unvollständig, endet mit 48,10 continentiae2, einzusehen unter: https://tinyurl.com/tzax23g. I (ι) Vaticanus Latinus 3343, fol. 101r–125v (48,16 melior haud dubie), erste Hälfte 9. Jh. nach B. Bischoff, Katalog der festländischen Handschriften des 9. Jh., Teil III, Wiesbaden 2004, Nr. 6876. Laut Stover, Epitome 268 gehört die Hs. in die zweite Hälfte des 9. Jh. Sie ist Festy, Abrégé LXIX zufolge wahrscheinlich französischen Ursprungs. Zu Recht charakterisiert Stover, Epitome 270 unter Anführung einiger Belege den Schreiber von I als einerseits nachlässig, andererseits phantasievoll darin,

Als Beispiele für Festys Argumentation, dass von Schott angeführte Lesarten aus dem Codex Pithoei mit der Hs. C übereinstimmen, seien Rethos (1,6) und dignisque (11,6) angeführt. 2 V. von Bueren, Une edition critique de Solin au IXe siècle, Scriptorium 50 (1996) 69 nimmt an, H sei eine Kopie von F. Dies bestreitet Festy, Abrégé LXIX Anm. 122, da H zahlreiche Lesarten mit G gegen F habe (z. B. 16,1 antonius; 39,1 anuli). 1

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eigene Ergänzungen und Korrekturen vorzunehmen. Die Hs. ist einzusehen unter: https://tinyurl.com/wxt4a3x. J (η) Leidensis Vossianus Latinus F 96, fol. 15r–23r, 11. Jh., aus der Abtei von Fleury stammend. Die Hs. ist mit dem Floriacensis Schotts identisch, vgl. Festy, LXIX Anm. 123. Von I existieren sechs Abschriften aus dem 15. Jh. 1: K (κ) Mediceus pluteus 64,36, fol. 31r–49r, einzusehen unter: https://tinyurl.com/w4lha7j. L (λ) Vaticanus Urbinas 411, fol. 14v–45r, einzusehen unter: https://tinyurl.com/w6bnf8v. M (μ) Vaticanus Ottobonensis Latinus 1223, fol. 3r–27v, einzusehen unter: https://tinyurl.com/qm4jg3k. O (ο) Vaticanus Ottobonensis Latinus 1507, fol. 52r–71v, einzusehen unter: https://tinyurl.com/t8pkd69. Th (θ) Neapolitanus IV C 36, als Kopie von X nicht von Bedeutung. X (ξ) Vaticanus Latinus 6800, fol. 73r–87v, einzusehen unter: https://tinyurl.com/tf4x54l. Obwohl es sich bei diesen späteren Hss. um Abschriften von I handelt, sind sie von Interesse, da I verstümmelt auf uns gekommen ist (der obere Teil von fol. 124 wurde beschädigt, so dass die §§ 19, 20, 23, 24 und 25 des 41. Kapitels nur zum Teil lesbar sind). Außerdem fehlt der Text von 42,5 et ut in bis 48,6 patre und von 48,16 quod est bis zum Ende. Insgesamt ist I wegen Flecken schwer zu entziffern. Deshalb wird zur Rekonstruktion des Textes gelegentlich auf die besseren Abschriften von I, nämlich M und X, zurückgegriffen. Z (ζ) Bernensis 120, fol. 59r–74v, 11. Jh., Herkunft aus der Abtei SaintMesmin de Micy. Festy, Abrégé LXIX und LXXXIII Anm. 164 hält Z und J für Abschriften einer gemeinsamen verlorenen Vorlage (z. B. 8,6 dediti; 13,7 scribere; 29,5 lucianus), einzusehen unter: https://tinyurl.com/tgj6c2q. Außer den Hss., die größtenteils den vollständigen Text der Epitome des Caesaribus überliefern, findet sich nach B. Bischoff, Katalog der festländischen Handschriften des 9. Jh., Teil III, Wiesbaden 2004, 349 unter „Pseudo-Aurelius Victor, Epitoma“ als Nr. 5992 das Fragment 26 der Stadtbibliothek Soest. Es stammt aus der 2. Hälfte des 9. Jh., vermutlich aus Frankreich (vgl. den Eintrag bei Bernd Michael, Die mittelalterlichen Handschriften der wissenschaftlichen Stadtbibliothek Soest, Wiesbaden

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Zu den verschiedenen Graden der Abschriften s. Festy, Abrégé LXX f.

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1990, 249). Es handelt sich um insgesamt vier als Einband verwendete Blattstreifen, welche Teile aus den Kapiteln 10–13 der Epitome de Caesaribus enthalten. 1 Die ohne Beachtung von Wortgrenzen beschnittenen Streifen enthalten jeweils 19 Zeilen von jeweils circa 10 Buchstaben. Gegenüber den anderen älteren Textzeugen lassen sich keine neuen Lesarten gewinnen. Die Schreibweise clinopalen (11,7) und καλῶϲ (13,10) deckt sich mit der der übrigen Hss. (s. den textkritischen Apparat zur jeweiligen Stelle und unten, S. 119 zur Orthographie griechischer Wörter). 2 Die von Pichlmayr vorgenommene Einteilung der Handschriften in die Klassen A, B, C und D (nicht zu verwechseln mit den neuen Hss.-Siglen der vorliegenden Ausgabe) spielt nun zwar keine Rolle mehr, soll aber trotzdem hier kurz skizziert werden, da die ältere Sekundärliteratur darauf basiert. Die Handschriften (mit ihren neuen Siglen) verteilen sich folgendermaßen auf Pichlmayrs Klassen (in Fettdruck): A umfasst die Hss. A und B; B die Hss. G und D; C enthält die Hss. EZJ; D enthält die Hs. I und die davon abhängigen Hss. K, L, M, N, Th. Diese Einteilung wird von Festy, Abrégé LXX f. mit den folgenden Argumenten verworfen: Die Hss. A und B könnten keine eigene Klasse bilden, da B und I gemeinsame Lesarten gegen A haben. Die Hss.-Klasse B besteht allein aus G, weil D eine bloße Abschrift von G ist, vgl. Festy, Abrégé LXVIII Anm. 121. Die Klasse D besteht ausschließlich aus I und Abschriften von I. Bei seiner Kritik an Pichlmayr lässt Festy außer acht, dass zwischen den Hss. B und I zwar eine gewisse Nähe besteht, aber durch Bindefehler wie die Lücke in 1,24 oder ialitina

Herr Dr. Norbert Wex und Frau Dipl.-Bibl. Claudia Davidts vom Stadtarchiv Soest haben freundlicherweise ein Digitalisat zur Verfügung gestellt. 2 Missverständlich ist die Zuweisung eines Fragments Hs. 411,3,1 der Universitätsbibliothek Freiburg (einzusehen unter: tinyurl.com/yhzjr5p5). Der als Einbandmakulatur verwendete Teil eines Blattes einer Hs. aus der 2. Hälfte des 12. Jh. wird von Winfried Hagenmeier, Die lateinischen mittelalterlichen Handschriften der Universitätsbibliothek Freiburg im Breisgau (Band 1, Teil 3), Wiesbaden 1980, 187 als „stark erweiterte Bearbeitung“ von Ps. Sextus Aurelius Victor, Epitome de Caesaribus bezeichnet. Es handelt sich in Wirklichkeit um Teile aus Kap. 11,17–22 der Historia Miscella des Landolfus Sagax, der einzelne Passagen aus der Epitome de Caesaribus verwendet hat. Gegenüber dem entsprechenden Text in der Landolfus-Ausgabe von Crivellucci (282,6–286,14) finden sich einige Abweichungen, allerdings keine, die für die Textgestaltung der Epitome de Caesaribus von Bedeutung wäre. 1

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statt palatina in 14,11 eine Zusammengehörigkeit der Hss. B und A konstatiert werden muss, die Festys stemmatische Einteilung der Hss. als genauso problematisch erscheinen lässt wie die Pichlmayrs. 1 Der Titel Libellus de vita et moribus imperatorum breviatus ex libris Sexti Aurelii Victoris a Caesare Augusto usque ad Theodosium, den die Hss. ABCFGFHIJ mit leichten Variationen bieten, ist nicht echt und vermutlich die Erfindung eines spätantiken oder frühmittelalterlichen Schreibers, der die Epitome de Caesaribus als Exzerpt aus Aurelius Victor bezeichnet und dabei die Tatsache verkennt, dass Aurelius Victor fast nur für die ersten elf Kapitel die Vorlage geliefert hat, vgl. Schlumberger, Epitome 4 f. und Festy, Abrégé VIII–XII. Festy, Abrégé X f. hält es für möglich, dass im ursprünglichen Titel neben Aurelius Victor die Verfasser weiterer Quellen der Epitome de Caesaribus angeführt wurden. Die Bezeichnung Epitoma wurde erstmals von Andreas Schott in der Einleitung zu seiner Ausgabe von 1579 verwendet und hat sich, wenn auch zunächst im Zusammenhang mit der irrtümlichen Zuweisung der Schrift an Aurelius Victor, als dennoch den Charakter der Schrift treffende Bezeichnung eingebürgert, vgl. Schlumberger, Epitome 5–7. Deswegen wird die vorliegende Ausgabe unter Modul D 3 mit dem nicht authentischen, aber praktikablen Titel Epitome de Caesaribus geführt. Jegliche Nennung eines möglichen Verfassernamens, auch des von Festy so genannten „Pseudo-Aurelius Victor“, ist irreführend, vgl. Schlumberger, AntTard 8 (2000) 396. 2 Neben der direkten Handschriftenüberlieferung ist die indirekte Überlieferung für die Textgeschichte der Epitome de Caesaribus von großer Bedeutung. Deren Zeugen werden im folgenden in chronologischer Reihenfolge beschrieben. 3 Dabei ist zu beachten, dass nicht in allen Fällen in der Forschung Einigkeit bezüglich der direkten Abhängigkeit des indirekten Zeugen von der Epitome de Caesaribus herrscht. Die einschlägige Literatur wird jeweils angeführt. Die Angabe im apparatus testium bedeutet weder, dass die Abhängigkeit des indirekten Zeugen von der Epitome de Caesaribus völlig gesichert ist, noch, dass der Text der

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Das Verhältnis der Hss. untereinander wird ausführlich unter 3. Zur Textkonstitution und Anlage des kritischen Apparats behandelt. 2 Wenn es als sinnvoll erscheint, vom Verfasser des Werks zu sprechen, ist im folgenden der Einfachheit halber vom „Epitomator“ die Rede. 3 Festy, Abrégé LX–LXXXVI gibt einen ausführlichen Überblick über die Geschichte der indirekten Überlieferung der Epitome de Caesaribus.

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Epitome de Caesaribus in der indirekten Bezeugung unverändert übernommen wurde. Sofern der genaue Wortlaut von Interesse für die Textgestaltung ist, wird er im textkritischen Apparat ausdrücklich zitiert. Orosius hat für seine um 416/17 entstandenen Historiae adversum paganos auch aus der Epitome de Caesaribus geschöpft, vgl. J.-P. Callu, La première diffusion de „L’Histoire Auguste“ (in: Bonner Historia Augusta Colloquium 1982/1983, Bonn 1985) 104 Anm. 49 und M. Festy, Abrégé LXI. Die Anzahl der von Festy, Abrégé LXI Anm. 96 angeführten Stellen bei Orosius, die aus der Epitome de Caesaribus stammen, ist durch P. van Nuffelen, Orosius and the Rhetoric of History (2012) 105–109 erweitert worden. Van Nuffelen selbst weist allerdings auf die Problematik hin, dass bei einigen dieser Stellen der von Orosius ebenfalls benutzte Hieronymus und die Epitome de Caesaribus eine große Ähnlichkeit des Vokabulars aufweisen, was auf ihre gemeinsame Abhängigkeit von der Enmannschen Kaisergeschichte zurückzuführen ist. Um den Testimonienapparat der Epitome nicht über Gebühr zu belasten, werden derartige Stellen dort nicht sämtlich angeführt. Ein Beispiel soll zur Illustration dienen: Epit. Caes. 47,2 (hic apud Argentariam, oppidum Galliae, triginta milia Alamannorum in bello exstinxit) findet einen Widerhall in Oros. hist. 7,33,8 (Gratianus … et continuo apud Argentariam, oppidum Galliarum, formidulosissimum bellum incredibili felicitate confecit. nam plus quam triginta milia Alamannorum minimo Romanorum detrimento in eo proelio interfecta narrantur). Die entsprechende Stelle Hier. chron. a. 377 (Helm 248f) lautet: Alamannorum XXX circiter milia aput Argentariam, oppidum Galliarum, ab exercitu Gratiani strata. Orosius könnte hier ausschließlich aus Hieronymus geschöpft haben. Allerdings erscheint Gratian bei Orosius wie in der Epitome de Caesaribus als syntaktisches Subjekt, wobei diese syntaktische Umstellung auch von Orosius selbständig hätte vorgenommen werden können. Letzte Sicherheit ist in dieser Frage nicht zu erlangen. Die Gallische Chronik von 511 enthält einige Stellen, die laut Festy, Abrégé LXI Anm. 98 auf eine Kenntnis und Benutzung der Epitome de Caesaribus schließen lassen. Der Vollständigkeit halber werden diese Stellen im Testimonienapparat angeführt. Festys These, dass die Epitome de Caesaribus eine Quelle für die Gallische Chronik von 511 darstellt, überzeugt jedoch bei näherer Prüfung nicht: Wenn Epit. Caes. 10,9 (quadam etiam die recordans vesperi nihil se illo die cuiquam praestitisse venerando caelestique dicto „amici“, ait, „hodie perdidimus diem“) in Chron. Gall. (511) 329 (hic recordatus in cena nihil se illo die praestitisse dixit: amici,

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hodie diem perdidimus) eingegangen zu sein scheint, so ist zu berücksichtigen, dass auch bei Suet. Tit. 8,1 (atque etiam recordatus quondam super cenam, quod nihil cuiquam toto die praestitisset, memorabilem illam meritoque laudatam vocem edidit: „amici, diem perdidi.“) und Eutr. 7,21,3 (praeterea, cum quadam die in cena recordatus fuisset nihil se illo die cuiquam praestitisse, dixerit: „amici, hodie diem perdidi“.) die gleiche Episode mit vielen wörtlichen Übereinstimmungen berichtet wird. Vor allem entspricht Chron. Gall. (511) 329 dem Wortlaut von Hier. chron. 198a (Titus … fuit et tantae bonitatis, ut, cum quadam die recordatus fuisset in cena nihil se in illo die cuiquam praestitisse, dixerit: amici, hodie diem perdidi.). Festys Argument, dass nur die Gallische Chronik von 511 den Plural perdidimus (im Unterschied zum Singular perdidi in den anderen Quellen) mit der Epitome gemeinsam habe, beruht auf einem Fehler in Mommsens Ausgabe. 1 Die Annahme des Einflusses von Epit. Caes. 42,15 (hic a militibus Gallicanis Augustus pronuntiatur) auf Chron. Gall. (511) 487 (Iulianus a militibus Augustus appellatur) wird lediglich durch a militibus und die Präsensform des Prädikats gestützt, und die Ausdrucksweise ist nicht spezifisch genug, um den direkten Einfluss zweifelsfrei zu beweisen. 2 Bei Marcellinus Comes liegt laut Festy, Abrégé LXIII lediglich eine durch Symmachus vermittelte indirekte Kenntnis der Epitome vor. Dagegen belegt R. Jacobi, Adnoten 126–29 überzeugend, dass ein direkter Einfluss der Epitome auf Marcellinus Comes anzunehmen ist. In den Romana des Jordanes finden sich einzelne Partien der Epitome de Caesaribus fast wörtlich wieder, vgl. Schlumberger, Epitome 246–48, Festy, Abrégé LXI Anm. 99 und Galdi, Jordanes 140 Anm. 8. Festy, Abrégé LXIII nimmt allerdings ebenso wie Schlumberger an, dass Jordanes diese Stellen nicht direkt aus der Epitome abgeschrieben hat, sondern aus dem Werk des Symmachus. Dagegen vermutet Galdi, Jordanes 21 f. eine direkte Abhängigkeit. 3 Umstritten ist die Frage des Einflusses von Epit. Caes. 1,28 (utinam aut non nasceretur aut non moreretur) auf Johannes Lydus Mag. 2,3 (utinam Diesen wichtigen Hinweis verdanke ich Niklas Fröhlich. Der Codex Matritensis 134 als codex unicus der Gallischen Chronik von 511 hat eindeutig den Singular perdidi (s. Mommsen in Addidamenta z. St., Chron. Min. I p. XII). 2 Dies gilt auch für alle anderen von Festy angeführten Stellen aus der Gallischen Chronik, vgl. Stover / Woudhuysen, Jordanes 175 f. 3 Näheres s. unter 6. Sprachliche Aspekte der Datierung. 1

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nec natus nec mortuus fuisset) und die Bedeutung der Verwendung des Ausdrucks magister officiorum (Epit. Caes. 41,6) in Mag. 2,25. Cohn, Quibus ex fontibus 64, Schlumberger, Epitome 28 f. und 286 sowie Festy, Abrégé 188 Anm. 11 bestreiten einen direkten Einfluss der Epitome, während D’Elia, Studi 24 und Baldwin, Byzantion 65 (1995) 527 einen solchen annehmen. In jedem Fall handelt es sich hier um zwei vereinzelte und unsichere Anklänge. Paulus Diaconus ist von besonderer Bedeutung für die Textgestaltung der Epitome. 1 In seiner im zweiten Drittel des achten Jahrhunderts verfassten Historia Romana 2 überarbeitete und ergänzte er das Breviarium ab urbe condita des Eutrop unter anderem mit einigen Zusätzen aus der Epitome de Caesaribus 3. Das ihm vorliegende Exemplar war älter als die ältesten uns erhaltenen Handschriften. Sofern seine Textvarianten für die Textgestaltung der Epitome de Caesaribus von Bedeutung sind, wird im textkritischen Apparat die betreffende Paulus-Hs. zitiert oder die Angabe cum nonnullis Pauli codd. gemacht. Zwei Stellen aus der Epitome de Caesaribus sind von Paulus in seine Schrift Historia Langobardorum übernommen worden, vgl. Festy, Abrégé XI Anm. 13. Diese werden im Testimonienapparat der vorliegenden Ausgabe mit HL bezeichnet. Ohne Zusatz angeführte Stellen stammen aus der Historia Romana. Landolfus Sagax verfasste um das Jahr 1000 die seit der editio princeps von 1569 zur Unterscheidung vom Werk des Paulus so genannte Historia Miscella, in der er die Historia Romana des Paulus fortsetzt, überarbeitet und in viel größerem Maße als sein Vorgänger Ergänzungen aus dem ihm vorliegenden Exemplar der Epitome de Caesaribus vornimmt. Die bei ihm erhaltenen Textvarianten haben einen eigenen Überlieferungswert. 4 Die Eine detaillierte Würdigung der indirekten italienischen Überlieferung (so bezeichnet nach Festy, Abrégé LXXIII), die durch Paulus, Landolfus und die vulgärlateinische Fassung repräsentiert wird, erfolgt unter 3. Zur Textkonstitution und Anlage des kritischen Apparats. 2 Zur Datierung und handschriftlichen Überlieferung der Historia Romana des Paulus Diaconus vgl. Groß, Einl. zu Eutrop, KFHist B 3, 24 Anm. 3 und 4. 3 An einzelnen Stellen kann es zweifelhaft sein, ob Paulus Eutrop oder der Epitome de Caesaribus folgt. Im Falle von Epit. Caes. 39,1 schließt Festy, Abrégé LXXIV Anm. 135 aus der Tatsache, dass die fehlerhafte Namensform Anuli außer bei Paulus auch in den beiden Hss. G und H der direkten Überlieferung erscheint, darauf, dass Paulus hier die Epitome statt Eutrop als Vorlage herangezogen hat. (vgl. phil. Komm. z. St.). 4 D’Elia, Quos Epitomes 43 nimmt an, dass das dem Landolfus vorliegende Exemplar mit dem, das Paulus vorlag, identisch oder zumindest eine Abschrift davon war. 1

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Angaben aus der Epitome de Caesaribus sind nicht nur in den Haupttext der Historia Miscella, sondern auch in einen Anhang zu den Regierungszeiten 1 eingegangen, vgl. Festy, Abrégé LXXV Anm. 138. Diese Übernahmen in den Anhang werden nicht einzeln im Testimonienapparat verzeichnet (z. B. Epit. Caes. 23,1 annos II et menses octo.) Eine Sonderstellung innerhalb der indirekten Überlieferung nimmt die vulgärlateinische Fassung der Epitome de Caesaribus ein. Da sie den Text in der gleichen Reihenfolge fortlaufend paraphrasiert, ist sie nicht eigens in den Testimonienapparat aufgenommen worden, aber auffällige Abweichungen des Textes werden im app. crit. notiert. Freculf von Lisieux nahm Teile der Epitome de Caesaribus in seine im Jahre 829 verfasste Weltchronik auf, vgl. Festy, Abrégé LXXII. Laut Allen, Frechulfi opera omnia (2002) 1,201 lag ihm eine Handschrift vor, die eine gewisse Nähe zur Hs. B der Epitome de Caesaribus aufweist. Allerdings sind entgegen Allens Angabe, dass Freculf zahlreiche Lesungen ausschließlich mit B teile, diese Stellen weder häufig noch besonders aussagekräftig (z. B. provincias [Epit. Caes. 1,6]; hic vero [Epit. Caes. 4,3]). Sedulius Scotus übernahm einzelne Stellen aus der Epitome de Caesaribus in sein Collectaneum Miscellaneum. Laut Festy, Abrégé LXXIII Anm. 130 stützten sich Freculf und Sedulius auf zwei nahe verwandte Manuskripte. Ein Anzeichen dafür sei die Schreibweise Helius (Epit. Caes. 14,1), ein anderes die Auslassung von atque (Epit. Caes. 21,4). Die maßgebliche Ausgabe des Sedulius Scotus von D. Simpson ist hinsichtlich der Quellenangaben nicht vollständig; so fehlt die Angabe Epit. Caes. 10,6 zu Sed. 80,10,4 (327,10 sq.) 2. Als letzten Zeugen der Epitome de Caesaribus führt diese Ausgabe Helgaud von Fleury (11. Jh.) an, der einige Stellen in seiner Epitoma Vitae Regis Rotberti Pii zitiert, vgl. Festy, Abrégé LXV. 2. Die neuzeitlichen Drucke und modernen Editionen Die editio princeps des Laurentius Abstemius, Bibliothekar beim Herzog von Urbino, erschien 1504 in Fano in der Druckerei des Hieronymus Soncinus. Festy weist darauf hin, dass entgegen der lange Zeit herrschenden Abgedruckt im 2. Band von Crivelluccis Ausgabe, 292–98. Vgl. die Rezension von B. Löfstedt, AClass 32 (1989) 111–117, der darauf verweist, dass Simpson nur für etwa die Hälfte der Exzerpte des Sedulius die entsprechenden Quellen verzeichnet hat. Die oben genannte fehlende Angabe findet sich in dem Supplementum zu Simpsons Ausgabe von F. Dolbeau, 34. 1

2

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Ansicht, die editio princeps basiere auf einem verlorenen, nahe mit B verwandten Manuskript, diese vielmehr mit ziemlicher Sicherheit auf dem Vaticanus Latinus 6800 (X) beruht, vgl. Festy, Abrégé LXXXVII Anm. 167. Diese Hs. ist eine Abschrift der Hs. I. Im gleichen Jahr wie die editio princeps erschien die Ausgabe des Dominikaners Iucundus. 1 Laut Stover, Epitome 270 ist es eine Art historischer Zufall, dass die auf einer Abschrift der Hs. I basierende editio princeps des Abstemius mehr Bedeutung für die Textgeschichte erlangte als die Ausgabe des Iucundus, der die Handschrift G zugrundelag. Andreas Schott gab 1579 bei Plantin und Moretus in Antwerpen die Epitome de Caesaribus im Rahmen einer Ausgabe der Werke des Aurelius Victor heraus. Er benutzte für seine Ausgabe die editio princeps des Abstemius, die Hss. C und J (außerdem eine ihm von Cujas zugesandte, inzwischen verlorene Hs.) und die Ausgabe des Iucundus. Schotts Edition enthält wertvolle kritische Anmerkungen, und zahlreiche wichtige Korrekturen und Konjekturen gehen auf ihn zurück. In der Folge übernahmen Fr. Sylburg (Frankfurt 1588), J. Gruter (Hannover 1611), A. Dacier (Paris 1681) und S. Pitiscus (Utrecht 1696) weitgehend den Text von Schott und fügten eigene Kommentare hinzu. J. Arntzen (Amsterdam 1733) hat für seine Ausgabe, in welcher er die Anmerkungen seiner Vorgänger aufnimmt und durch eigene ergänzt, die Hss. A, J und den eng mit G verwandten Leidensis Voss. Lat. Q 56 2 berücksichtigt. Gruner (Coburg 1757) kollationierte für seine Edition die Hss. A und B. Sein Text wurde in den auf ihn folgenden Editionen mit geringfügigen Änderungen übernommen, vgl. Festy, Abrégé LXXXIX. Der im 20. Jh. vor Festy maßgeblichen Ausgabe von F. Pichlmayr (Leipzig, 1911, 21966, 1970 mit Ergänzungen und Korrekturen von R. Gruendel) kommt das Verdienst zu, dass in ihr zum ersten Mal der, wenn auch inzwischen überholte, Versuch einer Klassifizierung der Hss. unternommen wurde. M. Festy hat für seine Ausgabe von 1999 sämtliche bisher bekannten Hss. (darunter erstmals F und H) herangezogen. Außerdem hat er im

Festys Angabe, Abrégé LXXXVIII Anm. 168, dass er das Erscheinungsdatum der Ausgabe des Iucundus nicht habe herausfinden können, wird von ihm in den Addenda zur 2. Auflage von 2002, 301 korrigiert. 2 Wegen ihrer Nähe zu G ist diese Handschrift laut Festy, Abrégé LXIX Anm. 121 von geringer Bedeutung. 1

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Unterschied zu den Vorgängerausgaben konsequent die indirekte Überlieferung berücksichtigt sowie die vulgärlateinische Fassung abgedruckt, vgl. Bleckmann, Epitome 140 f. Für die vorliegende Ausgabe der Epitome de Caesaribus wurden vor allem die Vorgängerausgaben von Pichlmayr und Festy berücksichtigt. Die älteren Ausgaben wurden punktuell zur Verifizierung von Konjekturen geprüft. 3. Zur Textkonstitution und Anlage des kritischen Apparats Um den kritischen Apparat nicht unnötig zu belasten, ist er in der Regel negativ gehalten; positiv nur dann, wenn aufgrund von mehr als zwei Varianten und unterschiedlichen Konjekturen die Gefahr der Unübersichtlichkeit besteht. Zunächst werden die Hss. der direkten Überlieferung angeführt. Sonderfehler einzelner Hss. und rein orthographische Varianten werden in der Regel nicht verzeichnet. Keine Handschrift oder Handschriftengruppe wird systematisch bevorzugt. Nach den Hss. der direkten Textüberlieferung werden die Zeugen der indirekten Überlieferung mit ihren jeweiligen Varianten angeführt. Bei abweichenden Lesarten der indirekten Überlieferung ist nicht immer zu unterscheiden, ob es sich um eine selbständige Variation des jeweiligen Autors oder um eine Lesart aus dem ihm vorliegenden Text handelt. Die Angaben im Testimonienapparat dienen der leichten Auffindbarkeit in den maßgeblichen Textausgaben der jeweiligen indirekten Zeugen. Der textkritische Apparat führt eine Auswahl der wichtigsten Lesarten und Konjekturen an. In Bezug auf die Klärung der Hss.-Verhältnisse ergeben sich für die Epitome de Caesaribus gerade durch die reichhaltige Überlieferungslage einige grundlegende Probleme. Schwierig ist vor allem das Abhängigkeitsverhältnis der aus den Hss. ACGFHEZJ bestehenden Gruppe zu den Hss. B und I. B geht in einigen Lesarten mit A zusammen, in anderen mit I. Von besonderer Bedeutung für die Klärung der Frage ist eine Lücke in 1,24. Die Hss. ACGFHEZJ und B brechen nach quod tres libellos ab. Die Hs. I setzt mit amatoriae artis conscripsit exilio damnavit, Landolfus mit artis amatoriae scripserat irrevocabili damnavit exilio fort. 1

Die vulgärlateinische Fassung paraphrasiert: … pro eo quod tres libros de arte amatoria scripsit, inrevocabili damnavit exilio. 1

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Pichlmayr fasste die Handschriften A und B zu seiner Hss.-Klasse A zusammen, wobei die Lücke in 1,24 einen Bindefehler darstellt. Weitere Bindefehler zwischen A und B liegen in 14,11 ialitina und 19,3 extentas cervices vor, vgl. Pichlmayrs Einleitung zu seiner Ausgabe XVIII f. Festy hingegen nimmt an, dass B und I zu einem gemeinsamen, von ihm mit N bezeichneten Hyparchetypen gehören, da sie viele Lesarten gemeinsam haben, vgl. sein Stemma, Abrégé LXXXIV. Ein Blick in den textkritischen Apparat bestätigt zunächst diese Beobachtung. Bei näherer Untersuchung stellt sich jedoch heraus, dass viele dieser gemeinsamen Lesarten der Hss. B und I naheliegende Varianten oder Verschreibungen sind (z. B. 43,1 urbis; 45,2 furem), deren Bedeutung der der Lücke in 1,24 nicht vergleichbar ist 1. Im folgenden werden exemplarisch einige weitere gemeinsame Lesarten der Hss. B und I angeführt, die zwar für eine gewisse Nähe der beiden Handschriften sprechen, aber nicht als entscheidende Bindefehler fungieren können: 14,2 musicis geometria: Diese Lesart von B, I und Land. wird aus stilistischen Gründen verworfen (vgl. phil. Komm. z. St.). Ihre Entstehung ist durch die Syntax des Satzes leicht zu erklären. 18,3 summus (in der Hs. B mit abgekürztem Doppelkonsonanten): Der acc. pl. auf –us statt –os ist eine häufige lautliche Erscheinung im Mittellateinischen, vgl. Stotz 3,52 (§ 40.3) und 4,65 (§ 26,3). Daher können Schreiber diese Schreibweise unabhängig voneinander verwendet haben. 18,3 provectiusque B / provectusque I: Dieser Fehler kann leicht durch Haplographie entstanden sein. 47,3 accitum … Theodosium: Die Konstruktion ist als Accusativus absolutus zu erklären, eine im Spät- und Mittellateinischen nicht seltene Erscheinung, vgl. Stotz 4,246 f., so dass auch hier neben möglicher Kontamination eine spontane Variante angenommen werden kann. Derartige Stellen sprechen nicht zwingend für einen gemeinsamen Hyparchetypen der Hss. B und I. Daher erscheint Festys Zusammenfassung der beiden Hss. unter eine gemeinsame Sigle als nicht sinnvoll. Nach Festys 1

Auch der gemeinsame Fehler von B und I in 13,11 investa ist kein Bindefehler; zu s für c vgl. Stotz 3,185 f. Ebenso ist die Variante in 14,2 auxit potius (BI, Land.) aus lautlicher Nähe zu erklären; zu auxit statt hausit vgl. Stotz 3,315 (§ 279.3). Die Verschreibung kommt auch bei anderen Autoren vor, s. ThLL s. v. haurio Sp. 2567,45, z. B. Tac. Agr. 40,4 hausit (auxit codd.).

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Theorie muss die Lücke in 1,24 im Laufe der Überlieferung zwischen dem von ihm mit N bezeichneten gemeinsamen Hyparchetypen und der Hs. B entstanden sein. Dieser Vorgang ist in seinem Stemma sehr unklar abgebildet. Es könnte sich dabei nur um eine Abschrift (mit Lücke in 1,24) von N handeln, von der dann wiederum die Hss.-Gruppe ACGFHEZJ sowie B abhingen. Damit rückt man aber wieder in die Nähe der Klassifizierung Pichlmayrs, der die Hss. A und B einer Klasse zuordnete. Stover, Epitome 269–72 hat die Überlieferungsverhältnisse der Epitome de Caesaribus einer Neubewertung unterzogen. Sein Ausgangspunkt ist die Fragestellung nach der Echtheit des nur von der Hs. I überlieferten Textes in 1,24. Sein Gedankengang lautet zusammengefasst folgendermaßen: Die Hss.-Tradition habe drei Zweige: M, β und ι. 1 Nur ι hat in 1,24 amatoriae artis conscripsit, exilio damnavit. M und β haben eine nicht ausgefüllte Lücke von ein und einer halben Zeile. Die offensichtliche Konsequenz sei, dass M und β einen anderen Hyparchetyp hätten als ι. Dagegen spreche, dass sowohl M und ι gegen β in einigen Lesarten zusammengehen als auch β und ι gegen M oder M und β gegen ι. Bei den von Stover, Epitome 269 hierzu beispielhaft angeführten Stellen handelt es sich vorwiegend um Sonderfehler eines einzelnen Zweiges mit Ausnahme des wenig aussagekräftigen villo (22,6). Andere Stellen sprechen laut Stover, Epitome 269 für eine Dreiteilung des Stemmas. Aber auch diese Beispiele halten näherer Betrachtung nicht stand: Im Falle von 2,7 fügt der Schreiber der Hs. I 2 lediglich eine seiner häufigen Glossen (incidere vel incessere) hinzu. 3,5 ist ein Sonderfehler von B (incestu moechorum). Auch in den anderen Fällen handelt es sich um wenig aussagekräftige Schreiberfehler, die unabhängig voneinander begangen werden konnten: (z. B. 11,2 belloque/bello/bellique; 12,8 quod/qui/quia; 14,2 et facetus/et factus/effectus). Zu 24,4 deseri se schlägt C. M. Lucarini (per litteras) mit Blick auf I (deserissem et) deseri se et vor. Dann hätten B und I in ihren Resten mit et das Richtige bewahrt, aber falsch konstruiert. Kontamination ist laut Stover, Epitome 269 grundsätzlich möglich, es sei aber unwahrscheinlich, dass die Schreiber der Hss. ABCGHFEZJ die Lücke in 1,24 nicht gefüllt hätten, wenn sie Zugang zu der Hs. I oder ihrer Vorlage Stover verwendet in seinem Aufsatz Festys Siglen, wobei M für die Hss.-Gruppe ACGFHEZJ steht sowie β für die Hs. B und ι für die Hs. I. 2 Im folgenden werden in der Auseinandersetzung mit Stovers Thesen die neuen Siglen aus KFHist verwendet. 1

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gehabt hätten. Daraus folge, dass das Stemma dreigeteilt sei und der Text der Hs. I nicht aus dem Archetyp stamme. Dagegen ist einzuwenden, dass das Phänomen der Kontamination nicht prinzipiell der von Stover angenommenen Gesetzmäßigkeit unterliegt. Es ist nicht damit zu rechnen, dass ein Schreiber mehrere vollständige Handschriften gleichzeitig konsultiert, sondern vielmehr damit, dass ihm ein Exemplar zur Verfügung steht, in das einzelne Lesarten aus einer anderen Handschrift eingeflossen sind, vgl. P. Maas, Textkritik, 41960, 8 f. Nach Stover, Epitome 270 f. ist der Schreiber der Hs. I nachlässig und geneigt, den Text zu manipulieren. Er nehme nachweislich Glossen in den Text und habe auch die Lücke in 1,24 selbst gefüllt. Auf dieser Basis sollte man laut Stover kein Stemma konstruieren und Lesarten aus I gegen die anderen Hss. nur dann akzeptieren, wenn außerordentlich gute Gründe vorlägen. Die Tatsache, dass auch Landolfus Sagax den Text in 1,24 vollständig, wenn auch mit leicht geändertem Wortlaut, bietet (pro eo quod tres libellos artis amatorie scripserat, inrevocabili damnavit exilio), wird von Stover, Epitome 272 so erklärt, dass die indirekte italienische Überlieferung von einer Kopie der Hs. I abhänge, die ihrerseits durch die anderen Hss. kontaminiert worden sein könnte. Stovers Argumentation zu Landolfus beruht ausschließlich auf Epit. Caes. 1,24. Es gibt aber bei Landolfus weitere Zusätze, die nicht aus der Hs. I stammen können, vgl. Festy, Abrégé LXXIX Anm. 151. Einige dieser Zusätze sind zwar für die Satzkonstruktion verzichtbar, können aber aufgrund stilistischer Argumente als echt angesehen werden, wie z. B. fluvium (1,13) 1 und Flaccumque poetas (1,16) 2. Die Zusätze in Palatio (4,10), quod Graeci cometem vocant (9,18) und viam (40,3) könnten von jedem gebildeten Schreiber eingefügt worden sein. 3 Das spricht zwar nicht zwingend Zu dieser für die Epitome typischen Ausdrucksweise vgl. mons Vesuvius (10,12); Euphrate fluvio (24,2); Tauri montis (42,17). 2 Laut D’Elia, Quos Epitomes 49 hat Paulus aus stilistischen Gründen den Text selbst vervollständigt, da sich in der vorangehenden Partie zweigliedrige Konstruktionen fänden (z. B. praecipui … Maecenas/ob patientiam … Agrippa). Paulus sei dem Ductus gefolgt und habe „Flaccumque poetas“ ergänzt. Es liegt jedoch näher, dass der Epitomator selbst die Zweigliedrigkeit fortgeführt hat. 3 Die von Festy angeführten Zusätze illo die und hodie (Epit. Caes. 10,9) stammen aus dem von Landolfus weitgehend übernommenen Wortlaut der entsprechenden Episode bei Eutr. 7,21,3. Da Landolfus hier den auf Eutrop basierenden Text des Paulus variiert und mit Passagen aus der Epitome de Caesaribus anreichert, ist kaum zu entscheiden, ob die beiden genannten Zusätze einen unabhängigen Überlieferungswert besitzen. 1

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gegen ihre Echtheit, aber auch nicht für einen eigenständigen Wert bezüglich der Bewertung der indirekten Überlieferung. Die im folgenden angeführten, nur durch die indirekte Überlieferung erhaltenen Ergänzungen erfüllen dagegen im jeweiligen Textzusammenhang einen wichtigen syntaktischen und/oder inhaltlichen Zweck (zu Einzelheiten vgl. den philologischen Kommentar): Die Zusätze semesa altero (24,5) und Aquileiam (25,2) sind aus grammatischen und sachlichen Gründen unverzichtbar. Der Zusatz ilico occiditur (29,5) entspricht inhaltlich anderen Berichten über Tyrannen in der Epitome (vgl. 4,4 Camillus … imperator creatus continuo occiditur und 35,3 Septiminus imperator effectus mox a suis obtruncatur). Syntaktisch wäre der Zusatz verzichtbar, da auch sonst in der Epitome das Partizip Perfekt Passiv ohne Kopula stehen kann (vgl. z. B. 4,4 aqua Claudia Romae introducta). exstinguitur (31,2) ist syntaktisch notwendig, da sonst dem Satz das Prädikat fehlt, vgl. Festy, Abrégé LXXIX. Nach dem Ausfall von vice (41,2) in der direkten Überlieferung wurde in allen Hss. außer B und I die Konstruktion angepasst. B und I haben die ursprüngliche Form obsidis erhalten. Der syntaktisch notwendige Zusatz imperii (41,11) ist durch die vulgärlateinische Fassung und die Hs. M (codex descriptus der Hs. I) überliefert. Der Schreiber von M hat die naheliegende Ergänzung offenbar selbständig vorgenommen. Im Falle von nimis (43,7) ist der Zusatz des Landolfus inhaltlich nicht zwingend notwendig, da superstitiosus allein bereits die Bedeutung des Übermaßes enthält und durch den Ausdruck superflue accensus der vulgärlateinischen Fassung angemessen paraphrasiert wäre. Allerdings findet sich in dem Ausdruck nimium perfectos (48,1) ebenfalls die in 43,7 durch den Zusatz des Landolfus entstehende Redundanz. Um den Wert des durch Paulus, Landolfus und die vulgärlateinische Fassung repräsentierten Überlieferungsstrangs angemessen zu würdigen, sind weitere Stellen zu berücksichtigen, an denen nur diese indirekte italienische Tradition den richtigen Text hat. Die von Festy, Abrégé LXXVIII Anm. 147 aufgeführten Stellen wurden neu geprüft; zu Einzelheiten s. auch hier den philologischen Kommentar. querquea (3,9): Da Landolfus Sueton (Cal. 19,2 commeavit … primo die phalerato equo insignisque quercea corona ...) nicht kannte und das Wort selbst nicht ohne weiteres konji*zieren konnte (vgl. D’Elia, Quos Epitomes

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51), muss er auf ein Handschriftenexemplar zugegriffen haben, das einen besseren Zustand bietet als der Archetyp aller uns erhaltenen Hss. In 9,13 bietet die Lesart et Cilicia Trachia der vulgärlateinischen Fassung als einzige das historisch Richtige. invecta (13,11) ist gegenüber invehi (in den Hss. ACGFHEZJ) vorzuziehen, da der Infinitiv nicht sinnvoll konstruiert werden kann. Die Hss. B und I haben mit der sinnlosen Form investa eine Spur der richtigen Lesart bewahrt. sibi (24,1) ist notwendig für den Sinn und den Parallelismus der Satzstruktur. In 34,2 ist die Lesart adversus trecenta milia inhaltlich notwendig. Eine ������ ) zu GENTEM (Hss. ACGFHEZJ) Verschreibung der Zahlzeichen (𝐶𝐶𝐶𝐶𝐶𝐶 oder AUTEM (Hss. BI) ist vorstellbar. In 34,3 ist nur mit der von Landolfus überlieferten Lesart tanti ordinis ein sinnvoller Text herzustellen. Auch hier haben die Hss. B und I Spuren dieser Lesart bewahrt. Die richtigen Lesarten segnisque (11,6), aequaverat (43,5) und incola (44,1) sind nur bei Landolfus erhalten. In 40,14 hat nur Landolfus den richtigen Namen Maxentius, in 41,2 nur die vulgärlateinische Fassung die richtige Namensform Constantii. In diesen Fällen ist allerdings zu berücksichtigen, dass die falschen Namen in jeder Stufe der Überlieferung eingedrungen sein und wieder korrigiert werden konnten. Britannia (41,2) ist nur durch den Salisburensis der vulgärlateinischen Fassung in der richtigen Form überliefert. compressas (24,4) ist höchstwahrscheinlich richtig, allerdings ist die Stelle insgesamt schwierig (s. phil. Komm. z. St.). Diese Fälle sprechen gegen Stovers These (Epitome 272), dass die indirekte italienische Tradition ausschließlich von einer Kopie der Hs. I abhänge. Der Schreiber von I hat andere Lücken, wie z. B. die nach quamvis in 24,5, nicht auszufüllen versucht. In der indirekten italienischen Tradition finden sich dagegen zahlreiche richtige Lesarten, die aus einem anderen Überlieferungsstrang als dem einer Abschrift von I stammen müssen. Es bleibt außerdem fraglich, ob dem Schreiber der Hs. I die von Stover angenommene selbständige Auffüllung der Lücke wirklich zuzutrauen ist, da an manchen Stellen sein Text völlig unverständlich ist (z. B. 48,14 habuit de linio vel quae natura).

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Erklärungsbedürftig ist die gelegentliche Nähe der Hss. B und I, die höchstwahrscheinlich aus Kontamination resultiert. Dem Schreiber von B1 könnte ein Exemplar vorgelegen haben, das zwar die Lücke in 1,24 hatte, in das aber auch Lesarten aus der Tradition von I eingeflossen sind. Die Prüfung von Stovers Belegen für ein angeblich dreigeteiltes Stemma hat gezeigt, dass drei verschiedene Lesarten nicht zwingend für eine Dreiteilung der Überlieferungsstränge sprechen. In diesem Zusammenhang ist an die Beobachtung von Paul Maas, Textkritik 29 f. zu erinnern, dass ein dreigeteiltes Stemma nicht allzu häufig ist (nämlich nur eine von 22 Möglichkeiten), da selten gelesene Autoren in der Regel nicht öfter als zwei Mal abgeschrieben wurden und bei häufig gelesenen immer mit Kontamination zu rechnen ist Es kann hier nicht grundsätzlich auf die komplizierte Frage der Häufigkeit zwei- und dreigeteilter Stemmata eingegangen werden. 2 Im Falle der reich überlieferten Epitome de Caesaribus gibt es jedenfalls keine überzeugenden Belege für eine Dreiteilung des Stemmas. Das von P. L. Schmidt, Handbuch der lateinischen Literatur der Antike, HdbAW 8,6,1 (2020) 597 gegenüber Festy präzisierte Stemma bietet im Großen und Ganzen eine plausible Abbildung der handschriftlichen Überlieferung der Epitome. Danach ergibt sich folgender Befund: In der vom Archetyp 3 aus gesehen ersten Verzweigung spalten sich die beiden Stränge der direkten und der indirekten Überlieferung. Der Hyparchetyp aller Hss. der direkten Überlieferung wird von P. L. Schmidt mit N bezeichnet, der der indirekten Überlieferung mit O. Unterhalb von N ist die nächste Verzweigung erkennbar an der Lücke in 1,24, die nur die Handschrift I4 nicht hat. Trotz der 1

Der Einschätzung Pichlmayrs (XXI: „scriptus est, a librario linguae Latinae haud ita gnaro“) und Festys (Abrégé LXVIII „erreurs grossières“) ist zuzustimmen, vgl. z. B. ex res quae acciderant (23,7) und cervices meos (24,4). 2 Die Frage des dreigeteilten Stemmas wird ausführlich diskutiert von Reeve, Stemmatic method: „Qualcosa che non funziona?“ (in: The role of the book in medieval culture, hg. von P. Ganz, Turnhout 1986 [Bibliologia 3–4] 57–69 = Manuscripts and Methods, Rom [2011] 27–44). Vgl. auch L. D. Reynolds/N. G. Wilson, Scribes and Scolars, Oxford 42012, 293 f. 3 Der Archetyp selbst enthält bereits Fehler, z. B. die Lücken in 10,5 und 47,6, vgl. die Aufzählung bei Festy, Abrégé LXXXII Anm. 158. Nicht alle von Festy angeführten Stellen müssen als fehlerhaft betrachtet werden, vgl. den philologischen Kommentar zu 14,11 perseverant. 4 P. L. Schmidt verwendet zum Teil Festys Siglen, die ich hier entsprechend meinem System angleiche.

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wahrscheinlich durch Kontamination entstandenen Nähe der Hss. B und I gibt es keinen der Lücke 1 in 1,24 vergleichbaren Bindefehler. Deshalb wird in der vorliegenden Ausgabe die Hs. B mit unter den Hyparchetypen μ genommen, Festys gemeinsame Sigle für B und I wird aufgelöst. Das entspricht dem von P. L. Schmidt vorgeschlagenen Stemma, in dem die unter Festys Sigle M zusammengefassten Hss. und die Hs. B von einem gemeinsamen Hyparchetypen n abhängen. P. L. Schmidts Stemma stellt gegenüber Festy eine deutliche Verbesserung dar, berücksichtigt allerdings keine Kontamination. 2 In der vorliegenden Ausgabe von KFHist wird die Hs. B zwar bei Übereinstimmung der Hss. ABCGFHEZJ mit unter die Sigle μ genommen; sofern jedoch die Hss. einzeln aufgezählt werden, wird B mit I an das Ende der Reihe gesetzt, um die aus Kontamination resultierende Nähe der beiden Hss. deutlich zu machen. Die Hss. GFH 3 und EZJ 4 bilden jeweils eine Gruppe. Die Hs. I (und ihre Abschriften) hat eine Sonderstellung und wird deshalb immer am Ende der Reihe genannt. Grundsätzlich wird Festys Reihenfolge und Gruppierung der Handschriftensiglen im Apparat beibehalten, damit nicht mehr Änderungen als nötig gegenüber der Vorgängerausgabe vorgenommen werden. Die indirekte Überlieferung wird in P. L. Schmidts Stemma unter O zusammengefasst. Es wird jedoch im Unterschied zu der Darstellung in Festys Stemma, Abrégé LXXXIV nicht abgebildet, dass Paulus dem Landolfus ebenso vorgelegen hat wie das Exemplar der Epitome. 5 Landolfus nimmt gegenüber der Epitome zahlreiche, aber größtenteils geringfügige stilistische Änderungen und Umstellungen vor (z. B. 25,2 insontes vor persequitur; conclamantibus hinter ioco). Er wird sowohl bei Festy als auch bei P. L. Schmidt stemmatisch zusammen mit der vulgärlateinischen Fassung unter dem Hyparchetypen R eingeordnet. Ob Landolfus seinerseits die vulgärlateinische Fassung gekannt hat, ist

Eine Lücke kann nicht durch Kontamination entstehen. Neben den bereits angeführten Beispielen für gemeinsame oder verwandte Lesarten der Hss. B und I sei auf die Verschreibung tinies (41,10) verwiesen. 3 Beispiele für charakteristische gemeinsame Lesarten und Bindefehler der Hss. GFH: incussu (1,13); genere (6,1); redemptos (12,8); tractinusque (23,7); anñ I mensibus VIIII (34,1); anñ V mensibus VI (35,1); auctusque (41,9). 4 Beispiele für Bindefehler der Hss. EZJ: vivere (39,6); socio (40,14); et aetatis (40,20); proditoribus (42,3). In 39,6 fehlt in villa, in 41,21 statim. 5 Zum Verhältnis von Paulus und Landolfus vgl. D’Elia, Quos Epitomes 41–43 und Festy, Abrégé LXXVII Anm. 142. 1 2

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fraglich. 1 Einzelne Übereinstimmungen können aus stilistischen Eigentümlichkeiten der indirekten Überlieferung resultieren, vgl. Festy, Abrégé LXXXI Anm. 156. Die Übereinstimmung einiger Lesarten des Landolfus und der vulgärlateinischen Fassung ist durch den gemeinsamen Hyparchetypen R zu erklären. 2 Andere Lesarten des Landolfus weichen von denen der vulgärlateinischen Fassung ab. 3 D’Elias Annahme, dass die vulgärlateinische Fassung sich auf Landolfus stützt 4, wird von Festy zu Recht zurückgewiesen. 5 Die vulgärlateinische Fassung ist in 3 Hss. überliefert: Bambergensis Hist. 3 (olim E. III 14), fol. 1r–17v, um 1000 6, einzusehen unter: https://tinyurl.com/r3na9pd. Oxoniensis Magd. Lat. 14, fol. 1r–14r, 13. Jh. 7 Salisburensis Cath. 80, fol. 1v–16v, um 1200 8 Die von Festy, Abrégé LXXXI Anm. 157 angeführten Beispiele (z. B. die Satzeinleitung fuit enim in 41,16 und 42,7) lassen, wie er selbst einräumt, keinen sicheren Schluss zu. 2 So erscheint pallasque (4,8) der Epit.-Hss. bei Landolfus als palamque und in der vulgärlateinischen Fassung als et manifeste. Dieses und weitere Beispiele bei Festy, Abrégé LXXVII Anm. 143. 3 Bei den von Festy, Abrégé LXXVII Anm. 144 angeführten Lesarten handelt es sich allerdings zum großen Teil um leichte Verschreibungen oder wenig aussagekräftige Sonderfehler, z. B. 5,9 palliis/pilleis. 4 Quos Epitomes 49: „codicis denique Bambergensis librarius ex Landolfo pendet, quod alio loco evincere conabor“. Das ist, wie Festy, Abrégé LXXVII Anm. 145 bemerkt, nie erfolgt 5 Festys Argumentation, Abrégé LXXVII ist naheliegend: Da der Verfasser der vulgärlateinischen Fassung die vollständige Epitome paraphrasiert, musste ihm eine komplette Epitome-Handschrift vorliegen. Es gibt keinen plausiblen Grund, warum er parallel auf einzelne Partien des Landolfus hätte zugreifen sollen. 6 Zur Datierung und Beschreibung des Bambergensis und der beiden folgenden Hss. s. Kretschmer, Rewriting 44–46. 7 Kurzbeschreibung mit Inhaltsverzeichnis bei Kretschmer, Rewriting 22. Fotokopien dieser Handschrift wurden mir von Marek Thue Kretschmer freundlicherweise zur Verfügung gestellt. 8 Kurzbeschreibung mit Inhaltsverzeichnis bei Kretschmer, Rewriting 23. Ein Mikrofilm dieser Hs. wurde mir ebenfalls von M. Th. Kretschmer zur Verfügung gestellt und konnte zur gezielten Überprüfung von einzelnen für die Textkonstitution wichtigen Stellen herangezogen werden. Festy, Abrégé 239 Anm. 1 nahm irrtümlich an, dass diese Hs. die vulgärlateinische Fassung der Epitome nicht enthalte. In Wirklichkeit ist der von ihm berücksichtigte Oxoniensis eine Abschrift des Salisburensis, vgl. das Stemma bei Kretschmer, Rewriting 54 sowie seine generelle Kritik an Festy, Rewriting 48. 1

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In der vulgärlateinischen Fassung wurden zahlreiche, vor allem syntaktische, Änderungen gegenüber der Ursprungsfassung der Epitome vorgenommen. 1 Auch kommen gravierende inhaltliche Missverständnisse vor. So wird z. B. Epit. Caes. 42,4 in quo bello paene numquam amplius Romanae consumptae sunt vires totiusque imperii fortuna pessumdata in der vulgärlateinischen Fassung zu in quo enim proelio nullus Romanae virtutis periit, sed totius imperii virtus salva permansit. Gelegentlich ist der Einfluss des mittelalterlichen Weltbilds erkennbar. 2 Bei der Übernahme von Varianten und Ergänzungen aus dieser Fassung ist also eine gewisse Vorsicht geboten. Auch sollte man zurückhaltend darin sein, einzelne Lesarten als Unterstützung für Varianten des Epitometextes heranzuziehen, wenn die syntaktische Konstruktion in der vulgärlateinischen Fassung geändert ist. 3 Kretschmer weist zu Recht darauf hin, dass Festys Ausgabe keine kritische Ausgabe des Bambergensis, sondern eine Mischform zwischen diesem und dem Oxoniensis ist. 4 Dadurch ist es in Festys Ausgabe zuweilen unklar, ob die Lesarten des Bambergensis mit denen des Oxoniensis übereinstimmen. Die Unsicherheit dieses negativen Verfahrens soll an einem Beispiel verdeutlicht werden: In Epit. Caes. 9,13 hat die vulgärlateinische Fassung et Cilicia Tracia. Diese Lesart, die unter inhaltlichen Gesichtspunkten die richtige ist (die Orthographie spielt hier keine Rolle, vgl. den phil. Komm. z. St.), hat Festy bewogen, in Epit. Caes. 9,13 (Ciliciaque ac Trachia et Commagene) das in den Hss. der Epitome de Caesaribus überlieferte ac aus dem Text zu nehmen. Die vorliegende Ausgabe folgt ihm darin, wobei im Apparat nicht nur der Bambergensis, sondern dieser und der Salisburensis als handschriftliche Zeugen der vulgärlateinischen Fassung unter der Sigle λ angegeben werden. Festy führt im Apparat zur Epitome zwar die orthographischen Varianten aus dem Bambergensis (thracia) und Vgl. Kretschmer, Rewriting 176–182 und Some Remarks 84–95. Vgl. die von Festy, Abrégé LXXVI Anm. 140 als Beispiel für charakteristische Änderungen in der vulgärlateinischen Fassung angeführte Partie 10,10: non intellegitis quod omnis potestas a Deo sit data? 3 Festy führt z. B. im Apparat zu Epit. Caes. 1,7 bei der Lesart stipendiarios die vulgärlateinische Fassung zusammen mit den Hss. der direkten Überlieferung an. In der vulgärlateinischen Fassung heißt es aber stipendiarios fecit. Das Prädikat fecit lässt sich hier nur mit dem Akkusativ konstruieren, während in der Epitome de Caesaribus das Prädikat adiecit auch mit dem Dativ stipendiariis einen Sinn ergibt. Durch die geänderte Konstruktion der vulgärlateinischen Fassung hat ihre Lesart weniger Gewicht. 4 Rewriting 177 Anm. 35 und Some Remarks 94 Anm. 15. 1 2

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dem Oxoniensis (tracia) an, nennt aber als Zeugen für et cilicia nur den Bambergensis. Er verzeichnet Abweichungen zwischen dem Bambergensis und dem Oxoniensis in seinem kritischen Apparat zur vulgärlateinischen Fassung nur dann, wenn sie ihm von Bedeutung erscheinen, vgl. Abrégé 240. Die Nichterwähnung des Oxoniensis bei et cilicia im textkritischen Apparat der Epitome de Caesaribus bedeutet also implizit, dass Bambergensis und Oxoniensis an der betreffenden Stelle die gleiche Lesart bieten. Somit fungiert der Bambergensis bei Festy (unter der Sigle τ) geradezu als Synonym für die vulgärlateinische Fassung. Da dieses Verfahren für den Benutzer verwirrend ist, werden in der vorliegenden Ausgabe der Bambergensis und der Salisburensis 1 unter der gemeinsamen Sigle λ zusammengefasst 2, sofern sie miteinander übereinstimmen. Signifikante Abweichungen werden einzeln notiert. Bei der Berücksichtigung der indirekten Überlieferung wird insgesamt nach folgenden Grundsätzen verfahren: Im textkritischen Apparat werden die Zeugen der indirekten Überlieferung zur Abgrenzung von den Hss. der direkten Überlieferung durch Komma abgetrennt und mit abgekürztem Namen genannt. Es werden nur solche Varianten angeführt, die für die Textgestaltung von Interesse sind und aus einer zusammenhängenden und weitgehend unveränderten Textpartie übernommen wurden. Festy setzt die Varianten der vulgärlateinischen Fassung in Klammern, wenn sie „des interprétations“ sind. 3 Dieses Verfahren wird auch in der vorliegenden Ausgabe angewendet, wenn die syntaktische Konstruktion der vulgärlateinischen Fassung zwar von der Vorlage abweicht, die entsprechende Lesart aber trotzdem von Interesse ist. 4. Bemerkungen zur Orthographie Die vor allem durch lautliche Entwicklungen während des Überlieferungsprozesses entstandenen orthographischen Varianten verschiedener Wörter, insbesondere Eigennamen 4, werden in dieser Edition der in den modernen lateinischen Editionen üblichen Schreibweise angepasst Der Oxoniensis spielt als Abschrift des Salisburensis für die Textkonstitution der vulgärlateinischen Fassung keine Rolle mehr. 2 Diese Sigle ist nicht zu verwechseln mit Pichlmayrs und Festys Sigle λ für den Vaticanus Urbinas 411. 3 Abrégé XCI. 4 Barnes, Epitome 2002,26 weist auf eine gewisse Inkonsequenz in Festys Umgang mit Eigennamen hin (so passt dieser in seiner Ausgabe z. B. zwar die Orthographie von Frix in 40,20, nicht aber die von Vesubius in 10,12 an die modernen Gepflogenheiten an). 1

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und in der Regel nicht eigens im kritischen Apparat vermerkt. Aufgrund der Vielzahl der Hss. enthält die folgende Aufzählung beispielhaft nur die Schreibweisen, die regelmäßig in allen oder mehreren der wichtigsten Hss. vorkommen: ae statt e (45,10 Aequitius statt Equitius) und umgekehrt (1,7 Rhetos statt Raetos; 2,8 Getulorum statt Gaetulorum; 6,3 Getulicus statt Gaetulicus; 9,12 Vologeses statt Vologaeses; 33,1 pelicum statt paelicum; 35,6 sepsit statt saepsit); f statt ph, vor allem bei Lehnwörtern und Eigennamen aus dem Griechischen (3,9 falerato statt phalerato; 5,7 Faone statt Phaone; 9,13 Augustofratensem statt Augustophratensem; 14,2 Eufranoras statt Euphranoras; 40,20 Frix statt Phryx); Wegfall von h (z. B. 11,15 Adriano; 14,1 Adriatico; 25,1 Trax statt Thrax; 35,8 Eracliam); h an der falschen Stelle (41,20 und 47,3 Trachiam statt Thraciam); überflüssiges h bei r (1,7 Rhetos statt Raetos) oder t (36,1 und 40,8 Tharsum statt Tarsum); i statt e (20,2 Piscennium statt Pescennium; 39,1 und 39,5 Diocl*tianus statt Diocletianus); i statt y (4,7 Polibium statt Polybium, 40,12 Sira statt Syra, 41,17 Bizantio statt Byzantio) und umgekehrt (1,7 Sygambros statt Sigambros; 13,12 Tyberis statt Tiberis; 37,3 und 48,1 Syrmium statt Sirmium); v statt b (5,5 Savinam statt Sabinam; 10,12 Vesubius statt Vesuvius; 42,14 Badomarium statt Vadomarium; 16,12 Bendobonam statt Vendobonam); fehlende (5,5 Popeam statt Poppeam) oder überflüssige (24,5 Mammea statt Mamaea) Geminatio der Konsonanten. Als orthographische Varianten vorwiegend in den Hss. B und I findet man c statt g (21, 1 und 2 caragalla) und u statt o (23,1 heliugabalus statt Heliogabalus; 34,2 benacu statt Benaco). Das weist wieder einmal auf eine gewisse Nähe dieser beiden Hss. hin. Gängige Eigennamen werden grundsätzlich normalisiert (4,4 Musulamiorum; 26,1 Pupienus 1; 33,1 Saloninum); in manchen Fällen wird allerdings die höchstwahrscheinlich vom Epitomator selbst verwendete fehlerhafte Form beibehalten, z. B. Bubaliae (29,1); Lucinianus (29,5); Virius (30,1); Labienus (32,3); Quintilius (34,5). Anders als bei Festy wird Policletus (14,2) in der von allen Hss. überlieferten und auch sonst verwendeten (vgl. Cic. de orat. 2,70) lateinischen Endung übernommen. 1

Zur Überlieferung dieses Namens bei anderen Autoren vgl. Stein, KFHist B 5,22.

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Grundsätzlich ist die Verwendung griechischer Buchstaben in der Epitome zu klären: Schlumberger äußert die Vermutung, dass der Autor der verlorenen Epitomevorlage griechische Bildung besessen habe. 1 Festy, Abrégé XLVIII hält aufgrund einiger topographischer Angaben (3,9; 15,7; 31,2; 40,2-3) und des Ausdrucks aedibus … quarum praecipuas videmus (20,6) eine Nähe des Verfassers zu Rom für sehr wahrscheinlich. Dies bezweifelt Alan Cameron, da videmus einfach heißen könne „still survives“ 2, und stellt dagegen die Hypothese auf, dass der Epitomator im Osten geschrieben habe. Das geographische Umfeld des Epitomators bleibt unsicher (Näheres s. o., S. 79), ein gewisser griechischer Bildungshintergrund bei ihm oder seiner Quelle darf aber vorausgesetzt werden. Ob griechische Wörter in der Epitome ursprünglich in griechischen Buchstaben geschrieben wurden, muss mit Blick auf die handschriftliche Überlieferung der betreffenden Stellen betrachtet werden: Die Partie quod Graeci cometem 3 vocant (9,18) ist nur durch Landolfus überliefert. Festy druckt κομήτην, was durch den handschriftlichen Befund nicht gestützt wird, vgl. auch die aus der EKG stammende Information eam Graeci cometen vocant (Eutr. 10,8,3) 4. Das Wort clinopalen (11,7) wird nur von den Hss. GFHJ mit griechischen Buchstaben wiedergegeben, ist aber sonst in dieser Schreibweise nirgendwo belegt, vgl. Scardino zu Aur. Vict. 11,5 (KFHist B 2,181). καλῶϲ (13,10) wird in allen Hss. außer B mit griechischen Buchstaben geschrieben. Der Schreiber von B hat an dieser Stelle eine Lücke gelassen. apoplexin (16,5) schreiben die älteren Hss. (ACI, der Schreiber von B schreibt apopex) und die vulgärlateinische Fassung in lateinischen Buchstaben. Die Hss. GFHEZJ haben griechische Buchstaben. chrestologon (18,4) wird mit verschiedenen Verschreibungen von den Handschriften ACBI mit lateinischen Buchstaben wiedergegeben. Die sechs Hss. GFHEZJ haben griechische Buchstaben, ebenso Sedulius Scotus (80,7,15 … unde etiam Graeco nomine χρηϲτολόγοϲ appellatus est.) Die

Epitome 178 f. und 239. Dem Epitomator selbst traut Schlumberger dies nicht zu, vgl. seine Argumentation Epitome 239 Anm. 32 zu den Spuren medizinischen Interesses in der Epitome. 2 The last Pagans of Rome 670 Anm. 67. 3 Zur Endung –em/–en bei griechischen Lehnwörtern vgl. Stotz 4,88 f. 4 Vgl. hist. Komm. z. St. KFHist B 3,301. 1

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griechische Schreibweise des Wortes in den Hss. GFHEZJ ist möglicherweise auf seinen Einfluss zurückzuführen, vgl. Festy, Abrégé LXV. Festy, Abrégé LXV Anm. 111 weist darauf hin, dass im Unterschied zu den ältesten Hss. ACBI in den sechs Hss. GFHEZJ die griechischen Wörter mit griechischen Buchstaben geschrieben worden sind. Die Annahme, dass dies der ursprünglichen Schreibweise entspreche, sei durch die griechischen Buchstaben in καλῶϲ (13,10) gerechtfertigt. Diese Argumentation lässt sich jedoch dahingehend umkehren, dass die Schreiber der älteren Hss. grundsätzlich in der Lage waren, griechische Buchstaben zu transkribieren und dass sie die mit lateinischen Buchstaben geschriebenen griechischen Wörter in ihrer Vorlage vorfanden. Aus diesem Grunde werden die oben angeführten griechischen Wörter, die in den älteren Hss. mit lateinischen Buchstaben geschrieben wurden, auch hier so gedruckt. In der Wiedergabe von Zahlen folgt die vorliegende Ausgabe den älteren Hss. Diese verwenden in der Regel Zahlzeichen für die Kardinalzahlen, mit denen die Regierungsjahre angegeben werden. Bei Monaten hingegen werden die Zahlen oft ausgeschrieben (z. B. menses octo [44,1]). Ordinalzahlen werden gewöhnlich ausgeschrieben (z. B. mense imperii quadragesimo secundo, aetatis prope quinquagesimo anno [42,6]). Ein vollkommen einheitliches Verfahren ist bei der Vielzahl der Hss. und den gelegentlichen Inkonsequenzen innerhalb einzelner Hss. kaum zu erreichen. 5. Sprache und Stil Die Sprache des Epitomators ist stark von seinen verschiedenen Vorlagen beeinflusst. In den Kap. 1–11 stehen zum Vergleich Sueton und Aurelius Victor zur Verfügung. Ab Kap. 12 wechselt der Epitomator seine Quelle. 1 Ein Vergleich mit uns erhaltenen Vorlagen ist ab Kap. 12 nur noch vereinzelt möglich. Die Sprache des Epitomators und die Anlehnung an seine Vorlagen wurden mit Ausnahme der sprachgeschichtlichen Einzelbeobachtungen Wölfflins zunächst hauptsächlich unter dem Gesichtspunkt untersucht, inwieweit sich Aufschluss über seine Quellen gewinnen ließe. Es wurde Ein deutliches Zeichen dafür ist, dass Nerva in 11,15 unter die positiv bewerteten advenae eingereiht wird, während in 12,2 Narnia in Umbrien als sein Geburtsort genannt und in 12,2 sein Charakter als schwach und furchtsam geschildert wird, vgl. Festy, Abrégé 98 Anm. 19 sowie die hist. Einl. Durch die Auslassung des bei Aur. Vict. 11,12 hinter advenae verwendeten quoque in Epit. Caes. 11,15 entsteht ein starker Widerspruch zwischen dem Ende des 11. und dem Anfang des 12. Kapitels. 1

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vermutet, dass ein bestimmtes Personalpronomen jeweils auf eine bestimmte Quelle hindeute. 1 Diese Theorie hielt jedoch näherer Betrachtung nicht stand. 2 Erst Schlumberger berücksichtigte in seiner detaillierten Untersuchung der einzelnen Kapitel auch fortlaufend die jeweiligen sprachlichen Auffälligkeiten. Die Verwendung rhetorischer Mittel ist in der Epitome zwar sparsamer als beispielsweise bei Aurelius Victor, aber dennoch in der gesamten Schrift durchgängig zu beobachten: Als typisch sallustianisches Stilmittel finden sich häufig dreigliedrige Asyndeta, z. B. turbas bella simultates (1,10), locos negotia milites (14,3), seriis ioco maledictis (14,7). Auch die gesamte Satzstruktur ist gelegentlich asyndetisch gereiht, z. B. in 45,6 (pingere venustissime, meminisse, nova arma meditari, fingere …) und 48,8 (sic eminens status, membra eadem, par caesaries …). 3 Gelegentlich kommt ein Hyperbaton vor: morte … voluntaria (39,7), obtento … regimine (41,11). Die Syntax zahlreicher Partien ist von chiastischen Strukturen bestimmt, z. B. 1,16 rarus quidem ad recipiendas amicitias, ad retinendas constantissimus; 1,19 urbem latericiam repperi, relinquo marmoream; 1,29 alterum pessimi incepti, exitus praeclari alterum; 13,3 habens diligentiam in re militari, in civilibus lenitatem, in sublevandis civitatibus largitionem; 34,4 ex auro statuam prope ipsum Iovis simulacrum atque in curia imaginem auream ; 42,18 felix bellis civilibus, externis lacrimabilis … patiens laboris, facundiae cupidus. Weitere rhetorische Mittel sind u. a. Alliteration (z. B. 1,13 parietem pulsaret; 4,2 latebra latere; 41,22 per silvas saltusque; 42,6 pulsu parietis; 42,15 mandatis mollioribus; 48,5 cum Persis quoque petitus pacem pepigit), Parallelismus (1,12 compendio tenui, iactura gravi; 43,4 amico ex invidia, rei publicae discordia exercitus; 43,7 cupido laudis immodica; cultus numinum superstitiosus), Polyptoton (48,9 magno … magna; 48,19 utramque … utrisque), Praeteritio (13,7 de quo supervacaneum videtur cuncta velle nominatim promere; 42,21 namque ut ceteras omittam).

Cohn, Quibus ex fontibus 28; Wölfflin, Aurelius Victor 295-99, ders., Pronomina demonstrativa 356–58 und ders., Latinität 448. 2 Vgl. Schlumberger, Epitome 69–71 und den phil. Komm. zu 1,3 iste. 3 Vgl. Schlumberger, Epitome 93 Anm. 74 1

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Häufig findet man die besonders bei den Historikern gebräuchliche 1 Ellipse der Form von esse bei zusammengesetzten finiten Formen nach einem Partizip Perfekt Passiv, z. B. 4,4 introducta; 4,5 coactique mares; 5,2 visus; 5,7 constitutum; 41,16 nominatus; 48,10 detestatus. Wachsende Glieder nach Behaghels Gesetz 2 liegen z. B. in 40,20 (Phryx origine, ingenio timidus, inferior adversus laborem vitio senectae aetatis) und in 48,12 (superba crudelia libertatique infesta) vor. Ab Kap. 40 nimmt die Verwendung des historischen Präsens auffallend zu (40,1 efficitur; 40,2 efficitur … fit … creatur; 40,3 exstinguitur … infertur; 40,6 iugulatur; 40,7 congreditur etc.). Das historische Präsens ist zu unterscheiden von dem gelegentlich verwendeten generalisierenden Präsens (1,25 quodque est; 14,3 credibile est; 48,18 ut dicitur). Eine Gesetzmäßigkeit in der Verwendung des historischen Präsens lässt sich, wie für das Spätlateinische typisch, in der Epitome nicht feststellen. Galdi, Jordanes 235 weist jedoch darauf hin, dass vor allem bei Dichtern und Historikern dieses Stilmittel oft zur Vergegenwärtigung vergangener Ereignisse verwendet wird. Zu diesem Zweck könnte es auch der Epitomator im Verlauf der Erzählung ohne systematische Absicht eingesetzt haben. Ein auffallendes syntaktisches Muster in der Epitome ist die gehäufte Verwendung des historischen Infinitivs im Zusammenhang von Charakterschilderungen (Näheres s. unter 6. Sprachliche Aspekte der Datierung). Eine weitere syntaktische Besonderheit, welche die Epitome bei der Beschreibung der Kaiser aufweist, ist der plötzliche Wechsel zu Satzkonstruktionen ohne Prädikat und Demonstrativpronomen mit teilweise in Reihenform angeordneten Nominativen (14,3 memor; 14,6 varius, multiplex, multiformis; 15,4 procerus membra, decenter validus; 20,5 acer … liberalis; 41,8 pessimus … infestus; 42,18 felix … cupidus; 43,7 cupido … audax; 45,5 decens … proximus; 48,18 blandus … maritus), gelegentlich auch einem Ablativus qualitatis (20,5 benivolentia … mirabili ac perpetua) oder Genitivus qualitatis (14,4 immensi laboris), wobei die verschiedenen Kasus direkt nebeneinander stehen können (16,6 carminum … studiosus, ingenii asperi atque lascivi, 42,7 sermonis acer, animi tumidi et immodice timidus). Das Stilmittel der kopulalosen Sätze steht in der Tradition Sallusts 3

H.-Sz. 422 (f). Vgl. H.-Sz. 722. 3 Vgl. z. B. Sall. Catil. 5,3 f. (corpus patiens inediae … animus audax … simulator ac dissimulator). 1 2

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und anderer Historiker, vgl. H.-Sz. 420 β. Auch bei Aurelius Victor 1 und Eutrop 2 finden sich vergleichbare syntaktische Strukturen. Der Epitomator orientiert sich zwar eng an seinen Vorlagen, nimmt aber auch selbstständig Änderungen an der syntaktischen Struktur vor. 3 Eine Verwendung rhetorischer Stilmittel findet sich durchgängig im Werk, wobei nicht immer auszuschließen ist, dass diese Stilmittel evtl. schon aus der Vorlage stammen. Nach Wölfflin, Latinität 445 ist die Eigenleistung des Epitomators vor allem in den Kapiteln 40–48 erkennbar. Diese These ist mit einer negativen Bewertung des sprachlichen Niveaus verknüpft; die Sprache sinke unter das Niveau Viktors, und die grammatische Schulung des Epitomators lasse einiges zu wünschen übrig. 4 Gerade in den letzten Kapiteln zeigt sich aber der Epitomator nicht nur in seinen Abweichungen vom klassischen Sprachgebrauch als selbständiger Verfasser: In 45,5 (hic Valentinianus fuit vultu decens … et in his, quae memoraturus sum, Hadriano proximus) nimmt der Verfasser eine Parallelisierung von Hadrian und Valentinian vor. Schlumberger, Epitome 215 Anm. 36 hält es immerhin für möglich, diese Parallelisierung dem Epitomator selbst zuzutrauen und weist darauf hin, dass mit quae memoraturus sum (45,5) und ut breviter concludam (45,6) in diesem Zusammenhang zwei Mal die erste Person Singular erscheint. Schlumberger, Epitome 216 Anm. 41 weist darauf hin, dass der Epitomator subjektive Bemerkungen in der ersten Person Singular aus seinen Quellen übernimmt. Aber auch in den früheren Partien der Epitome de Caesaribus Z. B. Caes. 2,1 (subdolus et occultior hisque saepe simulando infensus, quae maxime cuperet, et insidiose deditus, quae odio erant; ingenio ad repentina longe acriore.), mit Scardino zu subdolus et occultior (KFHist B 2,150). 2 Z. B. 9,11,2 (parcus vir ac modestus et iusti tenax ac rei publicae gerendae idoneus, qui tamen intra imperii biennium morbo interiit.). 3 Dies hat Galdi, Remarks 921–32 überzeugend für den Bereich der Nebensätze nachgewiesen, wobei er zu dem Schluss kommt: „The influence of the sources on the style and language of the author (and, consequently, his lack of originality) appears to have been overrated in scholarship“, vgl. auch den phil. Komm. zu 1,10 adeoque denique … bellum indixerit; 3,3 talis ut … fuisse; 7,2 adeo … interierint. 4 Wölfflin (Latinität 447) weist z. B. darauf hin, dass das Possessivpronomen suus im klassischen Gebrauch bei Verwandtschaftsnamen einen Gegensatz bezeichnet, der Epitomator es aber in den Kap. 40–48 beliebig zusetzt und weglässt, vgl. auch den phil. Komm. zu Epit. Caes. 3,4 sorores suas. 1

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trifft das zumindest für de quo nescio an (3,6) nicht zwingend zu, denn obwohl für die Kapitel 1–11 die Quellen durch Sueton und Aurelius Victor einigermaßen offenliegen, findet sich hier keine Entsprechung zu dem Ausdruck in der ersten Person Singular. 1 Lediglich ein Zitat ist dagegen Übernahme von Epit. Caes. 8,6 (quos paucis attigi) aus Aur. Vict. 8,7. Auch die Anwendung der ersten Person Plural sagt über die Rolle des Epitomators als Erzählers wenig aus, da sie formelhaft entweder auf bereits Gesagtes 2 oder Allgemeingültiges 3 verweist. Eine ähnliche Parallelisierung wie die zwischen Valentinian (Kap. 45) und Hadrian (Kap. 14) zeigt sich in Kap. 48, wo die Parallele zwischen Trajan und Theodosius gezogen wird (48,8 fuit autem Theodosius moribus et corpore Traiano similis). Der Vergleich wird bis ins Detail vorgenommen (13,4 nisi quod cibo vinoque paululum deditus erat / 48,10 illa tamen, quibus Traianus aspersus est, vinolentiam scilicet … usque eo detestatus). Auffallend ist, dass Trajans Hang zum Wein in Kap. 48 deutlich stärker als in Kap. 13 kritisiert wird.4 Unter anderem deshalb vermutet Schlumberger (Epitome 85), dass der Epitomator in Kap. 48 nicht auf sein eigenes Kapitel über Trajan, sondern auf eine andere Quelle zurückgegriffen hat. Tatsächlich sprechen die Arbeitsweise des Epitomators und der Umgang mit seinen Quellen nicht dafür, dass er innerhalb seines eigenen Werks einen bis ins Kleinste reichenden Abgleich der einzelnen Kapitel untereinander vorgenommen hat. Das schließt trotzdem nicht aus, dass die Parallelisierungen von Kap. 13 und 48 sowie 14 und 45 im Ganzen seine eigene Handschrift tragen. Eine weitere Beobachtung soll diese These stützen: In 48,14 (habuitque a natura quod Augustus a philosophiae doctore) wird durch die Erwähnung des Augustus ein Bogen zurück zum ersten Kapitel geschlagen. Schlumberger (Epitome 242 f.) beschreibt zutreffend die kompositorischen Verschränkungen innerhalb der Epitome, vermutet aber den Ursprung dieser

Schlumberger selbst lässt die Frage offen, indem er (Epitome 34) feststellt, dass 3,6 „die erste individuelle Bemerkung des Epitomators zu sein“ scheint, „wenn vielleicht auch aus der Vorlage angeregt“, vgl. auch den phil. Komm. zu 3,6. 2 Z. B. 10,16 (sicut diximus), vgl. Festy, Abrégé XLII Anm. 74. 3 S. den phil. Komm. zu 48,2 ut Latine intellegimus. 4 Dabei ist zu beachten, dass eine Betonung der vinolentia Trajans innerhalb der positiven Charakterisierung in Kap. 13 unpassend gewesen wäre, während ihre Erwähnung in Kap. 48 durch den Vergleich eher noch dem Lob des Theodosius dient. 1

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Komposition in einer Vorlage. 1 Bezüge zwischen voneinander entfernt stehenden Kapiteln können aber als Eigenleistung des Epitomators angesehen werden. 2 Für diese These spricht, dass sich durchgehend in der Epitome de Caesaribus zahlreiche syntaktische und stilistische Eigentümlichkeiten sowie Variationen der Vorlagen feststellen lassen. 6. Sprachliche Aspekte der Datierung J. A. Stover und G. Woudhuysen versuchen in ihrem Aufsatz „Jordanes and the Date of the Epitome de Caesaribus“ von 2021 zu beweisen, dass nicht, wie bisher angenommen und von Th. Mommsen in seiner Ausgabe des Jordanes vermerkt, Rom. 314–18 zum Teil aus Epit. Caes. 46 und 48 übernommen sei, sondern das Abhängigkeitsverhältnis umgekehrt sei. Wenn diese Theorie zutrifft, wäre die Epitome de Caesaribus frühestens ab der 2. Hälfte des 6. Jahrhunderts verfasst worden. Im folgenden sollen die Argumente, die sich auf den Sprachgebrauch beziehen, geprüft werden. Nach der bisherigen Auffassung übernimmt Jordanes in Rom. 314 (contra quos Valens ab Antiocia exire conpulsus in Thraciam proficiscitur, ibique lacrimabili bello commisso imperator sagitta saucius in casa deportatur vilissima, ubi supervenientibus Gothis igneque supposito incendio concrematus est.) fast wörtlich Epit. Caes. 46,2 (hic Valens cum Gothis lacrimabili bello commisso sagittis saucius in casa deportatur vilissima; ubi supervenientibus Gothis igneque supposito incendio concrematus est.). Jordanes weicht darin von seiner Vorlage ab, dass er imperator hinzufügt und sagitta im Singular anstatt im Plural verwendet. Diese Wörter hat auch Hier. chron. 249c (lacrimabile bellum in Thracia. … ipse imperator Valens, cum sagitta saucius fugeret et ob dolorem nimium saepe equo laberetur, ad cuiusdam villulae casam deportatus est.) Laut Stover / Woudhuysen, Jordanes 158 folgt Jordanes in Rom. 314 nicht Epit. Caes. 46,2, sondern Hier. chron. 249c. Es sei unwahrscheinlich,

Die Berücksichtigung verlorener Quellen wird hier aus der philologischen Argumentation ausgeklammert, vgl. den phil. Komm. zu 1,12 maioris emolumenti spe mit Anm. 2. 2 Dagegen spricht nicht, wie Festy, Abrégé XLII meint, dass eine verlorene panegyrische Quelle die Vorlage für Kap. 48 geliefert hat. Festy schätzt insgesamt die Eigenständigkeit des Epitomators in der Bearbeitung seiner Vorlagen als sehr gering ein, s. Abrégé XLI f. 1

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dass Jordanes Hieronymus als Hauptquelle verlassen und auf die Epitome de Caesaribus zurückgegriffen habe. Dagegen ist einzuwenden, dass Jordanes auch sonst verschiedene Quellen kombiniert, vgl. die von Galdi, Late sparsa 372 f. angeführten folgenden Beispiele: Rom. 258 (cuius [sc. Archelai] et regnum, postquam defunctus est, in provinciam verso [sc. Tiberius] Mazacam civitatem eius de nomine suo Caesaream vocitavit.): In der absoluten Partizipialkonstruktion regnum … verso stammt die Form verso aus Hier. chron. 172c (cuius regno in provinciam verso Mazacam nobilissimam civitatem Caesariam appellari iussit), regnum hingegen aus Eutr. 7,11,2 (Archelaum Cappadocem, cuius etiam regnum in provinciae formam redegit). Rom. 290 (qui [sc. Aurelianus] mox Tetricum apud Catalaunos prodente exercitum suum Gallias recepit): Die syntaktische Struktur von Tetricum … prodente resultiert aus der Kombination von Hier. chron. 222d (Aurelianus Tetrico aput Catalaunos prodente exercitum suum Gallias recepit) und Eutr. 9,13,1 (superavit in Gallia Tetricum apud Catalaunos ipso Tetrico prodente exercitum suum). 1 In Iord. Rom. 314 erfüllen die beiden mit Hier. chron. 249c parallelen Merkmale jeweils eine bestimmte Funktion: imperator wird bei Jordanes nicht wie bei Hieronymus als Attribut zu Valens, sondern syntaktisch redundant nach ibique als Wiederaufnahme des Subjekts Valens verwendet. Die Tatsache, dass Jordanes den Singular sagitta statt des Plurals sagittis der Vorlage Epit. Caes. 46,2 verwendet, ist zunächst vor dem Hintergrund zu sehen, dass Jordanes auch in von ihm sonst weitgehend unverändert übernommenen Partien kleinere syntaktische Änderungen vornimmt (z. B. des Tempus: Probus tumultu militari aput Sirmium in turre, quae vocatur ferrata, occiditur [Hier. chron. 224e] / ipse quoque imperator Probus tumultu militari Sermio in turre, quae vocatur ferrata, occisus est [Iord. Rom. 293] oder des Kasus: Valentinianus egregius alias imperator et Aureliano moribus similis [Hier. chron. 244a] / ipse vero egregius et Aureliani similis moribus [Iord. Rom. 307]).

Jordanes vermengt öfters auch ohne Rückgriff auf verschiedene Quellen Accusativus und Ablativus absolutus, s. Galdi, Jordanes 260. Dies schließt jedoch laut Galdi, Jordanes 270 die Kontamination der Quellen nicht aus. 1

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Die Verwendung des Singulars sagitta bei Jordanes (angeregt durch Hieronymus oder als spontane Variation) 1 könnte durch Vergil 12,651 f. (vectus equo spumante Saces, adversa sagitta / saucius ora) beeinflusst worden sein. Stover / Woudhuysen, Jordanes 156 Anm. 27 verweisen zwar auf einschlägige Literatur zur möglichen Vergilkenntnis des Jordanes, halten aber die entsprechenden Reminiszenzen bei Jordanes für bloße Übernahmen aus Hieronymus. Aber auch in Iord. Get. 134 (verum quid non auri sacra fames compellit adquiescere?) liegt ein Vergilzitat (Aen. 3,56 f.: quid non mortalia pectora cogis, / auri sacra fames) vor, vgl. B. Swain, Jordanes and Virgil: A Case Study of Intertextuality in the Getica, CQ 60 (2010) 245 f. Insgesamt finden sich in den Getica deutlich mehr Vergilreminiszenzen als in den Romana, vgl. L. van Hoof, Vergilian allusions 171–85. Zwar kommen lacrimabile bellum und sagitta saucius auch bei Hieronymus vor, aber nicht alle Bezugnahmen auf Vergil gehen auf Quellen des Jordanes zurück, vgl. van Hoof, Vergilian Allusions 182 sowie van Hoof / van Nuffelen, Jordanes 98 Anm. 493. Dies zeigt sich vor allem an zwei Stellen in den Romana, an denen der Wortlaut der Quelle durch Jordanes möglicherweise in Anlehnung an Vergil abgeändert wird, nämlich Rom. 130 (per Italiam baccabantur statt Florus 1,13,4 per Italiam vagantur; vgl. Verg. Aen. 4,300 f. per urbem bacchatur) sowie Rom. 95 (Ianumque bifrontem statt Florus 1,2,3 Ianumque geminum; vgl. Verg. Aen. 7,180 Ianique bifrontis), vgl. auch Hartke, Kinderkaiser 437 f. Wölfflin, Jordanes 362 nimmt an, dass Jordanes sowohl die Aeneis als auch die Georgica im ganzen gelesen hat. 2 In der Zeit des Jordanes kann die Kenntnis Vergils als Schulautors bei einem gewissen Bildungsgrad vorausgesetzt werden. Es lässt sich nicht endgültig klären, ob die Hinzufügung von imperator oder die Verwendung des Singulars sagitta durch Jordanes von Hieronymus beeinflusst sind oder eine selbständige Variation darstellen. In jedem Fall sprechen diese Abweichungen nicht gegen Epit. Caes. 46,2 als Vorlage.

Der Plural sagittis hat inhaltlich gegenüber dem Singular den Nachteil, dass nicht einleuchtet, warum der Imperator erst von mehreren Pfeilen getroffen sein muss, um in Sicherheit gebracht zu werden; ein Pfeil genügt. 2 Dem Verfasser der Epitome de Caesaribus wiederum lag laut Wölfflin, Epitome 453 schon in Epit. Caes. 42,18 (felix bellis civilibus, externis lacrimabilis) eine Anspielung auf Vergil Aen. 7,604 (sive Getis inferre manu lacrimabile bellum) im Sinn. Dem Epitomator können unabhängig von den mit Jordanes parallelen Passagen Vergilkenntnisse zugetraut werden. Vgl. auch den phil. Komm. zu Epit. Caes. 1,9 Indi … Aethiopes. 1

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Laut Stover / Woudhuysen, Jordanes 158 f. wird in der Epitome de Caesaribus nur in 46,2 (in casa deportatur vilissima) in bei einem Verb der Bewegung mit dem Ablativ verbunden. Jordanes hingegen konstruiere bei Verben der Bewegung in sowohl mit dem Akkusativ als auch mit dem Ablativ. Die in Anm. 36 angeführten Belege aus der Epitome de Caesaribus scheinen diesen Befund zu bestätigen. Epit. Caes. 41,2 (in Britanniam pervenit) ist allerdings nicht brauchbar, da der Ausdruck die Tilgung des außer im Codex Salisburensis der vulgärlateinischen Fassung durchgängig überlieferten situm voraussetzt. Alle Hss. der direkten und die meisten der indirekten Überlieferung haben et ad patrem in Britanniam situm pervenit; vgl. Komm. zu Epit. Caes. 41,2 in Britannia situm. Es sind jedoch weitere, von Stover / Woudhuysen nicht genannte, Stellen zu berücksichtigen: In Epit. Caes 1,4 (in provinciae formam redegit) haben die Hss. B und I forma. Dies ist aufgrund der Überlieferungslage eine gleichberechtigte, nach Stovers eigener Annahme des dreigeteilten Stemmas sogar die gegenüber formam besser belegte Lesart. 1 In Epit. Caes. 11,11 (ascita etiam in consilium tyranni uxore Domitia) haben die Hss. B und I sowie Landolfus in consilio. In Epit. Caes. 45,4 (hic [sc. Valentinianus] Valentem, consanguineum suum, sibi socium in imperio ascivit) ist in imperio einheitlich überliefert.2 Aufschlussreich ist hier der Vergleich mit Aurelius Victor (quem paulo ante in liberos asciverat [Caes. 4,15]; in familiam atque imperium ascivit [Caes. 16,1]; adscito in consilium Iovio [Caes. 40,8]). Der Epitomator konstruierte also auch außerhalb der mit Jordanes parallelen Stelle in bei einer Richtungsangabe mit dem Ablativ. Der Ausdruck utramque rem publicam utrisque filiis relinquens (Epit. Caes. 48,19) hätte laut Stover / Woudhuysen, Jordanes 161 f. am Ende des 4. Jh. nicht verwendet werden können; zur Vorstellung von den zwei Reichsteilen s. den hist. Komm. zu 48,19 einen der beiden Reichsteile. In sprachlicher Hinsicht ist zu bemerken, dass das stilistische Mittel des Polyptotons bereits in Epit. Caes. 48,9 (magno … magna) verwendet wird. Die Stover, Epitome 269 ordnet die Hs. B einem eigenen Zweig zu. Dieser Annahme soll hier nicht gefolgt werden, s. o., S. 109 f. Das Stemma ist zweigeteilt, wobei auf der einen Seite die Hss. ABCGFHEZJ [zusammengefasst unter der Sigle μ] stehen, auf der anderen Seite die Hs. I. Im Falle der Hs. B ist mit gelegentlicher Kontamination aus I zu rechnen. 2 Dass der Epitomator nicht konsequent verfuhr, zeigt der Ausdruck ascitus in militiam in Epit. Caes. 45,3. Allerdings haben auch hier einige Paulus-Hss. sowie Landolfus militia. 1

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evtl. historische Ungenauigkeit könnte aus dem Wunsch nach rhetorischer Ausschmückung der Schlusspartie resultieren. Die Formulierung humanis rebus excedere wird nach Stover / Woudhuysen, Jordanes 162 mit Anm. 52 ausschließlich in christlichem Zusammenhang verwendet. Als einzige Ausnahme wird Cod. Theod. 9,12,2 (si quando igitur servi … rebus humanis excedunt) angeführt. Das Gesetz werde zwar auf 326 datiert, es sei aber nicht anzunehmen, dass dies der ursprüngliche Gesetzestext und nicht eine Paraphrase aus dem 5. Jh. sei. Dagegen ist einzuwenden, dass selbst eine solche Paraphrase zeitlich nicht weit entfernt von der bisher angenommenen Abfassungszeit der Epitome de Caesaribus wäre. Es ist aber auch zu bedenken, dass die Redaktoren des Codex Theodosianus vom ursprünglichen Wortlaut der Gesetzestexte nicht ohne guten Grund abgewichen sind. 1 Der originale Wortlaut wurde wahrscheinlich nach der Aussonderung von Überflüssigem und der Bereinigung von Unklarheiten beibehalten, vgl. J. Matthews, Laying down the law. A study of the Theodosian code, New Haven 2000, 290 und P. Riedlberger, Prolegomena zu den spätantiken Konstitutionen, Stuttgart 2020, 148 Anm. 220. Es ist vor diesem Hintergrund schwer vorstellbar, warum ein Bearbeiter zur Verdeutlichung des Sachverhalts einen Begriff für „sterben“ zu rebus humanis excedere hätte ändern sollen. Auch in Epit. Caes. 14,2 (proinde omnino ad ista et facetus, ut elegantius umquam raro quicquam humanae res expertae videantur) wird humanae res im Sinne von „Welt“ verwendet; in Epit. Caes. 9,18 („stantem“, ait, „imperatorem excedere terris decet“) findet sich excedere terris. Eine Kombination von beidem muss nicht zwingend für Jordanes als Vorlage sprechen. 2 Laut Stover / Woudhuysen, Jordanes 163 werde Eugenius in Epit. Caes. 48,7 (hic etenim Eugenius confisus viribus Arbogastis, postquam apud Viennam Valentinianum exstinxerat, regnum invasit) eindeutig als Mörder Vgl. Cod. Theod. 1,1,5 (post haec, ut constitutionum ipsa etiam verba, quae ad rem pertinent, reserventur, praetermissis illis, quae sanciendae rei non ex ipsa necessitate adiuncta sunt) und Cod. Theod. 1,1,6 (quod ut brevitate constrictum claritate luceat, adgressuris hoc opus est demendi supervacanea verba et adiciendi necessaria et demutandi ambigua et emendandi incongrua tribuimus potestatem) sowie J. Matthews, The making of the text 23 f., in: The Theodosian code. Studies in the imperial law of Late Antiquity, ed. J. Harries / I. Wood, London 1993, 19–44 und P. Riedlberger / I. Niemöller: Paul Krüger, Theodor Mommsen, and the Theodosian Code, in: Roman Legal Tradition 17 (2021) 4. 2 Im übrigen ist auch der Ausdruck in pace (Epit. Caes. 48,19) eine christliche Formel, die ebenfalls von Jordanes mehrfach verwendet wird, s. Galdi, Jordanes 156 Anm. 117 und ThLL s. v. pax Sp. 874,17 ff. 1

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Valentinians genannt. Dies sei bei einem zeitgenössischen Verfasser der Epitome de Caesaribus nicht vorstellbar. In sprachlicher Hinsicht entfällt dieses Bedenken 1, wenn man nicht Eugenius, sondern Arbogast als Subjekt des postquam-Satzes versteht. Subjektswechsel finden sich auch sonst in der Epitome de Caesaribus: Epit. Caes. 34,2 hunc plerique putant Gordiano satum, dum adulescens (sc. Gordianus) a muliere matura institueretur ad uxorem. hic Claudius Gallieni morientis sententia imperator designatur; ad quem Ticini positum per Gallonium Basilium indumenta regia direxerat (sc. Gallienus). Epit. Caes. 41,25 quem Constantius non post multos dies regno exuit, grandaevae aetati non vitam modo, sed etiam voluptarium otium concedens; fuit (sc. Vetranio) autem prope ad stultitiam simplicissimus. 2 Stover / Woudhuysen, Jordanes 164 f. weisen darauf hin, dass der Ausdruck sed mox simul cum vita imperium perdidit. (Epit. Caes. 48,7) einer Reihe von ähnlichen Wendungen bei Jordanes entspricht. Dies hat bereits Hartke, Kinderkaiser 431 festgestellt, der als Vorbild Sall. Iug. 5,5 (sed imperii vitaeque eius finis idem fuit) nennt. Die Tatsache, dass eine auch sonst aus Sallust übernommene Wendung (Stover / Woudhuysen selbst nennen Ammian 16,5,15 ad usque imperii finem et vitae), die in der Epitome de Caesaribus einmal vorkommt, von Jordanes öfters gebraucht wird, begründet kein umgekehrtes Abhängigkeitsverhältnis. Dies gilt auch für die beiden folgenden sprachlichen Erscheinungen: Die Partikel etenim wird von Jordanes häufig verwendet, s. Stover / Woudhuysen, Jordanes 165 Anm. 66. Außerhalb von Epit. Caes. 48,7 (hic etenim Eugenius) erscheint sie nur noch einmal in Epit. Caes. 16,2 (iste virtutum … defensor obiectus est. etenim nisi ad illa tempora natus esset, Zur inhaltlichen Dimension des Arguments s. den Komm. zu Epit. Caes. 48,7 in Vienne ermordet hatte. 2 Zum Subjektswechsel vgl. auch Sörbom, Variatio sermonis Tacitei 139 f., der u. a. Tac. ann. 4,14,7 (nam cives Romanos templo Aesculapii induxerant [sc. Coi], cum iussu regis Mithridatis apud cunctas Asiae insulas et urbes trucidarentur [sc. cives Romani]) anführt. Sörbom weist darauf hin, dass ein Subjektswechsel besonders bei fehlendem Personalpronomen hart erscheinen kann (z. B. Liv. 1,7,2 vulgatior fama est ludibrio fratris Remum novos transiluisse muros; inde ab irato Romulo, cum verbis quoque increpitans adiecisset [sc. Romulus], „Sic deinde, quicumque alius transiliet moenia mea“ interfectum.). Ein (möglicher) Subjektswechsel findet sich Eutr. 6,22,2 (Caesar … regnum Cleopatrae dedit, Ptolomaei sorori, cum qua consuetudinem stupri habuerat.). Hier könnte das grammatische Subjekt zu habuerat sowohl Ptolemaios als auch Caesar sein, wenn auch aus inhaltlichen Gründen Caesar vorzuziehen ist, vgl. Groß, KFHist B 3,217. 1

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profecto quasi uno lapsu ruissent omnia status Romani). Bei Jordanes erfüllt die Junktur hic etenim eine typische Funktion. etenim und andere Partikel markieren oft den Übergang von einer Quelle zur anderen oder den Wechsel von Paragraphen innerhalb derselben Quelle, vgl. Galdi, Late sparsa 364 und ders., Jordanes 190 und 320 mit Anm. 82. 1 Laut Galdi fügt die Formel hic etenim neue Informationen zu einer zentralen Einheit, meist dem römischen Kaiser, hinzu, vgl. auch ThLL s. v. etenim Sp. 920,83–921,2. Die Verbindung von hic etenim mit einem Eigennamen ist aber nicht auf Jordanes beschränkt, sie findet sich auch Rufin. hist. 3,31,2 (hic etenim Polycrates Victori episcopo urbis Romae scribens). Die Wiederholung des Eigennamens nach dem Demonstrativpronomen hic wie in hic etenim Eugenius (Epit. Caes. 48,7) tritt in der Epitome de Caesaribus auch sonst häufig auf (ab hoc Severo [19,3]; hic Severus [20,3]; hic Bassianus [21,2]; hic Claudius [34,2]; hic Carinus [38,7]; hic Licinius [41,8]; hic Valentinianus [45,5]; hic Valens [46,2]), vgl. den phil. Komm. zu 19,3 ab hoc Severo. Wölfflin, Epitome 448 sieht in der Häufigkeit der Erscheinung eine stilistische Eigentümlichkeit des Epitomators. 2 Laut Stover / Woudhuysen, Jordanes 165 f. spricht die mehrfache Verwendung von vindicare, welches in der Epitome de Caesaribus ein Hapax legomenon darstellt, für das umgekehrte Abhängigkeitsverhältnis. Das Verb ist aber so verbreitet, dass es nicht zwingend aus Jordanes stammen muss (vgl. Cic. Marcell. 6 [maximam vero partem quasi suo iure Fortuna sibi vindicat]; Tac. Agr. 27,1 [iniquissima haec bellorum condicio est: prospera omnes sibi vindicant, adversa uni imputantur]; Suet. Tit. 5,3 [unde nata suspicio est quasi desciscere a patre Orientisque regnum sibi vindicare temptasset]; Eutr. 9,8,2 [Parthi Mesopotamia occupata Syriam sibi coeperant vindicare]). Stover / Woudhuysen, Jordanes 166–68 stellen in den mit Jordanes parallelen Partien der Epitome de Caesaribus eine auffällige Häufung von Galdi, Jordanes 320 Anm. 81 weist auch darauf hin, dass die verwandte Iunktur hic enim bereits in früheren Epochen verbreitet ist. Die von ihm genannte computerbasierte Statistik von A. Machtelt Bolkestein und M. van de Grift (Participant tracking in latin discourse, in: Linguistic studies on Latin, ed. by József Herman, Selected papers from the 6th International Colloquium on Latin Linguistics [Budapest, 23–27 March 1991] 1994, 296) bildet die jeweilige Häufigkeit der Kombination der Pronomina hic, is, ille mit den Partikeln enim, nam, igitur, ergo, autem und at ab. Dabei erweist sich die Kombination hic enim als die häufigste (123x), gefolgt von is enim (104x). Unter den Prosatexten, die für diese Statistik ausgewertet wurden, befinden sich u. a. die Schriften von Caesar, Livius, Sallust, Tacitus. 2 Vgl. jedoch auch Ruf. Fest. 22,1 hic Alexander und Eutrop 4,20,1 hic Eumenes. 1

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akzentuierenden rhythmischen Klauseln 1 fest. Diese gehe über das sonst in der Epitome de Caesaribus Übliche hinaus, vgl. die Analyse von Epit. Caes. 45 bei Stover / Woudhuysen, Jordanes 167 Anm. 69. Da Jordanes selbst solche Klauseln konsequent verwende, habe nicht er die Textpartien aus der Epitome de Caesaribus übernommen, sondern umgekehrt. Die Doxographie bei Stover / Woudhuysen, Jordanes 166 Anm. 68 ist zu präzisieren und zu ergänzen: Laut C. U. Clark, Review of C. C. Mierow, The Gothic History of Jordanes (Princeton 1915), Classical Weekly 9 (1915) 15 f. verwendet Jordanes den akzentuierenden Rhythmus. Als Beispiel wird der zweite Satz aus Get. 151 angeführt, der durchgängig rhythmisch sei. Laut Clark habe Mommsen viele rhythmische Lesarten in den Apparat verbannt. Diese Argumentation birgt die Gefahr einer petitio principii. D. Bianchi, Note sui Getica di Giordane e loro clausule, Aevum 30 (1956) 245 f., kommt zu dem Schluss, dass nicht jede Periode des Jordanes mit einer Klausel ende. D. R. Bradley, In altum laxare vela compulsus: The „Getica“ of Jordanes, Hermes 121 (1993) 220 f. und Some Textual Problems in the „Getica“ of Jordanes, Hermes 125 (1997) 217 Anm. 12 nimmt eine Verwendung des Cursus bei Jordanes an, der in den Getica in den von Jordanes selbst verfassten Partien bei circa 60 % liegt, in den quellenabhängigen Partien dagegen deutlich höher. Bezüglich der Romana stellt er, Hermes 121 (1993) 229 f. für Rom. 332 und 333 sowie für Rom. 349–53 einen hohen Anteil an rhythmischen Satzschlüssen fest, wobei er auch den Trispondaicus (Rom. 349 Augustum concitavit) berücksichtigt (zum Trispondaicus s. unten). Insgesamt dient Bradleys metrische Untersuchung der Identifizierung des Einflusses der Quellen auf Jordanes. Sein Resümee, Hermes 125 (1997) 227 lautet: „rhythmical cadences are not a thorough-going feature of the Getica“. Laut Hartke, Kinderkaiser (von Stover / Woudhuysen nicht angeführt) 427 ist in Iord. Get. 15,83–88 der Cursus bis auf wenige Stellen beachtet. Dies ist aber nicht zu verallgemeinern, vgl. Hartke, Kinderkaiser 429: „Jordanes kennt den Cursus, wendet ihn aber nicht konsequent an. Die aus Rufinus abgeschriebene Einleitung ist nicht im Sinne des Cursus umstilisiert worden. Ebenso fehlt der Rhythmus am Schluß der Getica, der von Jordanes selbst stammt.“ Auch bei Hartke dient die Feststellung, dass der Cursus bei Jordanes in einer bestimmten Partie vermehrt auftritt, der Identifizierung Entsprechend den spätantiken Gesetzmäßigkeiten: Cursus planus, Cursus tardus, Cursus velox, Cursus octosyllabicus, vgl. H.-Sz. 717. 1

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seiner Quelle, s. Kinderkaiser 432: Das Symmachusexzerpt zeige den Cursus nahezu in Vollendung. Auch Paschoud, Vie des deux Maximins 30 konstatiert zwar aufgrund eines „examen même très rapide“ eine weitgehende Berücksichtigung der Regeln des Cursus in den Werken des Jordanes, schreibt aber, Vie des deux Maximins 45 die Beachtung des Cursus in Get. 83,5–88,5 Symmachus zu. Der von Stover / Woudhuysen, Jordanes 166 („As has been amply demonstrated in existing scholarship, accentual rhythm is a standard feature of Jordanesʼ prose“) erweckte Eindruck einer communis opinio in den einschlägigen Untersuchungen trifft weder hinsichtlich der Kriterien noch der Ergebnisse zu. Die Verwendung des Cursus bei Jordanes hängt dagegen stark von den vorliegenden Quellen ab und erfolgt nicht konsequent. Dies soll an einigen Beispielen erläutert werden: In Rom. 255 formuliert Jordanes die Vorlage Eutr. 7,8 civilissime vixit (cursus planus) 1 zu dem unrhythmischen Satzschluss civilissimus in omnibus um. Dies stellt ein Gegenbeispiel dar zu der von Stover / Woudhuysen, Jordanes 167 angeführten Änderung des unrhythmischen vir egregius et rem publicam insigniter moderaturus (Eutr. 10,16,2) zu dem Octosyllabicus vir egregius et rem publicam necessarius (Rom. 304). In einigen aus Hieronymus übernommenen Partien der Romana ist bei Jordanes eine Anwendung von rhythmischen Klauseln zu beobachten. Valentinianus in Brittania, antequam tyrannidem inváderet, oppréssus (Hier. chron. 246c, Trispondaicus [drei unbetonte Silben zwischen zwei Wortakzenten und eine unbetonte Silbe nach dem letzten Akzent] 2) wird zu Valentinianus in Brittania tyrannidem adsumens in continénti oppréssus est (Rom. 308, Cursus tardus mit Hiat). Nahezu unverändert übernommen wird Hier. chron. 248b (Valens lege data, ut mónachi militárent, nolentes fustibus iússit intérfici) in Rom. 312 (Valens imperator lege data, ut mónachi militárent [cursus velox], nolentesque iússit intérfici [cursus tardus]; ebenso: Hier. chron. 248h (qui … ad rebellándum coácti sunt) in Rom. 313 (qui venientes … rebelláre coácti sunt [cursus tardus]); Hier. chron. 249a Eutrop selbst wendet die Klauselgesetze nicht konsequent an, vgl. Hartke, De saeculi quarti exeuntis historiarum scriptoribus quaestiones, Leipzig 1932, 12. 2 Laut Stover / Woudhuysen, Jordanes 166 bestand eine Neigung, den Trispondaicus zu vermeiden. Dies ist in dieser allgemeinen Form nicht unumstritten, vgl. St. Oberhelman, The Cursus in Late Imperial Latin Prose: A Reconsideration of Methodology, CPh 83 (1988) 137 f. 1

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(superatis… Romanis … fundúntur in Thrácia) in Rom. 313 (superatisque Romanis … fundúntur in Thrácias [cursus tardus]). In diesen Fällen resultieren die rhythmischen Satzschlüsse bei Jordanes aus der Übernahme der Vorlage. 1 Die Argumentation von Stover / Woudhuysen erweist sich als methodisch unsicher. Auf der Verwendung des Prosarhythmus basierende Argumente für eine Abhängigkeit der Epitome de Caesaribus von Jordanes können nur dann schlüssig sein, wenn Jordanes in den nicht mit der Epitome de Caesaribus parallelen Partien rhythmische Satzschlüsse unabhängig von seinen Quellen immer verwenden würde, die Epitome de Caesaribus dagegen sonst niemals. Dazu kommt die grundsätzliche Schwierigkeit, dass es nicht leicht feststellbar ist, wann die Anwendung des Cursus bei einem Autor bewusst erfolgt. Hilfreich sind in diesem Zusammenhang Zeugnisse, die ein entsprechendes Interesse des Autors an Metrik belegen, wie z. B. im Falle des Polemius Silvius, vgl. Song, KFHist B 6,171 f. In Epit. Caes. 46,2 decken sich zwei rhythmische Satzschlüsse mit Jordanes (… deportátur vilíssima … incéndio concremátus est). Dies ist zu wenig, um aussagekräftig zu sein. Stover / Woudhuysen, Jordanes 167 bemerken zu in casa deportatur vilissima, dass das Hyperbaton für rhythmische Prosa charakteristisch sei. In der Epitome de Caesaribus sind aber auch sonst Hyperbata zu beobachten: morte … per formidinem voluntaria (39,7), obtento … regimine (41,11). Die Verbindung eines Partizips Perfekt Passiv mit est am Satzende kommt in der Epitome de Caesaribus sehr häufig im Rhythmus des (spontan auftretenden) Cursus octosyllabicus vor: 1,1 Augústus cognominátus est; 2,2 vinoléntiam nominátus est; 10,11 saépius obtestátus est; 14,2 Graéculus appellátus est; 21,2 Caracálla cognominátus est (mit direkt vorangehendem Cursus tardus [nómine díctus est] wie in 46,2). In der längeren parallelen Partie von Epit. Caes. 48,5–7 und Rom. 315– 17 wird die Folge der rhythmischen Satzschlüsse (defénsor exímius [cursus tardus], Húnnos et Góthos [cursus planus], Valénte defatigássent [cursus velox], proéliis vícit [cursus planus] durch das unrhythmische pácem pépigit unterbrochen; es folgen in Epit. Caes. 48,6 (= Rom. 316) parallel aútem tyránnum (cursus planus) und Gállias vindicábat (cursus velox). Der Rest von Epit. Caes. 48,6 stimmt nicht mit den Romana überein. Weitere Helm, Einleitung, in: Eusebius Werke, Siebenter Band, Die Chronik des Hieronymus – Hieronymi Chronicon (GCS 47) XXI hält eine Berücksichtigung der Klauselgesetze bei Hieronymus für wahrscheinlich. 1

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parallele rhythmische Satzschlüsse setzen wieder mit Epit. Caes. 48,7 (= Rom. 317) ein: mílibus pugnatórum (cursus velox), víribus Arbogástis (cursus velox), Valentiniánum exstínxerat (cursus tardus), régnum invásit (cursus planus), impérium pérdidit (cursus tardus). Was sich in der Argumentation von Stover / Woudhuysen wie eine lange Reihe rhythmischer Satzschlüsse in einer zwischen der Epitome de Caesaribus und den Romana des Jordanes parallelen Partie ausnimmt, sind Folgen von maximal fünf rhythmischen Klauseln ohne Unterbrechung. H. Zernial, Über den Satzschluss 114 f. kommt nach einer vergleichenden Analyse einzelner Schriften (u. a. von Sallust und Sueton) zu dem Ergebnis, dass auch bei Schriftstellern, die nicht im akzentuierenden Rhythmus schreiben, eine spontane Folge von fünf bis sieben Akzentklauseln relativ häufig sei. Einige der rhythmischen Klauseln aus Epit. Caes. 48,5–7 haben verbale und/oder syntaktische Entsprechungen in früheren Kapiteln, wo sie ebenfalls (oft mit spontanem rhythmischen Cursus) am Satzende stehen: 48,5 defénsor exímius / 16,1 defénsor obiéctus est 48,5 proéliis vícit / 11,1 Germanósque devícit; 42,4 dímicans vícit 48,7 mílibus pugnatórum / 40,3 mílibus nóvem 48,7 Valentiniánum exstínxerat / 4,3 abstinéntes exstíncti sunt; 14,9 e senátu exstínxit; 16,5 ánno exstínctus est; 29,1 béllo exstínctus est; 31,2 pósitum exstingúitur; 47,2 in béllo exstínxit; 47,7 móra exstínxit 48,7 régnum invásit / 45,7 regnum invádens exstínguitur (cursus tardus bei konsonantischem u) 48,7 impérium pérdidit / 10,8 impérium cépit; 12,2 impérium suscepísset; 13,6 impérium arripúerat; 39,1 impérium súmeret 48,19 quiétam relínquens / 42,1 ílli coniúngens Diese Entsprechungen zeigen, dass die rhythmischen Satzschlüsse in Epit. Caes. 48,5–7 nicht auf Jordanes zurückgeführt werden müssen, da sich bei ähnlichen Konstruktionen der Cursus spontan ergibt. Stover / Woudhuysen, Jordanes 166 f. verweisen auf den fehlenden Prosarhythmus des unmittelbar auf die mit Jordanes parallele Partie folgenden Textes Epit. Caes. 48,8 (fuit autem Theodosius … picturae docent). Es muss aber der gesamte Rest des rhetorisch ausgefeilten Kapitels 48 betrachtet werden. Berücksichtigt werden wie bei Stover / Woudhuysen die Enden von Haupt- und Nebensätzen sowie die Einschnitte vor Nebensätzen, außerdem dem Stil des Epitomators entsprechend die asyndetischen Reihen von Nominalformen und Infinitiven sowie andere syntaktische Einschnitte. Dabei soll es nicht um statistische Werte gehen,

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sondern darum, ob der Prosarhythmus neben anderen sprachlichen Mitteln zur Ausschmückung eingesetzt wird. Ob dies bewusst geschieht, ist dabei zweitrangig. Das onus probandi besteht nicht darin, zu zeigen, dass die Endungen sämtlicher syntaktischer Einschnitte den Klauselgesetzen gehorchen, sondern darin, dass rhythmische Klauseln in Kap. 48 so selten sind, dass zwingend die Abhängigkeit der Epitome de Caesaribus von Jordanes in den wenigen übereinstimmenden Paragraphen angenommen werden muss: Cursus planus (óooóo): 48,8 éminens státus … ós absque éo (ohne Elision) … óculi érant (ohne Elision); 48,9 díci quéat 1… videátur transférri … céteris pútans …effúsius in bónos (konsonantisches i) … erudíta mirári … ánimo mágna ; 48,10 támquam sorórum; 48,11 mediócriter dóctus; 48,13 rébus indígnis … sevéra praecépta; 48,14 habuítque a natúra (mit Elision von -que) … philosophíae doctóre 2; 48,15 irásci coepísset; 48,16 rárae virtútis; 48,18 aurésque ad se tráhunt (mit Elision) … habére pro súis … convívium dáre … gravitáte iocúndo … cóncors marítus … quiétam relínquens (parallel mit Jordanes). Cursus tardus (óooóoo): 48,9 aéque dilígere … contubérnio cógnitos (Alliteration) … offícia probáverat (2. i konsonantisch); 48,10 Traiánus aspérsus est … bélla non móverit … ét continéntiae; 48,15 interiéctu languésceret (zweites u konsonantisch); 48,16 mélior haud dúbie (erstes i konsonantisch) … civílem victóriam; 48,17 praédia concédere (konsonantisches i); 48,18 quía occúlta sunt (mit Hiat); 48,19 ád lassitúdinem … cúm esset ótium (mit Hiat). Cursus velox (óooooóo): 48,8 dígnitas in incéssu; 48,9 céteris munerári; 48,10 cupídinem triumphándi … úsque eo detestátus (mit Elision) … commissatiónibus adhibéri; 48,12 pérfidos et ingrátos; 48,15 fácile commovéri … memória recenséret. Octosyllabicus (óooooóoo): 48,9 hómines honoríficus (Alliteration); 48,20 translátum atque sepúltum est (mit Hiat). Insgesamt akzeptieren Stover / Woudhuysen, Jordanes 168 Anm. 75 die in den Untersuchungen zur Sprache und Syntax der Epitome de Caesaribus Zum silbenbildenden qu vgl. Zernial, Über den Satzschluss 28 und Paschoud, Vie des deux Maximins 36. Paschoud verweist darauf, dass i und u sowohl als silbenbildende Vokale als auch konsonantisch gemessen werden können. Zu konsonantischem i s. auch K.-H. 42,11d und 12a sowie Stotz 3,43 f. und 139. 2 Zur Betonung der vorletzten Silbe von philosophiae vgl. K.-H. 224 f. und 241 Anm. 4 sowie G. Kelly, Ammianusʼ Greek accent, Talanta 45 (2013) 77 f. 1

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durch Wölfflin, Zur Latinität der Epitome Caesarum und Galdi, Syntactic and stylistic remarks on the Epitome de Caesaribus festgestellte Einheit des Werks. Die Aussage jedoch, dass Wölfflins und Galdis Ergebnisse gegen die konventionelle Datierung sprächen (Stover / Woudhuysen, Jordanes 169 Anm. 80: „the implication of their conclusions is that the textʼs language is difficult to square with it being ancient.“), ist nicht zutreffend. Wölfflin1 und Galdi 2 weisen sprachliche Merkmale des Spätlateinischen und syntaktische Vorlieben des Epitomators nach, die einer Entstehung um 400 n. Chr. keineswegs widersprechen. Ein typisches Stilmerkmal des Epitomators in der Tradition Sallusts3 ist die ausgedehnte Verwendung des historischen Infinitivs, vor allem in der deskriptiven Verwendung 4 in Nominalreihen. Dies wird besonders dort deutlich, wo ein Vergleich mit der Vorlage möglich ist. In Epit. Caes. 9,15 (institutum vero uniforme omni imperio tenuit: vigilare de nocte, publicisque actibus absolutis caros admittere, dum salutatur, calciamenta sumens et regium vestitum; post autem negotiis, quaecumque advenissent, auditis exerceri vectatione, deinde requiescere; postremo, ubi lavisset, remissiore animo convivium curabat.) zeigt sich eine auffallende Veränderung der Satzstruktur gegenüber Suet. Vesp. 21 (ordinem vitae hunc fere tenuit. in principatu maturius semper ac de nocte vigilabat, dein perlectis epistolis officiorumque omnium breviariis amicos admittebat, ac dum salutatur et calciabat ipse se et amiciebat postque decisa quaecumque obvenissent negotia gestationi et inde quieti vacabat, accubante aliqua pallacarum, quas in locum defunctae Caenidis plurimas constituerat. a secreto in balineum tricliniumque transibat.). Während Sueton die gewohnheitsmäßigen Handlungen des Kaisers mit finiten Verbformen ausdrückt,

S. den phil. Komm. zu Epit. Caes. 1,26 Nolae; 3,4 sorores suas; 19,3 ab hoc Severo. S. den phil. Komm. zu Epit. Caes. 1,10 adeoque denique … bellum indixerit. 3 Z. B. Sall. Iug. 6,1: qui ubi primum adolevit, pollens viribus, decora facie, sed multo maxime ingenio validus, non se luxu neque inertiae corrumpendum dedit, sed, uti mos gentis illius est, equitare, iaculari; cursu cum aequalibus certare … omnibus tamen carus esse; … in venando agere … ferire … facere … loqui. 4 Zur Unterscheidung von deskriptivem und ingressivem Charakter des historischen Infinitivs s. S. Cavallin, Zur Verwendung des sog. Infinitivus historicus im Latein, Glotta 25 (1936) 59 f. K.-St. 1,135 halten die Bezeichnung infinitivus adumbrativus oder descriptivus für passender als infinitivus historicus. Für die Sache selbst ist das ohne Bedeutung. 1 2

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reiht der Epitomator historische Infinitive aneinander. 1 Aufgrund dieses Vergleichs mit der Vorlage kann man die häufige Verwendung des historischen Infinitivs als eine stilistische Eigentümlichkeit der Epitome de Caesaribus betrachten, vgl. 13,5 (liberalis in amicos et tamquam vitae condicione par societatibus perfrui); 14,7 (acer nimis ad lacessendum pariter et respondendum seriis ioco maledictis; referre carmen carmini, dictum dictui, prorsus ut meditatum crederes adversus omnia); 41,14 (commodissimus tamen rebus multis fuit: calumnias sedare legibus severissimis, nutrire artes bonas, praecipue studia litterarum, legere ipse scribere meditari audire legationes et querimonias provinciarum); 45,5 f. (et in his, quae memoraturus sum, Hadriano proximus: pingere venustissime, meminisse, nova arma meditari, fingere cera seu limo simulacra); 46,3 (in quo probanda haec fuere: fuit possessoribus consultor bonus, mutare iudices rarius, in amicos fidus, irasci sine noxa ac periculo cuiusquam, sane valde timidus); 47,4 (fuit autem Gratianus litteris haud mediocriter institutus: carmen facere, ornate loqui, explicare controversias rhetorum more; nihil aliud die noctuque agere quam spiculis meditari summaeque voluptatis divinaeque artis credere ferire destinata). Diese Eigentümlichkeit zeigt sich vor allem in Kap. 48 (§ 9 simplicia ingenia aeque diligere, erudita mirari, sed innoxia; largiri magno animo magna; amare cives, vel privato contubernio cognitos, eosque honoribus pecunia beneficiis ceteris munerari; § 13 irasci sane rebus indignis, sed flecti cito; § 17 nam et annonae curam sollicitius attendere et auri argentique grande pondus sublati atque expensi a tyranno multis e suo restituere; 2 § 18 patruum colere tamquam genitorem, fratris mortui sororisque liberos habere pro suis, cognatos affinesque parentis animo complecti; elegans laetumque convivium dare, non tamen sumptuosum, miscere colloquia pro personis studiο dignitatibus sermone cum gravitate iocundo). In 41,14 (commodissimus tamen rebus multis fuit), 47,4 (fuit autem Gratianus litteris Zum historischen Infinitiv vgl. Wölfflin, Die Entwicklung 185 f.: Obwohl der Inf. hist. im Spätlatein abgestorben sei, habe er sich in der Sprache der Historiker erhalten. Vgl. auch H.-Sz. 367 f. und 815 (b). 2 Stover / Woudhuysen, Jordanes 172 Anm. 93 deuten diese Infinitive als „explanatory“ in Bezug auf das in § 16 vorangehende melior haud dubie, quod est rarae virtutis, post auctam annis potentiam regalem multoque maxime post civilem victoriam. Der sogenannte epexegetische Infinitiv bezieht sich oft auf ein vorangehendes Demonstrativpronomen (z. B. Cic. Tusc. 3,30 haec est illa praestans et divina sapientia, et perceptas penitus et pertractatas res humanas habere, nihil admirari, cum acciderit, nihil, ante quam evenerit, non evenire posse arbitrari), s. K.-St. 1,665 (c) und ist anders geartet als der historische Infinitiv. 1

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haud mediocriter institutus) und 48,18 (nam illa minutiora … trahunt) wird wie in 9,15 (institutum vero uniforme omni imperio tenuit) den Infinitiven eine allgemeine Aussage vorangestellt. Der historische Infinitiv tritt in der Epitome de Caesaribus vor allem gehäuft auf, kommt aber auch isoliert vor (2,6 denique delatum a patribus principatum [quod quidem astu fecerat] ficte abnuere; 41,21 interim ob Italiae Africaeque ius dissentire statim Constantinus et Constans). In 2,6 hat der Epitomator die finite Form abnuebat aus seiner Vorlage Aur. Vict. 2,1 (deinde Claudius Tiberius Nero … imperium complexus est, cuius nomen astu abnuebat) zu dem historischen Infinitiv abnuere geändert. Die Verwendung des historischen Infinitivs gilt schon für das 4. Jh. als archaisierend und selten, s. H.-Sz. 367 und Galdi, Jordanes 27 Anm. 103. Wölfflin, Jordanes 365 stellt fest, „daß der bei Ammian nur an einer einzigen Stelle gesicherte Inf. hist. im Spätlatein abgestorben sei“. Das letzte ausgedehnte Vorkommen des historischen Infinitivs findet sich bei Sidonius Apollinaris, vgl. H. Köhler, Der Historische Infinitiv in den Briefen des Sidonius, in: Latin vulgaire – latin tardif. Actes du Ve Colloque international sur le latin vulgaire et tardif Heidelberg, 5–8 septembre 1997, Heidelberg 1999, 409–18. Laut Wölfflin, Jordanes 364 f. verstand Jordanes den historischen Infinitiv seiner Vorlage Florus 2,6,23 (interim respirare Romani) nicht mehr und machte ihn deshalb mit einem kräftigen Eingriff von einer finiten Form (Rom. 192 permissum est interim respirare Romani) abhängig, vgl. auch Galdi, Jordanes 26 f. Auch im 6. oder 7. Jh. hätte ein Verfasser eines geschichtlichen Werkes in archaisierender Weise den historischen Infinitiv verwenden können. 1 Dies ist aber sehr unwahrscheinlich vor dem Hintergrund, dass beispielsweise Jordanes trotz seines relativ hohen Bildungsgrads dieses syntaktische Phänomen nicht mehr erkannt hat. Die ausgedehnte Verwendung des historischen Infinitivs in der Epitome de Caesaribus sowie das weitgehende Fehlen von morphosyntaktischen Erscheinungen, welche beispielsweise die Schriften des Jordanes und des Gregor von Tours kennzeichnen (z. B. Nebeneinander und Vermengung von absoluten Akkusativ- und Ablativkonstruktionen, s. Galdi, Jordanes 249 1

Wölfflin, Die Entwicklung 186: „Stirbt der Inf. hist. im Spätlatein ab, woran kaum zu zweifeln ist, so haben wir damit sehr einfach erklärt, warum er den romanischen Sprachen fehlt. … und auch wenn sich vereinzelte Beispiele in der späteren Litteratur auftreiben lassen, könnte man sie leicht auf den Einfluß des in den Schulen behandelten Sallust zurückführen.“

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Anm. 127) 1, sprechen mit großer Wahrscheinlichkeit gegen eine Abfassungszeit des Werks ab dem 6. Jh.

Varianten der Hss. B und I wie formidantem in Epit. Caes. 11,11 (… uxore Domitia … formidante) oder accitum … Theodosium in Epit. Caes. 47,3 (… accito … Theodosio …) stellen die Ausnahme dar. 1

Erklärung der Siglen, Zeichen und Abkürzungen in Text und Apparat A (α) 1 B (β) C (c) G (γ) F (f) H (h) E (ε) Z (ζ) J (η) I (ι) K (κ) L (λ) M (μ) O (ο) X (ξ)

cod. Guelferbytanus 4388 (Gudianus Latinus 84) cod. Guelferbytanus 4435 (Gudianus Latinus 131) cod. Parisinus Latinus 6121 cod. Mediceus plut.66,39 cod. Parisinus Latinus 6810 cod. Augustodunensis BM 39 (S 42) cod. Parisinus Reg. 4955 cod. Bernensis 120 cod. Leidensis Vossianus Latinus F 96 cod. Vaticanus Latinus 3343 ad supplendas codicis I lacunas: cod. Mediceus pluteus 64,36 cod. Vaticanus Urbinas 411 cod. Vaticanus Ottobeurensis Latinus 1223 cod. Vaticanus Ottobonensis Latinus 1507 cod. Vaticanus Latinus 6800

Die im folgenden aufgeführten Träger der indirekten Überlieferung sind bei der Angabe codd. im textkritischen Apparat niemals eingeschlossen. Bamb. (τ) Salisb.

Bamberg. Hist. 3 (H. E. III 14) Salisburensis eccl. cath. 80

μ (M) λ ρ (R)

consensus codd. ABCGFHEZJ 2 consensus Bamb. et Salisb. consensus Land. et λ

Aa.c. Ap.c.

Lesart in A vor der Korrektur (ante correctionem) Lesart in A nach der Korrektur (post correctionem)

Festys Siglen werden in Klammern angegeben, um die Benutzung der Vorgängerausgabe zu erleichtern. Näheres dazu s. Einl., S. 97. 2 Festys Sigle N für den consensus der Hss. B und I wurde nicht beibehalten, s. Einl., S. 108 f. Die Reihenfolge der Handschriften im Apparat weicht im übrigen nicht von der Festys ab. 1

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As.l. Atext. Amarg.

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über der Zeile (supra lineam) übergeschriebene(r) Buchstabe(n) in A Lesart im Text von A Lesart am Rand (in margine) von A

{aaa} ⟨aaa〉 (aaa) ⟦aaa⟧ [aaa] *

vom Editor getilgte Buchstaben vom Editor hinzugefügte Buchstaben vom Editor aufgelöste Abkürzungen vom Schreiber oder anderer Hand getilgte Buchstaben vom Editor in einer Lücke ergänzte Buchstaben vom Schreiber freigelassener Raum im Umfang eines Buchstabens

add. cf. cod(d). corr. del. dub. om. rell. transpos.

addidit confer codex (-ices) correxit (-erunt) vel correctus, -a, -um delevit (-erunt) dubitanter omisit (-erunt) vel omissus, -a, -um reliqui transposuit (-erunt)

Die Belegstellen der im kritischen Apparat angeführten Konjekturen sind im Abkürzungsverzeichnis II (unter Epit., nach Erscheinungsjahr) sowie III (alphabetisch) aufgeführt.

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1. (1) anno urbis conditae septingentesimo vicesimo secundo, ab exactis vero regibus quadringentesimo octogesimoque mos Romae repetitus uni prorsus parendi, pro rege imperatori vel sanctiori nomine Augusto appellato. (2) Octavianus igitur, patre Octavio senatore genitus, maternum genus ab Aenea per Iuliam familiam sortitus, adoptione vero Gai Caesaris maioris avunculi Gaius Caesar dictus, deinde ob victoriam Augustus cognominatus est. (3) iste in imperio positus tribuniciam potestatem per se exercuit. (4) regionem Aegypti inundatione Nili accessu difficilem inviamque paludibus in provinciae formam redegit. (5) quam ut annonae urbis copiosam efficeret, fossas incuria vetustatis limo clausas labore militum patefecit. (6) huius tempore ex Aegypto urbi annua ducenties centena milia frumenti inferebantur. (7) iste Cantabros et Aquitanos, Raetos, Vindelicos, Dalmatas provinciarum numero populo Romano coniunxit; Suevos Cattosque delevit; Sigambros in Galliam transtulit; Pannonios stipendiarios adiecit; Getarum populos Basternasque lacessitos bellis ad concordiam compulit. (8) huic Persae obsides obtulerunt creandique regis arbitrium permiserunt. (9) ad hunc Indi, Scythae, Garamantes, Aethiopes legatos cum donis miserunt. (10) adeo denique turbas bella simultates exsecratus est, ut nisi iustis de causis numquam genti cuiquam bellum indixerit. iactantisque esse ingenii et levissimi dicebat ardore triumphandi et ob lauream coronam, id est folia infructuosa, in discrimen per incertos eventus certaminum securitatem civium praecipitare; (11) neque imperatori bono quicquam minus quam temeritatem congruere: satis celeriter fieri, quicquid commode gereretur; (12) armaque nisi maioris emolumenti spe nequaquam movenda esse, ne compendio tenui, iactura gravi petita victoria similis 4–146,2 Octavianus – potest Frec. 2,1,4 (444,14-445,37) 7 sq. iste – exercuit Land. 7,16 (190,27 sq.) 8 regionem Aegypti Land. 7,10 (184,20) 10–12 ut – inferebantur Land. 7,10 (185,1-4) 19–146,2 adeo – potest Paul. 7,10 (102,11-21), Land. 7,16 (190,14-24) 20–146,2 iactantisque – potest Sed. 80,22,6 (341,13-22)

8 Aegypti regionem Land. 9 forma BI 10 quam ACGFHEZJI, Frec. : qua B : et Land. : sed λ 11 sq. ex aegypto urbi annua codd., Frec. : urbi annua ex aegypto Land. 13 provinciarum ACGFHEZJI, λ : provincias B, Frec. 15 pannonias BI | stipendiariis BI, Frec. 17 regis BI : reges ACGFHEZJ : regem λ 25 maiore Land. : variant codd. Pauli (maior, -ris, -ri) 26 ante iactura add. et ΖJ

(D 3) Epitome de Caesaribus 1. (1) Im siebenhundertzweiundzwanzigsten Jahr seit der Gründung der Stadt, doch dem vierhundertachtzigsten seit der Vertreibung der Könige, wurde in Rom die Sitte wieder aufgenommen, ganz und gar einem einzigen Manne zu gehorchen, der anstelle von „König“ als „Imperator“ oder mit dem ehrwürdigeren Namen „Augustus“ bezeichnet wurde. (2) Daher wurde Octavian, dessen Vater der Senator Octavius war und der das mütterliche Geschlecht durch die Iulische Familie von Aeneas herleitete, zunächst Gaius Caesar genannt wegen der Adoption durch den Großonkel Gaius Caesar, anschließend wegen des Sieges Augustus. (3) Sobald dieser in die Befehlsgewalt eingesetzt war, übte er die tribunizische Gewalt für sich alleine aus. (4) Das Gebiet von Ägypten, das durch die Flut des Nils schwer zugänglich und wegen der Sümpfe unwegsam war, wandelte er in eine Provinz um. (5) Um diese für die Versorgung der Stadt ertragreich zu machen, ließ er die Gräben, die aufgrund längerer Vernachlässigung von Schlamm verschlossen waren, durch die Arbeit von Soldaten öffnen. (6) Zu seiner Zeit wurden aus Ägypten jährlich zwanzig Millionen Scheffel Getreide nach Rom gebracht. (7) Er fügte der Anzahl an Provinzen für das römische Volk die Gebiete der Cantabrer, der Aquitanier, Raeter, der Vindeliker und der Dalmater hinzu. Die Sueben und Chatten vernichtete er; die Sigambrer siedelte er nach Gallien um; die Pannonier fügte er als Tributpflichtige hinzu; die Völker der Geten und Bastarner, die durch Kriege gereizt waren, zwang er zum Frieden. (8) Die Perser boten ihm Geiseln an und überließen ihm die Wahl eines Königs. (9) Zu ihm schickten die Inder, Skythen, Garamanten und Aethiopier Legaten mit Geschenken. (10) So sehr schließlich verabscheute er die Unruhen, Kriege, Rivalitäten, dass er außer aus gerechten Gründen niemals einen Krieg gegen irgendein Volk befahl. Er sagte, es sei ein Zeichen eines prahlerischen und sehr leichtsinnigen Geistes, die Sicherheit der Bürger aus Gier nach einem Triumph und wegen eines Lorbeerkranzes – d. h. unfruchtbare Blätter – durch den unsicheren Ausgang von Kämpfen in eine Krise hinabzustürzen, (11) und nichts sei weniger geeignet für einen guten Imperator als der Leichtsinn: schnell genug geschehe, was auch immer man angemessen tue. (12) Krieg solle man nur in der Hoffnung auf einen größeren Nutzen beginnen, damit der angestrebte Sieg wegen des schweren Verlustes für eine unbedeutende Belohnung nicht

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sit hamo aureo piscantibus, cuius abrupti amissique detrimentum nullo capturae lucro pensari potest. (13) huius tempore trans Rhenum fluvium vastatus est Romanus exercitus atque tribuni et propraetor. quod in tantum accidisse perdoluit, ut cerebri validο incursu parietem pulsaret, veste capilloque ac reliquis lugentium indiciis deformis. (14) avunculi quoque inventum vehementer arguebat, qui milites commilitones novo blandoque more appellans, dum affectat carior fieri, auctoritatem principis emolliverat. (15) denique erga cives clementissime versatus est. (16) in amicos fidus exstitit, quorum praecipui erant ob taciturnitatem Maecenas, ob patientiam laboris modestiamque Agrippa. diligebat praeterea Virgilium Flaccumque poetas. rarus quidem ad recipiendas amicitias, ad retinendas constantissimus. (17) liberalibus studiis, praesertim eloquentiae, in tantum incumbens, ut nullus, ne in procinctu quidem, laberetur dies, quin legeret scriberet declamaret. (18) leges alias novas, alias correctas protulit suo nomine. (19) auxit ornavitque Romam aedificiis multis isto glorians dicto: „urbem latericiam repperi, relinquo marmoream.“ (20) fuit mitis, gratus, civilis animi et lepidi, corpore toto pulcher, sed oculis magis; quorum aciem clarissimorum siderum modo vibrans libenter accipiebat cedi ab intendentibus tamquam solis radiis aspectui suo. a cuius facie dum quidam miles oculos averteret et interrogaretur ab eo, cur ita faceret, respondit: „quia fulmen oculorum tuorum ferre non possum“. (21) nec tamen vir tantus vitiis caruit. fuit enim paululum impatiens, leniter iracundus, occulte invidus, palam factiosus; porro autem dominandi supra quam aestimari potest cupidissimus, studiosus aleae lusor. (22) cumque esset cibi ac vini multum, aliquatenus vero somni abstinens, serviebat tamen libidini usque ad probrum vulgaris famae; nam inter duodecim catamitos totidemque puellas accubare solitus erat. (23) abiecta quoque uxore Scribonia amore 2 sq. huius – propraetor Land. 7,15 (189,15-18) 4 sq. ut – deformis Land. 7,15 (189,19-20) 5–14 avunculi – declamaret Paul. 7,10 (103,1-11) 5–8 avunculi – emolliverat Land. 7,16 (190,25-27), Sed. 80,22,6 (341,22-25) 8–148,8 denique – numero Land. 7,17-18 (190,29-192,4) 8–22 denique – caruit Frec. 2,1,4 (446,38-52) 13 sq. eloquentiae – legeret Helg. 60,6 15–148,5 auxit – sunt Paul. 7,10 (103,12104,7) 17 mitis – lepidi Helg. 60,7 sq. 24–148,2 porro – Drusus Frec. 2,1,4 (446,5255) 2 ante vel post Rhenum add. fluvium Land. λ 4 incussu GFH 11 flaccumque (et flaccum λ) poetas Paul. Land. λ : om. codd., Frec. 18 aciem ACGFHBI, Frec. : acies ΖJ, Paul. (ut vid.) Land. 25 studiosus ACBI, Paul. ρ : studiosimus G : studiosissimus FHΖJ 26 somno ΖJ

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wie ein goldener Haken für die Fischer sei. Der Schaden, nachdem dieser abgebrochen und verloren ist, kann durch keinen Gewinn des Fangs ausgeglichen werden. (13) Zu seiner Zeit wurden ein römisches Heer, die Tribune und ein Proprätor jenseits des Rheins vernichtet. So sehr trauerte er wegen dieser Niederlage, dass er den Kopf heftig gegen die Wand schlug, verunstaltet durch Unordnung von Kleidung und Haar und die übrigen Merkmale von Trauernden. (14) Er tadelte auch heftig eine Neuerung seines (Groß-) Onkels, der die Soldaten auf neue und schmeichlerische Weise als Gefährten bezeichnete, und, während er beliebter zu werden versuchte, die Autorität des Princeps geschwächt hatte. (15) Schließlich war er gegenüber den Bürgern äußerst milde. (16) Er war treu gegen seine Freunde, von denen Maecenas wegen seiner Verschwiegenheit, Agrippa wegen seiner unermüdlichen Tätigkeit und Mäßigung die bedeutendsten waren. Außerdem hielt er die Dichter Vergil und Horaz in Ehren. Es war zwar selten, dass er Freundschaften knüpfte, aber er pflegte sie sehr standhaft zu bewahren. (17) Der literarischen Bildung, besonders der Beredsamkeit, war er so ergeben, dass kein Tag verging, nicht einmal unter Waffen, ohne dass er las, schrieb, deklamierte. (18) Er verabschiedete Gesetze, zum einen neue, zum anderen korrigierte, unter seinem Namen. (19) Er vergrößerte und schmückte Rom durch viele Gebäude, wobei er mit dieser Behauptung prahlte: „Ich habe die Stadt aus Ziegeln vorgefunden, ich hinterlasse sie aus Marmor.“ (20) Er war sanft, anmutig, von bürgerlichem und gewitztem Geiste, am ganzen Körper gutaussehend, aber mit besonders schönen Augen. Wenn er ihren scharfen Blick wie ganz helle Sterne umherschweifen ließ, nahm er gern wahr, dass die Betrachter vor seinem Blick wie vor den Strahlen der Sonne zurückwichen. Als irgendein Soldat von seinem Angesicht die Augen abwandte und von ihm gefragt wurde, warum er das tue, antwortete er: „Weil ich den Glanz deiner Augen nicht ertragen kann.“ (21) Dennoch war auch ein so großer Mann keineswegs frei von Fehlern. Denn er war ein wenig ungeduldig, etwas jähzornig, heimlich neidisch, offen ehrgeizig; ferner aber war er in höchstem Maße, mehr als man glauben kann, begierig zu herrschen, ein eifriger Würfelspieler. (22) Obwohl er sehr bei Speisen und Wein, in einem gewissen Maße enthaltsam beim Schlaf war, war er trotzdem bis zur Schande seines öffentlichen Ansehens der Begierde untertan. Denn er war es gewohnt, zwischen zwölf Knaben und ebenso vielen Mädchen zu liegen. (23) Auch hatte er, gefesselt von der Liebe zu der Gattin eines anderen, seine Gemahlin

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alienae coniugis possessus Liviam quasi marito concedente sibi coniunxit. cuius Liviae iam erant filii Tiberius et Drusus. (24) cumque esset luxuriae serviens, erat tamen eiusdem vitii severissimus ultor, more hominum, qui in ulciscendis vitiis, quibus ipsi vehementer indulgent, acres sunt. nam poetam Ovidium, qui et Naso, pro eo, quod tres libellos amatoriae artis conscripsit, irrevocabili exilio damnavit. (25) quodque est laeti animi vel amoeni, oblectabatur omni genere spectaculorum, praecipue ferarum incognita specie et infinitο numero. (26) annos septem et septuaginta ingressus Nolae morbo interiit, (27) quamquam alii scribant dolo Liviae exstinctum metuentis, ne, quia privignae filium Agrippam, quem odio novercali in insulam relegaverat, reduci compererat, eo summam rerum adepto poenas daret. (28) igitur mortuum seu necatum multis novisque honoribus senatus censuit decorandum. nam praeter id, quod antea patrem patriae dixerat, templa tam Romae quam per urbes celeberrimas ei consecravit cunctis vulgo iactantibus: „utinam aut non nasceretur aut non moreretur!“ (29) alterum pessimi incepti, exitus praeclari alterum. nam et in adipiscendo principatu oppressor libertatis est habitus et in gerendo cives sic amavit, ut tridui frumento in horreis quondam viso statuisset veneno mori, si e provinciis classes interea non venirent. quibus advectis felicitati eius salus patriae est attributa. (30) imperavit annos quinquaginta et sex, duodecim cum Antonio, quadraginta vero et quattuor solus. (31) qui certe numquam aut rei publicae ad se potentiam traxisset aut tamdiu ea potiretur, nisi magnis naturae et studiorum bonis abundasset.

5 sq. nam – damnavit Frec. 2,1,10 (456,43-45) 9–16 annos – moreretur Paul. 7,10 (104,8-16) 9–12 annos – daret Land. 7,21 (194,10-13) 12–16 igitur – moreretur Land. 7,21 (194,15-19) 12–14 igitur – decorandum Frec. 2,1,4 (447,60 sq.) 15 sq. cunctis – moreretur Sed. 80,27,8 (355,16) 17–21 nam – attributa Land. 7,18 (192,4-8) 21–24 imperavit – abundasset Paul. 7,10 (104,22-105,2), Land. 7,21 (194,24-27), Frec. 2,1,4 (446,58-447,1)

2 cui ΖJ 6 amatoriae – damnavit om. μ (in lac. ΑCHJB)| amatoriae artis I : artis amatoriae Land. (de arte amatoria λ) | conscripsit I : scripserat Land. : scripsit λ irrevocabili ρ : om. I | exilio damnavit I : damnavit exilio ρ 9 nolae μ, Paul. : nolo I : nolam Land. (in nola λ) 11 privignae filium codd., Paul. : privignum Land. 15 ei ΑCBI, Paul. Land. : om. GFHΖJ 19 mori codd., Bamb. : emori Land. (occidi Salisb.) 20 felicitati BI, Land. : felicitate ACGFHZJ

Text und Übersetzung

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Scribonia verstoßen und verband sich mit der Livia, als ob es mit Einwilligung ihres Mannes geschehe. Diese Livia hatte bereits zwei Söhne, Tiberius und Drusus. (24) Obwohl er selbst Sklave der Wollust war, bestrafte er dennoch dieses Laster sehr streng an anderen, nach Art der Menschen, die in der Bestrafung derjenigen Fehler hart sind, denen sie selbst leidenschaftlich ergeben sind. So bestrafte er den Dichter Ovid, der auch Naso genannt wird, mit unwiderruflicher Verbannung, weil er drei Bücher über die Kunst der Liebe verfasst hat. (25) Dies ist Zeichen eines heiteren und gefälligen Geistes, dass er sich an jeder Art von Schauspielen erfreute, besonders mit wilden Tieren von unbekannter Art und unbegrenzter Zahl. (26) Er starb, nachdem er das siebenundsiebzigste Lebensjahr erreicht hatte, in Nola an einer Krankheit. (27) Jedoch schreiben andere, dass er durch eine List der Livia ausgelöscht worden sei, weil sie befürchtete, Agrippa, der Sohn ihrer Stieftochter, könne sie büßen lassen, wenn er zur Regierung gelange, da sie erfahren hatte, dass dieser, dessen Verbannung auf eine Insel ihr stiefmütterlicher Hass bewirkt hatte, Erlaubnis zur Rückkehr erhalten habe. (28) Mag nun Augustus eines natürlichen oder gewaltsamen Todes gestorben sein, der Senat beschloss, sein Andenken durch viele neue Ehrenbezeugungen zu schmücken. Denn außer, dass er ihn schon vorher Vater des Vaterlandes genannt hatte, weihte er ihm Tempel in Rom und in den wichtigsten Städten, und allgemein wurde laut geäußert: „Wenn er doch entweder nicht geboren oder nicht gestorben wäre.“ (29) Sein schändlicher Beginn ist die eine Sache, sein treffliches Ende die andere. Denn während er mit der Erlangung des Principats beschäftigt war, hielt man ihn für einen Unterdrücker der Freiheit; in der Ausübung des Principats aber liebte er die Bürger so sehr, dass er, als einmal offensichtlich in den Speichern nur noch Getreide für drei Tage vorhanden war, an Gift zu sterben beschlossen hatte, wenn nicht inzwischen die Flotten aus den Provinzen kämen. (30) Diese trafen ein, und die Rettung des Staates schrieb man seinem Glück zu. Er herrschte sechsundfünfzig Jahre, davon zwölf mit Antonius, doch vierundvierzig allein. (31) Er hätte sicher nicht die Macht im Staat an sich gezogen und diese so lange halten können, wenn er nicht große angeborene und erlernte Fähigkeiten im Überfluss gehabt hätte.

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2. (1) Claudius Tiberius, Liviae filius, Caesaris Octaviani privignus, imperavit annos XXIII. (2) iste, quia Claudius Tiberius Nero dicebatur, eleganter a iocularibus Caldius Biberius Mero ob vinolentiam nominatus est. (3) satis prudens in armis satisque fortunatus ante sumptum imperium sub Augusto fuit, ut non immerito rei publicae dominatus ei committeretur. (4) inerat ei scientia litterarum multa. eloquio clarior, sed ingenio pessimo, truci, avaro, insidioso, simulans ea se velle, quae nollet; his quasi infensus, quibus consultum cupiebat, his vero, quos oderat, quasi benivolus apparens; (5) repentinis responsionibus aut consiliis melior quam meditatis; (6) denique delatum a patribus principatum (quod quidem astu fecerat) ficte abnuere, quid singuli dicerent vel sentirent, atrociter explorans, quae res bonos quosque pessumdedit. (7) aestimantes enim ex animo eum longa oratione imperialis molestiae magnitudinem declinare, cum sententias ad eius voluntatem promunt, incidere exitia postrema. (8) iste Cappadocas in provinciam remoto Archelao rege eorum redegit, Gaetulorum latrocinia repressit, Marobodum Suevorum regem callide circumvenit. (9) cum immani furore insontes, noxios, suos pariter externosque puniret, resolutis militiae artibus Armenia per Parthos, Moesia a Dacis, Pannonia a Sarmatis, Gallia a finitimis gentibus direptae sunt. (10) ipse post octogesimum octavum annum et mensem quartum insidiis Caligulae exstinctus est. 3. (1) Caligula imperavit annos IIII. (2) iste filius fuit Germanici, et quia natus in exercitu fuerat, cognomentum calciamenti militaris, id est 1 sq. Claudius – XXIII Frec. 2,1,5 (447,1) 2–15 iste – postrema Land. 7,22 (195,4-18) 2–10 iste – meditatis Paul. 7,11 (105,5-13) 2–4 iste – est Sed. 80,20,4 (339,9-11) 4–10 satis – meditatis Frec. 2,1,10 (454,2-7) 16 sq. Gaetulorum – circumvenit Land. 7,22 (196,3 sq.) 17–21 cum – est Land. 7,24 (197,1-5) 17–20 cum – sunt Paul. 7,11 (105,19-106,1) 22 Caligula – IIII Frec. 2,1,12 (461,10) 22–152,1 iste – est Land. 7,25 (198,9-12)

2 quia μ, Paul. Land. : qui I (propter quod λ) 3 caldius ΑGFHΖJ, Paul. Salisb. : claudius CBI, Land. Bamb. Sed. | biberius ΑCGFΖJB, Paul. Land. Salisb. Sed. : liberius HI : tyberius Bamb. 6 multa ACGFHEZJI, Paul. ρ Frec. : multo B 11 quod astu codd. : quem - astum Land. | fecerat ACGFHEZJ : praefecerat BI : perceperat Land. | ficte codd. : finxit se ρ 15 incidere ACGFHEZJ, Land. : incedere B : incedere vel incessere I 18 noxios BI, Paul. Land. : et noxios ACGFHEZJ 20 ipse ΑCGFI, Paul. λ : iste ΖJB, om. H in lac. | octogesimum ΑCGFΖJ : octuagesimum BI, om. H in lac. : septuagesimum Schott (octoginta λ) 21 insidiis caligulae codd. : kaligulae insidiis Land. (per insidias caligulae λ) 23 cognomentum ACGFHEZJI : cognomento B, Land.

Text und Übersetzung

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2. (1) Claudius Tiberius, Sohn der Livia und Stiefsohn des Caesar Octavianus, regierte dreiundzwanzig Jahre. (2) Weil er Claudius Tiberius Nero hieß, wurde er wegen seiner Trunkenheit geistreich von Spöttern Caldius Biberius Mero genannt. (3) Er war unter Augustus ausreichend erfahren in Waffen und vom Glück begünstigt, bevor er das Imperium übernahm, so dass ihm verdientermaßen die Herrschaft über den Staat anvertraut wurde. (4) Er besaß ein reiches Wissen der Literatur. Er war berühmt für seine Eloquenz, aber von schlechtem, grausamen, habgierigem, hinterlistigem Charakter, er gab vor, dass er etwas wolle, das er nicht wollte. Er erschien gleichsam feindselig gegenüber denen, denen er günstig zu sein wünschte, aber gegenüber denen, die er hasste, gleichsam freundlich. (5) In plötzlichen Antworten und Beschlüssen war er besser als in denen, die er erst abgewogen hatte. (6) Schließlich lehnte er den Principat, der ihm von den Vätern angetragen worden war, durch eine List vermeintlich ab, da er grausam erkunden wollte, was die einzelnen sprachen oder meinten: dies stürzte gerade die Guten ins Verderben. (7) Denn als sie glaubten, er habe aufrichtig in einer langen Rede die große Beschwerlichkeit der kaiserlichen Gewalt zurückgewiesen, gerieten sie in ihren Untergang, indem sie nach seinem Willen ihre Meinungen zeigten. (8) Er brachte Kappadokien nach Entfernung von dessen König Archelaus in den Zustand einer Provinz. Er drängte die Räubereien der Gaetuler zurück. Er umzingelte geschickt Marbod, den König der Sueben. (9) Während er mit ungeheuerlicher Raserei Unschuldige und Schuldige, die Seinigen und Fremde gleichermaßen bestrafte, wurde, da die militärische Disziplin aufgelöst war, Armenien durch die Parther, Moesia von den Dakern, Pannonien von den Sarmaten und Gallien von den benachbarten Völkern geplündert. (10) Er selbst wurde im Alter von achtundachtzig Jahren und vier Monaten durch einen Anschlag des Caligula umgebracht. 3. (1) Caligula regierte vier Jahre. (2) Er war der Sohn des Germanicus, und weil er im Lager geboren war, erhielt er den Bei-

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caligula, sortitus est. (3) ante principatum omnibus carus acceptusque fuit, in principatu vero talis, ut non immerito vulgaretur atrociorem illo dominum non fuisse. (4) denique tres sorores suas stupro maculavit. (5) incedebat habitu deorum suorum; Iovem ob incestum, e choro autem Bacchanali Liberum se asserebat. (6) de quo nescio an decuerit memoriae prodi, nisi forte quia iuvat de principibus nosse omnia, ut improbi saltem famae metu talia declinent. (7) in Palatio matronas nobiles publicae libidini subiecit. (8) primus diademate imposito dominum se iussit appellari. (9) in spatio trium milium, quod in sinu Puteolano inter moles iacet, duplici ordine naves contexens, arenae aggestu ad terrae speciem viam solidatam, phalerato equo, insignis querquea corona, quasi triumphans indutus aureo paludamento, curru biiugi decucurrit. (10) dehinc a militibus confossus interiit. 4. (1) Claudius Titus, Drusi, Tiberii fratris, filius, Caligulae patruus, imperavit annos XIIII. (2) iste, cum senatus censuisset gentem Caesarum exterminari, deformi latebra latere repertus a militibus (quia vecors erat, mitissimus videbatur imprudentibus) imperator effectus est. (3) hic ventri vino libidini foede oboediens, vecors et prope hebes, ignavus ac pavidus, libertorum et coniugis imperiis subiectus fuit. (4) huius tempore Scribonianus Camillus intra Dalmatias imperator creatus continuo occiditur. Mauri provinciis accessere; caesa Musulamiorum manus est. aqua Claudia Romae introducta. (5) huius uxor Messalina primo passim quasi iure adulteris utebatur, ex quo facto plures metu abstinentes exstincti sunt. dehinc atrocius accensa nobiliores quasque 1–3 ante – maculavit Frec. 2,1,12 (461,10-13) 1–3 ante – fuisse Land. 7,25 (198,13-15) 4–13 incedebat – decucurrit Land. 7,25 (198,21-199,7) 7–9 in – appellari Frec. 2,1,12 (461,14 sq.) 13 a militibus Land. 7,26 (199,24) 14 sq. Claudius – XIIII Frec. 2,1,13 (461,1 sq.) 15–22 iste – introducta Land. 7,27 (200,12-20) 18 sq. hic – fuit Frec. 2,1,15 (467,41 sq.) 20–154,1 huius – proposuerat Frec. 2,1,15 (467,42-45) 22 aqua – introducta Frec. 2,1,15 (467,39 sq.) 22–154,13 huius – reciperetur Land. 7,28 (201,20-202,7) 1 caligula codd. ρ : caligulae vett. 4 incestum e choro I, Land. : incestum choro ACGFHEZJ : incestu moechorum B 7 saltem ΑGFHΖJIp.c., Land. : saltim CBIa.c. 8 publicae ΑCFHB, Land. : publice GΖJI, Frec. (publico adulterio λ) 10 moles codd. : molem Land. 11 insignis querquea Land. : insignis quercea Schott : insignisque aerea ACGFHEZJI : que insignis aerea B (de arbore quercus Bamb., de arbore quercu Salisb.) 13 biiugi BI, Land. : biiugo ACGFHEZJ 16 latere codd., Land. : latens Abstemius 18 hic ACGFHEZJI, Land. : hic vero B, Frec. | foede ΑCGFΖJB, Land. : foedae HI, Frec. 21 Musulamiorum Schott : Musulaniorum codd. ρ 22 est codd. : om. Land. post romae add. est ρ 23 adulteris GFHBI, Land. Frec. : adulteriis ΑCΖJ

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namen Caligula, abgeleitet von den Schuhen der Soldaten. (3) Vor dem Principat war er bei allen beliebt und willkommen, aber während des Principats war er so beschaffen, dass es sich mit vollem Recht verbreitete, es habe niemals ein grausamerer Herr als er existiert. (4) Er befleckte sogar seine drei Schwestern mit Unzucht. (5) Er schritt im Aufzug seiner Götter einher, beanspruchte Jupiter für sich wegen der Blutschande, Liber hingegen wegen des bacchanalischen Gefolges. (6) Ich weiß nicht, ob es sich ziemt, die Erinnerung an ihn der Nachwelt zu überliefern; außer vielleicht deshalb, weil es nützlich ist, alles über die Principes zu wissen, damit die schlechten zumindest aus Furcht um ihren Ruf Derartiges meiden. (7) Im Palast zwang er vornehme Frauen zur öffentlichen Prostitution. (8) Er war der erste, der sich, mit einem Diadem geschmückt, als dominus ansprechen ließ. (9) In dem Abstand von drei Meilen, der in der Bucht von Puteoli zwischen den Dämmen liegt, ließ er zwei Reihen Schiffe zusammenbinden, durch Aufschütten von Sand zur Form von Land einen festen Weg bauen, und zog, als ob er einen Triumph feiere, mit der Krone aus Eichenlaub und den goldenen Feldherrenmantel angelegt, sowohl auf einem mit Brustschmuck verzierten Pferd als auch in einem Zweigespann, darauf einher. (10) Danach ging er, von den Soldaten durchbohrt, zugrunde. 4. (1) Claudius Titus, Sohn des Drusus, des Bruders des Tiberius, Onkel des Caligula, regierte vierzehn Jahre. (2) Nachdem der Senat den Beschluss gefasst hatte, die Familie der Caesares auszurotten, wurde er, als er sich in einem hässlichen Winkel versteckte, von den Soldaten gefunden (weil er verrückt war, erschien er den schlichten Gemütern als sehr milde) und zum Imperator gemacht. (3) Er unterwarf sich schändlich dem Bauch, dem Wein und der Wollust, und er war verrückt und beinahe schwachsinnig, träge und furchtsam und unterlag dem Diktat seiner Freigelassenen und seiner Frau. (4) Zu seiner Zeit wurde Scribonianus Camillus in Dalmatien zum Imperator gewählt und alsbald getötet. Mauretanien kam zu den Provinzen hinzu. Eine Schar der Musulamier wurde vernichtet, die Aqua Claudia nach Rom hineingeführt. (5) Seine Gemahlin Messalina verkehrte zuerst, als sei sie dazu berechtigt, häufig mit Liebhabern, wodurch mehrere, die ihr aus Furcht nicht zu Willen waren, ins Verderben gestürzt wurden. Als sie später aber von noch heftigerer Leidenschaft entbrannt war, hatte sie gerade

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nuptas et virgines scortorum modo secum proposuerat coactique mares, ut adessent. quod si quis talia horruerat, afficto crimine in ipsum omnemque familiam saeviebatur, ut magis videretur sub imperatore viro quam imperatori nupta esse. (6) ita liberti eius potestatem summam adepti stupris exilio caede proscriptionibus omnia foedabant. (7) ex quibus Felicem legionibus Iudaeae praefecit; Possidonio eunucho post triumphum Britannicum inter militarium fortissimos arma insignia tamquam participi victoriae dono dedit; Polybium inter consules medium incedere fecit. (8) hos omnes anteibat Narcissus ab epistulis, dominum se gerens ipsius domini, Pallasque praetoriis ornamentis sublimatus; adeo divites, ut causante eo inopiam fisci lepidissime famoso elogio vulgatum sit abunde ei pecuniam fore, si a duobus libertis in societatem reciperetur. (9) huius temporibus visus est apud Aegyptum Phoenix, quam volucrem ferunt anno quingentesimo ex Arabis memoratos locos advolare; atque in Aegaeo mari repente insula emersit. (10) hic Agrippinam, Germanici fratris sui filiam, uxorem duxit; quae filio imperium procurans primo privignos insidiis multiformibus, dehinc ipsum coniugem veneno interemit in Palatio. (11) vixit annos LXIIII; cuius funus, ut quondam in Tarquinio Prisco, diu occultatum. (12) dum arte muliebri corrupti custodes aegrum simulant, Nero privignus eius imperii iura suscepit. 5. (1) Domitius Nero, patre Domitio Ahenobarbo genitus, matre Agrippina, imperavit annos XIII. (2) iste quinquennio tolerabilis visus, unde quidam prodidere Traianum solitum dicere procul distare cunctos principes Neronis quinquennio. (3) hic in urbe amphitheatrum et lavacra construxit. (4) Pontum in ius provinciae Polemonis reguli permissu 4–6 ita – praefecit Frec. 2,1,15 (467,45 sq.) 13–15 huius – advolare Land. 7,29 (202,22-24) 15–21 hic – suscepit Frec. 2,1,15-16 (467,48-468,1) 15–18 hic – Palatio Land. 7,29 (203,4-7) 18–21 cuius – suscepit Land. 7,29 (203,9-11) 22 Domitius – genitus Land. 7,30 (203,12 sq.) 23–25 iste – quinquennio Land. 7,30 (203,14-16)

2 adessent GFHBI, Land. : adissent ΑCΖJ (venirent λ) 7 arma ΑCGFHBI, ρ : armorum ΖJ 10 pallasque codd. : palamque Land. (et manifeste λ) 11 divites ΑCGFHBI, Land. : dives ΖJ, λ | elogio ΑCGFHBI, Land. : eloquio ΖJ 14 arabis ΑCGFHBI, Land. : arabum ΖJ : arabia λ | memoratos locos ΑCGFHBI : memoratis locis ΖJ : memorato loco Land. 15 mari aegaeo Land. 17 privignos (privignus ΖJ) codd. : privignum brittanicum Land. 18 in Palatio om. codd., post privignum brittanicum habet Land., post veneno occidit λ 19 occultatum codd. : o. est Land. (mors ... est occultata λ) 24 unde μ, ρ : inde I

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vornehme Frauen und Jungfrauen gleich öffentlichen Dirnen neben sich selbst preisgegeben, und die Ehemänner waren gezwungen dabeizusein. Wenn jemand seine Abscheu davor geäußert hatte, wurde gegen ihn selbst und seine ganze Familie unter einer erfundenen Anschuldigung grausam verfahren, so dass sie eher unter einem Kaiser mit einem Manne als mit dem Kaiser verheiratet zu sein schien (?). (6) So rissen die Freigelassenen des Claudius die höchste Macht an sich und zerstörten alles durch Vergewaltigungen, Verbannung, Hinrichtung und Ächtungen. (7) Einem von ihnen, Felix, gab er den Oberbefehl über die Legionen in Judäa. Nach dem Triumph über Britannien gab er dem Eunuchen Possidonius zwischen den tapfersten Soldaten Waffen und Ehrenabzeichen als Geschenk, als wäre auch er verantwortlich für den Sieg gewesen. Den Polybius ließ er in der Mitte zwischen den Konsuln einherschreiten. (8) Diese alle übertrafen der Sekretär Narcissus, der den Herren des eigenen Herren spielte, und Pallas, der durch die Abzeichen eines Praetors erhöht wurde. Beide waren so reich, dass, als Claudius über den Mangel seines Fiskus klagte, in einem berühmten Ausspruch sehr gewitzt verbreitet wurde, er werde Geld in Menge haben, wenn er von den beiden Freigelassenen als Geschäftspartner aufgenommen würde. (9) Zu seiner Zeit erschien der Phoenix in Ägypten, ein Vogel, der alle fünfhundert Jahre aus Arabien in besagte Gegend fliegen soll; und im Ägäischen Meer erhob sich plötzlich eine Insel. (10) Er heiratete Agrippina, die Tochter seines Bruders Germanicus; diese, da sie dafür Sorge trug, ihrem eigenen Sohn das Imperium zu verschaffen, beseitigte zuerst die Stiefkinder durch vielfältige Intrigen, sodann durch Gift den Ehemann selbst im Palast. (11) Er lebte vierundsechzig Jahre. Sein Tod, wie ehemals bei Tarquinius Priscus, wurde lange geheim gehalten. (12) Während die durch weiblichen Kunstgriff bestochenen Wächter vorgaben, er sei krank, ergriff Nero, sein Stiefsohn, die Herrschaftsgewalt über das Reich. 5. (1) Domitius Nero, Sohn des Vaters Domitius Ahenobarbus und der Mutter Agrippina, regierte dreizehn Jahre. (2) Er erschien fünf Jahre lang erträglich. Daher überlieferten einige, dass Trajan gewohnt war zu sagen, alle Principes seien weit entfernt von Neros ersten fünf Jahren. (3) Er errichtete ein Amphitheater und öffentliche Bäder in Rom. (4) Pontus brachte er in den Status einer Provinz mit Erlaubnis des

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redegit, a quo Polemoniacus Pontus appellatur, itemque Cottias Alpes Cottio rege mortuo. (5) eo namque dedecore reliquum vitae egit, ut pudeat memorare huiuscemodi quemquam. eo progressus est, ut neque suae neque aliorum pudicitiae parcens, ad extremum amictus nubentium virginum specie, palam convocato senatu, dote dicta, cunctis festa more frequentantibus nuberet. pelle tectus ferae utrique sexui genitalia vultu contrectabat. matrem etiam stupro contaminavit, quamque postmodum interemit. Octaviam et Sabinam cognomento Poppaeam in matrimonium duxit viris earum trucidatis. (6) tunc Galba, Hispaniae proconsul, et Gaius Iulius imperium corripuere. (7) ubi adventare Nero Galbam didicit senatusque sententia constitutum, ut more maiorum collo in furcam coniecto virgis ad necem caederetur, desertus undique, noctis medio egressus urbe sequentibus Phaone, Epaphrodito Neophytoque et spadone Sporo, quem quondam exsectum formare in mulierem temptaverat, semet ictu gladii transegit adiuvante trepidantem manum impuro, de quo diximus, eunucho, cum sane prius nullo reperto, a quo feriretur, exclamaret: „itane nec amicum habeo nec inimicum? dedecorose vixi, turpius peream.“ (8) periit anno aetatis tricesimo secundo. hunc Persae in tantum dilexerant, ut legatos mitterent orantes copiam construendi monumenti. (9) ceterum adeo cunctae provinciae omnisque Roma interitu eius exsultavit, ut plebs induta pilleis manumissionum tamquam saevo exempta domino triumpharet. 6. (1) Galba, nobili Sulpiciorum gente progenitus, imperavit menses septem diesque totidem. (2) iste in adolescentes infamis, ad vescendum 1 sq. itemque – mortuo Paul. HL 2,18 4–6 amictus – frequentantibus Land. 7,30 (204,4 sq.) 8 sq. Octaviam – trucidatis Land. 7,31 (204,23 sq.) 9–11 tunc – constitutum Land. 7,31 (205,5-7) 12–15 desertus – temptaverat Land. 7,32 (205,11-14) 15–18 ictu – peream Land. 7,32 (205,15-19) 19–22 hunc – triumpharet Land. 7,32 (206,1-5) 23 Sulpiciorum – progenitus Land. 7,33 (206,16) 24–158,3 iste – dicerentur Land. 7,33 (206,21-207,3) 1 appellatur μ : appellatus est I (dictus est λ) | itemque μ : idemque I 5 dicta codd., Land. : data Aur. Vict. 5,5 7 quamque codd. Baehr. : quam λ 9 hispaniae μ, ρ : in hispania I | proconsul μ, λ : procul I : praetor Land. 10 ubi ACGFHEZJI : cybi B : at ubi Land. : et ubi λ 11 furcam GFHΖJI, Bamb. : fuscam ΑCB 13 egressus urbe ΑCGFH : egressus urbem ΖJBI, Baehr. : urbe egressus Land. (fugiens romam exivit λ) sequentibus codd. : sequentibus eum Land. (secuti sunt eum λ) 14 quondam μ, Land. : quondam nero I 16 eunucho μ, Land. : eunucho sporo I (eunuchus λ) 19 orantes ΑCBI, Land. : petentes GFHΖJ 21 pilleis ACGFHEZJI, λ : palliis B, Land. 23 gente ΑCΖJBI, Land. Salisb. : genere GFH, Bamb. 24 diesque totidem codd. : et dies septem ρ adolescentes codd., Bamb. : adolescentia Land.

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Kleinkönigs Polemon, nach dem Pontus Polemoniacus genannt wird, ebenso wie die Cottischen Alpen nach dem Tod des Königs Cottius. (5) Sein restliches Leben hat er nun so ehrlos verbracht, dass man sich schämt, über jemanden von dieser Art zu berichten. Er ging so weit, dass er schließlich, weder seine eigene Schamhaftigkeit noch die der anderen verschonend, verhüllt nach Art einer jungfräulichen Braut öffentlich vor dem versammelten Senat erschien, eine Mitgift festsetzte und vor der ganzen festlichen Versammlung heiratete. Mit einem Tierfell bedeckt berührte er die Genitalien beiderlei Geschlechts mit seinem Gesicht. Auch seine Mutter, die er bald darauf tötete, befleckte er mit Schande. Er heiratete Octavia und Sabina, mit Beinamen Poppaea, nachdem er ihre Männer hatte hinrichten lassen. (6) Dann rissen Galba, der Prokonsul von Hispania, und Gaius Iulius die Herrschaft an sich. (7) Als Nero erfahren hatte, dass Galba im Anmarsch war und der Senat den Beschluss gefasst hatte, dass nach dem Brauch der Vorfahren sein Hals in eine Heugabel gesteckt und er mit Ruten zu Tode gepeitscht werden sollte, floh er, von allen Seiten verlassen, mitten in der Nacht aus der Stadt, gefolgt von Phaon, Epaphroditus, Neophytus und dem Eunuchen Sporus, den er einst durch Verstümmelung in eine Frau zu verwandeln versucht hatte; er durchbohrte sich selbst mit dem Schwert, wobei der von uns erwähnte Eunuch seine zitternde Hand führte. Als sich vorher durchaus niemand gefunden hatte, der ihn mit einem Schwerthieb töten wollte, rief Nero aus: „So habe ich denn weder Freund noch Feind? Schändlich habe ich gelebt, noch schändlicher dürfte ich zugrunde gehen.“ (8) Er starb im zweiunddreißigsten Lebensjahr. Die Perser hatten ihn so geliebt, dass sie eine Gesandtschaft nach Rom schickten, um die Möglichkeit zu erbitten, ein Denkmal für ihn aufzustellen. (9) Im übrigen brach in allen Provinzen und in ganz Rom ein solcher Jubel über seinen Tod aus, dass das Volk die Filzkappen anlegte, wie sie zu Freilassungen getragen werden, und gleichsam befreit von dem erbarmungslosen Herrn triumphierte. 6. (1) Galba, Spross des edlen Geschlechts der Sulpicii, regierte sieben Monate und ebenso viele Tage. (2) Er hatte eine schamlose

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intemperans fuit, trium amicorum consilio, id est Vinii Cornelii Icelii, cuncta disponens, adeo ut intra Palatinas aedes pariter habitarent et vulgo paedagogi dicerentur. (3) hic ante sumptam dominationem multas provincias egregie administravit militem severissime tractans, ita ut ingresso eo castra vulgaretur statim: „disce militare, miles: Galba est, non Gaetulicus“. (4) cum septuagesimum tertium aetatis annum ageret, dum factione Othonis accensas legiones lorica tectus lenire contenderet, ad lacum Curtium caesus est. 7. (1) Salvius Otho, splendidis ortus maioribus ex oppido Ferentano, imperavit menses tres, vita omni turpis, maxime adolescentia. (2) hic a Vitellio primum apud Placentiam, dehinc apud Betriacum victus semet gladio transfixit anno aetatis tricesimo septimo, adeo amabilis militibus propriis, ut plerique corpore eius viso suis manibus interierint. 8. (1) Vitellius, ortus familia nobili, patre Lucio Vitellio ter consule, imperavit menses octo. (2) iste tumens, crudelis avarusque cum profusione fuit. (3) huius tempore Vespasianus in Oriente principatum arripuit; a cuius militibus certamine sub muris urbis habito superatus e Palatio, quo se abdiderat, Vitellius vinctis a tergo manibus productus circumducitur ad spectaculum vulgi. (4) ac ne hom*o impudens in extremis saltem malorum, quae gesserat, rubore faciem demitteret, subiecto in mentum gladio, seminudus, multis caeno fimoque et ceteris turpioribus dictu purgamentis vultum eius incessentibus, per scalas Gemonias trahitur, ubi Sabinum, Vespasiani fratrem, necari permiserat. (5) numerosis ictibus confossus interiit. vixit annos LVII. (6) hi omnes, 3–8 hic – est Frec. 2,1,21 (480,5-8) 9 Salvius – Ferentano Land. 7,34 (207,12-14) 10 vita – adolescentia Land. 7,34 (207,15 sq.) 12 sq. adeo – interierint Land. 7,34 (208,2 sq.) 15 sq. iste – fuit Land. 7,35 (208,7 sq.) 17 a – superatus Land. 7,35 (209,3 sq.) 18 sq. vinctis – vulgi Land. 7,35 (209,7 sq.) 19 sq. ac – demitteret Land. 7,35 (209,9 sq.) 21 sq. seminudus – purgamentis Land. 7,35 (209,11 sq.) 22 sq. per – permiserat Land. 7,35 (209,13 sq.) 1 icelii μ, Land., Pich. : et celii I : iulii λ : et iceli Schott 4 militem codd. Frec. : militem suum Land. milites λ | ita ante severissime transp. Land. 5 militare miles ACGFHEZJI, ρ Frec. : miles militare B 10 tres (III) μ, ρ : IIII I | maxime in adolescentia ante omni transp. Land. | adolescentia codd. : in adolescentia ρ 13 propriis codd. : propriis fuit Land. (suis in tantum fuit λ) | corpore eius ΑCBI, Land. : eius corpore GFHΖJ (corpus eius λ) 15 tumens μ, Land. : cum mens I : mente Abstemius 17 certamine post urbis transp. Land. 18 abdiderat ΑCGp.c.ΖJBI : addiderat Ga.c.F : abdicaverat H | vinctis Αp.c.Gp.c.ΖJ : vinctus Αa.c.CGa.c.FHBI, Land. : victus Ia.c. (ligatis λ) 20 saltem ΑGFHΖJIp.c., Land. : saltim CBI | demitteret F, Land. : dimitteret ΑCGHΖJBI 24 LVII (quinquaginta septem) CGFHΖJBI, λ : LVIII Α

Text und Übersetzung

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Leidenschaft für Jünglinge, war maßlos beim Essen und bestimmte alles nach dem Rat seiner drei Freunde Vinius, Cornelius und Icelius, so sehr, dass sie gleichfalls im Palast wohnten und allgemein als seine Pädagogen bezeichnet wurden. (3) Vor seinem Herrschaftsantritt verwaltete er viele Provinzen ausgezeichnet und behandelte die Soldaten sehr streng auf solche Weise, dass sich sofort bei seinem Eintritt ins Lager verbreitete: „Lerne Soldat zu sein, Soldat; es ist Galba, nicht Gaetulicus.“ (4) Im dreiundsiebzigsten Lebensjahr wurde er am lacus Curtius getötet, als er sich, bedeckt mit seinem schützenden Brustpanzer, bemühte, die von der Clique des Otho aufgestachelten Legionen zu beschwichtigen. 7. (1) Salvius Otho, der von vorzüglichen Vorfahren aus der Stadt Ferentium abstammte, herrschte drei Monate; in seinem ganzen Leben war er schändlich, besonders aber in seiner Jugend. (2) Nachdem er von Vitellius zuerst bei Placentia, danach bei Bedriacum geschlagen worden war, durchbohrte er sich in seinem siebenunddreißigsten Lebensjahr mit einem Schwert; bei den eigenen Soldaten war er so beliebt, dass sich sehr viele von ihnen beim Anblick seines Leichnams eigenhändig töteten. 8. (1) Vitellius, der einer edlen Familie entstammte (sein Vater Lucius Vitellius war dreimal Konsul) regierte acht Monate. (2) Er war aufgeblasen, grausam, habgierig und verschwenderisch. (3) Zu seiner Zeit ergriff Vespasian im Orient den Principat. Von dessen Soldaten wurde Vitellius nach einem Kampf am Fuße der Stadtmauer besiegt und aus dem Palast, in dem er sich versteckt hatte, mit auf dem Rücken gefesselten Händen hervorgezogen und als Schauspiel für das Volk herumgeführt. (4) Damit aber der schändliche Mensch nicht einmal in den letzten Momenten aus Scham über die Untaten, die er verübt hatte, das Gesicht senken konnte, hielt man ihm ein Schwert unter das Kinn und schleppte ihn, während viele ihm Schmutz, Kot und anderen noch scheußlicher zu nennenden Unrat ins Gesicht warfen, halbnackt die Gemonische Treppe hinab, wo er zugelassen hatte, dass Sabinus, Vespasians Bruder, getötet wurde. (5) Er starb von zahlreichen Stichen durchbohrt. Er lebte siebenundfünfzig Jahre. (6) Alle diese Kaiser, die

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quos paucis attigi, praecipue Caesarum gens, adeo litteris culti atque eloquentia fuere, ut, ni cunctis vitiis absque Augusto nimii forent, profecto texissent modica flagitia. 9. (1) Vespasianus imperavit annos X. (2) huius inter cetera bona illud singulare fuit, inimicitias oblivisci, adeo ut Vitellii hostis filiam locupletissime dotatam splendidissimo coniungeret viro. (3) ferebat patienter amicorum motus, contumeliis eorum, ut erat facetissimus, iocularibus respondens. namque Licinium Mucianum, quo adiutore ad imperium pervenerat, fiducia meritorum insolentem lepide flectebat adhibito aliquo utrique familiari, id unum dicens: „nosti me virum esse“. (4) sed quid mirum in amicis, cum etiam causidicorum obliqua dicta et philosophorum contumaciam contemneret? (5) iste exsanguem diu fessumque terrarum orbem brevi refecit. namque primum satellites tyrannidis, nisi qui forte atrocius longe processerant, flectere potius maluit quam excruciatos delere, prudentissime ratus nefaria ministeria a pluribus metu curari. (6) praeterea legibus aequissimis monendoque, quodque vehementius est, vitae specie vitiorum plura aboleverat. (7) infirmus tamen, uti quidam prave putant, adversus pecuniam, cum satis constet aerarii inopia et clade urbium novas eum neque postea habitas vectigalium pensiones exquisivisse. (8) hic Romam deformem incendiis veteribus ac ruinis permissa, si domini deessent, volentibus aedificandi copia, Capitolium, aedem Pacis, Claudii monumenta reparavit multaque nova instituit. (9) per omnes terras, qua ius Romanum est, renovatae urbes cultu egregio, viae operibus maximis munitae sunt. (10) tunc cavati montes per Flaminiam sunt prono transgressui, quae vulgariter Pertunsa petra vocitatur. (11) mille gentes compositae, cum ducentas 4–12 huius – contemneret Land. 8,5 (214,5-14) 4–6 huius – viro Frec. 2,2,2 (497,28-30) 12–16 iste – curari Frec. 2,2,2 (497,30-33) 12 sq. iste – refecit Land. 8,5 (214,16 sq.) 14 atrocius Land. 8,5 (214,4) 15–162,2 prudentissime – est Land. 8,5 sq. (214,17-215,9) 20–162,2 hic – est Frec. 2,2,2 (497,33-498,42)

1 attigi ΑCHΖp.c.JBI : attigit GFZa.c. 2 nimii ΑCGFHBI : dediti ZJ 3 modica μ : inmodica I (modicus λ) 5 hostis ΑCGFHB, Land. Frec. : hostis sui I, om. ΖJ (inimici sui λ) 6 splendidissimo ΑCGFHBI, Land. Frec.: splendidissime ΖJ 8 iocularibus μ, Land. : dictis iocularibus I (iocularia ... verba λ) | adiutore ΑCGFHBI, Land. : adiurante ΖJ (adiutor λ) 9 pervenerat ΑCBI, Land. : venerat GFHΖJ 15 excruciatos μ, Frec. : excruciatus I (per cruciatus λ) 17 vitae codd. : vitii Land. 22 claudii μ, Land. Bamb. Frec. : claudiique I (et claudii Salisb.) 23 qua ACGFHEZJI, Land. : quo B 26 pertunsa codd., Land. Frec. : pertusa λ

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ich mit wenigen Worten behandelt habe, besonders die aus der Familie der Caesares (d.h. der Julier), waren so sehr mit Bildung ausgestattet und in Beredsamkeit geübt, dass sie, wenn sie nicht mit Ausnahme von Augustus in allen Lastern maßlos gewesen wären, mäßig große Schandtaten sicher verdeckt hätten. 9. (1) Vespasian herrschte zehn Jahre. (2) Unter seinen übrigen Vorzügen war jener einzigartig, dass er Feindschaften vergaß, so sehr, dass er die Tochter seines Feindes Vitellius sehr reich beschenkte und mit einem sehr angesehenen Mann verheiratete. (3) Er ertrug die Launen seiner Freunde mit Geduld und antwortete mit Scherzen auf ihre Beleidigungen, da er sehr gewitzt war. Denn den Licinius Mucianus, mit dessen Hilfe er an die Herrschaft gelangt war, wies er, als dieser im Vertrauen auf seine Verdienste unverschämt war, in Anwesenheit eines gemeinsamen Freundes geistreich zurecht, indem er dieses eine sagte: „Du weißt, dass ich ein Mann bin.“ (4) Aber was ist daran verwunderlich bei seinen Freunden, da er auch die hinterlistigen Worte der Rechtsanwälte und die Frechheit der Philosophen nicht beachtete? (5) Er stellte die lange ausgeblutete und kraftlose Welt in kurzer Zeit wieder her. Denn am Anfang zog er es vor, die Gehilfen der Tyrannenherrschaft, wenn sie sich nicht allzu grausam verhalten hatten, eher zu bessern als qualvoll hinzurichten, da er sehr klug bedachte, dass der verbrecherische Dienst von vielen aus Furcht versehen wurde. (6) Außerdem hatte er durch sehr gerechte Gesetze, durch Ermahnung und, was noch stärker ist, durch seine vorbildliche Lebensweise viele Laster abgeschafft. (7) Er habe jedoch, wie einige zu Unrecht glauben, eine Schwäche in Bezug auf Geld gehabt, obwohl hinreichend feststeht, dass er aufgrund des Mangels in der Staatskasse und des Untergangs der Städte neue und niemals später erhobene Steuerzahlungen verlangt hat. (8) Er baute Rom, das durch frühere Brände und Ruinen entstellt war, wieder auf, nämlich den Kapitolstempel, den Tempel des Friedens und die Tempelanlage des Claudius, und errichtete viele neue Gebäude, wobei er jedem, wenn die Besitzer fehlten, die Erlaubnis zu bauen gab. (9) In allen Gebieten, wo das römische Recht gilt, wurden Städte mit außergewöhnlicher Pracht wiederaufgebaut; Straßen wurden in gewaltigen Bauarbeiten angelegt. (10) Damals wurden die Berge entlang der Via Flaminia für einen leichten Durchgang ausgehöhlt. Das Ergebnis wird allgemein „Durchstoßener Fels“ genannt. (11) Tausend Adelsfamilien wurden gegründet, da Vespasian mit großer Mühe zweihundert vorgefunden hatte, nachdem die meisten durch die Wut der Tyrannen

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aegerrime repperisset extinctis saevitia tyrannorum plerisque. (12) rex Parthorum Vologaeses metu solo in pacem coactus est. (13) Syria, cui Palaestina nomen est, Ciliciaque Trachia et Commagene, quam hodie Augustophratensem nominamus, provinciis accessere. Iudaei quoque additi sunt. (14) hic monentibus amicis, ut caveret a Mettio Pomposiano, de quo sermo percrebuerat regnaturum fore, consulem fecit alludens tali cavillo: „quandoque memor erit tanti beneficii“. (15) institutum vero uniforme omni imperio tenuit: vigilare de nocte, publicisque actibus absolutis caros admittere, dum salutatur, calciamenta sumens et regium vestitum; post autem negotiis, quaecumque advenissent, auditis exerceri vectatione, deinde requiescere; postremo, ubi lavisset, remissiore animo convivium curabat. (16) plura dicere studium coegit imperatoris boni, quem ab Augusti morte post annos sex et quinquaginta Romana res publica exsanguis saevitia tyrannorum quasi fato quodam, ne penitus rueret, assecuta est. (17) itaque annum agens vitae absque uno septuagesimum seriis ioca, quibus delectabatur, admiscens interiit. (18) quippe primo, cum crinitum sidus, quod Graeci cometem vocant, apparuisset: „istud“, inquit, „ad regem Persarum pertinet, cui capillus effusior“. deinde ventris eluvie fessus et assurgens: „stantem“, ait, „imperatorem excedere terris decet“. 10. (1) Titus, vocabulo patris etiam Vespasianus dictus, matre liberta Domitilla nomine genitus, imperavit annos II et menses II diesque XX. (2) iste a puero praeclaris studiis probitatis, militiae, litterarum instantissime deditus, quo contenderit, animi et corporis muneribus ostendit. (3) hic ubi patriae curam suscepit, incredibile est, quantum, quem imitabatur, anteierit, praecipue clementia, liberalitate, ho2 sq. cui – est Land. 8,1 (210,15) 3 sq. quam – nominamus Land. 8,6 (215,13 sq.) 5–20 hic – decet Land. 8,6 sq. (215,17-216,10) 12–15 plura – est Frec. 2,2,2 (498,4244) 19 sq. ventris – decet Frec. 2,2,2 (498,44-46) 21 sq. Titus – XX Frec. 2,2,3 (498,2 sq.) 21 sq. matre – genitus Land. 8,8 (216,16) 23–164,17 iste – cavit Land. 8,8 (216,17-217,14) 25–164,1 hic – contemptu Frec. 2,2,3 (498,5-7) add. patrem post imitabatur 3 ciliciaque Festy : et cilicia λ : ciliciaque ac codd. | trachia CBI : tracia AGFHZJ, Salisb. : thracia Bamb. 5 ut ACGFHEZJI : om. B, Land. 6 quo ACGFHEZJI, Land. : quo nobis B 14 fato CGFHΖJBI, Land. : facto Α 17 quod graeci cometem (κομήτην Festy) vocant Land. (cf. id est stella comes λ) : om. codd. 18 cui codd. : cui est Land. 22 domitilla nomine codd. : nomine domitilla λ, Frec. | et ACGFHEZJI, Land. : om. B, λ 24 contenderit ΑCGFHB, Land. : contenderet ΖJI (habuerit λ) 26 quem μ, Land. Frec. : quos I, λ | praecipue ACGFHEZJI, Land. Frec. : praecipuus B (maxime λ)

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ausgelöscht worden waren. (12) Vologeses, der König der Parther, wurde allein durch Furcht zum Frieden gezwungen. (13) Syrien, das auch Palästina genannt wird, das rauhe Kilikien und Kommagene, das wir heutzutage Augustophratensis nennen, kamen zu den Provinzen hinzu. Ebenso wurde auch Judäa hinzugefügt. (14) Als seine Freunde ihn mahnten, sich vor Mettius Pomposianus zu hüten, über den sich das Gerücht verbreitet hatte, dass er herrschen werde, machte er ihn zum Konsul und sagte mit scherzhafter Anspielung: „Er wird sich eines Tages an eine so große Wohltat erinnern.“(15) Er behielt während der ganzen Regierungszeit eine gleichförmige Lebensweise bei: Er wachte nachts auf; wenn er die Staatsgeschäfte erledigt hatte, ließ er seine Freunde zu sich und legte die Schuhe und die kaiserliche Kleidung an, während man ihm seine Aufwartung machte. Nachdem er sich aber die Geschäfte, die angefallen waren, angehört hatte, übte er sich im Reiten, dann schlief er. Schließlich nahm er, sobald er gebadet hatte, mit entspanntem Geist das Mahl ein. (16) Zur ausführlicheren Darlegung hat mich die Beschäftigung mit dem guten Herrscher gezwungen, den der römische Staat, der sechsundfünfzig Jahre nach dem Tod des Augustus durch die Grausamkeit der Tyrannen entkräftet war, gleichsam durch göttliche Schickung erhielt, damit er nicht völlig zugrunde ging. (17) So starb er im neunundsechzigsten Jahr seines Lebens, wobei er den ernsten Dingen Scherze beimischte, an denen er sich immer erfreute. (18) Denn zuerst sagte er, als ein geschweifter Stern, den die Griechen Kometen nennen, erschienen war: „Dies gilt dem Perserkönig, der trägt längeres Haar.“ Als er später vom Durchfall ganz erschöpft war, stand er auf und sagte: „Ein Kaiser muss stehend aus der Welt scheiden.“ 10. (1) Titus, der mit dem Namen seines Vaters auch Vespasian genannt wurde und dessen Mutter eine Freigelassene namens Domitilla war, regierte zwei Jahre, zwei Monate und zwanzig Tage. (2) Er widmete sich schon von Kindheit an sehr eifrig Beschäftigungen edlerer Art, dem Streben nach Tugend, der Kriegskunde und der Literatur und gab schon damals durch seine geistigen und körperlichen Vorzüge das Ziel seines Strebens zu erkennen. (3) Er ließ, sobald er die Regierung des Staates übernommen hatte, sein Vorbild auf eine unglaubliche Weise hinter sich, besonders was Milde, Freigebigkeit, ehrenvolle

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norificentia ac pecuniae contemptu; quae eo amplius grata fuere, quod ex nonnullis a privato adhuc patratis asperior luxuriaeque et avaritiae amans credebatur fore. (4) namque praefecturam praetorianam patre imperante adeptus suspectum quemque et oppositum sibi immissis, qui per theatra et castris invidiosa iactantes ad poenam poscerent, quasi criminis convictos oppressit. in quis Caecinam consularem, adhibitum cenae, vixdum triclinio egressum ob suspicionem stupratae Berenicis uxoris suae iugulari iussit. (5) iurgia autem sub patre venumdata, rapinarum cupidum ⟨ 〉, unde Neronem cuncti opinantes vocantesque summam rerum nactum graviter acceperant. (6) sed haec in melius conversa adeo ei immortalem gloriam contulere, ut deliciae atque amor humani generis appellaretur. (7) denique, ut subiit pondus regium, Berenicen nuptias suas sperantem regredi domum et enervatorum greges abire praecepit. (8) quo facto quasi signum protulit mutatae intemperantiae. dehinc, cum donata concessave a prioribus principibus firmare insequentes solerent, simul imperium cepit, talia possidentibus edicto sponte cavit. (9) quadam etiam die recordans vesperi nihil se illo die cuiquam praestitisse venerando caelestique dicto „amici“, ait, „hodie perdidimus diem“; quod erat magnificae liberalitatis. (10) clementiam vero usque eo perduxit, ut amplissimi ordinis duo cum adversus eum coniuravissent neque abnuere cogitatum scelus quirent, monuerit primo, post deductos in spectaculum se utrimque assidere iusserit petitoque ex 3 sq. praefecturam – adeptus Frec. 2,2,3 (498,7 sq.) 10–14 sed – praecepit Frec. 2,2,3 (498,9-13) 11 sq. adeo – appellaretur Sed. 80,10,4 (327,10 sq.) 17–19 quadam – liberalitatis Sed. 80,10,3 (327,6-9) 17–19 nihil – diem Chron. Gall. (511) 329 18 sq. venerando – diem Land. 8,10 (218,14 sq.) 19 sq. clementiam – ut Land. 8,9 (217,23 sq.) 20–166,7 amplissimi – potestatis Land. 8,9 (217,27-218,10) 1 quod codd. : quo Land. (ut λ) 2 patratis GFH, Land. : paratis ΑCΖJBI 3 praetorianam ACGFHEZJI, ρ Frec. : praetorialem B 6 quis ΑCGFHBI, Land. : quibus ΖJ 9 post cupidum lacunam statuit Pich. 14 abire ACGFHEZJI, Land. Frec. : ire B (exire λ) 16 solerent GFHBI, ρ : solere Α (ut vid.) : soleret CΖJ | simul ΑCGFHB, Land. : simul ut ΖJI 17 cavit μ, Land. : cavit vel concessit I | recordans ACGFHEZJI, Sed. : recordatus Β, λ | illo die Land. : om. codd. Sed. (in ipsa die λ) 18 cuiquam praestitisse ΑCGFBI, Sed. : cuiquam petisse H, om. ΖJ | amici ait codd., Sed. : ait amici Land. | hodie Land., λ (ante amici) : om. codd., Sed. 19 perdidimus diem codd., λ, Sed. : diem perdidimus Land. Frec. | quod ΑCGFHB : quia ΖJI, Sed. (eo quod λ) 20 eo ΑCGFHBI, Land. : adeo ΖJ | amplissimi ordinis post eum transp. Land. 21 coniuravissent ΑCFHΖJI, Land. : coniurassent GB 22 post ACGFHEZJI, Land. : post se B | deductos ΑCHΖJBI, Land. : eductos GF | spectaculum codd. : spectaculo Land. | se I, Land. : secum ACGFHEZJ, om. B

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Behandlung anderer und Geringschätzung des Geldes anbelangt; dies war umso willkommener, als man nach einigen seiner Handlungen noch vor seiner Thronbesteigung glaubte, dass er grausam sei und zur Schwelgerei und Habsucht neige. (4) Denn als er unter der Regierung seines Vaters die Prätorianerpräfektur innehatte, ließ er jeden, der ihm verdächtig oder feindlich gesonnen war, wie einen überführten Verbrecher aus dem Weg räumen, nachdem er Leute in die Lager und Theater geschickt hatte, die diejenigen, die nachteilig von ihm sprachen, zur Bestrafung führen sollten. Unter diesen befand sich der frühere Konsul Caecina. Dieser war von Titus zur Tafel geladen worden; kaum aber hatte er den Speisesaal verlassen, als ihn Titus wegen des Verdachts, er habe seine Gemahlin Berenike geschändet, töten ließ. (5) Unter der Regierung seines Vaters verkaufte er jedoch das Recht und zeigte sich raubsüchtig (?), weshalb alle ihn für einen zweiten Nero hielten, ihn so nannten und seine Thronbesteigung mit Missfallen aufgenommen hatten. (6) Aber dies wandelte sich zum Besseren und verschaffte ihm in solchem Maße unsterblichen Ruhm, dass er die Wonne und Liebe des Menschengeschlechts genannt wurde. (7) Schließlich befahl er, als er die Bürde der Regierung auf sich genommen hatte, dass Berenike, die sich Hoffnung auf eine förmliche Vermählung mit ihm machte, in ihre Heimat zurückkehrte und die Scharen der Lustknaben sich entfernten. (8) Durch diese Tat gab er gleichsam das Zeichen, dass er seiner schwelgerischen Lebensweise entsagt habe. Sodann sicherte er, da die Nachfolger die Schenkungen und Begünstigungen der früheren Principes gewöhnlich bestätigten, unmittelbar nach seinem Herrschaftsantritt von selbst durch ein Edikt den Besitzern Derartiges zu. (9) Als er sich ferner eines Tages am Abend erinnerte, dass er an jenem Tag niemandem eine Wohltat erwiesen habe, sprach er die bewunderungswürdigen und erhabenen Worte: „Freunde, heute haben wir einen Tag verloren!“; dies war ein Zeichen einer großartigen Freigebigkeit. (10) Seine Milde führte so weit, dass er zwei Männer von höchstem Rang, als sie sich gegen ihn verschworen hatten und das geplante Verbrechen nicht leugnen konnten, zuerst ermahnte; daraufhin führte er sie in eine Theatervorstellung, befahl, dass sie sich an seinen beiden Seiten hinsetzen sollten, und forderte absichtlich ein Schwert der Gladiatoren, deren

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industria murmillonum, quorum pugnae visebantur, gladio quasi ad explorandam aciem uni atque alteri commiserit; quibus perculsis et constantiam mirantibus diceret: „videtisne potestates fato dari frustraque temptari facinus potiundi spe vel amittendi metu?“ (11) fratrem quoque Domitianum parantem insidias militumque animos sollicitantem flens saepius obtestatus est, ne parricidio assequi cuperet, quod et se volente esset obventurum ei et iam haberet, cum sit particeps potestatis. (12) huius tempore mons Vesuvius in Campania ardere coepit incendiumque Romae sine nocturna requie per triduum fuit. (13) lues quoque, quanta vix umquam antea, fuit. (14) quibus tamen malis nullo vexato pecunia propria subvenit cunctis remediorum generibus, nunc aegrotantes per semetipsum reficiens, nunc consolans suorum mortibus afflictos. (15) vixit annos XLI, et in eodem quo pater apud Sabinos agro febri interiit. (16) huius mors credi vix potest quantum luctus urbi provinciisque intulerit, adeo ut eum delicias publicas, sicut diximus (cf. 10,6), appellantes quasi perpetuo custode orbatum terrarum orbem deflerent. 11. (1) Domitianus, Vespasiani et Domitillae libertae filius, germanus Titi, imperavit annos XV. (2) iste primo clementiam simulans neque adeo iners domi belloque tolerantior videbatur idcircoque Cattos Germanosque devicit. (3) ius aequissime dixit. Romae multa aedificia vel coepta vel a fundamentis construxit. (4) bibliothecas incendio consumptas petitis undique, praesertim Alexandria, exemplis reparavit. (5) sagittarum tam doctus fuit, ut inter patentes digitos extentae manus viri 8 sq. huius – fuit Land. 8,10 (218,17 sq.) 8 huius – coepit Frec. 2,2,3 (499,14) 8–16 incendiumque – deflerent Frec. 2,2,3 (499,22-30) 9–12 lues – afflictos Land. 8,10 (219,1-4) 14 sq. huius – ut Land. 8,10 (219,7 sq.) 17–168,1 Domitianus – transvolarent Frec. 2,2,6 (507,1-8) 17 sq. Vespasiani – Titi Land. 8,11 (219,14) 20 sq. aedificia – construxit Land. 8,12 (221,1 sq.) 21–168,1 bibliothecas – transvolarent Land. 8,12 (221,5-9) 1 murmillonum ΑCGFI : murmillorum ΖJ : murmillorium H : mirmillonum Land. : illorum B (mirmillonibus λ) 3 fato μ, Land. : facto I 4 potiundi ΑCGFHBI : potiendi ΖJ, Land. 5 parantem ΑGFHBI, Land. : parente C : parentum ΖJ 9 sq. lues – fuit om. Α, λ 10 antea codd., Frec. : ante Land. | nullo vexato μ, Land. Frec. : nonnullis vexatis ⟦nullo vexato⟧ I 13 eodem ΑCGFHBI, λ, Frec. : eodem quoque ΖJ | febri ΑCGFH, Frec. : febre ΖJBI, λ 14 quantus B | luctum Land. Frec. (cf. planctum λ) 16 perpetuum custodem ΖJ | orbatum om. ΖJ | terrarum orbem ΑCGFHI, Frec. : orbem terrarum B : orbis terrarum ΖJ 19 belloque ACGFHEZJ, Frec. : bellique I : bello B | idcircoque ΑCGFHI : idcirco ΖJB, Frec. 19 sq. germanosque ACGFHEZJI, Frec. : germanos B (et germanos λ) 22 alexandria codd., Land. : ab alexandria λ, Frec. 23 extentae ΑCGFHBI, Land. Frec. : extensae ΖJ

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Kampf sie besuchten; dieses überließ er den beiden jeweils, um die Schärfe zu überprüfen; als sie betroffen waren und sich über seinen Mut wunderten, habe er ihnen gesagt: „Seht ihr nicht, dass die Macht vom Schicksal verliehen wird und dass der Versuch einer verbrecherischen Tat aus Hoffnung auf deren Besitz oder aus Furcht vor deren Verlust vergeblich unternommen wird?“ (11) Auch seinen Bruder Domitian, der eine Verschwörung plante und die Soldaten aufwiegelte, bat er ziemlich oft weinend, nicht durch Brudermord das erreichen zu wollen, was ihm durch den eigenen Willen des Titus zuteil werden würde und was er schon habe, da er ja Anteil an der Macht habe. (12) Zu seiner Zeit begann der Vesuv in Kampanien Feuer auszuwerfen, und in Rom wütete eine Feuersbrunst drei Tage ohne nächtliche Pause unausgesetzt fort. (13) Auch gab es unter ihm eine Pest in einem kaum jemals vorher dagewesenen Ausmaß. (14) Dennoch half er in solchen Übeln, ohne dass jemand sonst behelligt wurde, mit eigenem Geld auf alle mögliche Weise, indem er sich bald selbst für die Heilung der Kranken einsetzte, bald diejenigen tröstete, die der Tod ihrer Angehörigen in Trauer versetzt hatte. (15) Er lebte einundvierzig Jahre und starb an Fieber auf demselben Landgut im Sabinerland wie sein Vater. (16) Es ist kaum zu glauben, welchen Schmerz sein Tod über ganz Rom und die Provinzen brachte; so sehr, dass man ihn, wie ich schon gesagt habe (vgl. 10,6), die Wonne der Menschheit nannte und die Welt betrauerte, die in ihm gleichsam ihren ewigen Schutzherrn verloren habe. 11. (1) Domitian, Sohn des Vespasian und der Domitilla, einer Freigelassenen, Bruder des Titus, regierte fünfzehn Jahre. (2) Zuerst täuschte er vor milde zu sein und erwies sich als nicht gerade untätig im Frieden sowie als ausdauernd im Krieg und besiegte deshalb die Chatten und Germanen. (3) Bei der Rechtssprechung befolgte er in hohem Maße die Grundsätze der Gerechtigkeit. In Rom ließ er sowohl viele bereits begonnene Gebäude vollenden als auch von Grund auf neu bauen. (4) Die Bibliotheken, die durch die Flammen zerstört waren, stellte er wieder her, indem er von überall her, besonders aus Alexandria, Abschriften kommen ließ. (5) Er war ein so geschickter Bogenschütze, dass seine Pfeile zwischen den geöffneten Fingern der

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procul positi spicula transvolarent. (6) dehinc atrox caedibus bonorum supplicia agere coepit ac more C. Caligulae dominum sese deumque dici coegit; segnisque ridicule remotis omnibus muscarum agmina persequebatur. (7) furens libidine, cuius foedum exercitium Graecorum lingua clinopalen vocabat. (8) hinc percontanti cuidam, quisquamne in Palatio esset, responsum: „ne musca quidem.” (9) his eius saevitiis ac maxime iniuria verborum, qua se scortum vocari dolebat, accensus Antonius curans Germaniam superiorem imperium corripuit. (10) quo per Norbanum Lappium acie strato Domitianus longe taetrior in omne hominum genus, etiam in suos, ferarum more grassabatur. (11) igitur metu crudelitatis et conscientiae suae coniuravere plerique impulsoribus Parthenio procurante cubiculum et Stephano et tum ob fraudem interceptae pecuniae supplicium suspectante Clodiano, ascita etiam in consilium tyranni uxore Domitia ob amorem Paridis histrionis a principe cruciatus formidante. (12) Domitianum multis vulneribus confodiunt post annum quintum et quadragesimum vitae. (13) at senatus gladiatoris more funus efferri radendumque nomen decrevit. (14) huius tempore saeculares ludi celebrati sunt. (15) hactenus Romae seu per Italiam orti imperium rexere, hinc advenae. unde compertum est urbem Romam externorum virtute crevisse. quid enim Nerva prudentius aut moderatius? quid Traiano divinius? quid praestantius Hadriano? 12. (1) Cocceius Nerva oppido Narniensi genitus imperavit menses XVI dies X. (2) iste cum imperium suscepisset, mox rumore orto vivere atque affore Domitianum perinde trepidavit, ut colore mutato verbis 3–6 segnisque – quidem Land. 8,11 (219,21-220,3) 7–9 maxime – strato Land. 8,12 (220,20-23) 10–21 igitur – Hadriano Land. 8,13 (221,19-222,14) 22 Cocceius – genitus Land. 9,1 (223,5 sq.) 23–170,12 iste – iussit Land. 9,1 (223,10-224,4) 1 transvolarent codd., Frec. : transvolaret Land. (transduceret λ) 2 c(ai) Arntzen : g. ΑCGFHBI : gai ΖJ : gnei Bamb. | sese ACGFHEZJI : si se B 3 segnisque Land. : signisque ΑGFHΖJBI : dignisque C 4 exercitium ΑCGFHB, Land. : exercitum ΖJI 5 clinopalen ΑCBI, ρ : κλινοπάλην GFH : clinpalen Ζ : κλινπαλην (clinpalen s. l.) J vocabat ΑCGFHBI, Land. : vocabatur ΖJ (vocabant λ) | hinc codd. : hic ρ 6 responsum μ, Land. : responsum est I | ne μ : nec I, ρ 7 se GFHI, ρ : si B : om. ΑCΖJ 9 et ante Lappium exspectavit Nesselhauf | longe tetrior Cp.c.GFHΖJB : longetrior Α : tetrior vel deterior Αmarg. : longeterior Ca.c.Ia.c. : longe deterior Ip.c.(valde crudelior λ) 12 et stephano codd., Bamb. : stephano Land. | et2 ante Clodiano transpos. Dacier 13 suspectante ACGFHEZJ, Land. : suspectantem BI 14 consilium ACGFHEZJ, λ : consilio BI, Land. 15 formidante ACGFHEZJ, Land. : formidantem BI 17 efferri codd. : efferri iusserunt Land. (exequias habere [Bamb. : haberi Salisb.] iusserunt λ) 23 dies ΑCGFHBI, ρ : et dies ΖJ

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ausgestreckten Hand eines in weiter Entfernung stehenden Mannes hindurchflogen. (6) Nachher begann er, grausam in der Ermordung trefflicher Männer, Todesstrafen zu verhängen und befahl, dass man ihn, wie einst Caligula, „Herr“ und „Gott“ nennen musste; und träge verscheuchte er auf lächerliche Weise, nachdem alle fortgeschickt waren, Schwärme von Fliegen. (7) Er war rasend vor Wollust, deren schändliche Ausübung er in der Sprache der Griechen „Bettringkampf“ nannte. (8) Daher erhielt jemand einmal auf die Frage, ob irgendeiner im Palast sei, die Antwort: „Nicht einmal eine Fliege.“ (9) Aufgebracht über diese Grausamkeiten Domitians und am meisten verletzt durch die schimpflichen Worte, mit denen er eine Hure genannt wurde, ergriff Antonius, der Statthalter von Obergermanien, die Herrschaft. (10) Nachdem dieser dem Norbanus Lappius in einer Schlacht erlegen war, wuchs Domitians Grausamkeit immer mehr, und er wütete, nach der Art wilder Tiere, gegen das ganze Menschengeschlecht, sogar gegen seine nächste Umgebung. (11) Aus Furcht vor seiner Grausamkeit und vor ihren eigenen Gewissensbissen verschworen sich mehrere gegen ihn, angestiftet von dem Kammerdiener Parthenius sowie von Stephanus und Clodianus, der damals wegen Betrugs mit unterschlagenem Geld eine Strafe erwartete; auch Domitia, die Ehefrau des Tyrannen, die wegen eines Liebesverhältnisses mit dem Schauspieler Paris die Folter durch den Princeps befürchten musste, wurde in die Verschwörung aufgenommen. (12) Sie durchbohrten Domitian nach Vollendung seines fünfundvierzigsten Lebensjahres mit vielen Wunden. (13) Der Senat aber beschloss, dass man ihn wie einen Gladiator bestatten und seinen Namen von allen Denkmälern tilgen lassen sollte. (14) Unter seiner Herrschaft wurden die Säkularspiele abgehalten. (15) Bis dahin beherrschten Männer das Reich, die in Rom oder in Italien geboren waren, von nun an Auswärtige. Dadurch wird deutlich, dass die Stadt Rom durch das Verdienst von Fremden gewachsen ist. Denn was gab es Klügeres oder Gemäßigteres als Nerva? Was Göttlicheres als Trajan? Was Vorzüglicheres als Hadrian? 12. (1) Cocceius Nerva, aus der Stadt Narni stammend, regierte sechzehn Monate und zehn Tage. (2) Bald nachdem er die Herrschaft angetreten hatte, kam das Gerücht auf, Domitian sei noch am Leben und werde bald erscheinen, worüber Nerva so sehr erschrak, dass er die

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amissis vix consisteret. sed a Parthenio confirmatus recepta fiducia ad sollemne delenimentum conversus est. (3) qui cum in curiam a senatu gratanter exceptus esset, solus ex omnibus Arrius Antoninus, vir acer eique amicissimus, condicionem imperantium prudenter exprimens, amplexus eum gratulari se ait senatui et populo provinciisque, ipsi autem nequaquam, cui satius fuerat malos semper principes eludere quam tanti oneris vim sustinentem haud molestiis modo et periculis subici, sed famae etiam inimicorum pariter et amicorum, qui cum se mereri omnia praesumant, si quicquam non extorserint, atrociores sunt ipsis quoque hostibus. (4) iste quicquid antea poenae nomine tributis accesserat, indulsit; afflictas civitates relevavit; puellas puerosque natos parentibus egestosis sumptu publico per Italiae oppida ali iussit. (5) hic ne accessu malivolorum terreretur, Iunii Maurici constantis viri dicto ita admonetur: qui convivio familiari adhibitus cum Veientonem consulari honore functum quidem apud Domitianum, tamen multos occultis criminationibus persecutum adesse vidisset, inter colloquia mentione Catulli facta calumniatoris praecipui, dicente Nerva: „quid nunc faceret, si Domitiano supervixisset?“ „nobiscum“, inquit Mauricus, „cenaret“. hic iurgiorum disceptator et scientissimus et frequens fuit. (6) Calpurnium Crassum promissis ingentibus animos militum pertemptantem detectum confessumque Tarentum cum uxore removit patribus lenitatem eius increpantibus. (7) cumque interfectores Domitiani ad exitium poscerentur, tantum est consternatus, ut neque vomitum neque impetum ventris valuerit differre; et tamen vehementer obstitit dictitans aequius esse mori quam auctoritatem imperii foedare proditis potentiae sumendae auctoribus. (8) sed milites neglecto principe requisitos Petronium

8 sq. amicorum – sunt Sed. 80,12,21 (331,37 sq.) 11 sq. afflictas – iussit Frec. 2,2,8 (511,14-16) 12–172,11 hic – est2 Land. 9,2 (224,7-225,9)

2 curiam CGFHJB, Land. : curia ΑΖI, λ 3 antoninus ΑB, Land. : antonius CGFHΖJI, λ 7 sustinentem codd. : sustinente Land. | haud (haut) μ : aut I, ρ | et periculis codd., λ : et suppliciis periculisque Land. 10 ipsis codd., λ : ipsi Land. 11 accesserat ACGFHEZJ : accesserant BI, Land. 13 maurici ΑC : mauricii GFHΖJI, Land. : marcii B (mauricio λ) | viri codd. : vero Land. (viro λ) | dicto codd. : dictu Land. 17 catulli ACGFHEZJ : catuli BI, Land. (catulo λ)

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Farbe wechselte, die Sprache verlor und sich kaum aufrecht halten konnte. Aber von Parthenius vollkommen bestärkt, fasste er neues Vertrauen und kehrte zu seiner gewohnten Ruhe zurück. (3) Als er in der Kurie vom Senat mit Glückwünschen empfangen wurde, war Arrius Antoninus, ein kluger Mann, der mit Nerva in einem sehr freundschaftlichen Verhältnis stand, der Einzige von allen, der die Lage von Regenten mit Einsicht zum Ausdruck brachte: Er umarmte ihn und sagte, dass er dem Senat, dem Volk und den Provinzen gratuliere, keineswegs aber ihm, für den es besser gewesen wäre, immer über schlechte Principes zu spotten, als selbst eine so drückende Last auf sich zu nehmen und sich nicht nur Beschwerden und Gefahren, sondern auch gleichermaßen der Nachrede von Feinden auszusetzen, ebenso wie der von Freunden, denn Freunde nehmen an, dass sie alles verdienten, wenn sie dann aber etwas nicht abtrotzen könnten, sind sie noch gefährlicher als die Feinde selbst. (4) Nerva war nachsichtig mit dem, was vorher als Strafe zu den Abgaben hinzugekommen war; er unterstützte beschädigte Städte; er ordnete an, in den Städten Italiens die Töchter und Söhne bedürftiger Eltern auf öffentliche Kosten zu ernähren. (5) Dazu, dass er nicht durch die Anwesenheit übelwollender Menschen erschrecken sollte, wurde er durch einen Ausspruch des Iunius Mauricus, eines standhaften Mannes, auf diese Weise ermahnt: Dieser war einst zu einem Gastmahl im kleinen Kreise eingeladen worden. Dabei hatte er die Anwesenheit von Veiento bemerkt, der Konsul unter Domitian gewesen war, viele aber durch seine heimlichen Anklagen verfolgt hatte. Als während der Unterhaltung die Rede auf Catullus, einen besonderen Rechtsverdreher, kam, sagte Nerva: „Was würde er jetzt tun, wenn er Domitian überlebt hätte?“ Da entgegnete Mauricus: „Er würde mit uns speisen.“ Nerva war sowohl ein sehr weiser als auch sehr fleißiger Schiedsrichter in Rechtsstreitigkeiten. (6) Als Calpurnius Crassus, der die Soldaten durch ungeheure Versprechungen zu verführen versucht hatte, entdeckt worden war und gestanden hatte, verwies er ihn zusammen mit seiner Gemahlin nach Tarent, wobei die Senatoren seine Nachsicht tadelten. (7) Als man von ihm die Todesstrafe für die Mörder Domitians forderte, bemächtigte sich Nervas ein solcher Schrecken, dass er Erbrechen und Durchfall nicht zurückhalten konnte; aber dennoch versagte er mit Festigkeit seine Einwilligung und erklärte, es sei besser zu sterben, als die Würde des Thrones dadurch zu besudeln, dass er diejenigen preisgebe, die ihn darauf erhoben hätten. (8) Indessen achteten die Soldaten den Princeps nicht, sondern suchten,

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uno ictu, Parthenium vero demptis prius genitalibus et in os coniectis iugulavere redempti magnis sumptibus ⟨a〉 Casperio; qui scelere tam truci insolentior Nervam compulit referre apud populum gratias militibus, quod pessimos nefandosque omnium mortalium peremissent. (9) hic Traianum in liberi locum inque partem imperii cooptavit; cum quo tribus vixit annis. (10) qui dum suggerente ira voce quam maxima contra quendam Regulum nomine inclamaret, sudore correptus est. (11) quo refrigescente horror corporis nimius initia febri praebuit nec multo post vitam finivit anno aetatis sexagesimo tertio. (12) cuius corpus a senatu ut quondam Augusti honore delatum in sepulcro Augusti sepultum est. eo die, quo interiit, solis defectio facta est. 13. (1) Ulpius Traianus, ex urbe Tudertina, Ulpius ab avo dictus, Traianus a Traio paterni generis auctore vel de nomine Traiani patris sic appellatus, imperavit annis XX. (2) iste talem se rei publicae praebuit, qualem vix aegreque exprimere valuerint summorum scriptorum miranda ingenia. (3) hic imperium apud Agrippinam, nobilem Galliae coloniam, suscepit habens diligentiam in re militari, in civilibus lenitatem, in sublevandis civitatibus largitionem. (4) cumque duo sint, quae ab egregiis principibus exspectentur, sanctitas domi, in armis fortitudo, utrobique prudentia, tantus erat in eo maximarum rerum modus, ut quasi temperamento quodam virtutes miscuisse videretur, nisi quod cibo vinoque paululum deditus erat. (5) liberalis in amicos et tamquam vitae condicione par societatibus perfrui. (6) hic ob honorem Surae, cuius studio imperium arripuerat, lavacra condidit. (7) de quo supervacaneum videtur cuncta velle nominatim promere, cum satis sit excultum atque emen5–11 hic – est2 Frec. 2,2,8 (511,8-13) 12–14 ex – appellatus Land. 9,3 (225,11-13) 14 imperavit – XX Frec. 2,2,9 (514,52) 16–23 hic – perfrui Frec. 2,2,9 (511,1-512,8) 16–22 nobilem – erat Land. 9,3 (225,16-22) 18 sq. duo – fortitudo Sed. 80,12,7 (341,26 sq.) 23–174,9 hic – καλῶϲ Land. 9,4 (226,28-227,11) 2 redempti Reimar : redempto ΑCΖJBI, Land. : redemptos GFH : redempto⟨re〉 Walter | ⟨a〉 add. Reimar | casperio ZJI, Land. : casperi ACGFHB 4 quod ACGFHEZJ, ρ : qui B : quia I 5 inque codd. Frec. : et Land. (et in λ) | cooptavit ΑCHΖJ : quo optavit B : coactavit G : coaptavit F, λ, Frec. : adoptavit I 6 annis codd., λ : mensibus Schott 8 nimius GFHI, ρ : nimium ΑCΖJB, Frec. 9 cuius corpus codd., λ, Frec. : corpus eius Land. 10 honore codd., Land. Salisb. Frec. : honorem Bamb. : humeris Gruter | delatum I : delato ΑCGFHB, Land. Frec. : relicto ΖJ (deducto Bamb. : -tum Salisb.) | Augusti2 ZJ, ρ, Frec. : augusto ACGFHBI 12 tudertina codd., ρ : tudertana Dierauer 13 traio ΑCFHB, ρ : traiano G : troio ΖJI 24 supervacaneum CGFΖJI, Land. : supervacuaneum Α : supervacuum B 25 promere ΑCGFHBI, Land. : scribere ΖJ

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nachdem sie von Casperius mit einer großen Summe gekauft worden waren, die Mörder Domitians auf und töteten Petronius mit einem Hieb, Parthenius aber töteten sie, nachdem sie ihm zuvor die Schamteile abgeschnitten und in den Mund gestopft hatten; Casperius, durch ein so grausames Verbrechen noch aufgeblasener, nötigte Nerva, den Soldaten vor dem Volk seinen Dank auszudrücken, dass sie die schlechtesten und verworfensten aller Menschen getötet hätten. (9) Nerva nahm Trajan als Sohn an und teilte mit ihm die Herrschaft; mit ihm lebte er noch drei Jahre. (10) Als er einst unter Einfluß des Zorns jemanden mit Namen Regulus mit sehr lauter Stimme anschrie, brach ihm der Schweiß aus. (11) Als dieser abkühlte, legte der allzu starke Schauder des Körpers den Grund zu einem Fieber, und nicht viel später verstarb er im dreiundsechzigsten Lebensjahr. (12) Sein Leichnam wurde wie einst derjenige des Augustus ehrenvoll vom Senat getragen und im Grab des Augustus beigesetzt. An seinem Todestag trat eine Sonnenfinsternis ein. 13. (1) Ulpius Traianus, aus der Stadt Tuder, der Ulpius nach seinem Großvater Ulpius genannt wurde und der Trajan nach Traius, dem Gründer seiner väterlichen Linie, oder nach seinem Vater Traianus hieß, regierte zwanzig Jahre. (2) Er hat sich dem Staat gegenüber als ein solcher erwiesen, dass ihn selbst die bewunderungswürdige Begabung der besten Schriftsteller kaum und nur mit Mühe angemessen darstellen konnte. (3) Trajan nahm die Herrschaft in Köln, einer berühmten Kolonie in Gallien, an. Im Kriegswesen bewies er Sorgfalt, in bürgerlichen Angelegenheiten Milde und bei der Unterstützung der Gemeinden Großzügigkeit. (4) Da es zwei Erwartungen sind, die an treffliche Principes gestellt werden, Rechtschaffenheit zuhause, im Krieg Tapferkeit, in beiden Fällen mit Klugheit gepaart, war in Trajan ein so hohes Maß an den größten Tugenden vorhanden, dass er sie sozusagen im rechten Verhältnis vermischt zu haben schien, außer, dass er ein wenig den Speisen und dem Wein ergeben war. (5) Gegen seine Freunde war er freigebig und genoss ihre Gesellschaft so, als hätten sie die gleiche Bedingung im Leben. (6) Dem Sura zu Ehren, durch dessen Bemühung er die Herrschaft ergriffen hatte, erbaute er Bäder. (7) Auf alle Einzelheiten einzugehen scheint überflüssig, es genügt, gesagt zu

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datum dixisse. (8) fuit enim patiens laboris, studiosus optimi cuiusque ac bellicosi; magis simpliciora ingenia aut eruditissimos, quamvis ipse parcae esset scientiae moderateque eloquens, diligebat. (9) iustitiae vero ac iuris humani divinique tam repertor novi quam inveterati custos. (10) quae omnia eo maiora visebantur, quo per multos atque atroces tyrannos perdito atque prostrato statu Romano in remedium tantorum malorum divinitus credebatur opportune datus, usque eo ut adveniens imperium eius pleraque mirifica denuntiaverint. in quis praecipuum cornicem e fastigio Capitolii Atticis sermonibus effatam esse: καλῶϲ. (11) huius exusti corporis cineres relati Romam humatique Traiani foro sub eius columna et imago superposita, sicut triumphantes solent, in urbem invecta senatu praeeunte et exercitu. (12) eo tempore multo perniciosius quam sub Nerva Tiberis inundavit magna clade aedium proximarum; et terrae motus gravis per provincias multas atroxque pestilentia famesque et incendia facta sunt. (13) quibus omnibus Traianus per exquisita remedia plurimum opitulatus est, statuens ne domorum altitudo sexaginta superaret pedes ob ruinas faciles et {sumptus}, si quando talia contingerent, exitiosas. (14) unde merito pater patriae dictus est. vixit annos LXIIII. 14. (1) Aelius Hadrianus, stirpis Italae, Aelio Hadriano Traiani principis consobrino Hadriae orto, genitus, quod oppidum agri Piceni etiam mari Hadriatico nomen dedit, imperavit annos XXII. (2) hic Graecis litteris impensius eruditus a plerisque Graeculus appellatus est. Atheniensium studia moresque hausit potitus non sermone tantum, sed 9–18 huius – est Land. 9,6 (228,19-229,2) 20–22 Aelius – XXII Frec. 2,2,13 (524,1 sq.) 20–22 stirpis – dedit Land. 9,7 (229,9-11) 21 sq. quod – dedit Paul. HL 2,19 22–176,2 hic – marmore Frec. 2,2,13 (525,3-7) 22 sq. hic – est Sed. 80,7,14 (323,19 sq.) 23–178,4 Graecis – servaretur Land. 9,9-10 (231,6-232,13)

2 magis μ, Land. : magisque I 5 quo ACGFHEZJ : quod I, Land. : quoniam B 6 perdito ΑCGFHBI, Land. : prodito ΖJ (perditus λ) 7 adveniens imperium ΑCGFHBI, Land. : advenientem statum ΖJ 8 quis ΑCGFHBI, Land. : quibus ΖJ, λ 9 effatam BI, Land. : affatam ACGFHEZJ | καλοϲ ACGFHEZJI, Land. : καλῶϲ ⟨ἔσται〉 Schott : calos λ , spat. vac. ca. 5 litt. in B 11 sq. invecta Land. : investa BI : invehi ACGFHEZJ 12 senatu ΑCGFBI, ρ : senatum H : senatorio ΖJ | et ΑCGFHBI, ρ : om. ΖJ 17 sumptus del. Kassel : sumptos B : subtus Land. 18 contingerent ΑCGFHBI : contingerint Land. : contingerent exigerent ΖJ | exitiosas ΑCB, Land. : exitiosos GFHI : exitiosa ΖJ 20 italae CFZJBIp.c. : italiae (periculosas Bamb.p.c. Salisb. : periculosos Bamb.a.c.) a.c. AGHI : italicae Land. (italus λ) 22 nomen codd., λ : cognomen Land. 24 hausit ACGFHEZJ : auxit BI, Land. | potitus ACGFHEZJ : potius BI, Land.

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haben, dass er vollkommen und untadelig war. (8) Denn er war fähig, Mühe zu ertragen, war eifrig bemüht gerade um die Besten und Kriegerischen; noch mehr aber schätzte er ehrliche Charaktere oder Männer von hoher Gelehrsamkeit, obgleich er selbst nur geringe Kenntnisse und eine mittelmäßige Beredsamkeit besaß. (9) In der Gerichtsbarkeit sowie in der religiösen und zivilen Gesetzgebung erließ er nicht nur neue Gesetze, sondern wachte auch über die seit langem bestehenden. (10) All diese Dinge erschienen umso größer, als nach der Zerstörung und Niederwerfung des römischen Staates durch viele grausame Tyrannen mit ihm ein von der Göttlichkeit gesandter Retter für so große Übel, wie man glaubte, rechtzeitig gegeben worden war. Dies ging so weit, dass mehrere Wunderzeichen seine Thronbesteigung vorher angekündigt haben sollen, darunter besonders, dass eine Krähe von dem Gipfel des Kapitols herab in griechischer Sprache gerufen habe: „Schön!“ (11) Die Asche seines verbrannten Leichnams wurde nach Rom gebracht, auf dem Forum des Trajan unter seiner Säule beigesetzt und sein Bild daraufgestellt, das, wie Triumphierende es gewöhnlich tun, in die Stadt hineingefahren wurde, wobei Senat und Heer vorausgingen. (12) Zu dieser Zeit richtete der Tiber durch Überschwemmung viel verderblichere Verheerungen an als unter Nerva und fügte den nächsten Gebäuden großen Schaden zu, und ein heftiges Erdbeben, eine fürchterliche Pest, Hungersnot und Feuersbrünste suchten viele Provinzen heim. (13) Trajan half all diesem durch geeignete Mittel größtenteils ab, besonders verordnete er, dass die Höhe der Häuser sechzig Fuß nicht übersteigen dürfe wegen des leichten und in solchem Fall verderblichen Einsturzes. (14) Daher wurde er zu Recht Vater des Vaterlandes genannt. Er lebte vierundsechzig Jahre. 14. (1) Aelius Hadrianus, italischer Abstammung, Sohn des Aelius Hadrianus, der ein Cousin ersten Grades des Princeps Trajan war und aus Hadria stammte, einer Stadt im Picenischen Gebiet, die auch dem Hadriatischen Meer seinen Namen gab, herrschte zweiundzwanzig Jahre. (2) Er besaß in der griechischen Literatur ungemeine Kenntnisse, weshalb ihn sehr viele ‚Griechlein‘ nannten. Bildung und Sitten der Athener machte er sich vollständig zu eigen, beherrschte nicht nur die

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et ceteris disciplinis canendi psallendi medendique scientia, musicus, geometra, pictor fictorque ex aere vel marmore proxime Polycletus et Euphranoras. proinde omnino ad ista et facetus, ut elegantius umquam raro quicquam humanae res expertae videantur. (3) memor, supra quam cuiquam credibile est, locos, negotia, milites, absentes quoque, nominibus recensere. (4) immensi laboris, quippe qui provincias omnes passibus circumierit agmen comitantium praevertens, cum oppida universa restitueret, augeret ordinibus. (5) namque ad specimen legionum militarium fabros, perpendiculatores, architectos genusque cunctum exstruendorum moenium seu decorandorum in cohortes centuriaverat. (6) varius, multiplex, multiformis; ad vitia atque virtutes quasi arbiter genitus, impetum mentis quodam artificio regens, ingenium invidum, triste, lascivum et ad ostentationem sui insolens callide tegebat; continentiam, facilitatem, clementiam simulans contraque dissimulans ardorem gloriae, quo flagrabat. (7) acer nimis ad lacessendum pariter et respondendum seriis ioco maledictis; referre carmen carmini, dictum dictui, prorsus ut meditatum crederes adversus omnia. (8) huius uxor Sabina, dum prope servilibus iniuriis afficitur, ad mortem voluntariam compulsa. quae palam iactabat se, quod immane ingenium probavisset, elaborasse, ne ex eo ad humani generis perniciem gravidaretur. (9) hic morbo subcutaneo, quem diu placide pertulerat, victus dolore ardens impatiensque plures e senatu exstinxit. (10) a regibus multis pace occultius muneribus impetrata iactabat palam plus se otio adeptum quam armis ceteros. (11) officia sane publica et Palatina nec non militiae in eam formam statuit, quae paucis per Constantinum 6 provincias omnes Frec. 2,2,13 (525,8) 15 sq. acer – respondendum Frec. 2,2,13 (525,7 sq.) 1 musicus ACGFHEZJ : musicis BI, Land. : (in musica λ) 2 geometra ΑGFH : geometria BI, Land. Salisb. : geomatre C : geometer ΖJ : geometrica Bamb. | polycletus ACHI : policletus GFZJB, ρ : polycletos Schott 3 proinde ΑCΖJBI, Land. : perinde GFH | et facetus ACGFHEZJ : et factus B, Land. : effectus I 7 circumierit ACGFHEZJ : circuierit I, Land. : circuirerit B 8 restitueret codd. : restituerit Land. 12 impetum ΑGFHΖJB, Land. : impetus C : impetu I | quodam ΑCGFHBI, ρ : quasi ΖJ 14 facilitatem ΑCGFΖJB, Land. : et facilitatem I : felicitatem H 16 ioco ACGFHEZJI, Land. : iocis B 17 dictui ACGFHEZJ : dictu BI, Land. 19 sq. quae – eo om. H 20 probavisset ΑCGFΖJ, Land. : provasisset B : pervasisset I | elaborasse ΑCGFΖJB, Land. : et elaborasse I | ad μ, Land. : om. I 21 morbo ΑCGFHBI, ρ : morbi ΖJ 22 ardens Schott : arduus codd., Land. | exstinxit ΑCGFHBI, Land. : interfecit ΖJ 23 occultius ΑCGFHB, Land. : occultis ΖJI (occulte λ) 24 palatina Amarg.GFHZJI, Land. : ialitina ACB 25 militiae ΑCGFHBI, Land. : militiam ΖJ

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Sprache, sondern auch anderes, nämlich die Disziplinen des Singens und des Zitherspiels sowie die Kunst des Heilens, war Musiker, Geometer, Maler und Bildner mit Erz oder Marmor, der Leuten wie Polyklet und Euphranor ganz nahe kam. Demnach war er insgesamt in dieser Hinsicht verfeinert, so dass die Welt selten etwas Schöneres erfahren zu haben scheint. (3) Er hatte ein unglaublich gutes Gedächtnis, so dass er Orte, Geschäfte, Soldaten, auch Abwesende, mit Namen aufzählen konnte. (4) Er war unermesslicher Anstrengung fähig; denn er bereiste ja alle Provinzen zu Fuß und ging der Schar seiner Begleiter voran, als er alle Städte wiederherstellte und durch die Zünfte vergrößerte. (5) Denn indem er sich hierbei die Militärlegionen zum Vorbild genommen hatte, hatte er Zimmerleute, Vermesser, Architekten und jede Art, die zur Errichtung oder Verschönerung von Gebäuden dient, in Centurien und Kohorten eingeteilt. (6) Er war veränderlich, wandelbar und vielgestaltig, von Natur aus eine Art Schiedsrichter über Laster und Tugenden; er beherrschte den Drang des Geistes mit einer gewissen Kunstfertigkeit. Er verbarg geschickt seinen Charakter, der neidisch, melancholisch, wollüstig und bis zur Prahlerei über sich selbst hochmütig war; Selbstbeherrschung, Umgänglichkeit, Nachsicht spielte er vor und überspielte dagegen die Leidenschaft für den Ruhm, vor der er brannte. (7) Allzu scharfzüngig in der Herausforderung und ebenso im Antworten bei ernsten Dingen, bei Scherz, bei Schmähungen; er brachte Vers zu Vers zurück, Ausspruch zu Ausspruch, so dass man geradezu glauben konnte, dass er über alles im voraus nachgedacht habe. (8) Seine Frau Sabina wurde, während er ihr fast wie einer Sklavin Beleidigungen antat, in einen freiwilligen Tod getrieben. Sie pflegte offen zu prahlen, dass sie sich, weil sie seinen Charakter als unmenschlich erfahren hatte, bemüht hatte, nicht zum Fluch der menschlichen Rasse von ihm schwanger zu werden. (9) Durch eine unter der Haut liegende Krankheit, die er lange Zeit friedlich ertragen hatte, überwältigt und unfähig, den brennenden Schmerz zu ertragen, ließ er mehrere aus dem Senat töten. (10) Da er von vielen Königen heimlich Frieden durch Geschenke erlangt hatte, prahlte er wiederholt in der Öffentlichkeit, dass er mehr durch Muße gewonnen habe als andere durch Waffen. (11) Er organisierte die Ämter im Staat und am Hof, aber auch die des Militärs in der Form, die, mit einigen von Konstantin

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immutatis hodie perseverant. (12) vixit annos LXII; dehinc miserabili exitu consumptus est, cruciatu membrorum fere omnium confectus in tantum, ut crebro sese interficiendum ministrorum fidissimis precans offerret ac, ne in semetipsum saeviret, custodia carissimorum servaretur. 15. (1) Antoninus, Fulvius seu Boionius dictus, postea etiam Pius cognominatus, imperavit annos XXIII. (2) iste ab Hadriano in filium adoptatus, cuius gener fuerat, tantae bonitatis in principatu fuit, ut haud dubie sine exemplo vixerit, (3) quamvis eum Numae contulerit aetas sua, cum orbem terrae nullo bello per annos viginti tres auctoritate sola rexerit, adeo trementibus eum atque amantibus cunctis regibus nationibusque et populis, ut parentem seu patronum magis quam dominum imperatoremve reputarent omnesque in morem caelestium propitium optantes de controversiis inter se iudicem poscerent. (4) quin etiam Indi Bactri Hyrcani legatos misere iustitia tanti imperatoris comperta; quam ornabat vultu serie pulchro, procerus membra, decenter validus. (5) priusquam salutandus prodiret, degustans panis aliquantum, ne frigescente circum praecordia per ieiunium sanguine viribus exesis interciperetur eoque actui publicorum minime sufficeret, quae incredibili diligentia ad speciem optimi patris familias exsequebatur. (6) appetentia gloriae carens et ostentatione, adeo mansuetus, ut instantibus patribus ad eos, qui contra eum coniuraverant, persequendos compresserit quaestionem praefatus necesse non esse sceleris in semetipsum cupidos pertinacius indagari, ne, si plures reperirentur, quantis odio esset, intellegeretur. (7) igitur apud Lorios, villa propria milibus passuum XII ab urbe, febri paucorum dierum post tres atque XX annos imperii con6–14 iste – comperta Frec. 2,2,15 (529,4-530,12) 6 sq. iste – fuerat Land. 9,11 (232,22 sq.) 9–24 cum – intellegeretur Land. 9,11 (233,5-22) 16–18 priusquam – sufficeret Sed. 80,21,7 (340,14-17) 24 sq. igitur – post Land. 9,13 (235,4-6) 25–180,4 consumptus – seditionem Land. 9,13 (235,7-11) 1 perseverant codd., Land. : perseverat Schott 6 cognominatus μ : cognominatus est I 10 amantibus ΑCGFHBI, Land. Frec. : amantibus eum ΖJ 12 imperatoremve reputarent ΑFH, Land. : imperatorem vere putarent CGBI : imperatoremve putarent ΖJ, Frec. (imperatorem putarent λ) 14 bactri I, ρ Frec. : bactriani ACGFHEZJ : bracti B quam ΑCGFHBI, ρ : quem ΖJ 15 vultu ΑCGFHBI, ρ : vultus ΖJ | serie ΑCGFHB, Land. : series ΖJ : severo I | pulchro ΑCGFHB, ρ : pulchra ΖJ : et pulchro I 16 aliquantum ΑCGFHBI, Land. Sed. : aliquantulum ΖJ (modicum panis λ) 18 quae codd. : quem Land. 19 sq. appetentia ... ostentatione ACGFHEZJI : appetentiam ... ostentationem B, Land. 20 ad ΑCGFHBI, Land. : om. ΖJ 21 sq. quaestionem ΑCGFHBI, Land. : quaestione ΖJ 22 praefatus codd. : profecto Land. 23 ne si ΑCGFHBI : nisi ΖJ : ni si Land. | quantis ΑCGFHBI, Land. : et quantis ΖJ

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eingeführten Änderungen, bis heute noch fortbesteht. (12) Er lebte zweiundsechzig Jahre; dann wurde er durch einen erbärmlichen Tod dahingerafft, da er durch die Qualen fast aller seiner Gliedmaßen so stark verzehrt wurde, dass er sich oft seinen treuesten Dienern preisgab und sie anflehte, ihn zu töten, und dass er nur durch die Aufsicht seiner liebsten Freunde davor bewahrt wurde, gegen sich selbst zu wüten. 15. (1) Antoninus Fulvius oder Boionius, später auch Pius genannt, regierte dreiundzwanzig Jahre. (2) Von Hadrian, dessen Schwiegersohn er war, als Sohn adoptiert, war er von so großer Güte im Principat, dass es für sein Leben ohne Zweifel sonst kein Beispiel gab, (3) obwohl ihn seine Zeitgenossen mit Numa verglichen, denn er beherrschte dreiundzwanzig Jahre ohne Krieg einzig durch seine Autorität die Welt, und alle Könige, Nationen und Völker fürchteten und liebten ihn so sehr, dass sie ihn mehr als ihren Vater oder Beschützer denn als ihren Herrn und Kaiser betrachteten und dass sie einstimmig seine Gnade, wie die der Götter, erflehten und ihn als Richter über ihre Streitigkeiten untereinander forderten. (4) Ja sogar die Inder, Baktrer und Hyrkaner schickten Gesandte, als die Gerechtigkeit eines so großen Kaisers bekannt wurde; diese schmückte er durch ein ernstes, schönes Gesicht, hochgewachsen an Gliedern und angemessen stark. (5) Bevor er zur Begrüßung hervortrat, nahm er gewöhnlich etwas Brot zu sich, damit er nicht, wenn das Blut aufgrund von Hunger um das Herz herum erkaltete und die Kräfte aufgebraucht waren, unterbrochen wurde und dadurch nicht den Bedürfnissen des Staatsgeschäfts entsprechen konnte, das er gleich einem sehr guten Hausvater mit außergewöhnlicher Sorgfalt pflegte. (6) Von Gier nach Ruhm und Prahlerei war er frei, so milde, dass er, als die Väter ihn drängten, die Verschwörer gegen sein Leben zu bestrafen, die Untersuchung mit der Äußerung niederschlug, es bedürfe keiner strengeren Untersuchung derjenigen, die ein Verbrechen gegen ihn im Sinne gehabt hätten, damit nicht, wenn viele entdeckt werden sollten, offensichtlich würde, von wie vielen er gehasst würde. (7) Er starb in Lorium, seinem Landgut, zwölf Meilen von Rom, an einem Fieber von wenigen Tagen nach einer dreiundzwanzigjährigen

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sumptus est. (8) ob cuius honorem templa, sacerdotes atque infinita alia decreta sunt. (9) usque eo autem mitis fuit, ut, cum ob inopiae frumentariae suspicionem lapidibus a plebe Romana perstringeretur, maluerit ratione exposita placare quam ulcisci seditionem. 16. (1) Marcus Aurelius Antoninus imperavit annos XVIII. (2) iste virtutum omnium caelestisque ingenii exstitit aerumnisque publicis quasi defensor obiectus est. etenim nisi ad illa tempora natus esset, profecto quasi uno lapsu ruissent omnia status Romani. (3) quippe ab armis quies nusquam erat perque omnem Orientem, Illyricum Italiamque bella fervebant; terrae motus non sine interitu civitatum, inundationes fluminum, lues crebrae, locustarum species agris infestae, prorsus ut prope nihil, quo summis angoribus atteri mortales solent, dici seu cogitari queat, quod non illo imperante saevierit. (4) credo divinitus attributum, ut, dum mundi lex seu natura ⟨talia〉 aliudve quid hominibus incognitum gignit, rectorum consiliis tamquam medicinae remediis leniantur. (5) is propinquum suum Lucium Annium Verum ad imperii partem novo benivolentiae genere ascivit. qui Verus inter Altinum atque Concordiam iter faciens ictu sanguinis, quem morbum Graeci apoplexin vocant, undecimo imperii anno exstinctus est. (6) carminum, maxime tragicorum, studiosus, ingenii asperi atque lascivi. (7) post cuius obitum Marcus Antoninus rem publicam solus tenuit. a principio vitae tranquillissimus, adeo ut ab infantia vultum nec ex gaudio nec ex maerore mutaverit, philosophiae studens litterarumque Graecarum. (8) hic permisit viris clarioribus, ut convivia eodem cultu, quo ipse, et ministris 5 Aurelius Land. 9,14 (235,12 sq.) 5–16 iste – leniantur Land. 9,15 (237,7-18) 6–13 aerumnisque – saevierit Frec. 2,2,16 (532,47-53) 17 sq. inter – Concordiam Land. 9,14 (236,9) 19 sq. carminum – lascivi Land. 9,14 (236,11 sq.) 21–23 a – mutaverit Sed. 80,16,3 (336,9-11) 22–182,9 adeo – retinere Frec. 2,2,16 (532,54533,64) 23–182,1 hic – exhiberent Land. 9,15 (237,19 sq.)

4 placare ΑCGFHBI, ρ : placere ΖJ 5 antoninus ΑCFΖJB, Sed. : antonius GHI, λ 8 ab codd., Frec. : om. Land. (a proeliis λ) 9 nusquam ΑCFHΕΖJB, Land. Salisb. Frec. : numquam GI, Bamb. | perque ΑGFHΕΖJ, Land. Frec. : per quae B : per quem CI 9 sq. italiamque Land. : italiam galliamque ACGFHEZJI, Frec. : italia galliamque B (italiam et galliam λ) 10 fervebant ΑCGFΕΖJBI, Frec. : fervebat H : fruebant Land. 14 ut codd., Land. : ut ⟨ea〉 dub. Callu | talia add. Hammerstaedt | aliudve quid μ, Land. : aliquid Barnes | aliudve μ, Land. : aliunde I 15 gignit codd., Land. : ⟨ea mala〉 gignit Iucundus 16 annium ΑCGFHΕBI, λ : antonium ΖJ 18 apoplexin ACI, λ : ἀπόπλεξιν GFHEZJ : apopex B : ἀπόπληξιν Schott 23 graecarum codd., Frec. : graecarum ⟨peritissimus〉 Schott : graecarum ⟨gnarus〉 Brakman

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Regierung. (8) Zu seinen Ehren wurden Tempel, Priester und andere Ehrenbezeugungen angeordnet. (9) Er war aber so sanftmütig, dass er es vorzog, als er wegen des Argwohns, es könne zu einem Getreidemangel kommen, von der römischen Plebs mit Steinen beworfen wurde, eher durch die Offenlegung der Vorratshaltung zu beruhigen als den Aufruhr zu bestrafen. 16. (1) Marcus Aurelius Antoninus regierte achtzehn Jahre. (2) Er war ein Inbegriff aller Tugenden und von göttlichem Geist und stellte sich den öffentlichen Leiden gleichsam als Verteidiger entgegen. Denn wenn er nicht für diese Zeiten geboren worden wäre, wäre sicherlich gleichsam mit einem Schlag der gesamte römische Staat zusammengebrochen. (3) Es gab nirgendwo Ruhe vor den Waffen, und durch den ganzen Orient, Illyrien und Italien wüteten Kriege; es gab Erdbeben mitsamt der Zerstörung von Städten, Überschwemmungen durch Flüsse, zahlreiche Seuchen, Heuschreckenarten, die für die Felder verderblich waren, so dass man geradezu fast nichts, wodurch die Sterblichen in höchsten Ängsten aufgerieben zu werden pflegen, beschreiben oder ausdenken kann, das nicht wütete, während er regierte. (4) Ich halte es für eine göttliche Fügung, dass, wenn das Gesetz der Welt oder die Natur ⟨Derartiges〉 oder etwas anderes den Menschen Unbekanntes hervorbringt, es durch die Pläne der Regenten gleichsam wie durch Heilmittel der Medizin gelindert wird. (5) Marcus ließ seinen Verwandten Lucius Annius Verus aufgrund einer neuen Art von Gunst an seiner Herrschaft teilhaben. Dieser Verus starb im elften Jahr seiner Herrschaft auf einer Reise zwischen Altinum und Concordia am Schlaganfall, einer Krankheit, die die Griechen Apoplexie nennen. (6) Er war ein Liebhaber der Dichtung, hauptsächlich der Tragödien, und war von einem rauhen und wollüstigen Charakter. (7) Nach dessen Tod regierte Marcus Antoninus den Staat allein. Von Beginn seines Lebens an war er äußerst gelassen, so sehr, dass er von Kindheit an seinen Gesichtsausdruck weder aus Freude noch aufgrund von Trauer veränderte. Er beschäftigte sich eifrig mit der Philosophie und der Literatur der Griechen. (8) Er gestattete den vornehmeren Männern, dass sie ihre Gastmähler mit demselben Schmuck und mit ähnlichen Dienern wie er

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similibus exhiberent. (9) hic cum aerario exhausto largitiones, quas militibus impenderet, non haberet neque indicere provincialibus aut senatui aliquid vellet, instrumentum regii cultus facta in foro Traiani sectione distraxit, vasa aurea, pocula crystallina et murrina, uxoriam ac suam sericam et auream vestem, multa ornamenta gemmarum, ac per duos continuos menses venditio habita est multumque auri redactum. (10) post victoriam tamen emptoribus pretia restituit, qui reddere comparata voluerunt; molestus nulli fuit, qui maluit semel empta retinere. (11) huius tempore Cassius tyrannidem arripiens exstinctus est. (12) ipse vitae anno quinquagesimo nono apud Vendobonam morbo consumptus est. (13) de eius morte nuntio Romam pervecto confusa luctu publico urbe senatus in curia veste taetra amictus lacrimans convenit. (14) et quod de Romulo aegre creditum est, omnes pari consensu praesumpserunt Marcum caelo receptum esse. ob cuius honorem templa columnae multaque alia decreta sunt. 17. (1) Aurelius Commodus, Antonini filius, Antoninus et ipse dictus, imperavit annos XIII. (2) hic qualis futurus esset, in ipso primordio ostendit. nam cum in supremis moneretur a parente, attritos iam barbaros ne permitteret vires recipere, responderat ab incolumi quamvis paulatim negotia perfici posse, a mortuo nihil. (3) saevior omnibus libidine atque avaritia, crudelitate, nulli fidus magisque in eos atrox, quos amplissimis honoribus donisque ingentibus extulerat. (4) in tantum depravatus, ut gladiatoriis armis saepissime in amphitheatro dimicaverit. (5) huic Marcia, generis libertini, forma tamen meretriciisque artibus pollens, cum animum eius penitus devinxisset, egresso e balneo veneni poculum obtulit. (6) ad extremum ab immisso validissimo palaestrita compressis faucibus exspiravit anno vitae tricesimo secundoque. 1 sq. quas – impenderet Land. 9,17 (238,21) 9 huius – est Land. 9,17 (239,2 sq.) 10 apud Vendobonam Land. 9,17 (239,12) 11–15 de – sunt Land. 9,17 (239,13-18) 16 sq. Aurelius – dictus Land. 9,18 (239,19 sq.) 17–20 hic – nihil Frec. 2,2,18 (539,13540,16); Land. 9,18 (239,21-240,2) 24–27 huic – exspiravit Land. 9,18 (240,16-20) 27 sq. anno – secundoque Land. 9,18 (240,21)

4 uxoriam ΑCGFHBI, Frec. : uxoria ΕΖJ 11 eius ACGa.c.FHEZJI, ρ : cuius Gp.c.B : cuis Ga.c 12 curia Αa.c.CGFHΕΖJBI : curia’ Αp.c. : curiam Land. 13 aegre ΑCGFHBI, Land. : agere ΕΖJ 14 consensu ACGFHEZJ : sensu BI, ρ 27 faucibus codd. : eius faucibus Land.

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selbst ausstatteten. (9) Da er durch die Erschöpfung der Staatskasse nicht über die Geldmittel verfügte, die er den Soldaten auszahlen sollte, und auch den Provinzialen oder dem Senat nichts auferlegen wollte, verkaufte er in einem eigens bestimmten Bereich des Forums des Trajan das Inventar des kaiserlichen Haushalts, vergoldete Vasen, Trinkbecher aus Kristall und Flussspat, seine und seiner Frau seidene und goldbestickte Kleidung sowie viel Edelsteinschmuck. Der Verkauf dauerte ununterbrochen zwei Monate lang, und viel Gold wurde erlöst. (10) Nach dem Sieg erstattete er freilich den Käufern, die das Gekaufte zurückgeben wollten, die Preise; er nahm es niemandem übel, der das einmal Gekaufte lieber behalten wollte. (11) Zu seiner Zeit riss Cassius unrechtmäßig die Herrschaft an sich und wurde getötet. (12) Er selbst wurde im neunundfünfzigsten Lebensjahr in Vindobona durch eine Krankheit dahingerafft. (13) Als die Nachricht von seinem Tod Rom erreichte, wurde die Stadt von öffentlicher Klage erschüttert, und die Senatoren versammelten sich, in dunkle Gewänder gehüllt, weinend in der Kurie. (14) Und das, was man bei Romulus kaum glaubte, nahmen alle einmütig an, dass Marcus in den Himmel aufgenommen worden sei. Zu seinen Ehren wurden Tempel, Säulen und vieles andere beschlossen. 17. (1) Aurelius Commodus, Sohn des Antoninus, und selbst Antoninus genannt, regierte dreizehn Jahre lang. (2) Von welcher Art er zukünftig sein würde, zeigte er direkt von Anfang an. Denn als er von seinem Vater in dessen letzten Momenten ermahnt wurde, dass er die bereits aufgeriebenen Barbaren nicht wieder Kräfte sammeln lassen sollte, hatte er geantwortet, dass von einem Lebendigen, wenn auch allmählich, Unternehmungen vollendet werden könnten, von einem Toten aber nichts. (3) Er war wilder als alle in seiner Wollust, Gier und Grausamkeit, niemandem treu und noch unerbittlicher gegenüber denen, die er durch die größten Ehren und durch prächtige Geschenke erhöht hatte. (4) Er war so verdorben, dass er im Amphitheater sehr oft mit den Waffen der Gladiatoren kämpfte. (5) Marcia, eine Freigelassene, die jedoch durch ihre Schönheit und durch ihre Dirnenkünste Macht hatte und die seinen Geist völlig gefesselt hatte, reichte ihm einen Becher mit Gift, als er aus dem Bad kam. (6) Zuletzt wurde sein Hals von einem sehr starken Ringer, der zu ihm geschickt worden war, zusammengedrückt, und er verschied im zweiunddreißigsten Jahr seines Lebens.

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18. (1) Helvius Pertinax imperavit dies LXXXV. iste coactus imperium repugnansque suscipiens tale cognomentum sortitus est. (2) origine ortus sordida, praefecturam urbi agens imperator effectus scelere Iuliani multis vulneribus obtruncatur annos natus VII atque LX. huius caput tota urbe circumvectum est. (3) hoc exitu obiit vir ad humanae conversationis exemplum per laboris genera universa ad summos provectus, usque eo ut fortunae vocaretur pila. (4) nam libertino genitus patre apud Ligures in agro squalido Lollii Gentiani, cuius in praefectura quoque clientem se esse libentissime fatebatur, fuit doctor litterarum, quae a grammaticis traduntur. blandus magis quam beneficus, unde eum Graeco nomine chrestologon appellavere. (5) numquam iniuria accepta ad ulciscendum ductus. amabat simplicitatem, communem se affatu convivio incessu praebebat. (6) huic mortuo Divi nomen decretum est; ob cuius laudem ingeminatis ad vocis usque defectum plausibus acclamatum est: „Pertinace imperante securi viximus, neminem timuimus, patri pio, patri senatus, patri omnium bonorum“. 19. (1) Didius Iulianus, ortu Mediolanensis, imperavit mensibus VII. vir nobilis, iure peritissimus, factiosus, praeceps, regni avidus. (2) hoc tempore Niger Pescennius apud Antiochiam, in Pannoniae Sabaria Septimius Severus creantur Augusti. (3) ab hoc Severo Iulianus in abditas palatii balneas ductus extenta damnatorum modo cervice decollatur caputque eius in rostris ponitur. 1 sq. iste – est Land. 9,19 (241,2-5) 4–16 multis – bonorum Land. 9,19 (241,6-20) 5–7 ad – provectus Helg. 60,1-3 9 clientem – fatebatur Helg. 60,3 sq. 9–16 fuit – bonorum Frec. 2,2,19 (542,3-10) 10 sq. blandus – appellavere Sed. 80,7,15 (323,2123) 10 blandus – beneficus Helg. 60,8 11–13 numquam – praebebat Helg. 60,4 sq. 14–16 ingeminatis – bonorum Helg. 136,13-15 17 Didius – Mediolanensis Land. 9,20 (241,21) 18 vir – avidus Frec. 2,2,19 (542,16 sq.) 18–20 factiosus – Augusti Land. 9,20 (242,1-3) 20–22 in – ponitur Land. 9,20 (242,5-7) 1 dies ΑCGFHBI, ρ : diebus ΕΖJ 2 imperium ΑCGFHB, ρ : imperavit ΕΖJI | tale cognomentum ACGFHEZJI : tali cognomento B, Land. (tali nomine eum vocaverunt λ) 3 urbi ΑCGFHI : orbi B : urbis ΕΖJ 4 obtruncatur GFHBI, Land. : obtruncatus ΑC : obtruncatus est ΕΖJ 6 summos CGFHΕΖJ, Land. : summa Αcorr., Helg. : summus BI (summos honores λ) 6 sq. provectus usque ACGFHEZJ, Land. : provectusque I : provectiusque B 9 libentissime ACGFHEZJI, Land. : libertissime B 11 chrestologon ΑCB, Frec. : χρεϲτολόγοϲ GFHΕΖJ : chrestolongon I : christologon Land. : critologon λ (χρηϲτολόγοϲ Sed.) 12 communem ΑCGFHBI, ρ Frec. : communi ΕΖJ 17 ortu ΑCGFΕΖJBI : ortus H, Land. 18 iure ΑCGFHBI, Frec. : iuris ΕΖJ 19 pescennius Schott : piscennius codd., ρ | pannoniae sabaria codd. : pannonia sabaria Ip.c. : sabaria pannoniae ρ (oppido post pannoniae add. Land.) 21 extenta ... cervice CGFHΕΖJI, ρ : extentas ... cervices ΑB

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18. (1) Helvius Pertinax regierte fünfundachtzig Tage. Seinen Beinamen erhielt er, weil er gezwungenermaßen und widerstrebend die Herrschaft übernahm. (2) Er war von geringer Herkunft und wurde, während er die Stadtpräfektur bekleidete, zum Imperator gemacht, aber durch einen verbrecherischen Anschlag des Iulian im Alter von siebenundsechzig Jahren mit vielen Wunden getötet. Sein Kopf wurde durch die ganze Stadt umhergetragen. (3) Ein solches Ende nahm ein Mann, der als Beispiel für den menschlichen Wandel durch alle Arten von Mühe die höchsten Ehren erreichte, so dass er als „Spielball des Schicksals“ bezeichnet wurde. (4) Denn er stammte von einem freigelassenen Vater in Ligurien auf dem unfruchtbaren Gebiet des Lollius Gentianus, als dessen Klient er sich, auch während der Präfektur, sehr gern bekannte, und lehrte die Wissenschaft, die von Sprachgelehrten vermittelt wird. Er war eher schmeichlerisch als wohltätig, weshalb man ihn auf Griechisch „Gutredner“ nannte. (5) Niemals wurde er durch Unrecht, das er erlitten hatte, zur Rache veranlasst. Er liebte die Einfachheit, er gab sich leutselig in seiner Ansprechbarkeit, seiner Tafel und seinem Auftreten. (6) Nach seinem Tod wurde für ihn der Name divus beschlossen; zu seinem Lob wurde mit wiederholten Ovationen gejubelt, bis die Stimmen versagten: „Unter der Herrschaft von Pertinax lebten wir sicher, wir fürchteten niemanden. Auf einen frommen Vater! Auf den Vater des Senats! Auf den Vater aller Guten!“ 19. (1) Didius Iulianus, gebürtig aus Mailand, regierte sieben Monate; er war ein vornehmer Mann, sehr erfahren im Recht, herrschsüchtig, rücksichtslos, machtgierig. (2) Zu dieser Zeit wurden Pescennius Niger in Antiochia und Septimius Severus in Sabaria in Pannonien zu Augusti erhoben. (3) Durch diesen Severus wurde Iulianus in die abgelegenen Bäder des Palastes geführt und, mit ausgestrecktem Hals nach Art der Verurteilten, enthauptet und sein Kopf auf die Rostra gelegt.

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20. (1) Septimius Severus imperavit annos XVIII. (2) hic Pescennium interemit, hominem omnium turpitudinum. sub eo etiam Albinus, qui in Gallia se Caesarem fecerat, apud Lugdunum occiditur. (3) hic Severus filios suos successores reliquit, Bassianum et Getam. (4) hic in Britannia vallum per XXXII passuum milia a mari ad mare deduxit. (5) fuit bellicosissimus omnium, qui ante eum fuerunt. acer ingenio, ad omnia, quae intendisset, in finem perseverans; benivolentia, quo inclinasset, mirabili ac perpetua; ad quaerendum diligens, ad largiendum liberalis. (6) in amicos inimicosque pariter vehemens, quippe qui Lateranum, Cilonem, Anullinum, Bassum ceterosque alios ditaret aedibus quoque memoratu dignis, quarum praecipuas videmus, Parthorum quae dic*ntur ac Laterani. (7) hic nulli in dominatu suo permisit honores venumdari. (8) Latinis litteris sufficienter instructus, Graecis sermonibus eruditus, Punica eloquentia promptior, quippe genitus apud Lepcim provinciae Africae. (9) is dum membrorum omnium, maxime pedum, dolorem pati nequiret, veneni vice, quod ei negabatur, cibum gravis ac plurimae carnis avidius invasit, quem cum conficere non posset, cruditate pressus exspiravit. (10) vixit annos LXV. 21. (1) Aurelius Antoninus Bassianus Caracalla, Severi filius, Lugduni genitus, imperavit solus annos VI. (2) hic Bassianus ex avi materni nomine dictus est. at cum e Gallia vestem plurimam devexisset talaresque caracallas fecisset coegissetque plebem ad se salutandum indutam talibus introire, de nomine huiusce vestis Caracalla cognominatus est. (3) hic fratrem suum Getam peremit; ob quam causam furore poenas dedit Dirarum insectatione, quae non immerito ultrices vocantur; a quo post furore convaluit. (4) hic corpore Alexandri Macedonis conspecto Magnum atque Alexandrum se iussit appellari 2 hominem – turpitudinum Land. 9,21 (242,18) 6–13 fuit – venumdari Land. 9,21 (243,4-11) 6–9 omnium – vehemens Frec. 2,2,20 (543,24-544,28) 12–14 hic – promptior Frec. 2,2,20 (544,28-30) 13 sq. Latinis – promptior Land. 9,22 (243,16-18) 15–18 dum – LXV Land. 9,22 (243,22-26) 20–188,3 hic – sibi Land. 9,23 (244,4-15) 22 sq. talaresque – introire Frec. 2,2,21 (544,10 sq.) 24–188,2 hic – incedens Frec. 2,2,21 (544,4-10) 26–188,3 hic – sibi Sed. 80,24,3 (344,8-12) 2 pescennium Schott : piscennium codd, ρ 8 quo ΑCGFHBI, Land. Frec. : quo se ΕΖJ 13 sq. Graecis – eruditus om. I 13 graecis sermonibus μ : graecis sermonis Aa.c. Land. Frec.a.c. : greci sermonis Frec.p.c. : om. I (in graeco sermone λ) 15 Lepcim Festy : iepcim ACEZJBI : lopcim H : lemcim Bamb. : lenchim Salisb. : leptim GF 16 quod GFHI, ρ : qui ACEZJB | cibum ACGFHBI, Land. : cibi EZJ 18 posset CGFHΕΖJI, ρ : possit ΑB | cruditate ΑCGFΕB, Land. : crudelitate HΖJI 27 atque codd., Land. : om. λ Frec. Sed.

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20. (1) Septimius Severus regierte achtzehn Jahre. (2) Er ließ Pescennius, einen äußerst niederträchtigen Menschen, umbringen. Unter ihm wurde auch Albinus, der sich in Gallien zum Kaiser gemacht hatte, bei Lyon getötet. (3) Severus hinterließ als Nachfolger seine eigenen Söhne Bassianus und Geta. (4) In Britannien ließ er einen Wall über eine Entfernung von zweiunddreißig Meilen vom einen Meer zum anderen errichten. (5) Von allen Männern, die vor ihm gelebt haben, war er der kriegerischste; er war heftig im Charakter und verfolgte zielstrebig alles, worauf er seine Aufmerksamkeit gerichtet hatte; wem er geneigt war, demgegenüber war er von außerordentlichem und beständigem Wohlwollen; er war aufmerksam hinsichtlich des Erwerbs, aber freigebig im Schenken. (6) Gegenüber Freunden und Feinden war er gleichermaßen leidenschaftlich; Lateranus, Cilo, Anullinus, Bassus und einige andere bereicherte er nämlich mit bemerkenswerten Gebäuden, von denen wir als die wichtigsten das sogenannte „Haus der Parther“ und das sogenannte „Haus des Lateranus“ sehen. (7) Er verbot, dass man unter seiner Herrschaft Ämter an irgendjemanden verkaufte. (8) Er war ausreichend in lateinischer Literatur unterrichtet, in griechischer Sprache ausgebildet, aber noch gewandter in punischer Beredsamkeit, da er in der Nähe von Leptis in der Provinz Africa geboren wurde. (9) Da er nicht in der Lage war, den Schmerz aller seiner Gliedmaßen und besonders seiner Füße zu ertragen, verschlang er anstelle des Giftes, das ihm verweigert wurde, gierig eine üppige Mahlzeit von schwerem Fleisch. Da er dies nicht verdauen konnte, wurde er von der Überladung des Magens überwältigt und tat seinen letzten Atemzug. (10) Er lebte fünfundsechzig Jahre. 21. (1) Aurelius Antoninus Bassianus Caracalla, Sohn des Severus, aus Lyon stammend, regierte sechs Jahre allein. (2) Den Namen Bassianus erhielt er von seinem Großvater mütterlicherseits. Aber da er sehr viel Kleidung aus Gallien mitgebracht hatte, knöchellange Tuniken hatte anfertigen lassen und die Plebs gezwungen hatte, in solcher Kleidung zu seiner Begrüßung zu kommen, erhielt er von dieser Art Kleidung den Beinamen Caracalla. (3) Seinen eigenen Bruder Geta tötete er. Aus diesem Grund wurde er mit Wahnsinn bestraft wegen der Verfolgung durch die Furien, die nicht ohne Grund die „Rächerinnen“ heißen; von diesem Wahnsinn erholte er sich später. (4) Nachdem er den Leichnam Alexanders von Makedonien gesehen hatte, ließ er sich der „Große“ und „Alexander“ nennen und sich durch die Täuschungen

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assentantium fallaciis eo perductus, uti truci fronte et ad laevum humerum conversa cervice, quod in ore Alexandri notaverat, incedens fidem vultus simillimi persuaderet sibi. (5) fuit impatientis libidinis, quippe qui novercam suam duxit uxorem. (6) cum Carras iter faceret, apud Edessam secedens ad officia naturalia a milite, qui quasi ad custodiam sequebatur, interfectus est. (7) vixit annos fere XXX. corpus eius Romam relatum est. 22. (1) Macrinus cum Diadumeno filio ab exercitu imperatores creati imperaverunt menses XIIII. (2) ab eodem exercitu obtruncantur pro eo, quod Macrinus militarem luxuriam stipendiaque profusiora comprimeret. 23. (1) Aurelius Antoninus Varius, idem Heliogabalus dictus, Caracallae ex Soemea consobrina occulte stuprata filius, imperavit biennio et mensibus octo. (2) huius matris Soemeae avus Bassianus nomine fuerat Solis sacerdos; quem Phoenices, unde erat, Heliogabalum nominabant, a quo iste Heliogabalus dictus est. (3) is cum Romam ingenti militum et senatus exspectatione venisset, probris se omnibus contaminavit. cupiditatem stupri, quam assequi naturae defectu nondum poterat, in se convertens muliebri nomine Bassianam se pro Bassiano iusserat appellari. vestalem virginem quasi matrimonio iungens suo abscisisque genitalibus Matri se Magnae sacravit. (4) hic Marcellum, qui post Alexander dictus est, consobrinum suum, Caesarem fecit. (5) ipse tumultu militari interfectus est. (6) huius corpus per urbis vias more canini cadaveris a militibus tractum est militari cavillo appellantibus 4–6 cum – est Land. 9,23 (244,19-21) 6 sq. corpus – est Land. 9,23 (244,23 sq.) 8 cum – creati Land. 9,23 (244,25 sq.) 9–11 ab – comprimeret Land. 9,23 (245,2-4) 12 Varius Land. 9,24 (245,6) 13 Caracallae – filius Land. 9,24 (245,8) 14–16 huius – est Land. 9,24 (245,9-12) 16–190,4 is – XVI Frec. 3,3,1 (558,19-559,29) 18–22 cupiditatem – fecit Land. 9,24 (245,14-19) 23–190,5 huius – est Land. 9,24 (245,21-246,5) 3 impatientis ΑGFHB : impatiens CΕΖJI 7 romam ACGFHEZJ : romae BI, ρ relatum ACGFHEZJI, Land. : delatum Β (adductum λ) 8 sq. imperatores – exercitu om. B 9 ab codd. : ⟨et〉 ab Schott | obtruncantur ACGFHEZJI, Land. : obtruncatur B 12 varius Schott : varus codd., Land. λ 13 consobrina codd. : consobrina sua Land. 14 biennio codd. : annos II Land. : annos duos λ | et mensibus codd. : et menses Land. Salisb. : menses Bamb. 21 abscisisque ACGFHEZJI, Frec.p.c. : abscissisque B, Land. Frec.a.c. (et abscisis λ) 23 huius ACGFHEZJI, ρ Frec. : cuius Β 24 militibus μ, ρ Frec. : milite I | cavillo ACGFHEZJ, Land. Frec.p.c. : villo BI, Frec.a.c. | appellantibus Court : appellantium codd., Land. (irridentibus atque dicentibus λ)

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seiner Schmeichler zu der Überzeugung verleiten, dass er von sehr ähnlichem Aussehen des Gesichts war, wenn er mit grimmiger Stirn und den Hals zur linken Schulter gedreht einherging, was er an Alexanders Gesicht bemerkt hatte. (5) Er war von unerträglicher Begierde, da er ja die eigene Stiefmutter zur Gemahlin nahm. (6) Während einer Reise nach Carrhae, in der Nähe von Edessa, zog er sich zu einem natürlichen Bedürfnis zurück und wurde von einem Soldaten getötet, der ihm angeblich zur Bewachung folgte. (7) Er lebte fast dreißig Jahre. Sein Leichnam wurde nach Rom zurückgebracht. 22. (1) Macrinus und sein Sohn Diadumenus wurden vom Heer zu Kaisern ausgerufen und herrschten vierzehn Monate. (2) Sie wurden von derselben Armee deshalb getötet, weil Macrinus den militärischen Luxus und den überhöhten Sold beschneiden wollte. 23. (1) Aurelius Antoninus Varius, auch Heliogabalus genannt, Sohn des Caracalla von seiner Cousine Soemea, die er heimlich geschändet hatte, regierte zwei Jahre und acht Monate. (2) Der Großvater seiner Mutter Soemea, Bassianus, war ein Priester des Sol gewesen, den die Phönizier, woher er stammte, Heliogabalus nannten, wonach der Kaiser den Namen Heliogabalus erhielt. (3) Nachdem dieser mit ungeheurer Erwartung seitens der Soldaten und des Senats nach Rom gekommen war, befleckte er sich mit allen möglichen Schandtaten. Da der Mangel an natürlichem Vermögen ihm die Befriedigung seiner Wollust noch versagte, hatte er sich selbst zu deren Gegenstand gemacht und sich anstelle von Bassianus mit dem weiblichen Namen Bassiana anreden lassen. Indem er sich gleichsam in einer Ehe mit einer vestalischen Jungfrau verband und nachdem er sich hatte entmannen lassen, weihte er sich der Göttermutter. (4) Seinen Cousin Marcellus, der fortan Alexander genannt wurde, machte er zum Caesar. (5) Er wurde durch einen Heeresaufstand getötet. (6) Sein Leichnam wurde gleich einem toten Hund von den Soldaten, die ihn in ihrem Soldatenwitz eine kleine Hün-

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(D 3) Epitome de Caesaribus

indomitae rabidaeque libidinis catulam. novissime, cum angustum foramen cloacae corpus minime reciperet, usque ad Tiberim deductum adiecto pondere, ne umquam emergeret, in fluvium proiectum est. (7) vixit annos XVI atque ex rebus, quae acciderant, Tiberinus Tractitiusque 5 appellatus est. 24. (1) Severus Alexander imperavit annos XIII. hic bonus rei publicae fuit, aerumnosus sibi. (2) hoc imperante Taurinus Augustus effectus ob timorem ipse se Euphrate fluvio abiecit. (3) tunc etiam Maximinus regnum arripuit pluribus de exercitu corruptis. (4) Alex10 ander vero cum deseri se ab stipatoribus vidisset, matrem sibi causam fuisse mortis exclamans accurrenti percussori obvoluto capite cervices valide compressas praebuit anno vitae vicesimo sexto. (5) huius mater Mamaea eo filium coegerat, ut illa ipsa permodica, si mensae prandioque superessent, quamvis semesa altero convivio reponerentur. 15 25. (1) Iulius Maximinus Thrax, ex militaribus, imperavit annos III. (2) is dum persequitur pecuniosos, insontes pariter noxiosque, apud Aquileiam seditione militum discerptus est una cum filio conclamantibus cunctis militari ioco ex pessimo genere nec catulum habendum. 6–12 bonus – sexto Land. 9,25 (246,14-21) 13 sq. eo – reponerentur Land. 9,25 (247,1-3) 16 persequitur – noxiosque Frec. 2,3,3 (562,10 sq.) 16 sq. insontes – Aquileiam Land. 10,1 (248,7 sq.) 17–19 discerptus – habendum Frec. 2,3,3 (562,6 sq.) 17–19 conclamantibus – habendum Land. 10,1 (248,10 sq.)

1 rabidaeque ACGFHEZJI : ravidaeque Land. : avidaeque B, Frec. (et rabidam λ) 3 emergeret ACGFHEZJ : 2 reciperet ACGFHEZJI : receperit Β, Land. Frec. mergeretur BI : emergeretur Land. (levaretur λ) 4 rebus I : rê Α : re CGFHΕΖJ : res B (his Land. : istis causis Bamb. : his causis Salisb.) | acciderant BI, ρ : acciderat ACGFHEZJ | tiberinus Land. : tyberim codd. : tiberis (tyb- Bamb.) λ | tractitiusque Schott : tracticiusque Callu : tractiriusque ACEZJI, Land. : tractinusque GFH : tractiri us B : tracti rivus λ 7 sibi ρ : sub ACGFHBI : om. EZJ 8 abiecit ACBI, Land. : obiecit GFHEZJ 10 deseri se ACGFHEZJ, Land. : desereret B : deserissem et I : deseri se et Lucarini | ab ACGFHEZJ, Land. : ob BI 11 cervices ACGFHEZJ : cervices meos B : cervices suas I : cervices manibus Land. : cervicem suam Bamb. 12 valide ACGFHBI, Land. : valde EZJ | compressas Land. : compressus codd. 14 semesa altero Land. : om. codd. : semesa alteri Pich. (quae de prandio restabant in altero λ) | reponerentur ACGFHEZJI, Land. Salisb. : reponeretur B : reponerent Bamb.a.c. : reponeret Bamb.p.c. 17 aquileiam ρ : om. codd. | seditione μ, λ : seditionem I 18 nec CGFHEZJ, λ : ne ABI, Land. Frec. 19 habendum codd., ρ Frec. : alendum Lucarini

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din von ungezähmter und rasender Wollust nannten, durch die Straßen geschleppt. Schließlich, da die zu enge Öffnung des Kanals den Körper nicht aufzunehmen vermochte, schleppte man ihn bis an den Tiber und warf ihn, mit einem Gewicht beschwert, damit er nie wieder auftauchte, in den Fluss. (7) Er lebte sechzehn Jahre. Aufgrund der Ereignisse nannte man ihn „den zum Tiber Gehörigen“ und „den Geschleppten“. 24. (1) Severus Alexander regierte dreizehn Jahre. Er war gut für den Staat, aber ein Unglück für sich selbst. (2) Unter seiner Herrschaft stürzte sich Taurinus, der zum Augustus gemacht worden war, aus Angst in den Fluss Euphrat. (3) Dann übernahm auch Maximinus, nachdem er viele aus dem Heer bestochen hatte, die Herrschaft. (4) Als aber Alexander gesehen hatte, dass er von seinen Wachen verlassen wurde, rief er aus, dass seine Mutter die Ursache seines Todes gewesen sei, und hielt, im sechsundzwanzigsten Jahr seines Lebens, dem herbeieilenden Mörder mit verhülltem Haupt seinen fest zusammengedrückten Nacken hin. (5) Seine Mutter Mamaea hatte ihren Sohn dazu gezwungen, selbst das wenige, was am Tisch bei einer Mahlzeit übrigblieb, wieder bei einem anderen Mahl servieren zu lassen, obwohl es halb gegessen war. 25. (1) Iulius Maximinus Thrax, aus dem Soldatenstand, regierte drei Jahre. (2) Während er die Reichen, gleichermaßen Unschuldige und Schuldige, verfolgte, wurde er von einem militärischen Aufruhr bei Aquileia in Stücke gerissen zusammen mit seinem Sohn, wobei alle laut mit einem Soldatenwitz riefen, dass man aus übler Herkunft noch nicht einmal ein junges Hündchen halten darf.

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26. (1) huius imperio duo Gordiani, pater et filius, principatum arripientes unus post unum interiere. (2) pari etiam tenore Pupienus et Balbinus regnum invadentes perempti sunt. 27. (1) Gordianus, nepos Gordiani ex filia, ortus Romae clarissimo patre, imperavit annos VI. (2) apud Ctesiphontem a Philippo praefecto praetorio accensis in seditionem militibus occiditur anno vitae undevicesimo. (3) corpus eius prope fines Romani Persicique imperii positum nomen loco dedit Sepulcrum Gordiani. 28. (1) Marcus Iulius Philippus imperavit annos V. (2) Veronae ab exercitu interfectus est medio capite supra ordines dentium praeciso. (3) filius autem eius Gaius Iulius Saturninus, quem potentiae sociaverat, Romae occiditur agens vitae annum XII, adeo severi et tristis animi, ut iam tum a quinquenni aetate nullo prorsus cuiusquam commento ad ridendum solvi potuerit patremque ludis saecularibus petulantius cachinnantem, quamquam adhuc tener, vultu notaverit aversato. (4) is Philippus humillimo ortus loco fuit patre nobilissimo latronum ductore. 29. (1) Decius e Pannonia inferiore, Bubaliae natus, imperavit menses XXX. (2) hic Decium filium suum Caesarem fecit; vir artibus cunctisque virtutibus instructus, placidus et communis domi, in armis promptissimus. (3) in solo barbarico inter confusas turbas gurgite paludis submersus est, ita ut nec cadaver eius potuerit inveniri. (4) filius vero eius bello exstinctus est. vixit annos L. (5) huius temporibus Valens Lucinianus imperator effectus ilico occiditur. 1–3 huius – sunt Frec. 2,3,3 (562,11-563,14) 1 sq. huius – interiere Land. 10,2 (248,13 sq.) 4 Gordianus – filia Land. 10,2 (248,14 sq.) | Gordianus, nepos Gordiani Frec. 2,3,3 (563,16) 4 sq. ortus – patre Land. 10,2 (248,15-249,1) 5–8 apud – Gordiani Land. 10,2 (249,10-15) 5 sq. a – praetorio Frec. 2,3,3 (563,24) 10 medio – praeciso Land. 10,3 (250,14 sq.) 12–16 agens – ductore Land. 10,3 (250,17-251,3) 12–15 adeo – aversato Paul. 9,3 (126,10-13) 18–22 hic – est Frec. 2,3,6 (565,17-22) 18–20 Decium – promptissimus Land. 10,4 (251,10-12) 20–22 inter – est Land. 10,4 (251,17-19) 20 sq. gurgite – inveniri Paul. 9,4 (126,18 sq.) 22 sq. huius – occiditur Land. 10,4 (252,4 sq.) 2 pupianus codd., ρ Frec. : corr. Schott 6 praetorii EZJ, ρ 6 sq. undevicesimo ACGFHEJ : vicesimo ZBI, Land. : X et VIIII Bamb. : decem et novem Salisb. 12 annum GFHEZJ : añ A : anñ CB : annos I 13 quinquenni ACHEZJBI : quinquennii GF, Land. 16 patre GFHEZJB, ρ : pater ACI 18 mensibus EZJ 19 cunctisque virtutibus Land. : cunctis virtutibusque codd. (cunctis artibus et virtutibus λ) 23 lucinianus ACGFHEBI : lucianus ZJ : licilianus Land. : licianus λ : licinianus Schott effectus ilico occiditur Land. : effectus ACI : effectus est GFHEZJB (est factus et statim occisus est λ)

Text und Übersetzung

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26. (1) Unter seiner Herrschaft ergriffen die beiden Gordiane, Vater und Sohn, den Principat und gingen nacheinander zugrunde. (2) Genauso wurden Pupienus und Balbinus, die sich der Herrschaft bemächtigten, getötet. 27. (1) Gordian, Enkel des Gordian von seiner Tochter, gebürtig in Rom von einem berühmten Vater, herrschte sechs Jahre. (2) Er wurde in der Nähe von Ktesiphon im neunzehnten Jahr seines Lebens getötet, nachdem die Truppen durch den Prätorianerpräfekten Philippus zum Aufstand angestachelt worden waren. (3) Sein Leichnam, der nahe der Grenze zwischen dem römischen und persischen Reich beigesetzt wurde, gab dem Ort den Namen „Gordians Grab“. 28. (1) Marcus Iulius Philippus herrschte fünf Jahre. (2) Er wurde in Verona vom Heer getötet, indem sein Kopf in der Mitte über der Zahnreihe abgeschlagen wurde. (3) Sein Sohn Gaius Iulius Saturninus aber, den er an der Macht beteiligt hatte, wurde im zwölften Lebensjahr in Rom getötet; er war von so ernstem und traurigem Charakter, dass er schon vom fünften Lebensjahr an von überhaupt niemandem durch irgendeinen Einfall zum Lachen gebracht werden konnte und trotz seines noch sehr jungen Alters den Vater, der während der Säkularspiele ausgelassen auflachte, tadelte, indem er das Gesicht abwandte. (4) Philippus war von sehr niedriger Geburt und stammte von einem Vater ab, der ein sehr bekannter Anführer von Räubern war. 29. (1) Decius aus Pannonia Inferior, gebürtig in Budalia, herrschte dreißig Monate. (2) Er machte seinen Sohn Decius zum Caesar; er war ein gebildeter und mit allen Fertigkeiten ausgestatteter Mann, ruhig und leutselig in Friedenszeiten, unter Waffen sehr entschlossen. (3) Auf barbarischem Boden ertrank er im Kampfgewühl in der Tiefe eines Sumpfes, so dass nicht einmal seine Leiche gefunden werden konnte. (4) Sein Sohn wurde im Kampf getötet. Decius lebte fünfzig Jahre. (5) Zu seiner Zeit wurde Valens Lucinianus zum Imperator gemacht und sofort getötet.

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30. (1) Virius Gallus cum Volusiano filio imperaverunt annos II. (2) horum temporibus Hostilianus Perpenna a senatu imperator creatus nec multo post pestilentia consumptus est. 31. (1) sub his etiam Aemilianus in Moesia imperator effectus est; contra quem ambo profecti apud Interamnam ab exercitu suo caeduntur, anno aetatis pater septimo circiter et quadragesimo; creati in insula Meninge, quae nunc Girba dicitur. (2) Aemilianus vero mense quarto dominatus apud Spoletium sive pontem, quem ab eius caede Sanguinarium accepisse nomen ferunt, inter Ocricolum Narniamque, Spoletium et urbem Romam regione media positum exstinguitur. fuit autem Maurus genere, pugnax nec tamen praeceps. (3) vixit annis III minus L. 32. (1) Licinius Valerianus, cognomento Colobius, imperavit annos XV, parentibus ortus splendidissimis, stolidus tamen et multum iners neque ad usum aliquem publici officii consilio seu gestis accommodatus. (2) hic filium suum Gallienum Augustum fecit Gallienique filium, Cornelium Valerianum, Caesarem. (3) his imperantibus Regilianus in Moesia, Cassius Labienus Postumus in Gallia Gallieni filio interfecto imperatores effecti sunt. (4) pari modo Aelianus apud Mogontiacum, in Aegypto Aemilianus, apud Macedonas Valens, Mediolani Aureolus dominatum invasere. (5) Valerianus vero in Mesopotamia bellum gerens a Sapore Persarum rege superatus, mox etiam captus, apud Parthos ignobili servitute consenuit. (6) nam quamdiu vixit, rex eiusdem provinciae incurvato eo pedem cervicibus eius imponens equum conscendere solitus erat. 33. (1) Gallienus quidem in loco Cornelii filii sui Saloninum, alterum filium, subrogavit; amori diverso paelicum deditus, Saloninae coniugis 2 sq. horum – est Land. 10,5 (252,7-9) 4–7 sub – dicitur Land. 10,5 (252,9-13) 7–12 mense – L Land. 10,5 (253,1-5) 10 sq. fuit – genere Paul. 9,6 (127,10) 11 Maurus genere Land. 10,5 (252,17) 13 cognomento Colobius Land. 10,6 (253,7) 14–16 parentibus – accommodatus Land. 10,6 (253,10-13) 16 hic – fecit Frec. 2,3,8 (572,2 sq.) 17–21 his – invasere Land. 10,6 (253,14-18) 23–25 nam – erat Paul. 9,7 (127,18-20) 26–196,3 Gallienus – nomine Land. 10,7 (254,10-14) 1 virius codd., λ : vibius Schott | imperaverunt ACGFBI : imperavit HEZJ, λ 3 multo ACGFHEZJ, λ : multum BI, Land. 7 mense quarto ACBI : menses quattuor (IIII) GFHEZJ : quarto mense Land. 10 positum codd. : posita Land. : positus λ exstinguitur Land. : om. codd. : occiditur λ 11 pugnax Abstemius : pugnans codd. 13 licinius ACGFHBI : lucinius EZJ, λ 17 sq. imperatoribus EZJ 18 Regilianus Arntzen : religianus ACGFHEJBI, ρ : religilianus Z 22 persarum rege ACI : rege persarum GFHEZJB, λ 23 captus est BI, λ 26 Saloninum Schott : salonianum codd., ρ

Text und Übersetzung

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30. (1) Virius Gallus herrschte mit seinem Sohn Volusianus zwei Jahre. (2) Zu ihrer Zeit wurde Hostilianus Perpenna vom Senat zum Imperator gemacht und nicht viel später von der Pest dahingerafft. 31. (1) Unter diesen wurde auch Aemilianus in Moesia zum Imperator gemacht. Beide zogen gegen diesen und wurden bei Interamna von ihrem eigenen Heer getötet; der Vater etwa in seinem siebenundvierzigsten Jahr; sie waren auf der Insel Meninx, die jetzt Girba genannt wird, erhoben worden. (2) Aemilianus jedoch wurde im vierten Monat seiner Herrschaft in Spoletium oder bei einer Brücke getötet, die nach seiner Ermordung den Namen „blutige“ erhalten haben soll und die zwischen Ocricolum und Narnia inmitten der Gegend zwischen Spoletium und der Stadt Rom gelegen ist. Er war aber von Geburt Maure, kämpferisch, aber nicht tollkühn. (3) Er lebte siebenundvierzig Jahre. 32. (1) Licinius Valerianus, mit Beinamen Colobius, regierte fünfzehn Jahre; obwohl er von vorzüglichen Eltern abstammte, war er trotzdem dumm und geistig sehr träge und weder hinsichtlich seines Verstandes noch seiner Handlungen für irgendeine öffentliche Amtstätigkeit geeignet. (2) Er machte seinen Sohn Gallienus zum Augustus und den Sohn des Gallienus, Cornelius Valerianus, zum Caesar. (3) Unter ihrer Herrschaft wurden Regilianus in Moesia und Cassius Labienus Postumus in Gallien zu Imperatores gemacht, wobei der Sohn des Gallienus getötet wurde. (4) In gleicher Weise rissen Aelianus in Mainz, in Ägypten Aemilianus, in Makedonien Valens und in Mailand Aureolus die Herrschaft an sich. (5) Aber Valerianus wurde, als er in Mesopotamia Krieg führte, von Schapur, dem König der Perser, besiegt, kurz darauf auch gefangen genommen und wurde bei den Parthern in schmählicher Sklaverei alt. (6) Denn solange er lebte, war es der König derselben Provinz gewohnt, sein Pferd zu besteigen, indem jener sich niederbückte und er seinen Fuß auf dessen Nacken stellte. 33. (1) Gallienus dagegen ernannte anstelle seines Sohnes Cornelius seinen anderen Sohn, Saloninus; er hatte sich der Liebe zu verschiedenen Frauen hingegeben, nämlich zu seiner Ehefrau Salonina und

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et concubinae, quam per pactionem, concessa parte superioris Pannoniae, a patre Marcomannorum rege matrimonii specie susceperat, Pipam nomine. (2) novissime adversus Aureolum profectus est. quem cum apud pontem, qui ex eius nomine Aureolus appellatur, obtentum detrusumque Mediolanum obsedit, eiusdem Aureoli commento a suis interiit. (3) regnavit annos XV, VII cum patre, VIII solus. vixit annos L. 34. (1) Claudius imperavit annos II. (2) hunc plerique putant Gordiano satum, dum adulescens a muliere matura institueretur ad uxorem. hic Claudius Gallieni morientis sententia imperator designatur; ad quem Ticini positum per Gallonium Basilium indumenta regia direxerat; exstinctoque a suis Aureolo receptis legionibus adversus trecenta milia Alamannorum haud procul a lacu Benaco dimicans tantam multitudinem fudit, ut aegre pars dimidia superfuerit. (3) his diebus Victorinus regnum cepit. Claudius vero cum ex fatalibus libris, quos inspici praeceperat, cognovisset sententiae in senatu dicendae primi morte remedium desiderari, Pomponio Basso qui tunc erat se offerente ipse vitam suam, haud passus responsa frustrari, dono rei publicae dedit praefatus neminem tanti ordinis primas habere quam imperatorem. (4) ea res sicut erat cunctis grata, non divi vocabulum modo, sed ex auro statuam prope ipsum Iovis simulacrum atque in curia imaginem auream proceres sacravere. (5) huic successit frater eius Quintilius. is paucis diebus imperium tenens interemptus est. 35. (1) Aurelianus, genitus patre mediocri et, ut quidam ferunt, Aurelii clarissimi senatoris colono inter Daciam et Macedoniam,

3–6 adversus – L Land. 10,8 (255,18-23) 5 eiusdem – commento Paul. 9,11 (129,11 sq.) 7–11 hunc – direxerat Land. 10,9 (256,1-5) 11–17 exstinctoque – dedit Land. 10,9 (256,8-15) 11–13 adversus – superfuerit Paul. 9,11 (129,16-130,2) 18–21 praefatus – sacravere Land. 10.9 (256,17-21) 23 sq. genitus – Macedoniam Land. 10.10 (257,4-6)

5 post Aureoli add. ducis sui Paul. Land. 7 annos II Land. Salisb. : añ Aa.c.Ca.c.(spat. vac. ca. 3 litt. post añ C) : añ II Ap.c.Cp.c. : anñ (spat. vac. ca. 7 litt. post anñ) B : anñ I mensibus VIIII GFH : annum EZJ : annis II I : annos (spat. vac. ca. 15 litt. post annos) Bamb. 11 sq. adversus trecenta milia Paul. Land. : adversum gentem ACGFHEZJ : adversus autem BI 18 tanti BI, Land. : tantis ACGFHEZJ | ordinis Land. : ordinibus codd. 21 Quintilius ACGFHEZJI, λ : Quintillius B : Quintillus Schott

Text und Übersetzung

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einer Konkubine mit dem Namen Pipa, die er durch eine vertragliche Vereinbarung für das Zugeständnis eines Teils des oberen Pannoniens von ihrem Vater, dem König der Markomannen, unter dem Vorwand, sie zu heiraten, erhalten hatte. (2) Schließlich rückte er gegen Aureolus vor; als er diesen in der Nähe einer Brücke, die nach seinem Namen „Aureolus“ genannt wird, besiegte, nach Mailand vertrieb und dort belagerte, wurde er von den Seinigen aufgrund einer List desselben Aureolus getötet. (3). Er herrschte fünfzehn Jahre, davon sieben mit seinem Vater, acht alleine. Er lebte fünfzig Jahre. 34. (1) Claudius herrschte zwei Jahre. (2) Sehr viele glauben, dass er von Gordian gezeugt wurde, während dieser als junger Mann von einer reifen Frau für den Umgang mit einer Ehefrau initiiert wurde. Claudius wurde durch den Beschluss des sterbenden Gallienus zum Imperator bestimmt; dieser hatte ihm, als er in Ticinum stationiert war, durch Gallonius Basilius die Herrscherinsignien gesandt; und nachdem Aureolus durch seine eigenen Männer getötet worden war, kämpfte Claudius mit Hilfe der wiedererlangten Legionen gegen dreihunderttausend Alamannen nicht weit vom Gardasee und tötete eine so große Menge, dass kaum die Hälfte überlebte. (3) In diesen Tagen riss Victorinus die Herrschaft an sich. Claudius aber hatte aus den Sibyllinischen Büchern, die er hatte untersuchen lassen, erfahren, dass der Tod des ersten, der im Senat seine Meinung sagte, zur Rettung gefordert wurde; als Pomponius Bassus, der zu dieser Zeit der erste war, sich anbot, ließ er nicht zu, dass man die Orakelbescheide umginge und gab dem Staat sein eigenes Leben als Geschenk, indem er verkündete, dass niemand außer dem Imperator den ersten Platz eines so hohen Standes innehabe. (4) Für diese Tat waren alle so dankbar, dass die Väter ihm nicht nur den Namen „Divus“, sondern auch eine Statue aus Gold neben dem Standbild des Jupiter und ein goldenes Abbild in der Kurie weihten. (5) Ihm folgte sein Bruder Quintilius nach. Dieser herrschte nur wenige Tage und wurde getötet. 35. (1) Aurelian, geboren zwischen Dacia und Makedonien und von einem Vater gewöhnlichen Standes abstammend, der, wie einige berichten, ein Bauer des Aurelius, eines sehr berühmten Senators, war,

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imperavit annos V menses VI. (2) iste haud dissimilis fuit magno Alexandro seu Caesari dictatori. nam Romanum orbem triennio ab invasoribus receptavit, cum Alexander annis tredecim per victorias ingentes ad Indiam pervenerit et Gaius Caesar decennio subegerit Gallos adversus cives quadriennio congressus. iste in Italia tribus proeliis victor fuit, apud Placentiam, iuxta amnem Metaurum ac Fanum Fortunae, postremo Ticinensibus campis. (3) huius tempore apud Dalmatas Septiminus imperator effectus mox a suis obtruncatur. (4) hoc tempore in urbe Roma monetarii rebellarunt, quos Aurelianus victos ultima crudelitate compescuit. (5) iste primus apud Romanos diadema capiti innexuit gemmisque et aurata omni veste, quod adhuc fere incognitum Romanis moribus visebatur, usus est. (6) hic muris validioribus et laxioribus urbem saepsit. porcinae carnis usum populo instituit. (7) hic Tetricum, qui imperator ab exercitu in Galliis effectus fuerat, correctorem Lucaniae provexit aspergens hominem eleganti ioco sublimius habendum regere aliquam Italiae partem quam trans Alpes regnare. (8) novissime fraude servi sui, qui ad quosdam militares viros, amicos ipsius, nomina pertulit annotata falso manum eius imitatus, tamquam Aurelianus ipsos pararet occidere, ab isdem interfectus est in itineris medio, quod inter Constantinopolim et Heracleam est. (9) fuit saevus et sanguinarius et trux omni tempore, etiam filii sororis interfector. (10) hoc tempore septem mensibus interregni species evenit. 1 imperavit – VI Paul. 9,15 (132,16 sq.), Land. 10,12 (258,28-259,1) 1–8 iste – obtruncatur Land. 10,10 (257,9-17) 1–8 haud – obtruncatur Paul. 9,13 (130,13-21) 1–5 magno – congressus Frec. 2,3,10 (580,19-23) 9–12 in – est Frec. 2,3,10 (580,2326) 10–13 iste – instituit Land. 10 sq. (257,17-23) 10–13 iste – saepsit Paul. 9,13 (130,21-131,3) 13 porcinae – instituit Paul. 9,13 (131,4 sq.) 14–16 correctorem – regnare Paul. 9,13 (131,10-12) non de Aureliano, sed de Claudio dictum 15 sq. aspergens – regnare Frec. 2,3,10 (580,33-35) 17–19 fraude – est Frec. 2,3,10 (580,15-18) 20 sq. fuit – interfector Frec. 2,3,10 (580,27 sq.) 22 hoc – evenit Land. 10,12 (259,1 sq.)

1 annos quinque (vel V) menses sex Paul. Land. : añn (spat. vac. 7 litt. post añn) Aa.c. : añn V Ap.c. : anñ B : añ Ca.c.: añ V Cp.c. : anñ V mensibus VI GFH : mensibus VI annis V E : anñ V et mensibus VI ZJ : annis I : annos (spat. vac. ca. 9 litt. post annos) Bamb. : annos V et mensibus VI Salisb. 4 et – subegerit om. B | subegerit ACGFHEZJ, Paul. Land. Frec. : subierit I 5 adversus Paul. ρ : adversum codd., Frec. 8 septiminus Ap.c.CGFEZJB, Paul. Land. Salisb. : septimius I, Bamb. : septimus Aa.c. H 15 hominem ACBI, Paul. Land. : homines GFHEZJ

Text und Übersetzung

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herrschte fünf Jahre, sechs Monate. (2) Er unterschied sich nicht von Alexander dem Großen oder dem Diktator Caesar. Denn innerhalb von drei Jahren eroberte er die römische Welt von den Eindringlingen zurück, während Alexander in dreizehn Jahren durch große Siege nach Indien gelangte und Gaius Caesar in zehn Jahren Gallien unterwarf sowie vier Jahre lang seine Mitbürger bekämpfte. Aurelian war in Italien in drei Schlachten Sieger: bei Placentia, in der Nähe des Flusses Metaurus und von Fanum Fortunae, und schließlich in der Ebene von Ticinum. (3) Zu seiner Zeit wurde in Dalmatien Septimius zum Imperator gemacht und bald darauf von seinen Soldaten niedergemetzelt. (4) In dieser Zeit erhoben sich in der Stadt Rom die Münzer. Aurelian besiegte sie und zwang sie mit äußerster Grausamkeit in die Knie. (5) Er war der erste bei den Römern, der sich ein Diadem auf den Kopf setzte und der Edelsteine und ganz mit Gold bestickte Kleidung trug, ein bis dahin den Römern noch fast unbekannter Brauch. (6) Er umgab die Stadt mit sichereren und weiteren Mauern. Er ließ dem Volk Schweinefleisch zur Verfügung stellen. (7) Er beförderte Tetricus, der vom Heer in Gallien zum Imperator ausgerufen worden war, in die Stellung des Correctors von Lucania, wobei er zu dem Mann mit sprühendem Witz feinsinnig sagte, dass es höher zu schätzen sei, irgendeinen Teil von Italien zu verwalten als jenseits der Alpen Herrscher zu sein. (8) Schließlich wurde er durch die Tücke seines Sklaven, der einigen mit Aurelian befreundeten Militärpersonen eine Liste von Namen zukommen ließ, die er in der Handschrift des Kaisers gefälscht hatte, so als ob Aurelian es beabsichtige, sie zu töten, von denselben auf der Mitte des Wegs getötet, der zwischen Konstantinopel und Herakleia verläuft. (9) Er war zu jeder Zeit wild, blutrünstig und grausam, sogar Mörder seines Schwestersohns. (10) Zu dieser Zeit gab es eine Art Interregnum von sieben Monaten.

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36. (1) Tacitus post hunc suscepit imperium, vir egregie moratus; qui ducentesimo imperii die apud Tarsum febri moritur. (2) huic successit Florianus. sed cum magna pars exercitus Equitium Probum, militiae peritum, legisset, Florianus dierum LX quasi per ludum imperio usus incisis a semetipso venis effuso sanguine consumptus est. 37. (1) Probus, genitus patre agresti hortorum studioso Dalmatio nomine, imperavit annos VI. (2) iste Saturninum in Oriente, Proculum et Bonosum Agrippinae imperatores effectos oppressit. (3) vineas Gallos et Pannonios habere permisit. opere militari Almam montem apud Sirmium et Aureum apud Moesiam superiorem vineis conseruit. (4) hic Sirmii in turri ferrata occiditur. 38. (1) Carus, Narbonae natus, imperavit annos II. (2) iste confestim Carinum et Numerianum Caesares fecit. (3) hic apud Ctesiphonta ictu fulminis interiit. (4) Numerianus quoque, filius eius, cum oculorum dolore correptus in lecticula veheretur, impulsore Apro, qui socer eius erat, per insidias occisus est. (5) cum dolo occultaretur ipsius mors, quousque Aper invadere posset imperium, foetore cadaveris scelus est proditum. (6) hinc Sabinus Iulianus invadens imperium a Carino in campis Veronensibus occiditur. (7) hic Carinus omnibus se sceleribus inquinavit: plurimos innoxios fictis criminibus occidit; matrimonia nobilium corrupit; condiscipulis quoque, qui eum in auditorio verbi fatigatione taxaverunt, perniciosus fuit. (8) ad extremum trucidatur eius praecipue tribuni dextera, cuius dicebatur coniugem polluisse. 39. (1) Diocletianus Dalmata, Anulini senatoris libertinus, matre pariter atque oppido nomine Dioclea, quorum vocabulis, donec im1–5 Tacitus – est Frec. 2,3,11 (581,1-5) 2 ducentesimo – moritur Land. 10,13 (259,5 sq.) 3–5 sed – est Land. 10,13 (259,8-11) 6 sq. Probus – nomine Frec. 2,3,11 (581,6) 6 sq. genitus – nomine Land. 10,13 (259, 13 sq.) 7 imperavit annos sex Paul. 9,17 (133,10) 8–10 vineas – conseruit Frec. 2,3,11 (582,13-15) 10 sq. hic – occiditur Frec. 2,3,11 (582,16) 14–23 Numerianus – polluisse Frec. 2,3,12 (582,6-583,15) 17 sq. scelus – proditum Land. 10,14 (260,24 sq.) 18 sq. Sabinus – occiditur Land. 10,14 (261,3 sq.) 24–202,2 Diocletianus – XXV Frec. 2,3,13 (585,1-5) 24–202,2 matre – convertit Land. 10,15 (261,17-20) 3 equitium ACGFHEZJI, ρ : equitum B, Frec. 11 Sirmii Schott : sirmio AC : syrmio GFHEZJ, Frec. : sermio BI (in sirmio λ) 12 II vel duos AGFHI, Land. Salisb. : om. CEZJB, (spat. vac. ca. 10 litt. post annos) Bamb. 16 cum codd., Frec. : et cum Paul. Land. (Eutr. 9,18,2) : cumque λ 17 posset ACGFHEZJ, λ (Eutr. 9,18,2) : possit BI, Paul. Land. Frec. 21 verbi codd., Paul. Frec. : versuta Land. (vel levi Eutr. 9,19,1) 22 taxaverunt codd., Paul. Land. Frec. (taxaverant Eutr. 9,19,1) 24 anulini ACFBI : anuli GH, Paul. Frec. : anolini EZJ, Land. : amulini λ

Text und Übersetzung

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36. (1) Tacitus übernahm nach ihm die Herrschaft, ein Mann von hervorragenden Sitten. Dieser starb am zweihundertsten Tag der Herrschaft in Tarsus an einem Fieber. (2) Ihm folgte Florianus nach. Aber als ein großer Teil des Heeres den militärisch erfahrenen Equitius Probus gewählt hatte, öffnete Florianus, nachdem er sechzig Tage gleichsam im Spiel geherrscht hatte, sich selbst die Venen und verblutete. 37. (1) Probus, Sohn eines Bauern, eines Gartenliebhabers mit Namen Dalmatius, herrschte sechs Jahre. (2) Er unterwarf Saturninus, der im Orient, und Proculus und Bonosus, die in Köln zu Imperatores ausgerufen worden waren. (3) Er erlaubte den Galliern und Pannoniern Weinberge anzulegen; durch die Arbeit von Soldaten bepflanzte er den Alma-Berg bei Sirmium und den Aureus-Berg in Moesia Superior mit Weinstöcken. (4) Er wurde in Sirmium in einem mit Eisen beschlagenen Turm getötet. 38. (1) Carus, geboren in Narbonne, herrschte zwei Jahre. (2) Er ernannte sofort Carinus und Numerianus zu Caesares. (3) Er starb in der Nähe von Ktesiphon durch einen Blitzschlag. (4) Auch sein Sohn Numerianus wurde, während er, von Augenschmerzen befallen, in einer Sänfte reiste, auf Anstiftung seines Schwiegervaters Aper durch einen Anschlag getötet. (5) Obwohl sein Tod so lange listig verborgen werden sollte, bis Aper die Herrschaft an sich reißen konnte, wurde das Verbrechen durch den Leichengestank verraten. (6) Daraufhin riss Sabinus Iulianus die Herrschaft an sich und wurde von Carinus in der Ebene von Verona getötet. (7) Dieser Carinus befleckte sich mit allen möglichen Verbrechen: Sehr viele Unschuldige ließ er unter erfundenen Anschuldigungen hinrichten; Ehefrauen von Aristokraten schändete er; auch seinen Mitschülern, die ihn im Hörsaal durch den Spott ihres Wortes neckten, wurde er zum Verhängnis. (8) Zuletzt wurde er vor allem durch die Hand eines Tribuns niedergemetzelt, dessen Frau er entehrt haben soll. 39. (1) Diokletian, ein Dalmater, Freigelassener des Senators Anullinus, wurde Diocles genannt nach seiner Mutter Dioclea und nach

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perium sumeret, Diocles appellatus, ubi orbis Romani potentiam cepit, Graium nomen in Romanum morem convertit, imperavit annis XXV. (2) is Maximianum Augustum effecit; Constantium et Galerium Maximianum, cognomento Armentarium, Caesares creavit tradens Constantio Theodoram, Herculii Maximiani privignam, abiecta uxore priori. (3) hoc tempore Charausio in Galliis, Achilleus apud Aegyptum, Iulianus in Italia imperatores effecti diverso exitu periere. (4) e quibus Iulianus acto per costas pugione in ignem se abiecit. (5) Diocletianus vero apud Nicomediam sponte imperiales fasces relinquens in propriis agris consenuit. (6) qui dum ab Herculio atque Galerio ad recipiendum imperium rogaretur tamquam pestem aliquam detestans in hunc modum respondit: „utinam Salonae possetis visere olera nostris manibus instituta; profecto numquam istud temptandum iudicaretis.“ (7) vixit annos LXVIII, ex quibus communi habitu prope novem egit. morte consumptus est, ut satis patuit, per formidinem voluntaria. quippe cum a Constantino atque Licinio vocatus ad festa nuptiarum per senectam, quo minus interesse valeret, excusavisset, rescriptis minacibus acceptis, quibus increpabatur Maxentio favisse ac Maximino favere, suspectans necem dedecorosam venenum dicitur hausisse. 40. (1) his diebus Constantius, Constantini pater, atque Armentarius Caesares Augusti appellantur, creatis Caesaribus Severo per Italiam, Maximino, Galerii sororis filio, per Orientem; eodemque tempore Constantinus Caesar efficitur. (2) Maxentius imperator in villa sex milibus ab urbe discreta, itinere Lavicano, dehinc Licinius Augustus efficitur parique modo Alexander apud Carthaginem imperator fit similique modo Valens imperator creatur. (3) quorum exitus iste fuit: Severus Caesar ab Herculio Maximiano Romae ad Tres Tabernas exstinguitur funusque eius Gallieni sepulcro infertur, quod ex urbe abest per Appiam 2 imperavit – XXV Chron. Gall. (511) 442 3 sq. Galerium – creavit Land. 10,16 (262,20 sq.) 6–8 Iulianus – abiecit Land. 10,16 (262,15-17) 8–13 Diocletianus – iudicaretis Frec. 2,3,13 (588,68-74), Sed. 80,22,8 (341,28-342,2) 10–19 qui – hausisse Paul. 9,28 (138,12-139,1) 20–204,9 his – multatur Frec. 2,3,14 (590,45-591,61) 21–23 Severo – efficitur Land. 11,1 (267,6 sq.) 23 sq. sex – Lavicano Land. 11,3 (268,20 sq.) 25 Alexander – fit Land. 11,10 (275,4 sq.) 26 Valens – creatur Land. 11,10 (275,3) 27–204,1 ab – novem Land. 11,3 (269,2-4) 12 sq. instituta codd., Paul. Land. Frec. : insita Sed. 14 quibus B, ρ : quis ACGFHEZJI (variant Pauli codd.) 15 voluntaria EZJ : voluntariam ACGFHBI, Paul. Land. (per timorem voluntarium λ) 23 in villa om. EZJ 27 romae codd., Frec. : om. Land. (in roma λ)

Text und Übersetzung

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einer Stadt gleichen Namens, bis er die Herrschaft übernahm; sobald er die Macht über die römische Welt ergriffen hatte, änderte er seinen griechischen Namen nach römischer Art. Er herrschte fünfundzwanzig Jahre. (2) Er machte Maximianus zum Augustus; Constantius und Galerius Maximianus, mit Beinamen Armentarius, erhob er zu Caesares; dabei gab er Theodora, die Stieftochter des Herculius Maximianus, dem Constantius zur Frau, nachdem dieser seine frühere Frau verstoßen hatte. (3) Zu dieser Zeit gingen Carausius in Gallien, Achilleus in Ägypten und Iulianus in Italien, die zu Herrschern erhoben worden waren, auf verschiedene Weise zugrunde. (4) Von diesen stieß sich Iulianus einen Dolch durch die Rippen und stürzte sich ins Feuer. (5) Aber Diokletian legte aus eigenem Antrieb in Nicomedia die kaiserlichen Rutenbündel nieder und verbrachte sein Alter auf seinem eigenen Gut. (6) Als er von Herculius und Galerius gebeten wurde, die Herrschaft wiederaufzunehmen, zeigte er Abscheu wie vor einer Seuche und gab folgende Antwort: „Wenn ihr doch in Salona das Gemüse sehen könntet, das ich mit eigenen Händen angepflanzt habe; dann würdet ihr sicherlich diesen Versuch für vergeblich halten!“ (7) Er lebte achtundsechzig Jahre, von denen er fast neun als Privatmann verbrachte. Er starb, wie ausreichend offenkundig war, aus Angst einen freiwilligen Tod. Als er nämlich von Konstantin und Licinius zu einer Hochzeitsfeier eingeladen worden war und sich damit entschuldigt hatte, dass er wegen seines Greisenalters nicht teilnehmen könne, soll er als Antwort Drohbriefe erhalten haben, in denen ihm vorgeworfen wurde, Maxentius begünstigt zu haben und Maximinus zu begünstigen, woraufhin er Gift genommen habe, weil er eine schändliche Ermordung befürchtete. 40. (1) In diesen Tagen wurden die Caesares Constantius, Vater des Konstantin, und Armentarius zu Augusti ernannt, während Severus zum Caesar in Italien und Maximinus, der Sohn der Schwester des Galerius, zum Caesar im Orient gewählt wurden; zur gleichen Zeit wurde auch Konstantin zum Caesar gemacht. (2) Maxentius wurde in einer Villa sechs Meilen von Rom entfernt, an der Straße nach Lavicanum, zum Imperator gemacht, sodann wurde Licinius zum Augustus gemacht; in gleicher Weise ist Alexander in Karthago Imperator geworden, und in ähnlicher Weise wurde Valens zum Imperator gemacht. (3) Ihr Tod war folgender: Der Caesar Severus wurde von Herculius Maximianus in Rom bei Tres Tabernae getötet, und sein Leichnam wurde im Grab des Gallienus beigesetzt, welches entlang der Via Appia neun Meilen von

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viam milibus novem. (4) Galerius Maximianus consumptis genitalibus defecit. (5) Maximianus Herculius a Constantino apud Massiliam obsessus, deinde captus, poenas dedit mortis genere postremo fractis laqueo cervicibus. (6) Alexander a Constantini exercitu iugulatur. (7) Maxentius dum adversus Constantinum congreditur, paulo superius a ponte Mulvio in pontem navigiis compositum ab latere ingredi festinans lapsu equi in profundum demersus est; voratumque limo pondere thoracis corpus vix repertum. (8) Maximinus apud Tarsum morte simplici perit. (9) Valens a Licinio morte multatur. (10) fuerunt autem morum huiusmodi: Aurelius Maximianus, cognomento Herculius, ferus natura, ardens libidine, consiliis stolidus, ortu agresti Pannonioque. nam etiam nunc haud longe Sirmio eminet locus palatio ibidem constructo, ubi parentes eius exercebant opera mercenaria. (11) aetate interiit sexagenarius, annorum XX imperator. (12) genuit ex Eutropia, Syra muliere, Maxentium et Faustam, coniugem Constantini; cuius patri Constantio tradiderat Theodoram privignam. (13) sed Maxentium suppositum ferunt arte muliebri tenere mariti animum laborantis auspicio gratissimi partus coepti a puero. (14) is Maxentius carus nulli umquam fuit, ne patri aut socero quidem Galerio. (15) Galerius autem fuit (licet inculta agrestique iustitia) satis laudabilis, pulcher corpore, eximius et felix bellator, ortus parentibus agrariis, pastor armentorum, unde ei cognomen Armentarius fuit. (16) ortus Dacia Ripensi ibique sepultus est; quem locum Romulianam ex vocabulo Romulae matris appellarat. (17) is insolenter affirmare ausus est matrem more Olympiadis, Alexandri Magni creatricis, compressam dracone semet concepisse. (18) Galerius Maximinus, sorore Armentarii progenitus veroque nomine ante im2–4 a – cervicibus Land. 11,4 (269,15-17) 4 Alexander – iugulatur Land. 11,10 (275,5) 5–8 paulo – repertum Land. 11,9 (273,26-274,2) 7 lapsu Chron. Gall. (511) 457 8 sq. morte – perit Land. 11,9 (274,16) 9 Valens – multatur Land. 11,10 (275,3 sq.) 10–16 ferus – privignam Land. 11,4 (269,19-25) 16–18 Maxentium – puero Paul. 10,4 (142,12-14) 18 sq. is – Galerio Land. 11,9 (274,6 sq.) 19–25 fuit – concepisse Land. 11,6 (270,14-20) 25–206,5 Galerius – statuit Land. 11,10 (274,16275,2) 1 viam ρ : om. codd., Frec. 9 perit ACFHBIcorr. : periit GEZJ., Land. Frec. 12 sirmio AC, Land. : syrmio GFH : sermio B : a sirmio λ : a syrmio EZJ 14 syra EZJ, λ : sira ACBI, Land. : syria GFH 18 maxentius Land. : maximinianus codd., λ | ne ACGFHBI, Land. : nec EZJ, λ 19 patri ACGFHBI, ρ : patriae EZJ | socero ACGFHBI, ρ : socio EZJ 23 romulianam CGFHEBI, Land. : romulianum A(in ras.)ZJ, Bamb. : romuleanum Salisb. | appellarat ACGFHE, Land. : appellaverat ZJ : appellaret BI

Text und Übersetzung

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der Stadt entfernt ist. (4) Galerius Maximianus starb, weil seine Genitalien zerfressen worden sind. (5) Maximianus Herculius wurde von Konstantin in Massilia belagert, dann gefangen genommen und mit dem schimpflichsten Tod bestraft, indem sein Genick durch den Strang gebrochen wurde. (6) Alexander wurde vom Heer des Konstantin ermordet. (7) Maxentius beeilte sich, während er mit Konstantin zusammenstieß, etwas oberhalb der Milvischen Brücke von der Seite auf eine Brücke zu gelangen, die aus Schiffen errichtet worden war, und wurde durch einen Sturz seines Pferdes in die Tiefe gezogen; sein Körper wurde durch das Gewicht seiner Rüstung vom Schlamm verschlungen und wurde nur mit Mühe und Not wiedergefunden. (8) Maximinus starb bei Tarsus eines natürlichen Todes. (9) Valens wurde von Licinius mit dem Tod bestraft. (10) Von solcher Art aber war ihr Charakter: Aurelius Maximianus, mit dem Beinamen Herculius, war von Natur aus wild, rasend vor Wollust, töricht in seiner Urteilskraft, von bäuerlicher und pannonischer Herkunft. Denn auch heute noch ragt nicht weit von Sirmium der Ort mit dem dort errichteten Palast hervor, wo seine Eltern der Arbeit als Tagelöhner nachgingen. (11) Er starb im Alter von sechzig Jahren, zwanzig Jahre war er Imperator. (12) Mit Eutropia, einer Syrerin, zeugte er Maxentius und Fausta, die Ehefrau des Konstantin; dessen Vater Constantius hatte er seine Stieftochter Theodora zur Frau gegeben. (13) Aber Maxentius, sagt man, war untergeschoben durch die List der Frau, die sich bemühte, die Liebe des Ehemannes zu bewahren durch die Verheißung einer sehr willkommenen Nachkommenschaft, die mit diesem Jungen anfing. (14) Dieser Maxentius war niemals jemandem lieb, nicht einmal seinem Vater oder seinem Schwiegervater Galerius. (15) Galerius aber war, wenn auch von ungebildeter und bäurischer Gerechtigkeit, einigermaßen lobenswert, schön von Gestalt, ein geschickter und glücklicher Krieger, Sohn bäuerlicher Eltern, ein Rinderhirt, woher er den Beinamen Armentarius hatte. (16) Er wurde in der Dacia Ripensis geboren und dort begraben; diesen Ort hatte er Romuliana genannt nach dem Namen seiner Mutter Romulia. (17) In seiner Unverschämtheit wagte er zu behaupten, dass seine Mutter ihn nach Art der Olympias, der Mutter Alexanders des Großen, durch den Beischlaf mit einer Schlange empfangen habe. (18) Galerius Maximinus, Sohn der Schwester des

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perium Daza dictus, Caesar quadriennio, dehinc per Orientem Augustus triennio fuit, ortu quidem atque instituto pastorali, verum sapientissimi cuiusque ac litteratorum cultor, ingenio quieto, vini avidior. (19) quo ebrius quaedam corrupta mente aspera iubebat; quod cum pigeret factum, differri, quae praecepisset, in tempus sobrium ac matutinum statuit. (20) Alexander fuit Phryx origine, ingenio timidus, inferior adversus laborem vitio senectae aetatis. 41. (1) his omnibus absumptis imperii iura penes Constantinum et Licinium devenere. (2) Constantinus, Constantii imperatoris et Helenae filius, imperavit annos XXX. hic dum iuvenculus a Galerio in urbe Roma religionis specie vice obsidis teneretur, fugam arripiens atque ad frustrandos insequentes publica iumenta, quaqua iter egerat, interfecit et ad patrem in Britannia situm pervenit; et forte iisdem diebus ibidem Constantium parentem fata ultima perurgebant. (3) quo mortuo cunctis, qui aderant, annitentibus, sed praecipue Croco, Alamannorum rege, auxilii gratia Constantium comitato imperium capit. (4) hic sororem suam Constantiam Licinio Mediolanum accito coniungit; filiumque suum Crispum nomine ex Minervina concubina susceptum, item Constantinum iisdem diebus natum oppido Arelatensi Licinianumque, Licinii filium, mensum fere viginti, Caesares effecit. (5) verum enimvero, ut imperia difficile concordiam custodiunt, discidium inter Licinium Constantinumque exoritur; primumque apud Cibalas iuxta paludem Hiulcam nomine Constantino nocte castra Licinii irrumpente Licinius fugam petiit Byzantiumque fuga volucri pervenit. (6) ibi Martinianum, officiorum magistrum, Caesarem creat. (7) dehinc Constantinus acie potior apud Bithyniam adegit Licinium pacta salute indumentum regium offerre per uxorem. inde Thessalonicam missum paulo post eum Martinianumque iugulari iubet. (8) hic Licinius annum 6 sq. Alexander – aetatis Land. 11,10 (275,6 sq.) 10–20 hic – effecit Land. 11,2 (268,7-18) 20 sq. verum – custodiunt Land. 11,11 (275,19) 22–25 iuxta – creat Land. 11,11 (275,23-276,3) 25–27 Constantinus – uxorem Land. 11,12 (276,13-15) 27 sq. Thessalonicam – iubet Land. 11.12 (276,16 sq.) 28–208,8 hic – appellans Paul. 10,6 (143,4-13) 1 daza BI, ρ : daca μ 5 differri ACGFHEZJ, Land. : differre BI 7 aetatis ACGFHBI, Land. : et aetatis EZJ 9 constantii λ : constantis codd. 11 vice obsidis Land. : obsidis BI : obses ACGFHEZJ (in vice obsidis λ) 13 Britannia Salisb. : Britanniam codd., Land. Bamb. | situm om. Salisb. 18 item Schott : idem codd., Land. 19 constantinum ACBI : constantinus GFHEZJ, Land. 20 mensum Aa.c.CGF : mensium Ap.c.HZ : mensuum EJBI, Land.

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Armentarius und vor der Herrschaft mit wahrem Namen Daza genannt, war vier Jahre Caesar, danach drei Jahre Augustus im Orient, zwar von Hirten abstammend und erzogen, aber ein Verehrer gerade der Weisesten und der Gelehrten, von ruhigem Wesen, zu gierig nach Wein; (19) davon betrunken, pflegte er mit getrübtem Geist harte Befehle zu erteilen; da er es bereute, dass er dies getan hatte, setzte er fest, dass das, was er angeordnet hatte, auf die nüchterne Zeit am Morgen verschoben werden sollte. (20) Alexander war von der Herkunft Phryger, von ängstlichem Charakter, zu schwach für Anstrengungen aufgrund des Gebrechens seines hohen Alters. 41. (1) Nachdem alle diese umgekommen waren, ging die Herrschaftsgewalt an Konstantin und Licinius. (2) Konstantin, Sohn des Imperators Constantius und der Helena, herrschte dreißig Jahre. Während er als junger Mann von Galerius in der Stadt Rom unter dem Vorwand moralischer Verpflichtung als Geisel gehalten wurde, ergriff er die Flucht, tötete die staatlichen Transporttiere auf seinem Weg, um seine Verfolger abzuschütteln, und gelangte zu seinem Vater, der sich in Britannien befand; und in diesen Tagen ging dort gerade das Leben seines Vaters Constantius zu Ende. (3) Nach dessen Tod ergriff er die Herrschaft mit Hilfe der vereinten Bemühung aller, die anwesend waren, aber besonders des Crocus, eines Alamannenkönigs, der Constantius zur Unterstützung begleitet hatte. (4) Er gab seine Schwester Constantia dem Licinius, den er nach Mailand hatte kommen lassen, zur Frau; und er ernannte zu Caesares seinen Sohn mit Namen Crispus, den er von seiner Konkubine Minervina hatte, ebenso Konstantin, der in diesen Tagen in der Stadt Arles geboren wurde, und den etwa zwanzig Monate alten Licinianus, den Sohn des Licinius. (5) Aber tatsächlich, wie die Reichsteile schwer ihre Eintracht bewahren, entstand ein Zerwürfnis zwischen Licinius und Konstantin. Zuerst fiel Konstantin bei Cibalae nahe beim Sumpf namens Hiulca nachts in das Lager des Licinius ein, Licinius ergriff die Flucht und gelangte in Windeseile nach Byzanz. (6) Dort machte er Martinianus, den magister officiorum, zum Caesar. (7) Dann zwang Konstantin, der siegreich in der Schlacht in Bithynien war, den Licinius gegen die Zusicherung seines Lebens dazu, ihm sein Herrschergewand durch seine Frau aushändigen zu lassen; daraufhin schickte er ihn nach Thessalonike und befahl etwas später, ihn und Martinianus zu töten. (8) Licinius starb hier nach etwa vierzehn

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dominationis fere post quartumdecimum, vitae proxime sexagesimum occidit; avaritiae cupidine omnium pessimus neque alienus a luxu venerio, asper admodum, haud mediocriter impatiens, infestus litteris, quas per inscitiam immodicam virus ac pestem publicam nominabat, praecipue forensem industriam. (9) agraribus plane ac rusticantibus, quod ab eo genere ortus altusque erat, satis utilis ac militiae custos ad veterum instituta severissimus. (10) spadonum et aulicorum omnium vehemens domitor tineas soricesque Palatii eos appellans. (11) at Constantinus obtento totius Romani imperii mira bellorum felicitate regimine Fausta coniuge, ut putant, suggerente Crispum filium necari iubet. (12) dehinc uxorem suam Faustam in balneas ardentes coniectam interemit, cum eum mater Helena dolore nimio nepotis increparet. (13) fuit vero ultra, quam aestimari potest, laudis avidus. hic Traianum herbam parietariam ob titulos multis aedibus inscriptos appellare solitus erat. hic pontem in Danubio construxit. (14) habitum regium gemmis et caput exornans perpetuo diademate, commodissimus tamen rebus multis fuit: calumnias sedare legibus severissimis, nutrire artes bonas, praecipue studia litterarum, legere ipse scribere meditari audire legationes et querimonias provinciarum. (15) cumque liberis filioque fratris Dalmatio Caesaribus confirmatis tres et sexaginta annos vixisset, ex quibus dimidios ita, ut tredecim solus imperaret, morbo consumptus est. (16) irrisor potius quam blandus, unde proverbio vulgari Trachala; decem annis praestantissimus, duodecim sequentibus latro, decem novissimis pupillus ob profusiones immodicas nominatus. (17) corpus sepultum in Byzantio Constantinopolim dicta. (18) quo mortuo Dalmatius militum vi necatur. (19) ita ad tres orbis Romani redacta 7 sq. spadonum – appellans Sed. 80,8,4 (325,9 sq.) 9–12 regimine – increparet Land. 11,13 (277,14-17) 13–19 fuit – provinciarum Land. 11,13 (277,27-278,7) 13–19 hic – provinciarum Frec. 2,3,21 (612,78-84) 19 sq. liberis – confirmatis Land. 11,13 (277,26 sq.) 21 morbo – est Land. 11,16 (280,28-281,1) 22–24 irrisor – nominatus Land. 11,16 (281,2-5) 26–210,5 ita – Achaiam Frec. 2,4,1 (616,7-12) 1 fere ACGFHEZJΙ, Paul. : suae B : suae fere Land. 2 occidit ACFHEZJBI, Paul.: occiditur G, Land. 3 venerio GFHEZJ, Paul. Land. : ventrio ACBI 6 quod ACGFHEZJ, Paul. ρ : qui BI | altusque AEZJBI, Paul. : alitusque C : alatusque Land. : auctusque GFH 8 tineas ACGFHEZJ, Paul. Land. : tinies BI 9 romani imperii Mp.c., λ : romani ACGFHBI : romaniae EZJ 17 severissimis Ap.c.GFHEZJBI, Land. : a.c. severissimus A C, Frec. 20 dalmatio GFHEZJB : delmatio ACI 25 in EZJ, λ : ex ACGFHBI | constantinopolim codd. : constantinopoli Mp.c 26 dalmatius GFHEZJ : delmatius ACBI

Text und Übersetzung

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Jahren seiner Herrschaft, nahe dem sechzigsten Lebensjahr; aufgrund der Begierde der Habsucht war er von allen der Schlimmste und auch der sexuellen Ausschweifung nicht abgeneigt, äußerst grob, sehr ungeduldig, feindselig gegenüber der Bildung, die er aus übermäßiger Ignoranz ein Gift und eine öffentliche Seuche nannte, besonders die Gerichtstätigkeit. (9) Er war für die Bauern und die Landbewohner hingegen nützlich, weil er in diesem Stand geboren und aufgezogen worden war, und ein sehr strenger Wächter über die Militärdisziplin entsprechend den Regeln der Vorfahren. (10) Er war ein leidenschaftlicher Unterdrücker aller Eunuchen und Höflinge und nannte sie die Motten und Mäuse des Palastes. (11) Aber nachdem Konstantin die Herrschaft über das gesamte römische Reich durch sein bewundernswertes Kriegsglück erlangt hatte, ließ er seinen Sohn Crispus töten aufgrund der Einflüsterung seiner Frau Fausta, wie man glaubt. (12) Dann ließ er seine Ehefrau Fausta töten, indem sie in ein kochendes Bad geworfen wurde, da ihm seine Mutter Helena aus sehr großem Schmerz über den Tod des Enkels Vorwürfe machte. (13) Er war in der Tat über jedes Maß hinaus begierig nach Lob. Trajan pflegte er wegen der Inschriften, mit denen viele Gebäude versehen waren, ein Mauerkraut zu nennen. Er errichtete eine Brücke über die Donau. (14) Das königliche Gewand schmückte er mit Edelsteinen und seinen Kopf ständig mit einem Diadem. Er war jedoch in vielen Dingen sehr vernünftig: Er unterdrückte falsche Anklagen durch sehr strenge Gesetze, pflegte die edlen Künste, besonders die Beschäftigung mit der Literatur, er las, schrieb selbst, überlegte, hörte sich die Gesandtschaften und Klagen der Provinzen an. (15) Nachdem er seine Kinder und Dalmatius, den Sohn seines Bruders, als Caesares bestätigt hatte, starb er nach dreiundsechzig Lebensjahren, von denen er die Hälfte an der Macht war, wobei er dreizehn Jahre allein regierte, an einer Krankheit. (16) Er war eher ein Spötter als ein Schmeichler, weswegen er gemeinhin sprichwörtlich Trachala („der Halsstarrige“) hieß; man nannte ihn zehn Jahre vorzüglich, die folgenden zwölf einen Räuber, die letzten zehn ein Mündel wegen der unmäßigen Verschwendungen. (17) Sein Leichnam wurde in Byzanz bestattet, das er Konstantinopel genannt hatte. (18) Nach seinem Tod wurde Dalmatius von den Soldaten umgebracht. (19) So ging die Herrschaft über die römische Welt auf

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dominatio est, Constantinum et Constantium ac Constantem, filios Constantini. (20) hi singuli has partes regendas habuerunt: Constantinus iunior cuncta trans Alpes, Constantius a freto Propontidis Asiam atque Orientem, Constans Illyricum Italiamque et Africam, Dalmatius Thraciam Macedoniamque et Achaiam, Hannibalianus, Dalmatii Caesaris consanguineus, Armeniam nationesque circum socias. (21) interim ob Italiae Africaeque ius dissentire statim Constantinus et Constans. Constantinus latrocinii specie dum incautus foedeque temulentus in aliena irruit, obtruncatus est proiectusque in fluvium, cui nomen Alsa est, non longe ab Aquileia. (22) Constans vero venandi cupidine dum per silvas saltusque erraret, conspiravere aliquanti militares in eius necem auctoribus Chrestio et Marcellino simulque Magnentio: qui ubi patrandi negotii dies placuit, Marcellinus natalem filii simulans plerosque ad cenam rogat. itaque in multam noctem convivio celebrato Magnentius quasi ad ventris solita secedens habitum venerabilem capit. (23) ea re cognita Constans fugere conatus apud Helenam, oppidum Pyrenaeo proximum, a Gaisone cum lectissimis misso interficitur anno tertio decimo Augustae dominationis (nam Caesar triennio fuerat), aevi septimo vicesimoque. (24) hic fuit debilis pedibus manibusque articulorum dolore, fortunatus caeli temperie, fructuum proventu, nulla a barbaris formidine; quae profecto maiora fierent, si provinciarum rectores non pretio, sed iudicio provexisset. (25) huius morte cognita Vetranio magister militum imperium in Pannonia apud Mursiam corripuit. quem Constantius non post multos dies regno exuit, grandaevae aetati non 2 hi – Constantinus Land. 11,17 (281,15 sq.) 3 cuncta – Alpes Land. 11,17 (282,1) 3 sq. Constantius – Constans Land. 11,17 (282,1-3) 4–6 Illyricum – socias Land. 11,17 (282,4-6) 6–10 interim – Aquileia Frec. 2,4,1 (616,12-16) 9 sq. proiectusque – Aquileia Land. 11,17 (282,12 sq.) 10–21 Constans – formidine Land. 11,18 (283,1224) 22 sq. Vetranio – corripuit Land. 11,20 (284,13)

1 constantinum GFHMp.c., λ : constantino ACEZJBXMa.c., Frec. | et ACEZJBMX, Frec. : ac GFH | constantium GFHMp.c., λ : constantio ACEZJBXMa.c., Frec. | ac ACEZJBMX, Frec. : et GFH | constantem GFHMp.c., Salisb. : constante ACEZJB, Frec. : constantiae Ma.c.X : constantes Bamb. : constanti dub. Baehrens | filios GFHMp.c., Bamb. : filiis ACEZJBMa.cX, Frec. : filius C : filium Salisb. 4 dalmatius codd., Bamb. Frec. : delmatius Salisb. 4 sq. thraciam Bamb. : trachiam ACBMX : traciam GFHEZJ, Land. Salisb. 5 dalmatii codd., Bamb. : delmatii Salisb. 6 circum socias ACGBMX : circ*msocias FHEZJ, Land. 7 statim om. EZJ 23 mursiam μ, λ : myrsam Land. : mursia I

Text und Übersetzung

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drei Männer über: Constantinus, Constantius und Constans, die Söhne des Konstantin. (20) Sie hatten jeweils die folgenden Teile als Herrschaftsgebiete: Constantinus der Jüngere alles jenseits der Alpen, Constantius ab der Meerenge von Propontis Asia und den Orient, Constans Illyrien, Italien und Africa, Dalmatius Thrakien, Makedonien und Achaia, Hannibalianus, Bruder des Caesars Dalmatius, Armenien und die umliegenden verbündeten Stämme. (21) Unterdessen entstand sogleich ein Streit zwischen Constantinus und Constans wegen des Herrschaftsrechts über Italien und Africa. Constantinus wurde, als er unvorsichtig und schändlich betrunken wie ein Räuber in fremden Besitz stürmte, umgebracht und nicht weit von Aquileia in den Fluss mit Namen Alsa geworfen. (22) Als hingegen Constans aus Jagdleidenschaft die Wälder und Schluchten durchstreifte, bildeten einige Soldaten eine Verschwörung zu seiner Ermordung, angestiftet von Chrestius, Marcellinus und auch Magnentius. Sobald der Tag der Ausführung beschlossen worden war, nahm Marcellinus den Geburtstag seines Sohnes als Vorwand und lud viele Männer zum Abendessen ein. Als so das Gastmahl bis spät in die Nacht gefeiert wurde, zog sich Magnentius zurück, als ob er einem natürlichen Bedürfnis nachkommen wolle, und legte das ehrwürdige Gewand an. (23) Als dies bekannt wurde, versuchte Constans nach Helena zu fliehen, einer Stadt in der Nähe der Pyrenäen, und wurde von Gaiso, der mit ausgewählten Männern geschickt worden war, getötet im dreizehnten Jahr seiner Herrschaft als Augustus (denn er war drei Jahre lang Caesar gewesen) im siebenundzwanzigsten Lebensjahr. (24) Er war schwach an Füßen und Händen aufgrund von Schmerzen in den Gelenken, war begünstigt durch die Milde des Klimas, die Fülle an Ernten und das Fehlen jeglicher Angst vor Barbaren; dies hätte sicherlich größere Bedeutung gehabt, wenn er die Statthalter der Provinzen nicht aufgrund von Geld, sondern aufgrund seines Urteils befördert hätte. (25) Als sein Tod bekannt wurde, ergriff der magister militum Vetranio bei Mursa in Pannonien die Herrschaft; diesen entkleidete Constantius nicht viele Tage später der Herrschaft, wobei er dessen betagtem Alter nicht nur

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vitam modo, sed etiam voluptarium otium concedens; fuit autem prope ad stultitiam simplicissimus. 42. (1) Constantius Gallum fratrem patruelem Caesarem pronuntiat, sororem Constantinam illi coniungens. (2) Magnentius quoque Decentium, consanguineum suum, trans Alpes Caesarem creavit. (3) his diebus Romae Nepotianus, Eutropiae Constantini sororis filius, hortantibus perditis Augusti nomen rapit; eum octavo die vicesimoque Magnentius oppressit. (4) hoc tempore Constantius cum Magnentio apud Mursiam dimicans vicit. in quo bello paene numquam amplius Romanae consumptae sunt vires totiusque imperii fortuna pessumdata. (5) dehinc cum se Magnentius in Italiam recepisset, apud Ticinum plures fudit incautius et, ut in victoria solet, audacius persequentes. (6) nec multo post apud Lugdunum coangustatus gladio occulte proviso ictum pulsu parietis iuvans transfosso latere, ut erat vasti corporis, vulnere naribusque et ore cruorem effundens mense imperii quadragesimo secundo, aetatis prope quinquagesimo anno exspiravit. (7) ortus parentibus barbaris, qui Galliam inhabitant, legendi studio promptus, sermonis acer, animi tumidi et immodice timidus, artifex tamen ad occultandam audaciae specie formidinem. (8) eius morte audita Decentius laqueo fascia composito vitam finivit. (9) hoc tempore Gallus Caesar a Constantio occiditur; imperavit annos IIII. (10) Silvanus imperator effectus die imperii vicesimo octavo perimitur. fuit ingenio blandissimus. (11) quamquam barbaro patre genitus, tamen institutione Romana satis cultus et patiens. (12) Constantius Claudium Iulianum, 1 sq. fuit – simplicissimus Land. 11,21 (285,18 sq.) 3 Constantius – pronuntiat Land. 11,20 (284,19 sq.) 5–8 his – oppressit Land. 11,21 (285,23-286,2) 8–12 hoc – persequentes Land. 11,21 (286,5-9) 9 sq. in – pessumdata Frec. 2,4,6 (623,15 sq.) 12–16 nec – exspiravit Land. 11,22 (286,24-287,4) 16–20 ortus – finivit Land. 11,22 (287,6-10) 22 die – octavo Land. 11,23 (287,16 sq.) 22–24 fuit – patiens Land. 11,23 (287,17-19) 24–214,1 Constantius – XX Chron. Gall. (511) 483 1 voluptarium Aa.c.BI, λ : voluptuarium Ap.c.CGFHEZJ 3 fratrem patruelem codd. : patruelem suum ρ 7 perditis ACGFHBI, Land. : proditoribus EZJ 9 mursiam codd., λ : myrsam Land. | numquam BI, Land. Frec. : nusquam ACGFHEZJ 10 fortuna CGp.c.FHEZJ, Land. Frec. : fortunae ABI : fortunata Ga.c. 12–224,5 et – patre deest I 13 ictum ACGFHEBMX, Land. : ictu ZJ 14 pulsu CGFHEZJBp.c., Land. : pulsum A : pulso Ba.c. : pulsi MX 16 quinquagesimo (Lo) EBa.c. : quinquaginta (L) p.c. ACGFHZJB MX, Land. | anno EZJ : annos ACGFHB, Land. : annis MX : anno ante prope transp. Schott | ortus codd. : fuit enim ortus Land. (fuit enim natus λ) 18 immodice ACGFHEZJMX : immodici B, Land. 20 fascia ACGFHEZJ, ρ : fasce a BMcorr. : fasce ad X

Text und Übersetzung

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das Leben, sondern auch einen behaglichen Ruhestand zugestand. Vetranio war aber von sehr schlichtem, beinahe an Torheit grenzendem Gemüt. 42. (1) Constantius ernannte Gallus, den Sohn seines Onkels väterlicherseits, zum Caesar, und verheiratete ihn mit seiner Schwester Constantina. (2) Auch Magnentius machte seinen Bruder Decentius zum Caesar jenseits der Alpen. (3) In diesen Tagen riss in Rom Nepotianus, der Sohn von Konstantins Schwester Eutropia, von schlechten Menschen ermuntert, den Titel des Augustus an sich; ihn überwältigte Magnentius am achtundzwanzigsten Tag. (4) Zu dieser Zeit kämpfte Constantius siegreich bei Mursa gegen Magnentius; niemals wären beinahe mehr Kräfte der Römer vernichtet und das Geschick des ganzen Reiches zugrunde gerichtet worden als in dieser Schlacht. (5) Nachdem Magnentius sich daraufhin nach Italien zurückgezogen hatte, sprengte er bei Ticinum ziemlich viele Feinde auseinander, die ihn unvorsichtig und, wie es bei einem Sieg zu geschehen pflegt, allzu kühn verfolgten. (6) Als er nicht viel später in Lyon eingeschlossen war, durchbohrte er seine Seite mit einem heimlich beschafften Schwert, dessen Stoßkraft er verstärkte, indem er sich gegen die Wand drückte; angesichts seiner gewaltigen Körpergröße vergoss er Blut aus der Wunde, der Nase und dem Mund und starb im zweiundvierzigsten Monat seiner Herrschaft, ungefähr im Alter von fünfzig Jahren. (7) Er stammte von barbarischen Eltern ab, die in Gallien wohnten; er hatte eine ausgeprägte Vorliebe für das Lesen, war ein leidenschaftlicher Redner, von eitlem Charakter und übermäßig ängstlich; jedoch geschickt darin, seine Ängstlichkeit unter dem Anschein der Kühnheit zu verbergen. (8) Nachdem er von dessen Tod gehört hatte, beendete Decentius sein Leben mit einer Schlinge aus einer Stoffbinde. (9) Zu dieser Zeit wurde der Caesar Gallus von Constantius getötet; er herrschte vier Jahre. (10) Silvanus, der zum Imperator gemacht worden war, wurde am achtundzwanzigsten Tag seiner Regierungszeit getötet; er war von sehr einnehmendem Charakter. (11) Obgleich er von einem barbarischen Vater abstammte, war er dennoch durch die römische Erziehung recht gebildet und ausdauernd. (12) Constantius nahm sich Claudius Iulianus, den Bruder des Gallus,

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fratrem Galli, honore Caesaris assumit annos natum fere III atque XX. (13) iste in campis Argentoratensibus apud Gallias cum paucis militibus infinitas hostium copias delevit. (14) stabant acervi montium similes, fluebat cruor fluminum modo; captus rex nobilis Nodomarius; fusi omnes optimates; redditus limes Romanae possessionis; ac postmodum cum Alamannis dimicans potentissimum eorum regem Vadomarium cepit. (15) hic a militibus Gallicanis Augustus pronuntiatur. (16) hunc Constantius urgere legationibus, ut in statum nomenque pristinum revertatur. Iulianus mandatis mollioribus refert se sub nomine celsi imperii multo officiosius pariturum. (17) his Constantius magis magisque ardens dolore atque, ut erat talium impatiens, in radicibus Tauri montis apud Mopsocrenen febri acerrima, quam indignatio nimia vigiliis augebat, interiit anno aevi quarto et quadragesimo, imperii nono atque tricesimo, verum Augustus quarto vicesimoque: octo solus, cum fratribus atque Magnentio sedecim, quindecim Caesar. (18) felix bellis civilibus, externis lacrimabilis, mirus artifex in sagittis, a cibo vinoque et somno multum temperans, patiens laboris, facundiae cupidus; quam cum assequi tarditate ingenii non posset, aliis invidebat. (19) spadonum aulicorumque amori deditus et uxorum; quibus contentus nulla libidine transversa aut iniusta polluebatur. (20) sed ex coniugibus, quas plurimas sortitus est, praecipue Eusebiam dilexit, decoram quidem, verum per Adamantias et Gorgonias et alia importuna ministeria vexantem famam viri contra quam feminis modestioribus mos est, quarum saepe praecepta maritos iuvant. (21) namque ut ceteras omittam, Pompeia Plotina incredibile dictu est quanto auxerit gloriam Traiani; cuius procuratores cum provincias calumniis agitarent, adeo ut unus ex his diceretur locupletium quemque ita convenire: „quare habes?“ alter: „unde habes?“

2–7 iste – cepit Frec. 2,4,7 (623,7-624,12) 3–7 hostium – cepit Land. 11,27 (291,16-21) 7 hic – pronuntiatur Chron. Gall. (511) 487 7–10 hunc – pariturum Frec. 2,4,7 (624,15-17), Land. 11,28 (292,7-10) 10–13 magis – interiit Land. 11,29 (293,1013) 14 sq. octo – sedecim Land. 11,29 (293,16 sq.) 15–216,4 felix – tabesc*nt Land. 11,30 (294,1-18)

7 hunc Gp.c., Land. : hinc codd., Frec. (ad istum λ) 8 ut EZJ, ρ Frec. : om. ACGFHΝBMX 27 quare habes μ, Land. : quare habes ad mensam MX

Text und Übersetzung

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der ungefähr dreiundzwanzig Jahre alt war, im Rang eines Caesars hinzu. (13) Dieser vernichtete in der Ebene von Straßburg in Gallien mit wenigen Soldaten zahllose Truppen der Feinde. (14) Die Haufen ragten empor wie Berge, das Blut floss in Strömen; der berühmte König Nodomarius wurde gefangen genommen; alle Adligen wurden vertrieben; die Grenze des römischen Besitzes wurde wiederhergestellt; und als er etwas später mit den Alamannen kämpfte, nahm Julian deren mächtigsten König Vadomarius gefangen. (15) Er wurde von den gallischen Soldaten zum Augustus erklärt. (16) Constantius drängte ihn durch Gesandtschaften, dass er zu seinem früheren Stand und Namen zurückkehren solle. Julian antwortete ihm in versöhnlichen Briefen, dass er unter dem Titel des erhabenen Imperiums viel pflichtbewusster gehorchen werde. (17) Infolgedessen wurde Constantius von zunehmendem Schmerz überwältigt und starb, da er nicht fähig war, derartiges zu dulden, an einem sehr heftigen Fieber, welches durch die übermäßige Entrüstung in schlaflosen Nächten verstärkt wurde, am Fuße des Berges Taurus bei Mopsocrene im vierundvierzigsten Lebensjahr, im neununddreißigsten Jahr der Herrschaft, aber im vierundzwanzigsten als Augustus: acht Jahre regierte er allein, sechzehn mit seinen Brüdern und Magnentius, fünfzehn als Caesar. (18) Er hatte Glück im Bürgerkrieg, war bejammernswert bei auswärtigen Konflikten, ein bewundernswerter, kunstfertiger Bogenschütze, sehr enthaltsam im Essen, Trinken und Schlafen, geduldig darin, Mühe zu ertragen, begierig nach Beredsamkeit; da er diese durch die Langsamkeit des Geistes nicht erreichen konnte, neidete er sie anderen. (19) Er war der Zuneigung zu Eunuchen, Höflingen und Ehefrauen ergeben; mit den letztgenannten gab er sich zufrieden und befleckte sich durch keine widernatürliche oder unrechte Ausschweifung. (20) Aber von den Ehefrauen, von denen er mehrere hatte, liebte er besonders Eusebia, die zwar sehr schön war, aber durch Dienerinnen vom Schlage einer Adamantia und Gorgonia und anderes unschickliches Personal dem Ruf ihres Mannes schadete im Gegensatz zu dem, was bei ehrbaren Frauen Sitte ist, deren Ratschläge oft ihren Männern nützlich sind. (21) Denn, um die übrigen zu übergehen, es ist unglaublich, in welchem Maße Pompeia Plotina den Ruhm Trajans vergrößert hat: als dessen Prokuratoren die Provinzen mit verleumderischen Anklagen so heimsuchten, dass einer von ihnen jeden Wohlhabenden mit folgenden Worten aufgesucht haben soll: „Warum hast du Besitz?“, ein anderer „Woher hast du Besitz?“ und ein dritter „Gib, was du an Besitz hast“,

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tertius: „pone, quod habes“, illa coniugem corripuit atque increpans, quod laudis suae esset incuriosus, talem reddidit, ut postea exactiones improbas detestans fiscum lienem vocaret, quod eo crescente artus reliqui tabesc*nt. 43. (1) igitur Iulianus redacta ad unum se orbis Romani curatione gloriae nimis cupidus in Persas proficiscitur. (2) illic a transfuga quodam in insidias deductus, cum eum hinc inde Parthi urgerent, e castris iam positis arrepto tantum clipeo procurrit. (3) cumque inconsulto ardore nititur ordines ad proelium componere, ab uno ex hostibus et quidem fugiente conto percutitur. (4) relatusque in tabernaculum rursusque ad hortandos suos egressus, paulatim sanguine vacuatus, circa noctis fere medium defecit, praefatus consulto sese de imperio nihil mandare, ne, uti solet in multitudine discrepantibus studiis, amico ex invidia, rei publicae discordia exercitus periculum pararet. (5) fuerat in eo litterarum ac negotiorum ingens scientia, aequaverat philosophos et Graecorum sapientissimos. (6) usu promptior corporis, quo validus quidem, sed brevis fuit. (7) haec minuebat quarundam rerum neglectus modus: cupido laudis immodica, cultus numinum superstitiosus, audax plus, quam imperatorem decet, cui salus propria cum semper ad securitatem omnium, tum in bello maxime conservanda est. (8) ita illum cupido gloriae flagrantior pervicerat, ut neque terrae motu neque plerisque praesagiis, quibus vetabatur petere Persidem, adductus sit finem ponere ardori ac ne noctu quidem visus ingens globus caelo labi ante diem belli cautum praestiterit. 44. (1) Iovianus, genitus patre Varroniano, incola agri Singidonensis provinciae Pannoniae, imperavit menses octo. (2) eius patri, cum liberos 6 gloriae – cupidus Frec. 2,4,9 (633,71) 7–12 cum – defecit Land. 11,42 (303,1015) 12–14 praefatus – pararet Land. 11,44 (305,10-12) 15–17 aequaverat – fuit Land. 11,43 (304,22-305,3) 18–24 cultus – praestiterit Land. 11,44 (305,9 sq.;12-18) 18 sq. cultus – superstitiosus Frec. 2,4,11 (636,28) 19 sq. salus – est Frec. 2,4,9 (634,91 sq.) 21 illum – pervicerat Frec. 2,4,9 (633,72) 25–218,3 Iovianus – studiosus Paul. 10,17 (148,1-5), Land. 11,46 (307,9-13) 3 improbas CGFHEZJBMp.c., Land. : improbans AMa.c.X (malas λ) | eo GFHMp.c., Land. : ea ACEZJBMa.c.X 5 orbis ACGFHEZJMp.c. : urbis BMa.c.X 10 fugiente μ, Land. : surgente MX 14 amico codd. : amicos Land. : amicorum Schott 15 aequaverat Land. : eo iuverat ACGFHEZJ : eo iuvaverat BMX (ita ut aequalis inveniretur λ) 18 sq. superstitiosus codd. : nimis superstitiosus Land. (superflue accensus λ) 19 cum ACGFHBMX, Land. Frec. : om. EZJ 20 tum Ms.l.: om. codd., Land. Frec. 23 ingens codd., Land. : igneus Sylburg (magnus λ) 25 incola Paul. Land. : insola B : insula ACMX : in solo GFHEZJ (cultoris λ)

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da wies jene ihren Mann zurecht und brachte ihn, indem sie ihm vorwarf, dass er seinen Ruhm vernachlässige, dazu, dass er danach unrechtmäßige Geldeintreibungen verabscheute und die Staatskasse als eine Milz bezeichnete, weil durch deren Wachstum die übrigen Glieder dahinschwinden. 43. (1) Nachdem nun die Verantwortung für die römische Welt auf Julian allein übergegangen war, brach er, allzu begierig nach Ruhm, zum Feldzug gegen die Perser auf. (2) Dort wurde er von einem Überläufer in einen Hinterhalt geführt und eilte, als die Parther ihn aus verschiedenen Richtungen bedrängten, nur mit einem hastig gegriffenen Schild aus dem bereits aufgestellten Lager hervor. (3) Als er mit unbedachter Leidenschaft versuchte, die Reihen für die Schlacht aufzustellen, wurde er von einem der Feinde, und zwar einem flüchtenden, mit einer Reiterlanze durchbohrt. (4) Während er zu seinem Zelt zurückgebracht wurde und wieder herauskam, um seine Männer zu ermutigen, verblutete er allmählich und starb ungefähr gegen Mitternacht, nachdem er zuvor gesagt hatte, dass er mit Absicht nichts über das Imperium verfüge, damit er nicht, wie es bei einer Vielzahl mit widerstreitenden Interessen üblich sei, einem Freund aufgrund von Neid, dem Staat durch Zwietracht des Heeres Gefahr bereite. (5) Er hatte eine sehr umfassende Bildung und Kenntnis der Staatsangelegenheiten, er kam den Philosophen und den Weisesten der Griechen gleich. (6) Er war eifrig in körperlicher Ertüchtigung, wobei er zwar stark, aber klein von Gestalt war. (7) Diese Vorzüge minderte die Vernachlässigung des rechten Maßes in bestimmten Bereichen: eine maßlose Begierde nach Lob, eine abergläubische Verehrung der Götter, er war kühner, als es einem Kaiser gebührt, der seine persönliche Sicherheit im Hinblick auf die Sicherheit aller jederzeit, vor allem im Krieg, bewahren muss. (8) Der brennende Wunsch nach Ruhm hatte ihn so überwältigt, dass er weder durch ein Erdbeben noch durch viele Vorzeichen, durch die ihm verboten wurde, Persien anzugreifen, dazu gebracht wurde, seinem Ungestüm eine Grenze zu setzen, und dass nicht einmal eine riesige Kugel, die man in der Nacht vor dem Tag des Kampfes vom Himmel fallen sah, ihn vorsichtig werden ließ. 44. (1) Jovian, Sohn des Varronianus, eines Bewohners der Gegend von Singidunum in der Provinz Pannonien, regierte acht Monate. (2)

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crebros amitteret, praeceptum somnio est, eum, qui iam instante uxoris partu edendus foret, diceret Iovianum. (3) hic fuit insignis corpore, laetus ingenio, litterarum studiosus. (4) hic a Perside hieme aspera mediaque Constantinopolim accelerans cruditate stomachi, tectorio novi operis gravatus repente interiit, annos gerens proxime XL. 45. (1) Valentinianus imperavit annos XII minus diebus centum. (2) huius pater Gratianus, mediocri stirpe ortus apud Cibalas, Funarius appellatus est eo, quod venalicium funem portanti quinque milites nequirent extorquere. (3) eo merito ascitus in militiam usque ad praefecturae praetorianae potentiam conscendit; ob cuius apud milites commendationem Valentiniano imperium resistenti oggeritur. (4) hic Valentem, consanguineum suum, sibi socium in imperio ascivit ac demum Gratianum filium necdum plene puberem hortatu socrus et uxoris Augustum creavit. (5) hic Valentinianus fuit vultu decens, sollers ingenio, animo gravis, sermone cultissimus, quamquam esset ad loquendum parcus, severus, vehemens, infectus vitiis maximeque avaritiae, cuius cupitor ipse fuit acer, et in his, quae memoraturus sum, Hadriano proximus: (6) pingere venustissime, meminisse, nova arma meditari, fingere cera seu limo simulacra, prudenter uti locis temporibus sermone, atque, ut breviter concludam, si ei foedis hominibus, quis sese quasi fidissimis prudentissimisque dederat, carere aut probatis eruditisque monitoribus uti licuisset, perfectus haud dubie princeps enituisset. (7) huius tempore Firmus apud Mauritaniam regnum invadens exstinguitur. (8) Valentinianus apud Bergentionem legationi Quadorum respondens, 4 Constantinopolim accelerans Frec. 2,4,12 (637,22 sq.) 7–11 huius – oggeritur Paul. 11,1 (151,6-11), Land. 12,2 (308,19-309,4) 13 sq. Gratianum – creavit Paul. 11,1 (152,1 sq.), Land. 12,2 (309,16 sq.) 14–16 fuit – avaritiae Paul. 11,6 (153,16-19), Land. 12,9 (315,3-6) 17–22 acer – enituisset Paul. 11,6 (154,2-8), Land. 12,9 (315,713) 24–220,1 Quadorum – quinquagesimo Paul. 11,5 (153,10 sq.)

1 crebros ACGFHEJBMX : crebro Z, Land., variant Pauli codd. (frequenter λ) 3 hic ... accelerans GFHEZJ : hic dum ... accelerans ACBMX (hic dum ... festinaret λ) 4 cruditate ACGFHEBMp.c. : crudelitate ZJMa.c.X 8 funem ACGFHEZJMp.c., Paul. ρ : furem BMa.c.X 9 nequirent ACGFHEZJMX : nequierent B : nequierint Paul. : nequiuerint Land. | militiam codd. : militia Land., variant Pauli codd. 14–19 hic – sermone om. λ 15 esset GFH, Paul. Land. : enhaesit A : haesit C : hesit EZJ : enim sit B : enim MX 16 infectus μ, Land.p.c. : infestus Paul. Land.a.c. : infestus tamen MX 17 cupitor codd. : punitor Abstemius | et codd. : om. Paul. Land. | memoraturus AGFHJBMX : memoratus CEZ, Land., variant Pauli codd. | adriano codd. : adrianoque Paul. Land.

Text und Übersetzung

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Seinem Vater wurde, nachdem er viele Kinder verloren hatte, im Traum befohlen, denjenigen Sohn, der bei der schon bevorstehenden Niederkunft seiner Frau geboren werden sollte, Jovian zu nennen. (3) Dieser war auffallend groß, angenehm von Charakter und bildungsbeflissen. (4) Als er mitten im harten Winter von Persien nach Konstantinopel eilte, starb er plötzlich an einer Verdauungsstörung und einer Vergiftung durch die Tünche eines neuen Gebäudes etwa in seinem vierzigsten Lebensjahr. 45. (1) Valentinian regierte zwölf Jahre abzüglich hundert Tage. (2) Sein Vater Gratian, der von bescheidener Herkunft in Cibalae war, wurde „Seiler“ genannt, weil fünf Soldaten nicht in der Lage waren, ihm ein Seil zu entreißen, das er zum Verkauf trug. (3) Aufgrund dieses Verdienstes wurde er in den Militärdienst aufgenommen und stieg bis zum Amt eines praefectus praetorio auf; wegen der Empfehlung durch seinen Vater bei den Soldaten wurde Valentinian die Herrschaft trotz seines Widerstandes angetragen. (4) Er nahm sich seinen Bruder Valens als Mitregenten hinzu und ernannte schließlich seinen Sohn Gratian, der noch nicht ganz erwachsen war, auf Anraten seiner Schwiegermutter und seiner Ehefrau zum Augustus. (5) Valentinian war schön von Angesicht, erfinderisch im Geist, ernst von Charakter, sehr kultiviert im Gespräch, obwohl er ein Mann von wenigen Worten war, streng, aufbrausend, mit Fehlern behaftet, vor allem mit dem der Habgier, der er leidenschaftlich anhing, und in dem, was ich im folgenden berichten werde, dem Hadrian sehr ähnlich: (6) er malte sehr anmutig, hatte ein gutes Gedächtnis, dachte über neue Waffen nach, schuf Abbilder aus Wachs oder Ton, nutzte klug Orte, Zeiten, Gespräch; und, um es kurz zu machen, wenn es ihm möglich gewesen wäre, auf die unwürdigen Menschen zu verzichten, denen er sich als vermeintlich sehr verlässlichen und klugen anvertraut hatte, und sich erfahrener und fähiger Berater zu bedienen, hätte er sich zweifellos als perfekter Princeps hervorgetan. (7) Zu seiner Zeit riss Firmus in Mauretanien die Herrschaft an sich und wurde vernichtet. (8) Als Valentinian in Brigetio einer Gesandtschaft der Quaden antwortete, starb er in seinem fünf-

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anno aevi quinto et quinquagesimo impetu sanguinis voce amissa sensu integer exspiravit. (9) quod quidem intemperantia cibi ac saturitate, qua artus diffuderat, accidisse plures retulere. (10) itaque eo mortuo Valentinianus adhuc quadriennis auctore Equitio ac Merobaude e propinquo, ubi cum matre fuerat, allatus creatur imperator. 46. (1) Valens una cum Valentiniano germano suo, de quo diximus, regnavit annos XIII, menses V. (2) hic Valens cum Gothis lacrimabili bello commisso sagittis saucius in casa deportatur vilissima; ubi supervenientibus Gothis igneque supposito incendio concrematus est. (3) in quo probanda haec fuere: fuit possessoribus consultor bonus, mutare iudices rarius, in amicos fidus, irasci sine noxa ac periculo cuiusquam, sane valde timidus. (4) huius temporibus Procopius tyrannidem invadens exstinguitur. 47. (1) Gratianus genitus Sirmii imperavit cum patre Valentiniano annos VIII, dies LXXXV, cum patruo et fratre tres, cum eodem fratre ac Theodosio quattuor, et his omnibus accedente Arcadio menses sex. (2) hic apud Argentariam, oppidum Galliae, XXX Alamannorum in bello exstinxit. (3) hic cum animadvertisset Thraciam Daciamque tamquam genitales terras possidentibus Gothis Taifalisque atque omni pernicie atrocioribus Hunnis et Alanis extremum periculum instare nomini Romano, accito ab Hispania Theodosio cunctis faventibus degenti annum a 1–3 voce – retulere Paul. 11,5 (153,12-15), Land. 12,8 (314,23-27) 3 itaque – mortuo Land. 12,9 (315,13 sq.) 6 sq. Valens – V Land. 12,16 (323,15-17) 6 una – Valentiniano Land. 12,10 (316,1) 7 sq. cum – commisso Oros. 7,33,13, Paul. 11,11 (156,5) 7–9 lacrimabili – est Iord. Rom. 314, Iord. Get. 138 8 sq. sagittis – est Oros. 7,33,15 8 sq. in – est Paul. 11,11 (156,11 sq.), Land. 12,16 (323,13 sq.) 9–12 in – timidus Land. 12,17 (323,18-20) 14 genitus Sirmii Land. 12,24 (329,7) 18–21 cum – Romano Paul. 11,14 (158,3-6), Land. 12,18 (325,4-7) 21–222,1 accito – committit Paul. 11,14 (158,8-11) 21 accito – Theodosio Land. 12,19 (325,14 sq.) 21–222,1 cunctis – tertium Land. 12,20 (326,21 sq.) 2 saturitate Mp.c. cum Pauli cod. Ambros. C 72 inf. : securitate μ cum cett. codd. Pauli, Land. : securitatem Ma.c.X 3 retulere Pauli codd. MN : detulere codd., Pauli codd. AH, Land. 4 e ACFHEa.c.ZJB, Land. : om. GEp.c.MX (de λ) 9 igneque μ, Land. : ignique MX, Paul. 10 consultor codd. : cultor Land. 14 sirmii Schott : syrmii Land. : sirmi ACMX : syrmi GFH : sermi B : syrmio EZJ (in sirmio λ) 15 ac ACBMX : et GFHEZJ, λ 17 XXX alamannorum μ : triginta milia alamannorum λ : XXX alamannorum MX : XXX alamannorum milia Abstemius 20 sq. periculum – Romano codd. : Romano nomini periculum instare Paul. : Romano imperio omni periculum instare Land. (ad periculum esset Romano imperio λ) 21 accito – Theodosio μMp.c. : accitum ... Theodosium BMa.c.X

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undfünfzigsten Lebensjahr durch einen Schlaganfall mit Verlust der Stimme bei vollem Bewusstsein. (9) Viele sagten allerdings, dass dies durch unmäßiges Essen und die Übersättigung, durch die er seinen Leibesumfang ausgedehnt hatte, eingetreten sei. (10) So wurde nach seinem Tod der erst vierjährige Valentinian (II.) auf Veranlassung von Equitius und Merobaudes von einem nahegelegenen Ort, an dem er mit seiner Mutter gewesen war, herbeigebracht und zum Kaiser gemacht. 46. (1) Valens regierte zusammen mit seinem Bruder Valentinian, den wir bereits erwähnt haben, dreizehn Jahre und fünf Monate. (2) Als ein beklagenswerter Krieg mit den Goten geführt wurde, wurde Valens, von Pfeilen verwundet, in eine sehr ärmliche Hütte getragen; dort überfielen ihn die Goten, legten ein Feuer, und er verbrannte in den Flammen. (3) Er hatte folgende lobenswerte Eigenschaften: er wachte sorgfältig über die Interessen der Besitzer, wechselte recht selten die Statthalter aus, war treu gegenüber seinen Freunden; sein Zorn war ohne Schaden und Gefahr für irgend jemanden; freilich war er sehr ängstlich. (4) Zu seiner Zeit riss Procopius unrechtmäßig die Herrschaft an sich und wurde vernichtet. 47. (1) Gratian, geboren in Sirmium, regierte mit seinem Vater Valentinian acht Jahre und fünfundachtzig Tage lang, mit seinem Onkel und seinem Bruder drei Jahre, mit demselben Bruder und Theodosius vier Jahre und mit Arcadius, der zu allen diesen hinzukam, sechs Monate. (2) Bei Argentaria, einer Stadt in Gallien, tötete er dreißigtausend Alamannen im Kampf. (3) Als er erkannte, dass der Gesamtheit der Römer äußerste Gefahr drohte, da die Goten und Taifalen Thrakien und Dacia besetzt hielten, als ob es ihre Ursprungsländer seien, und die Hunnen und Alanen mit jeder Art von Plage noch schrecklicher waren, da ließ er Theodosius, der sich in seinem dreiunddreißigsten Lebensjahr

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tricesimo tertium imperium committit. (4) fuit autem Gratianus litteris haud mediocriter institutus: carmen facere, ornate loqui, explicare controversias rhetorum more; nihil aliud die noctuque agere quam spiculis meditari summaeque voluptatis divinaeque artis credere ferire destinata. (5) parcus cibi somnique et vini ac libidinis victor; cunctisque esset plenus bonis, si ad cognoscendam rei publicae gerendae scientiam animum intendisset, a qua prope alienus non modo voluntate, sed etiam exercitio fuit. (6) nam dum exercitum neglegeret et paucos ex Alanis, quos ingenti auro ad se transtulerat, anteferret veteri ac Romano militi adeoque barbarorum comitatu et prope amicitia capi ⟨ 〉, ut nonnumquam eodem habitu iter faceret, odia contra se militum excitavit. (7) hoc tempore, cum Maximus apud Britanniam tyrannidem arripuisset et in Galliam transmisisset, ab infensis Gratiano legionibus exceptus Gratianum fugavit nec mora exstinxit. qui vixit annos XXVIIII. 48. (1) Theodosius genitus patre Honorio, matre Thermantia, genere Hispanus, originem a Traiano principe trahens, a Gratiano Augusto apud Sirmium imperator effectus regnavit annos XVII. (2) huic ferunt nomen somnio parentes monitos sacravisse, ut Latine intellegimus, a deo datum. (3) de hoc etiam oraculo in Asia divulgatum est eum Valenti successurum, cuius nomen Θ et Ε et Ο atque Δ Graecis litteris initiaretur. (4) qua cognatione principii deceptus Theodorus, cum sibi imperium deberi praesumeret, scelestae cupidinis supplicia persolverat. (5) fuit autem Theodosius propagator rei publicae atque defensor eximius. 1–8 fuit – fuit Paul. 11,17 (160,18-161,4), Land. 12,24 (329,7-14) 8–11 dum – excitavit Paul. 11,16 (160,7-11), Land. 12,23 (328,14-18) 14 XXVIIII Paul. 11,16 (160,13 sq.), Land. 12,23 (329,3) 15 genitus – Thermantia Paul. 12,1 (162,2), Land. 13,1 (330,2) 16 sq. a2 – XVII Iord. Rom. 315 17 imperator – XVII Marcell. chron. a. 395,1 17–23 huic – eximius Paul. 12,5 (165,1-7) 17–19 huic – datum Land. 13,17 (342,4 sq.) 23 fuit – eximius Land. 13,17 (342,5 sq.) 23–224,3 propagator – vindicabat Iord. Rom. 315 sq. 23 propagator – publicae Oros. 7,34,3 2 sq. controversias EZJMX, Paul. Land. : controversa ACGFHB 6 gerendae BMX, Paul. Land. : regendae ACGFHEZJ 10 capi ⟨ 〉 Pich. duce Opitz, qui capi ⟨coepisset〉 : caperetur Pauli cod. Ambros. C 72 inf. p.c. : capi ⟨videretur〉 Stein 14 XXVIIII ACFHEZJBMX, λ : XXVIII G : novem et viginti Paul. (bicesimo nono Land.) : XXIV dub. Arntzen 15 honorio codd. : theodosio Paul. Land. 18 sq. ut – datum codd. : quod in latinum a deo datum potest intellegi Paul. Land. 20 post nomen deest E | Θ ACGFHZJ, Paul. : Θ theta B : e theta Ma.c.X : a theta Mp.c. | et1 – Ο ACGFHZJ : et eo BMa.c. : et ab eo Mp.c. : et e. o. X : EO Paul. | atque Δ μ, Paul. : atque a MX | graecis codd. : om. Paul. 21 cognatione μ : cognitione MX, Paul. 22 persolverat ACGFHB : persolvit ZJ, Paul. : perseverat MX

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befand, aus Spanien kommen und vertraute ihm mit Billigung aller das Imperium an. (4) Gratian war außerordentlich gebildet: er verfasste Gedichte, er war ein glänzender Redner, er erörterte Streitfragen nach Art der Rhetoren; Tag und Nacht tat er nichts anderes, als sich im Bogenschießen zu üben, und glaubte, dass es eine Sache höchsten Vergnügens und göttlicher Kunst sei, das Ziel zu treffen. (5) Er war zurückhaltend bei Nahrung, Schlaf und Wein und besiegte das sexuelle Verlangen; und er wäre mit allen guten Eigenschaften ausgestattet gewesen, wenn er seinen Geist auf das Verständnis der Staatsführung gerichtet hätte, die ihm nicht nur aufgrund fehlenden Willens, sondern auch aufgrund fehlender praktischer Erfahrung nahezu fremd war. (6) Denn da er das Heer vernachlässigte und den altgedienten römischen Soldaten einige der Alanen vorzog, die er durch Zahlung von viel Gold an sich gebunden hatte, und da er in solchem Grade durch den Umgang und beinahe die Freundschaft mit den Barbaren eingenommen war (?), dass er sich manchmal in der gleichen Tracht auf dem Marsch befand, erregte er den Hass der Soldaten gegen sich. (7) Zu dieser Zeit wurde Maximus, nachdem er in Britannien unrechtmäßig die Herrschaft an sich gerissen hatte und nach Gallien übergesetzt war, von den dem Gratian feindlichen Legionen empfangen, schlug Gratian in die Flucht und tötete ihn unverzüglich. Gratian lebte neunundzwanzig Jahre. 48. (1) Theodosius, Sohn des Honorius und der Thermantia, von spanischer Herkunft und seinen Ursprung vom Princeps Trajan herleitend, wurde von Gratianus Augustus in Sirmium zum Imperator ernannt und regierte siebzehn Jahre. (2) Man sagt, dass seine Eltern in einem Traum ermahnt worden seien, ihm den heiligen Namen zu geben, den wir auf Lateinisch mit „von Gott gegeben“ übersetzen. (3) Darüber wurde auch durch ein Orakel in Asia verbreitet, dass derjenige auf Valens folgen werde, dessen Name mit den griechischen Buchstaben Θ, Ε, Ο und Δ beginne. (4) Durch diese Übereinstimmung des Namensanfangs wurde Theodorus getäuscht und hatte, weil er sich anmaßte, dass ihm die Herrschaft zustünde, sein verbrecherisches Streben mit der Todesstrafe bezahlt. (5) Theodosius war ein ausgezeichneter Mehrer und Verteidiger des Staates. Denn die Hunnen und Goten, die diesem

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nam Hunnos et Gothos, qui eam sub Valente defatigassent, diversis proeliis vicit. cum Persis quoque petitus pacem pepigit. (6) Maximum autem tyrannum, qui Gratianum interfecerat et sibi Gallias vindicabat, apud Aquileiam exstinxit Victoremque eius filium intra infantiae annos a Maximo patre Augustum factum necavit. (7) Eugenium quoque tyrannum atque Arbogasten superavit deletis eorum decem milibus pugnatorum. hic etenim Eugenius confisus viribus Arbogastis, postquam apud Viennam Valentinianum exstinxerat, regnum invasit; sed mox simul cum vita imperium perdidit. (8) fuit autem Theodosius moribus et corpore Traiano similis, quantum scripta veterum et picturae docent: sic eminens status, membra eadem, par caesaries, os absque eo, quod illi aliquantum vellendo steriles genae neque tam ingentes oculi erant, nescio an et tanta gratia tantusque flos in facie seu tanta dignitas in incessu. (9) mens vero prorsus similis, adeo ut nihil dici queat, quod non ex libris in istum videatur transferri: clemens animus, misericors, communis, solo habitu differre se ceteris putans; in omnes homines honorificus, verum effusius in bonos; simplicia ingenia aeque diligere, erudita mirari, sed innoxia; largiri magno animo magna; amare cives, vel privato contubernio cognitos, eosque honoribus pecunia beneficiis ceteris munerari, praesertim quorum erga se vel patrem aspero casu officia probaverat. (10) illa tamen, quibus Traianus aspersus est, vinolentiam scilicet et cupidinem triumphandi, usque eo detestatus, ut bella non moverit, sed invenerit, prohibueritque lege ministeria lasciva psaltriasque comissationibus adhiberi, tantum pudori tribuens et continentiae, ut consobrinarum nuptias vetuerit tamquam sororum. (11) litteris, si nimium perfectos contemplemur, mediocriter doctus; sagax plane multumque diligens ad noscenda maiorum gesta. (12) e quibus

5–9 Eugenium – perdidit Iord. Rom. 317 7 Eugenius – Arbogastis Marcell. chron. a. 391,3 8 Valentinianum exstinxerat Marcell. chron. a. 392,1 9–226,23 fuit – regebat Paul. 12,5 (165,7-167,1), Land. 13,17-18 (342,5-344,2)

4 victoremque μ : victorem quoque MX 5 augustum redit I 7 confisus – Arbogastis om. B 10 picturae docent CGFHZJB, Land. : picturaedocent AI, variant Pauli codd. 17 verum ACGFHZJ, Paul. Land. : verus BI 20 munerari BI, Paul. Land. : munerare ACGFHZJ 24 comissationibus Schott : commessationibus ACZJBI, Paul. : comesationibus GFH, Land. 24 sq. post continentiae deest H

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unter Valens schwer zugesetzt hatten, besiegte er in verschiedenen Schlachten; auch mit den Persern schloss er auf ihre Bitten hin Frieden. (6) Den Usurpator Maximus aber, der Gratian ermordet hatte und Gallien für sich beanspruchte, brachte er bei Aquileia um und tötete dessen Sohn Victor, der noch in Kinderjahren von seinem Vater Maximus zum Augustus gemacht worden war. (7) Er besiegte auch den Usurpator Eugenius und Arbogast, indem er ihre zehntausend Kämpfer vernichtete. Denn Eugenius verließ sich auf die Streitkräfte Arbogasts, nachdem er Valentinian in Vienne ermordet hatte, und bemächtigte sich der Herrschaft; aber bald darauf verlor er zugleich sein Leben und das Imperium. (8) Theodosius aber war hinsichtlich seines Charakters und seiner körperlichen Erscheinung dem Trajan ähnlich, soweit uns die Schriften der Alten und die Bilder lehren: die gleiche erhabene Haltung, die gleiche Gestalt, das gleiche Haupthaar, das gleiche Gesicht abgesehen davon, dass Trajan durch Enthaarung ziemlich glatte Wangen hatte, dass seine Augen nicht so groß waren und dass vielleicht auch seine Anmut und die Frische in seinem Gesicht nicht so groß war und in seinem Gang nicht eine so große Würde lag. (9) Sein Charakter aber war ganz ähnlich und zwar so sehr, dass man nichts sagen kann, was nicht aus den Büchern auf Theodosius übertragen zu werden scheint: Sein Gemüt war mild, mitleidig, freundlich, er war der Meinung, dass er sich nur durch Kleidung von den anderen unterschied; er erwies allen Menschen Ehren, aber in besonderem Maße den Guten; in gleicher Weise schätzte er natürliche Talente, gebildete bewunderte er, sofern sie harmlos waren; er machte großherzig großzügige Geschenke; er liebte die Bürger, besonders diejenigen, die er durch privaten Umgang kannte, und beschenkte sie mit Ehren, Geld und sonstigen Wohltaten, vor allem diejenigen, deren Dienste für ihn selbst oder seinen Vater er in harter Not erprobt hatte. (10) Jene Fehler aber, durch die Trajans Ruhm befleckt wurde, nämlich die Trunkenheit und die Begierde zu triumphieren, verabscheute er in solchem Maße, dass er Kriege nicht provozierte, sondern vorfand, und es durch ein Gesetz untersagte, unzüchtiges Personal und Zitherspielerinnen bei Trinkgelagen heranzuziehen; dabei wies er Schamgefühl und Anstand so viel Bedeutung zu, dass er Ehen mit Kusinen ersten Grades verbot, so wie die mit Schwestern. (11) In der Literatur war er, wenn wir darin höchst vollkommene Männer betrachten sollten, mittelmäßig gebildet; aber er war äußerst klug und sehr darauf bedacht, die Taten der Vorfahren kennenzulernen. (12) Von diesen hörte er nicht auf, diejenigen

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non desinebat exsecrari, quorum facta superba crudelia libertatique infesta legerat, ut Cinnam Marium Syllamque atque universos dominantium, praecipue tamen perfidos et ingratos. (13) irasci sane rebus indignis, sed flecti cito; unde modica dilatione emolliebantur aliquando severa praecepta. (14) habuitque a natura, quod Augustus a philosophiae doctore. (15) qui cum vidisset eum facile commoveri, ne asperum aliquid statueret, monuit, ubi irasci coepisset, quattuor atque viginti Graecas litteras memoria recenseret, ut illa concitatio, quae momenti est, mente alio traducta parvi temporis interiectu languesceret. (16) melior haud dubie, quod est rarae virtutis, post auctam annis potentiam regalem multoque maxime post civilem victoriam. (17) nam et annonae curam sollicitius attendere et auri argentique grande pondus sublati atque expensi a tyranno multis e suo restituere, cum benigni principum, et quidem vix, fundos solerent nudos ac deformata praedia concedere. (18) iam illa minutiora et, ut dicitur, intra aulam, quae, quia occulta sunt, magis naturae hominum curiosae oculos auresque ad se trahunt: patruum colere tamquam genitorem, fratris mortui sororisque liberos habere pro suis, cognatos affinesque parentis animo complecti; elegans laetumque convivium dare, non tamen sumptuosum, miscere colloquia pro personis studiο dignitatibus sermone cum gravitate iocundo; blandus pater, concors maritus. (19) exercebatur neque ad illecebram neque ad lassitudinem; ambulationibus magis, cum esset otium, reficiebat animum ac vescendi continentia valetudinem regebat; sicque in pace rebus humanis annum agens quinquagesimum apud Mediolanum excessit utramque rem publicam utrisque filiis, id est Arcadio et Honorio, quietam relinquens. (20) corpus eius eodem anno Constantinopolim translatum atque sepultum est. 23–27 sicque – est Paul. 12,8 (167,15-19) 23–26 in – relinquens Iord. Rom. 318 24 annum – quinquagesimum Land. 13,16 (342,3) 24–27 apud – est Frec. 2,4,28 (662,47-49) 24 apud – excessit Marcell. chron. a. 395,1 25 sq. utramque – relinquens Oros. 7,35,23 26 sq. corpus – est Marcell. chron. a. 395,2, Iord. Rom. 318 4 flecti cito codd. : subito flecti Paul. Land. | emolliebantur codd., Paul. : emolliebatur Mp.c., Land. 5 habuitque – natura μ : habuitque a naturae munere Paul. Land. : habuit de linio vel quae natura I 10 post dubie deest I 13 tyranno codd. : tyrannis Paul. Land. 13 sq. et quidem codd. : equidem Land. 15 quae quia μMX, Land. : quae quidem KO : quae quidem quia Schott 20 studiο Paul. Land. : studia codd. sermone ACGFBMX, Paul. : sermonem ZJ, Land. | iocundo ACGFBMX, Paul. Land. : iucunda ZJ 25 id est codd., Frec. : om. Paul.

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zu verfluchen, von deren hochmütigen, grausamen und gegenüber der Freiheit feindlichen Taten er gelesen hatte, wie Cinna, Marius und Sulla sowie alle Tyrannen, besonders aber die treulosen und undankbaren. (13) Freilich geriet er in Zorn über unwürdige Handlungen, ließ sich aber schnell umstimmen; daher wurden strenge Anordnungen manchmal durch eine leichte Verzögerung gemildert. (14) Er besaß von Natur aus, was Augustus von seinem Lehrer der Philosophie hatte. (15) Als dieser sah, dass Augustus leicht in Zorn geriet, ermahnte er ihn, damit er nicht eine harte Entscheidung traf, die vierundzwanzig griechischen Buchstaben im Geiste durchzugehen, sobald er zornig zu werden begann, damit jene Leidenschaft, die Sache eines Augenblicks ist, sich beruhigte, indem sein Geist durch eine kurzzeitige Unterbrechung in eine andere Richtung gelenkt wurde. (16) Theodosius war, was Zeichen einer seltenen Tugend ist, zweifellos besser, nachdem seine kaiserliche Macht im Laufe der Jahre zugenommen hatte, und am allermeisten nach seinem Sieg im Bürgerkrieg. (17) Denn er achtete noch gewissenhafter auf die Getreideversorgung und gab vielen Menschen aus eigenen Mitteln eine große Menge an Gold und Silber zurück, das vom Usurpator beschlagnahmt und ausgegeben worden war, während selbst die großzügigen Principes nacktes Land und heruntergekommene Güter zu gewähren pflegten, und zwar mit Mühe. (18) Schließlich jene kleinen und, wie man sagt, hinter den Palastmauern befindlichen Dinge, die, weil sie verborgen sind, noch mehr die Augen und Ohren der neugierigen Menschennatur auf sich ziehen: er verehrte den Onkel wie einen Vater, er sah die Kinder seines toten Bruders und seiner Schwester als die seinigen an, seine Blutsverwandten und Verschwägerten liebte er mit dem Herzen eines Vaters, er führte eine geschmackvolle und fröhliche Tafel, die aber trotzdem nicht kostspielig war, er variierte durch eine mit Ernst verbundene heitere Rede die Gespräche entsprechend den Personen, dem Interesse, den Stellungen; er war ein zärtlicher Vater, ein liebevoller Ehemann. (19) Seine körperlichen Übungen dienten weder dem Vergnügen, noch gingen sie bis zur Erschöpfung; er entspannte seinen Geist eher durch Spaziergänge, wenn er Muße hatte, und sorgte für seine Gesundheit durch Mäßigung beim Essen. So verließ er in Mailand diese Welt in Frieden in seinem fünfzigsten Lebensjahr und hinterließ jedem seiner beiden Söhne, d. h. Arcadius und Honorius, einen der zwei Reichsteile in einem ruhigen Zustand. (20) Sein Leichnam wurde noch im selben Jahr nach Konstantinopel überführt und begraben.

Kommentar 1. (2) ab Aenea Die mythologische Herleitung von Augustus’ Herkunft zeigt laut Schlumberger, Epitome 18 Anm. 5 und 22 Anm. 16 die Bedeutung Vergils für den Verfasser der verlorenen Vorlage der Epitome de Caesaribus. (3) iste Der häufige Gebrauch der Pronomina iste und hic an Satzanfängen in der Epitome de Caesaribus hat zu der Vermutung geführt, dass der Wechsel zwischen den verschiedenen Pronomina auf einen Wechsel der Quelle hindeute 1, wobei in den ersten elf Kapiteln iste auf Exzerpte aus Aurelius Victor, hic auf Zusätze aus Sueton verweise. 2 Diese Theorie wurde von Schlumberger, Epitome 69–71 überzeugend widerlegt, u. a. mit dem Verweis auf iste in Epit. Caes. 1,3, da an dieser Stelle Aurelius Victor nicht die Vorlage bildet. Der Wechsel von iste und hic zeigt laut Schlumberger, Epitome 71 lediglich, dass der Epitomator die Abfolge seiner Vorlage verlassen hat. Festy, Abrégé XLIII empfiehlt eine sorgfältige Berücksichtigung der Demonstrativpronomina in der Textanalyse, da diese zwar nicht unbedingt einen Quellenwechsel anzeigten, aber möglicherweise einen neuen Abschnitt in der EKG. (8) creandique regis Festy, Abrégé 61 Anm. 7 weist zu Recht darauf hin, dass der Epitomator sonst nie ein Gerundium mit Akkusativobjekt konstruiert, was gegen die Varianten reges und regem spricht. Der Plural ist zudem historisch falsch (vgl. Suet. Aug. 21,3 Parthi … obsidesque insuper optulerunt, denique pluribus quondam de regno concertantibus non nisi ab ipso electum probaverunt.). Angesichts der zahlreichen historischen Schnitzer des Epitomators ist dieses Argument allerdings nicht ausschlaggebend. (9) Indi – Aethiopes Laut Schlumberger, Epitome 22 Anm. 14 ist die Aufzählung der Völker aus vier Himmelsrichtungen von Verg. Aen. 6, 794–800 beeinflusst. (10) adeoque denique – bellum indixerit Der Satz weist einige der stilistischen Eigenheiten des Epitomators auf. Dieser pflegt einen von Sallust beeinflussten rhetorischen Stil, der sich u. a. in oft dreigliedrigen Asyndeta (turbas bella simultates) niederschlägt, vgl. Schlumberger, Cohn, Quibus ex fontibus 28. Wölfflin, Aurelius Victor 295–99, ders., Pronomina demonstrativa 356–58 und ders., Latinität 448. 1 2

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Epitome 60 Anm. 202. Häufig verwendet er außerdem mit ut eingeleitete Konsekutivsätze, die oft auf ein vorhergehendes adeo folgen. Laut Galdi, Remarks 928 dient dieses Muster dazu, einzelne Elemente der Kaiserbiographie zu betonen. Dabei liege eine bewusste Abwandlung der syntaktischen Struktur der Vorlage Suet. Aug. 25,4 (proelium quidem aut bellum suscipiendum omnino negabat, nisi cum maior emolumenti spes quam damni metus ostenderetur) vor. ob lauream coronam Die häufige Verwendung von ob anstelle von propter in der Epitome ist laut Wölfflin, Epitome 449 durch Aurelius Victor beeinflusst, der sich seinerseits im Gebrauch dieser Präposition an Tacitus anlehnt. Zur Verwendung des Präpositionalausdrucks ob lauream coronam neben dem Ablativus causae ardore triumphandi vgl. G. Sörbom, Variatio sermonis Tacitei 85 (dort wird u.a. angeführt Germ. 18 non libidine, sed ob nobilitatem und Hist. 1,63 non ob praedam aut spoliandi cupidine) und H.-Sz. 817 f. (11) satis – geretur Vgl. das bekannte Dictum Suet. Aug. 25,4 (sat celeriter fieri quidquid fiat satis bene) mit Kasters Testimonienapparat sowie Augustus fr. 32 Malcovati (= 268 F Bringmann) 1. (12) maioris emolumenti spe Bei der als Vorbild dienenden Stelle Suet. Aug. 25,4 (s. zu 1,10 adeoque denique – bellum indixerit) liegt ein eindeutiger Vergleich vor, der vom Epitomator unter Abwandlung der grammatischen Struktur gekürzt wird 2. ne – potest Auch hier hat der Epitomator die suetonische Vorlage (Aug. 25,4 nam minima commoda non minimo sectantis discrimine similes aiebat esse aureo hamo piscantibus, cuius abrupti damnum nulla captura pensari posset) gekürzt. Dabei verwendet er ein parallel konstruiertes Asyndeton compendio tenui, iactura gravi. In dem Ausdruck petita victoria similis sit hamo aureo piscantibus liegt das Phänomen der sog. comparatio compendiaria vor, bei der der erste Begriff nicht mit dem Baldwin, Epitome 85 Anm. 17 schlägt vor, Epit. Caes. 1,10 iactantisque esse ingenii et levissimi dicebat ardore triumphandi et ob lauream coronam, id est folia infructuosa, in discrimen per incertos eventus certaminum securitatem civium praecipitare unter die Zeugnisse für Aussprüche des Augustus aufzunehmen, da diese Partie eine Erweiterung gegenüber dem bei Sueton Gesagten darstellt. 2 Wenn hier und im folgenden von Änderungen der grammatischen Struktur die Rede ist, die der Epitomator gegenüber Sueton vornimmt, ist damit keine Stellungnahme hinsichtlich der direkten Quellenabhängigkeit verbunden. Grundsätzlich ist es immer möglich, dass derartige Änderungen bereits in einer verlorenen Vorlage der Epitome vorkamen. 1

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zweiten Begriff, sondern mit dem Nomen verglichen wird, das im Deutschen im Genitiv steht, vgl. K.-St. 2,566 f. und H.-Sz. 826. (13) fluvium Diese Ergänzung findet sich bei Landolfus und in der vulgärlateinischen Fassung. Sie gehört zu der Gruppe von Zusätzen, die ausschließlich aus der indirekten Überlieferung stammen, vgl. Festy, Abrégé LXXIX Anm. 151 und Bleckmann, Epitome 141. Der Epitomator bedient sich auch sonst dieser Ausdrucksweise: mons Vesuvius 10,12; Euphrate fluvio 24,2; Tauri montis 42,17. Zur Zuverlässigkeit der Zusätze aus der indirekten Überlieferung vgl. Einl., S. 110. (15) denique – versatus est Die syntaktische Struktur der Vorlage Suet. Aug. 51,1 (clementiae civilitatisque eius multa et magna documenta sunt) ist so geändert, dass der Kaiser das grammatische Subjekt bildet. (16) in amicos – Agrippa Vgl. Sueton Aug. 66, 3 (desideravit enim nonnumquam, ne de pluribus referam, et M. Agrippae patientiam et Maecenatis taciturnitatem, cum ille ex levi frigoris suspicione et quod Marcellus sibi anteferretur, Mytilenas se relictis omnibus contulisset, hic secretum de comperta Murenae coniuratione uxori Terentiae prodidisset.). Bezüglich der Einschätzung des Maecenas und Agrippa hat der Epitomator also Sueton missverstanden, vgl. Festy, Abrégé 63 Anm. 14 und Kaster im Testimonienapparat zur Suetonstelle. Flaccumque poetas Auch hier handelt es sich um einen bereits von Opitz, Quaestionum 276 für echt gehaltenen Zusatz aus der indirekten Tradition, s. Komm. zu 1,13 fluvium. rarus – constantissimus Die Vorlage Suet. Aug. 66,1 (amicitias neque facile admisit et constantissime retinuit) erscheint hier durch einen Chiasmus variiert. (17) legeret scriberet declamaret Zum dreifachen Asyndeton s. Komm. zu 1,10 adeoque denique – bellum indixerit. (19) urbem – marmoream Das in Suet. Aug. 28,3 (urbem … excoluit adeo ut iure sit gloriatus marmoream se relinquere, quam latericiam accepisset.) in indirekter Rede wiedergegebene Dictum erscheint hier in direkter Rede und mit chiastischer Struktur, vgl. Schlumberger Epitome 25 Anm. 28. Festy, Abrégé 63 Anm. 17 weist darauf hin, dass auch Cass. Dio 56,30,3 (τέλοϲ ἔφη ὅτι τὴν Ῥώμην γηίνην παραλαβὼν λιθίνην ὑμῖν καταλείπω) die direkte Rede hat. Zu den Gemeinsamkeiten zwischen Cass. Dio und der Epitome vgl. Festy, En Éditant 157 f. und Abrégé XXII f. Die Form der direkten Rede entspricht dem Hang des Epitomators zur Personalisierung und Dramatisierung seiner Erzählung.

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(20) fuit – lepidi Wie öfters ist die Vorlage (Aur. Vict. 1,4 mores viro civiles 1 lepidique) syntaktisch so variiert, dass der Kaiser das Subjekt bildet. quorum aciem – vibrans Die Ausdrucksweise hat trotz inhaltlicher Anklänge weder bei Suet. Aug. 79,2 (oculos habuit claros ac nitidos) noch bei der von Servius zu Verg. Aen. 8,680 berichteten Anekdote (Augustus igneos oculos habuisse dicitur) eine direkte sprachliche Entsprechung. Sie besitzt dadurch einen poetischen Klang, dass der Blick der Augen mit dem Glanz der Sterne verglichen wird 2. (22) cumque – abstinens Festy übersetzt: „Très sobre de nourriture et de vin et capable jusqu’ à un certain degré de se priver de sommeil …“. Dies entspricht dem Bericht Suet. Aug. 76,1 (cibi … minimi erat atque vulgaris fere.) und 77 (vini quoque natura parcissimus erat.) Schlumberger, Epitome 27 spricht vom „Bericht über des Kaisers zu reiches Essen und Trinken“. Er hat offenbar esset als Form von ederet (vgl. K.-H. 808 f.) verstanden. Die Abfolge des Gedankengangs und vor allem das folgende serviebat tamen lässt diese Deutung schwierig erscheinen. Schlumbergers Beobachtung, dass der Epitomator die negativen Eigenschaften des Augustus verstärkt, wird dadurch aber nicht wertlos, da der konzessive cum-Satz und das darauffolgende tamen das Laster der libido besonders hervorheben. Zu multum statt valde vgl. Wölfflin, Latinität 452. nam inter duodecim – accubare solitus erat Eine Parallele für diese Anekdote lässt sich nicht ausmachen, weswegen Festy, Abrégé 279 sie, wenn auch mit Fragezeichen, zu den hapax historiques zählt. Möglicherweise hat der Epitomator Suet. Aug. 70,1 (cena quoque eius secretior in fabulis fuit, quae vulgo δωδεκάθεοϲ vocabatur; in qua deorum dearumque habitu discubuisse convivas et ipsum pro Apolline ornatum non Antoni modo epistulae … exprobrant ...) missverstanden (vgl. Festy, Abrégé 64 Anm. 21 und Kaster z. St.) oder die Episode bewusst durch Steigerung des negativen Effekts seiner moralisierenden Tendenz angepasst.

civiles ist eine für die Syntax notwendige Konjektur von Schott, vgl. Scardino, Komm. zu Aur. Vict. 1,4 civiles (KFHist B 2,148). 2 Zur Illustration, nicht als Vorbild, kann Verg. Georg. 1,395 (nam neque tum stellis acies obtunsa videtur) herangezogen werden. 1

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(24) quod tres libellos – exilio In den Hss. ACGFHEZJ sowie in B fehlen die Worte artis … exilio. Lediglich die Hs. I und die indirekte italienische Überlieferung enthalten diese Partie. Zu ihrer Bedeutung für die Rekonstruktion der Überlieferung vgl. Einl., S. 107–14. irrevocabili Dieses Wort kommt ausschließlich in der indirekten italienischen Tradition vor, s. phil. Komm. zu 1,13 fluvium. Bereits Opitz, Quaestionum 274 hat sich für die Aufnahme des Zusatzes in den Text ausgesprochen. Zur spätantiken Bezeugung der Gründe für die Verbannung Ovids s. P. Green, Carmen et Error, ClAnt 1 (1982) 204. (25) quodque est – amoeni Festy scheint in seiner Übersetzung das Tempus als Praesens historicum zu deuten („Il montrait son caractère enjoué et agréable en prenant du plaisir à toute sorte de spectacles …“). Es handelt sich aber wohl eher um ein generalisierendes Präsens, das eine allgemeine Gegebenheit ausdrückt. Zu quodque vgl. K.-St. 2,277 f. (26) Nolae Lokativformen kommen im Vergleich zu Umschreibungen mit apud in der Epitome selten vor, s. Wölfflin, Latinität 450–52. Vgl. auch Löfstedt, Syntactica 2,77. (27) quamquam alii scribant Seit Tacitus wird der Indikativ nach quamquam vielfach durch den Konjunktiv ersetzt. Im Spätlateinischen werden dann beide Modi unterschiedslos nebeneinander verwendet, vgl. H.-Sz. 603. (28) utinam – moreretur Zur Tradition dieses Topos s. Schlumberger, Epitome 28 f. (29) alterum – alterum Mit einem kunstvollen Chiasmus leitet der Epitomator seine resümierende Beurteilung des Augustus ein. Zur Häufung von rhetorischen Stilmitteln wie Chiasmus, Parallelismus, Asyndeton und Alliteration im ersten Kapitel s. Schlumberger, Epitome 30 Anm. 52. Syntaktisch liegt eine Ellipse von erant vor. statuisset Zum sogenannten verschobenen Plusquamperfekt, bei dem das Tempus wie ein Imperfekt gebraucht wird vgl. K.-St. 1,141 und H.-Sz. 320 f. (31) potiretur Zum Konjunktiv Imperfekt anstelle des Konjunktivs Plusquamperfekt für den Irrealis der Vergangenheit vgl. H.-Sz. 332 f. und Galdi, Jordanes 469 Anm. 366. 2. (2) Caldius Biberius Mero Das Wortspiel mit caldum („Glühwein“, s. ThLL s. v. cal(i)dus Sp. 154,35–39), bibere („trinken“) und merum („unverdünnter Wein“) findet sich bereits bei Suet. Tib. 42,1 (… propter

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nimiam vini aviditatem pro Tiberio „Biberius“, pro Claudio „Caldius“, pro Nerone „Mero“ vocabatur.). (4) pessimo – insidioso Zu den Asyndeta s. phil. Komm. zu 1,10 adeoque denique – bellum indixerit. his quasi – apparens Im Unterschied zu der Vorlage Aur. Vict. 2,1 (hisque saepe simulando infensus, quae maxime cuperet, et insidiose deditus, quae odio erant) gebraucht der Epitomator his nicht als Neutrum, sondern als Maskulinum, vgl. Festy, Abrégé 69 Anm. 5. (6) quod – abnuere Der isolierte historische Infinitiv ist auffallend. Schlumberger, 33 Anm. 63 sieht ihn als rhetorisches Mittel. Ein solcher isolierter historischer Infinitiv findet sich in der Epitome in den ersten elf Kapiteln sonst nicht. incidere in 2,7 ist wohl kein historischer Infinitiv wie abnuere, sondern = inciderunt, vgl. auch 5,2 prodidere; 5,6 corripuere; 10,3 fuere; 10,6 contulere; 11,11 coniuravere; 39,3 periere. Historische Infinitive kommen sonst oft in Reihen vor, vgl. Löfstedt, Syntactica 2,235. Hier markiert abnuere eine Art Höhepunkt in der Erzählung. Die finite Form finxit statt ficte unter Hinzufügung von se in der indirekten Überlieferung könnte einen Versuch darstellen, mit dem im Spätlatein seltenen historischen Infinitiv 1 zurechtzukommen. Die Parenthese quod quidem astu fecerat bezieht sich auf das Folgende, vgl. H.-Sz. 729 (a). Das Plusquamperfekt fecerat ist, wie häufig im Spätlatein, nicht streng vorzeitig verwendet, vgl. H.-Sz. 320 f. (7) incidere exitia postrema Zum Gebrauch von incidere mit bloßem Akkusativ vgl. ThLL s. v. incido Sp. 905, 67–906,26 und H.-Sz. 33. (8) iste – circumvenit Auch hier ist die syntaktische Struktur der Vorlage (Aur. Vict. 2,3–4 nihilque praeter Cappadocas idque inter exordia in provinciam subactum remoto rege Archelao; compressaque Gaetulorum latrocinia … simul Marobodus callide circumventus, Sueborum rex) so geändert worden, dass der Kaiser zum grammatischen Subjekt wird, s. phil. Komm. zu 1,20 fuit – lepidi. (9) cum immani furore – direptae sunt In den einzelnen Formulierungen lehnt der Epitomator sich an Aur. Vict. 2,1–3 an, wobei jedoch der logische Zusammenhang stark verändert wird, da die Laster des Tiberius keine Erwähnung finden, vgl. Festy, Abrégé 69. Der Gedankengang Epit. Caes. 2,9 ist vergleichbar dem in Epit. Caes. 25,2, wo ebenfalls die Bestrafung Unschuldiger und Schuldiger – hier in einem dum-Satz – dem Hauptereignis (der Ermordung des Maximinus Thrax) 1

Vgl. Galdi, Jordanes 27 Anm. 103 und 284 Anm. 246.

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untergeordnet wird. An beiden Stellen wird ein nicht nur temporales Zusammenfallen der Ereignisse suggeriert, sondern es schwingt auch ein moralisierender Ton mit, demzufolge das ungerechte Handeln des Kaisers militärische Niederlagen bzw. seinen eigenen Untergang nach sich zieht. (10) ipse Die Bedeutung des Personalpronomens ist im Spätlatein stark abgeschwächt, vgl. H.-Sz. 190 und Galdi, Jordanes 195. 3. (3) talis, ut – fuisse Schlumberger Epitome 34 Anm. 72 bemerkt zu der Übernahme der Formulierung aus Aur. Vict. 3,7 (quippe qui diu immania animi ita pudore ac parendi specie obtexerat, uti merito vulgaretur neque meliores famulos neque atrociorem dominum illo fuisse), dass durch die Weglassung von meliores famulos die Pointe der Antithese verlorengegangen sei. Es ist jedoch zu beachten, dass dem Epitomator in seiner Darstellung an der Famulusrolle des Caligula nichts gelegen ist und er den Gedankengang nicht nur gekürzt, sondern gänzlich umgestaltet hat. Syntaktisch zeigt sich das in dem von ihm gern verwendeten durch talis eingeleiteten ut-Satz, vgl. Galdi, Remarks 928. (4) denique ist eine beliebte Überleitungspartikel des Epitomators (vgl. 1,10; 1,15; 2,6; 10,7). sorores suas Wölfflin, Aurelius Victor 292 und Latinität 447 zeigt durch Vergleich dieser und anderer Stellen mit den entsprechenden parallelen Ausdrücken aus den Historiae abbreviatae des Aurelius Victor, dass der Epitomator das Possessivpronomen abundant verwendet. Im klassischen Gebrauch wird es in der Regel bei Verwandtschaftsbezeichnungen, die durch den Zusammenhang eindeutig sind, weggelassen und dann hinzugesetzt, wenn ein Gegensatz bezeichnet werden soll. Dieser abundante Gebrauch des Possessivpronomens lässt sich auch sonst im Spätlateinischen beobachten, vgl. Galdi, Jordanes 214. (5) Iovem – se asserebat Anders als bei Aur. Vict. 3,10 wird keine Verbindung zum inzestuösen Umgang mit den Schwestern hergestellt. Zu se asserebat s. ThLL s. v. adsero Sp. 867,13 („his locis fortasse acc. c. inf. subest“). (6) de quo nescio – declinent Schlumberger, Epitome 34 bemerkt, dass dies die erste individuelle, wenn auch möglicherweise durch die allgemeinen Reflexionen Aur. Vict. 3,5 angeregte, Bemerkung des anonymen Epitomators zu sein scheint. Eine Aufzählung aller Stellen, an denen der Epitomator in der ersten Person spricht, findet sich bei Festy, Abrégé XLII Anm. 74. Zum freieren Gebrauch von verba dicendi mit de, der sich hier bei prodi zeigt, vgl. Löfstedt, Peregrinatio 105 und H.-Sz. 261 f.

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(8) primus diademate imposito Hier liegt ein Widerspruch zu dem in Epit. Caes. 35,5 (iste primus apud Romanos diadema capiti innexuit) über Aurelian Gesagten vor, s. Komm. zu 35,5 Er war der erste bei den Römern. Wahrscheinlich hat bereits die gemeinsame Quelle der Epitome und des Aurelius Victor die Suetonstelle Cal. 22,1 (nec multum afuit quin statim diadema sumeret) übertrieben zugespitzt, vgl. Schlumberger, Epitome 34 Anm. 74. (9) arenae – viam solidatam muss syntaktisch als Apposition zu naves aufgefasst werden. quercea Nur Landolfus Sagax bietet diese richtige Variante, gestützt vom Wortlaut der vulgärlateinischen Version (corona … de foliis quae sunt de arbore quercus), vgl. Festy, Abrégé LXXVIII Anm. 147. curru biiugi Bei Suet. Cal. 19,2 (per hunc pontem ultro citro commeavit biduo continenti, primo die phalerato equo … postridie quadrigario habitu curriculoque biiugi famosorum equorum …) sind der Ritt auf dem Pferd und die Wagenfahrt auf zwei Tage verteilt. In der Darstellung des Epitomators ist der genaue Ablauf durch die Kürzung unklar. Zur Form biiugi vgl. K.-H. 452 f. (10) dehinc – interiit Der Ablativus absolutus confosso eo aus Aur. Vict. 3,14 erscheint als Hauptsatz mit dem Kaiser als Subjekt. 4. (1) Titus Dieser Name ist auch bei Aur. Vict. 3,16 in den Hss. überliefert. D’Elia, Per una nuova edizione critica 114 f. nimmt an, dass der Irrtum hinsichtlich des Praenomens nicht auf Aurelius Victor zurückgeht, sondern dass ein Kopist die Abkürzung Ti. für Tiberius mit T. für Titus verwechselt hat. Da der Epitomator aber denselben Fehler begangen hat, geht er wohl auf Victor oder seine Quelle zurück, vgl. Scardino zu Aur. Vict. 3,16 Titum (KFHist B 2,160 f.). (2) latebra latere Der Infinitiv latere ist einhellig überliefert, zur Konstruktion vgl. K.-St. 1,705 (5) und H.-Sz. 364 f. In den Vorlagen des Epitomators findet sich zwar das Partizip (Suet. Claud. 10,2 latentem discurrens forte gregarius miles … adgnovit und Aur. Vict. 3,16 Vimius … Titum Claudium occultantem se repperit deformi latebra), aber die Formulierung könnte bewusst variiert worden sein, da der Epitomator auch sonst in seinen syntaktischen Konstruktionen oftmals selbständig verfährt. Die Konjektur des Abstemius ist somit unnötig, zumal das Partizip latens neben repertus keinen Gewinn darstellen würde. Familie der Caesares Wie Aurelius Victor (3,16; 5,17; 8,7) meint auch der Epitomator hier und in 8,6 mit dem Ausdruck die Julisch-Claudische

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Dynastie. Das eigentlich männliche Cognomen „Caesar“ dient dabei als das Nomen gentile, vgl. Nickbakht Komm. KFHist B 2,161. (3) ventri vino libidini Zum dreifachen Asyndeton s. phil. Komm. zu 1,10 adeoque denique – bellum indixerit. ignavus Der Epitomator hat die Form ignavior seiner Vorlage Aur. Vict. 4,1 abgeändert, laut Wölfflin, Latinität 452 eine Korrektur entgegen der verbreiteten Entwertung des Komparativs. (4) Romae introducta Zur Verwendung des Lokativs Romae bei Verben, bei denen man eine Richtungsangabe erwartet s. Galdi, Jordanes 125 f. 1 Die Ellipse der Formen von esse in den mit Partizip Perfekt Passiv zusammengesetzten Tempora findet sich besonders bei den Historikern, vgl. H.-Sz. 422 (f). (5) nobiliores quasque Zu quisque mit dem Komparativ s. H.-Sz. 170 e. coactique mares Zur Ellipse von sunt s. Komm. zu 4,4 Romae introducta. ut magis – nupta esse Die Stelle ist schwer verständlich, da der Epitomator seine Vorlage Aur. Vict. 4,11 (et hinc notior, dum mirum videtur apud imperatorem virum ⟨alii viro〉 quam imperatori nuptam esse) stark verkürzt in seine eigene Erzählung eingefügt hat. 2 Galdi, Syntactic Remarks 928 weist darauf hin, dass sich an der Epitomestelle der konsekutive ut-Satz nicht, wie sonst meistens, auf den Kaiser selbst bezieht, sondern auf Messalina. viro muss wohl als Dativ verstanden werden, vgl. Opitz, Zur Kritik der Caesares 651. (8) ab epistulis Zur Verwendung der Präposition ab als Apposition im Fall von Ämterbezeichnungen vgl. H.-Sz. 256. adeo divites, ut Galdi, Syntactic Remarks 928 weist wie zu Epit. Caes. 4,5 darauf hin, dass sich der ut-Satz ausnahmsweise nicht auf den Kaiser bezieht. Die Ellipse der Kopula findet sich auch bei Aurelius Victor in dieser Konstruktion (1,7 felix adeo ..., ut Indi ... legatos mitterent orando foederi.).

Laut ThLL s. v. introduco Sp. 70,64 f. ist an der vorliegenden Stelle auch ein Dativ nicht auszuschließen. 2 Bereits die Textgestaltung der Vorlage ist umstritten, vgl. Scardino, phil. Kommentar zur Stelle (KFHist B 2,164 f.). Die dazugehörige Übersetzung von Aur. Vict. 4,11 lautet: „Infolgedessen war sie noch berüchtigter, da es verwunderlich erschien, dass sie angesichts des Kaisers als ihres Mannes ⟨mit einem anderen Mann〉 als dem Kaiser verheiratet war.“ 1

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(9) locos advolare Zum bloßen Richtungsakkusativ ohne Präposition vgl. H.-Sz. 49 und ThLL s. v. advolo Sp. 895,60–63. Zu loci anstelle von loca für Gegenden vgl. K.-H. 477 und Scardino zu Aur. Vict. 4,14 memoratos locos advolare (KFHist B 2,165 f.). (10) fratris sui Vgl. phil. Komm. zu 3,4 sorores suas. quae filio – interemit Die Bemerkung über die Tötung der Stiefkinder, durch die der Epitomator den Eindruck der moralischen Verwerflichkeit der Agrippina verstärkt, ist historisch falsch. 1 Historische Versehen kommen häufiger vor, s. Festy, Abrégé XLIV-XLVI. Opitz, Quaestionum 217 erklärt den Fehler folgendermaßen: „Quod tamen commodum explicatum habet, si Victorem statuimus ab epitomatore neglegenter excerptum tale quid scripsisse: ‚privignos insidiis multiformibus aggressa est, dehinc ipsum interemit‘.“ Die bei Opitz zugrundeliegende Theorie, dass nämlich die erhaltenen Historiae abbreviatae nicht das Originalwerk des Aurelius Victor, sondern die gekürzte Fassung eines umfangreicheren historischen Werks seien, ist jedoch widerlegt, vgl. C. Scardino, Einl. (Kap. II) (zu Aurelius Victor [KFHist B 2]), KFHist B 2, 22 Anm. 4. Daher spielt die bei Festy, Abrégé 77 Anm. 14 erwähnte Ergänzung aggressa est Opitzens für die Textgestaltung keine Rolle mehr. in Palatio Der Zusatz wird durch Landolfus und die vulgärlateinische Fassung geboten, vgl. Festy, Abrégé LXXIX Anm. 151. Die Wortstellung ist bei Landolfus eine andere als in der vulgärlateinischen Fassung (s. textkritischer Apparat). In Anlehnung an die vulgärlateinische Fassung wird in Palatio hinter veneno interemit gesetzt (vgl. auch als eine Variante der Ermordung des Claudius Suet. Claud. 44,2 et veneno quidem occisum convenit … quidam tradunt ... alii domestico convivio per ipsam Agrippinam). (11) occultatum Zur Ellipse von est s. phil. Komm. zu 4,4 Romae introducta. 5. (2) visus Zur Ellipse von est s. phil. Komm. zu 4,4 Romae introducta. (5) namque ist kaum verständlich und nur durch Übernahme von Aur. Vict. 5,2–3 unter Auslassung eines moralisierenden Satzes (quare satis … repeti) zu erklären. Wölfflin, Latinität 446 bewertet die Stelle als „schlagendes Beispiel“ für „die Sorglosigkeit der Kopie“. Zur Nachstellung von namque s. H.-Sz. 506 (c). Die Tötungen fanden erst unter Nero statt, vgl. Suet. Nero 33,2–3 (Ermordung des Britannicus) und 35,2 (Ermordung der Octavia) sowie Schlumberger, Epitome 37. 1

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dote dicta Vgl. Aur. Vict. 5,5 (eo progressus est, uti … palam senatu dote data … in manum conveniret lecto ex omnibus prodigiosis.) und Scardino, phil. Komm. z. St. (KFHist B2,167), demzufolge dotem dare gut belegt ist. Insofern ist Festy, Abrégé 79 Anm. 7 darin zuzustimmen, dass die Formulierung des Aurelius Victor passender ist als die der Epitome de Caesaribus. Die sprachliche Variatio durch den Epitomator findet hier, wie oft, auf Kosten der Genauigkeit statt. matrem – contaminavit Die Vorlage Aur. Vict. 5,8 (matrem etiam contaminavisse plures habent) ist syntaktisch geändert worden. Das bei Aurelius Victor im a.c.i. als Aussage anderer berichtete Verbrechen Neros wird vom Epitomator zum Zwecke der Dramatisierung als unzweifelhafte Tatsache in den Hauptsatz gesetzt. quamque Die direkte handschriftliche Tradition hat einhellig quamque, was laut Baehrens, Ad Sexti Aurelii 255 f. gehalten werden kann: „Recte tamen tradita se habent; saepius enim in posteriore Latinitate quique pro qui legitur … qui usus analogia exortus est: ut pronomini demonstrativo ita per analogiam pronomini relativo que adiungebatur … Per mixtionem quoque constructionum usum explicare licet. Dicendum erat aut: matrem … quam postmodum interemit aut matrem … eamque postmodum interemit, e quibus constructionibus mixtis quamque exortum est.“ Diese Vermischung der Konstruktionen ist dadurch möglich, dass -que im Spätlateinischen seine Bedeutung verloren hat.1 Da durch die Konjektur ein interessanter sprachlicher Beleg verschwinden würde, sollte man gegen die bisherige editorische Praxis der Überlieferung folgen. Zwar bietet die Epitome selbst keinen weiteren Beleg für Relativpronomen mit -que, aber dafür die zeitlich und sprachlich naheliegende Historia Augusta. 2 Wenn man das überlieferte quamque hält, muss die Stelle aus der Reihe der ausschließlich durch indirekte Tradition richtig überlieferten Lesarten gestrichen werden, die Festy, Abrégé LXXVIII Anm. 147 aufzählt. viris – trucidatis Auch hier liegt wieder ein historischer Fehler des Epitomators vor, der einerseits auf den nachlässigen Umgang mit den Löfstedt, Syntactica 2,342 („So ist -que in der Spätzeit tatsächlich ein totes Wort geworden“), H.-Sz. 475 (β) (mit zahlreichen Beispielen aus dem Spätlatein für quique = qui) und Galdi, Jordanes 306 f. 2 Vgl. Tidner, De particulis copulativis apud Script. H. A. quaestt. selectae, Uppsala, 1922, 132 ff., wo aus der Hist. Aug. u.a. Gord. 14,4 (nam et viginti viri consulares contra nos lecti sunt, quibusque resistendum est nobis fortiter agentibus, vobis feliciter dimicantibus) angeführt wird. 1

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Quellen, vgl. Schlumberger, Epitome 42 sowie Festy, Abrégé XLV und 80 Anm. 10, andererseits auf den Wunsch nach Dramatisierung zurückzuführen ist. (7) constitutum Zur Ellipse von est s. Komm. zu 4,4 Romae introducta. egressus urbe Einige Hss. bieten urbem, was grundsätzlich möglich ist, vgl. Baehrens, Ad Sexti Aurelii 256 f. und H.-Sz. 33. Da aber der Epitomator in 10,4 triclinio egressum konstruiert, fällt hier die Entscheidung zugunsten von urbe aus. itane – peream Eine Analyse dieser letzten Worte Neros im Vergleich zu den bei Suet. Nero 47,3 („ergo ego“, inquit, „nec amicum habeo nec inimicum?“) und 49,3 („vivo deformiter, turpius pereo“) überlieferten Dicta findet sich bei Schön, Kurzbiographien 29 f. 1 und Schlumberger, Epitome 40. (8) Persae Bei Suet. Nero 57,2 ist es Vologaesus, Parthorum rex, der sich für Neros Andenken einsetzt. Zur in der Spätantike üblichen Verwechslung von Parthern und Persern vgl. Festy, Abrégé 62. 6. (2) in adolescentes Suet. Galba 22 (libidinis in mares pronioris 2 et eos non nisi praeduros exoletosque) erscheint in der Epitome sowohl hinsichtlich des Alters der Geliebten als auch der Haltung des Kaisers (infamis) variiert und dramatisiert. Die Variante in adolescentia bei Landolfus könnte ein Glättungsversuch des christlichen Exzerptors sein. Vinii Cornelii Icelii Zu den zahlreichen dreifachen Asyndeta s. phil. Komm. zu 1,10 adeoque denique – bellum indixerit. Nur in der Epitome erscheint die Namensform Icelius, sonst heißt dieser Freigelassene Icelus, s. Festy, Abrégé 82 Anm. 3. (3) militem Zu miles für exercitus vgl. J. Groß zu Eutrop 6,12,3 milites (KFHist B 3,215). ita – Gaetulicus Suet. Galba 6,2 (postridie quam ad legiones venit ... statimque per castra iactatum est: disce miles militare: Galba est, non Gaetulicus) ist vom Epitomator in der für ihn charakteristischen Weise in Der von Schön zugrundegelegte und in den Hss. überlieferte Text Suet. Nero 49,3 vivo deformiter, turpiter ist von Kaster nach den Exzerpten des Heiricus von Auxerre zu vivo deformiter, turpius pereo (ähnlich turpiter pereo im Hyparchetypen ζ bei Kaster) geändert worden, vgl. Kasters Praef. vii und xli sowie seinen Apparat zur Stelle. Wenn man dieser Textgestaltung folgt, liegt in der Epitome eine weniger starke Variation der Suetonstelle vor, als bisher angenommen. 2 Die Sueton-Hss. haben pronior. Kaster übernimmt die Konjektur pronioris des Stephanus (1543). 1

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einen auf ita folgenden ut-Satz umgewandelt worden, s. Komm. zu 1,10 adeoque denique – bellum indixerit. (4) legiones Otho wurde von revoltierenden Prätorianerkohorten unterstützt. Zur ungenauen Verwendung militärischer Termini in der Epitome s. Festy, Abrégé 83 Anm. 7. (1) adolescentia Das in der indirekten Überlieferung stellt eine ihrer stilistischen Eigentümlichkeiten dar (s. Festy, Abrégé LXXXI Anm. 156) und ist daher für die Textgestaltung ohne Bedeutung. (2) primum apud Placentiam Hier liegt ein durch nachlässiges Exzerpieren entstandener historischer Irrtum vor, s. Schlumberger, Epitome 42. Insofern ist nicht ganz klar, warum Festy, Abrégé XLV den Ursprung des Fehlers für unsicher hält. semet Laut Festy, Abrégé 84 Anm. 4 weist die Verwendung der Reflexivpronomina semet und sibimet durch Viktor, Eutrop und den Epitomator, aber nicht durch Sueton, auf die EKG als gemeinsame Quelle. adeo – interierint Zur syntaktischen Variation des suetonischen Vorbilds Otho 12,2 (multi praesentium militum cum plurimo fletu manus ac pedes iacentis exosculati, fortissimum virum, unicum imperatorem praedicantes, ibidem statim nec procul a rogo vim suae vitae attulerunt ...) vgl. Galdi, Remarks 928 und phil. Komm. zu 1,10 adeoque denique – bellum indixerit. 8. (4) ubi Sabinum – permiserat Tatsächlich kam Sabinus im brennenden Kapitol zu Tode, vgl. die einschlägigen Stellen bei Festy, Abrégé 86 Anm. 10. Der Epitomator hat hier wieder durch Kürzen die historischen Tatsachen verfälscht, vgl. Schlumberger, Epitome 43 und 72. Durch diese Verfälschung hat er aber zugleich dramatisiert, indem die Bestrafung des Vitellius an demselben Ort stattfindet wie die Ermordung des Sabinus. (6) hi omnes – flagitia Der Epitomator hat hier seine Vorlage Aur. Vict. 8,7 (hi omnes … ni cunctis vitiis absque Augusto nimii forent, tantae artes profecto texissent modica flagitia) gekürzt. Allerdings liegt hier nicht eine sinnentstellende Kürzung vor, wie Festy, Abrégé 87 Anm. 13 meint, sondern durch die Auslassung von tantae artes findet gegenüber Aurelius Victor ein Subjektswechsel statt, durch den die Kaiser als Handelnde in den Blick rücken. Zum Konjunktiv Imperfekt im Bedingungssatz in Kombination mit dem Konjunktiv Plusquamperfekt im Hauptsatz vgl. K.St. 2,396 f.

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9. (3) namque Licinium Mucianum – me virum esse Vgl. Suet. Vesp. 13: Licinium Mucianum notae impudicitiae, sed 1 meritorum fiducia minus sui reverentem numquam nisi clam et hactenus retaxare sustinuit, ut apud communem aliquem amicum querens adderet clausulam: ego tamen vir sum. Die Anekdote ist schon bei Sueton erklärungsbedürftig. Laut Jones, Vespasian 83 bezieht sich Vespasian mit der clausula auf die hom*osexualität des Licinius Mucianus. 2 Wenn bei Sueton diese Konnotation für das Verständnis der Episode ausschlaggebend ist, ist die Umgestaltung in der Epitome schwer verständlich. Schlumberger, Epitome 46 sagt lediglich, dass der Anekdote in der Epitome gegenüber Sueton ihre ursprüngliche Eleganz genommen werde, sie falle plumper aus und werde durch Vereinfachung banalisiert. Schlumberger gibt keine Erklärung der Pointe. Es fällt auf, dass der Epitomator tamen weggelassen hat. Dabei könnte es eine Rolle spielen, dass die adversative Bedeutung der Partikel tamen im Laufe der Zeit abgeschwächt wurde, vgl. Löfstedt, Peregrinatio 28, Galdi, Jordanes 336 f. und Groß zu Eutrop 1,11,5 commovit tamen (KFHist B 3,196). Möglicherweise hat u. a. dies dazu geführt, dass der Epitomator die Pointe der Anekdote bei Sueton nicht verstanden hat. (6) aboleverat Das Plusquamperfekt ist hier nicht vorzeitig verwendet, vgl. H.-Sz. 320 f. (7) infirmus Die Ellipse der Kopula in einer nominalen Konstruktion, hier bei einem adjektivischen Prädikatsnomen, findet sich häufig in der Epitome de Caesaribus, vgl. Einl., S. 122 f. (8) hic Romam deformem – instituit Nur das Kapitol wurde wiederaufgebaut. Die anderen Gebäude wurden neu errichtet und sind insofern fälschlich als Objekte zu reparavit gesetzt worden, vgl. Festy, Abrégé 88 Anm. 7. Auch hier wird durch Umwandlung der Syntax der Kaiser zum Subjekt, vgl. Suet. Vesp. 8,5 (deformis urbs veteribus incendiis ac ruinis erat). Der Akkusativ Romam deformem findet im weiteren Verlauf des Satzes keine direkte syntaktische Entsprechung. Das Prädikat reparavit, welches dem Epitomator möglicherweise schon vorschwebte, regiert als Objekte die einzelnen Bauwerke. monumenta Zu monumentum im Plural vgl. Scardino zu Aur. Vict. 9,7 monumenta (KFHist B 2,176).

et coni. Lucarini, Hyperboreus 20 (2014) 346 f. Vgl. auch G. Kleijn, C. Licinius Mucianus. Leader in Time of Crisis, Historia 58 (2009) 313 und 314. 1 2

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(13) Ciliciaque Trachia Die Vorlage Suet. Vesp. 8,4 bietet sachlich richtig Trachiam Ciliciam (das „rauhe Kilikien“) vgl. Jones, Vespasian 63 1. Im Handschriftenzweig der direkten Überlieferung der Epitome de Caesaribus wurde ac hinzugefügt. Die vulgärlateinische Fassung paraphrasiert et cilicia T(h)racia, vgl. Festy, Abrégé LXXVIII Anm. 147. Die Orthographie von Trachia spielt wegen der häufigen Verwechslung von t/th und c/ch in den Hss. für die Argumentation keine Rolle, s. Einl., S. 118. das wir heutzutage Augustophratensis nennen Der Epitomator reflektiert die Neubenennung syrischer Provinzen unter Vespasian und nutzt dabei die Bezeichnung Augustophratensis, die die Provinz erst seit der Zeit Konstantins oder seines Sohnes Constantius II. trägt. Der Epitomator bietet dabei den gleichen Namen wie die in den 380er Jahren schreibende Pilgerin Aetheria (It. Aet. 18,1 Augustofratensis). Die Benennung ist schon im 4. Jh. uneinheitlich, so benutzt bspw. Ammian Euphratensis (14,8,7). (14) regnaturum fore statt regnaturum esse ist spätlateinisch, s. H.-Sz. 312. alludens – beneficii Die indirekte Rede bei Suet. Vesp. 14 (spondens quandoque beneficii memorem futurum) erscheint in der Epitome als direkte Rede. Schlumberger, Epitome 45 f. traut derartige Variationen nicht dem Epitomator selbst, sondern nur seiner unbekannten Vorlage zu. Zu dieser grundsätzlichen Frage vgl. Einl., S. 123–25. (15) institutum – tenuit Zur Analyse der syntaktischen Struktur der Partie vgl. Einl., S. 137 f. ThLL s. v. instituo Sp. 1994,63 führt die vorliegende Stelle unter der Rubrik „strictius pertinet ad mores singulorum hominum proprios‟ an. ubi – lavisset Zum Konjunktiv für wiederholte Handlungen nach ubi s. H.-Sz. 652 und Galdi, Jordanes 463. (16) plura dicere – imperatoris boni Die Formulierung stellt eine positive Entsprechung zu 3,6 (de quo nescio an decuerit memoriae prodi) dar, vgl. Festy, Abrégé 90 Anm. 15. Laut Schlumberger, Epitome 48 enthüllt der Hinweis auf die Länge der Vespasianvita negativ das literarische Prinzip des Verfassers, der sonst auf brevitas Wert lege. Nur Thrakien war bereits seit Claudius römische Provinz, während Cilicia Trachia von Vespasian zusammen mit Cilicia Campestris zu einer neuen Provinz zusammengeschlossen wurde. Vgl. auch Bleckmann, hist. Komm. zur EKG fr. 12 (KFHist B 1,126). 1

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bei den guten Kaisern fällt die Darstellung ausführlicher aus, vgl. Schlumberger, Epitome 76. (18) quod Graeci cometem vocant Zu den ausschließlich durch die indirekte italienische Tradition überlieferten Zusätzen s. phil. Komm. zu 1,13 fluvium und Einl., S. 110 f. Der griechische Terminus stammt aus der EKG, vgl. Festy, Abrégé 90 Anm. 18 sowie Nickbakht, Komm. zu Aur. Vict. 41,16 ein für Machthaber ungünstiger Stern (KFHist B 2,349). Zur Schreibweise griechischer Wörter s. Einl., S. 119 f. ad regem Persarum Vgl. Suet. Vesp. 23,4 ad Parthorum regem und phil. Komm. zu Epit. Caes. 5,8 Persae. 10. (4) uxoris suae Zum Possessivpronomen s. phil. Komm. zu 3,4 sorores suas. Die Bezeichnung der Berenike als uxor des Titus bildet einen klaren Widerspruch zu 10,7 Berenicen nuptias suas sperantem. Dass die Ermordung Caecinas mit ihr in Verbindung gebracht wird, findet sich nicht bei Suet. Tit. 6,2 und dient der Dramatisierung der Erzählung, vgl. Schön, Kurzbiographien 15 f. und Schlumberger, Epitome 49. (5) iurgia … venumdata Zur Ellipse von sunt vgl. phil. Komm. zu 4,4 Romae introducta. cupidum In der von Pichlmayr hinter diesem Wort angesetzten Lücke könnte z. B. gestanden haben illum esse constabat, vgl. Suet. Tit. 7,1 (suspecta et rapacitas, quod constabat in cognitionibus patris nundinari praemiarique solitum). Alternativ könnte man die leichte Textänderung in cupidus in Betracht ziehen. Der Nominativ ohne Prädikat und der folgende unde-Satz wären ganz im Stil des Epitomators (vgl. 5,2 iste quinquennio tolerabilis visus, unde quidam prodidere Traianum solitum dicere procul distare cunctos principes Neronis quinquennio; 18,4 blandus magis quam beneficus, unde eum Graeco nomine chrestologon appellavere; 40,15 pastor armentorum, unde ei cognomen Armentarius fuit; 41,16 irrisor potius quam blandus, unde proverbio vulgari Trachala). Auch inhaltlich würde diese Satzstruktur gut zu den angeführten Parallelen passen, da der Nominativ jeweils die Begründung für die Benennung oder Einschätzung des Subjekts durch andere liefert. (6) adeo – appellaretur Zur adeo-ut-Konstruktion vgl. phil. Komm. zu 1,10 adeoque denique – bellum indixerit. Laut Schlumberger, Epitome 49 Anm. 145 wurde die Abfolge der Worte aus Suet. Tit. 1 (amor ac deliciae generis humani) bewusst geändert. (10) amplissimi – cum Konjunktionen stehen in der Epitome gelegentlich nicht am Satzanfang, vgl. 24,4 (Alexander vero cum deseri …);

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34,3 (Claudius vero cum ex fatalibus libris ...); 41,22 (Constans vero venandi cupidine dum per silvas saltusque …) und H.-Sz. 399. se utrimque assidere Das Pronomen se bezieht sich auf Titus und bildet das Akkusativobjekt zu assidere, vgl. Scardino, Komm. zu Aur. Vict. 10,3 se utrimque assidere (KFHist B 2,178). petitoque – commiserit Das zum Prädikat commiserit gehörige Akkusativobjekt (sc. eum) muss dem Ablativus absolutus entnommen werden, vgl. K.-St. 1,787 und Galdi, Jordanes 259 Anm. 156. diceret Der Konjunktiv Imperfekt ist durch Modusassimilation an den durch den relativischen Satzanschluss eng verbundenen vorangegangenen ut-Satz zu erklären. Zum Tempuswechsel gegenüber den Perfektformen monuerit … iusserit … commiserit vgl. H.-Sz. 551–53. (16) sicut diximus Die Worte beziehen sich darauf, dass die Bezeichnung des Titus als deliciae schon in 10,6 erwähnt wurde. Diese Wiederholung resultiert aus der engen Übernahme von Aur. Vict. 10,6 (huius … deflerent), vgl. Cohn, Quibus ex fontibus 27 und Schlumberger, Epitome 50. 11. (7) furens Zur Ellipse von fuit oder erat s. phil. Komm. zu 9,7 infirmus. clinopalen Zur Schreibweise des Worts vgl. Einl., S. 119. (8) hinc Der durch die Überleitungspartikel ausgedrückte Bezug zu dem vorhergehenden Satz ist schwer verständlich. Die gesamte Partie Epit. Caes. 11,6–8 stammt aus Aur. Vict. 11,5 f. (dehinc atrox caedibus bonorum, segnisque ridicule remotis procul omnibus muscarum agmina persequebatur, postquam ad libidinem minus virium erat, cuius foedum exercitium Graecorum lingua clinopalen vocabat. hincque iocorum pleraque; nam percontanti cuidam, quispiamne in palatio esset, responsum: „ne musca quidem, nisi forte apud palaestram“). Bei Aurelius Victor sind zwei weit voneinander entfernt liegende Suetonstellen (Dom. 3,1 inter initia principatus cotidie secretum sibi horarum sumere solebat nec quicquam amplius quam muscas captare ac stilo praeacuto configere, ut cuidam interroganti, essetne quis intus cum Caesare, non absurde responsum sit a Vibio Crispo, ne muscam quidem und Dom. 22 libidinis nimiae, assiduitatem concubitus velut exercitationis genus clinopalen vocabat) zu einer Anekdote zusammengeführt worden. Die Pointe ist durch die Kürzungen in der Epitome de Caesaribus nicht mehr verständlich, vgl. Schlumberger, Epitome 53. Der Epitomator ergänzt Aurelius Victor durch furens libidine, was laut Festy, Abrégé 95 Anm. 9

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aus Sueton über die EKG eingeflossen ist. Die Form hic bei Landolfus könnte als Wort, das nicht wie hinc eine logische Verbindung zum Vorhergehenden andeutet, einen Glättungsversuch darstellen. Die vulgärlateinische Fassung hat ebenfalls hic, allerdings mit anderer Syntax (hic, interroganti homini si esset aliquis hom*o in Palatio, respondit: „nec musca quidem.“). (10) Norbanum Lappium Obwohl die Ergänzung von et sachlich gerechtfertigt ist, ist nicht auszuschließen, dass dem Epitomator selbst der Fehler unterlaufen ist. Vgl. H. Nesselhauf, JRGZ 7 (1960) 165: „Das zwischen den beiden Namen zu postulierende et kann ausgefallen sein, weil der Epitomator selbst oder ein Abschreiber Norbanus und Lappius für Bestandteile eines Namens hielt.“ (11) Stephano et tum: Nach Suet. Dom. 17,1 (cunctantibus conspiratis, quanto et quo modo … adgrederentur, Stephanus, Domitillae procurator et tunc interceptarum pecuniarum reus, consilium operamque obtulit ...) war nicht Clodianus, sondern Stephanus der Unterschlagung angeklagt. Aus diesem Grunde stellt Dacier, Epitome 198 f. Anm. 9 das vor tum überlieferte et vor Clodiano. Opitz, Quaestionum, 225 f. hält einen Fehler des Epitomators für möglich, allerdings mit der Einschränkung „nisi forte potius in Epitomae verbis lenissima correctione ‚et Clodiano‘ scribendum est.“ Auch Cohn, Quibus ex fontibus 21 Anm. 2 möchte den Text ändern, allerdings mit Blick auf Sueton (et tunc) das et vor tum halten: „Itaque non solum illud ‚et‘ servandum, sed etiam inter ‚suspectante‘ et ‚Clodiano‘ alterum ‚et‘ addendum esse videtur, quod facile excidere potuit praecedente ‚suspectante‘.“ Schlumberger, Epitome 54 Anm. 173 legt sich nicht eindeutig auf eine Textänderung hin fest. 1 Wenn der Fehler schon beim Epitomator und nicht erst beim Abschreiber liegt, ist es methodisch bedenklich, den Text zu ändern. Die Wortstellung des überlieferten Textes, bei dem die weiteren Auskünfte zur Person des Clodianus vor dem Namen stehen (et tum ob fraudem interceptae pecuniae supplicium suspectante Clodiano) ist auffallend, findet sich aber in vergleichbarer Weise in Epit. Caes. 48, 4 qua cognatione principii deceptus Theodorus. (15) hinc advenae Durch die Auslassung von quoque in der Vorlage Aur. Vict. 11,12 (hinc advenae quoque) entsteht ein Widerspruch zum

„Vermutlich hat der Epitomator wieder nachlässig exzerpiert und dadurch in seinem Bericht historische Fakten verfälscht. Das et nach Stephano müsste vor Clodiano stehen.“ 1

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Folgenden, da Nerva aus Umbrien stammte, vgl. Schlumberger, Epitome 55 Anm. 178. 12. (3) haud … modo Zur Erweiterung des Gebrauchs von haud vgl. H.-Sz. 453. In den ersten elf Kapiteln der Epitome de Caesaribus kommt haud nicht vor. (5) hic ne accessu – cenaret Barnes, Epitome 1976, 260 f. hält es für unwahrscheinlich, dass der Epitomator die Episode direkt aus Plinius epist. 4,22,4–6 (cenabat Nerva cum paucis; Veiento proximus atque etiam in sinu recumbebat: dixi omnia, cum hominem nominavi. incidit sermo de Catullo Messalino, qui luminibus orbus ingenio saevo mala caecitatis addiderat: non verebatur, non erubescebat, non miserebatur; quo saepius a Domitiano non secus ac tela, quae et ipsa caeca et improvida feruntur, in optimum quemque contorquebatur. de huius nequitia sanguinariisque sententiis in commune omnes super cenam loquebantur, cum ipse imperator: „quid putamus passurum fuisse, si viveret?“ et Mauricus: „nobiscum cenaret.“) genommen hat, da er im Unterschied zu Plinius den Rang des Veiento (consulari honore functum) angegeben hat. Barnes nimmt, wie bereits Opitz, Quaestionum 228, Marius Maximus als direkte Quelle der Epitome an. Unabhängig von der Quellenfrage lohnt sich jedoch ein Vergleich der beiden Anekdoten bei Plinius und in der Epitome. 1 Bei Plinius steht die Tapferkeit des Iunius Mauricus im Zentrum der Erzählung: sed hoc a Maurico novum non est. idem apud imperatorem Nervam non minus fortiter (Plin. epist. 4,22,4). Das Dictum des Mauricus nobiscum cenaret erscheint als eine Kritik am Kaiser, der Veiento als einen Anhänger seines Vorgängers und Feindes Domitian am Tisch sitzen lässt. Das wörtlich entsprechende Dictum erfüllt in der Epitome einen ganz anderen Zweck: Nerva soll dadurch ermahnt werden, keine Furcht vor der Anwesenheit von Gegnern zu haben (hic ne accessu malivolorum terreretur … dicto ita admonetur). Die Schilderung des Catullus Messalinus ist in der Epitome kurz gehalten, da es dort nicht so sehr auf den Schrecken ankommt, den dieser verbreitete, sondern auf die Ängstlichkeit Nervas. Die Formulierung si Domitiano supervixisset in der Epitome betont durch die Nennung von Domitians Namen die Furcht des Kaisers vor seinem Vorgänger. qui – inquit Mauricus Der Satz beginnt als relativischer Satzanschluss. Durch die wörtliche Rede verselbständigt sich die

1

Schlumberger behandelt die Stelle nicht.

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Konstruktion, und das Prädikat inquit mit dem nachgestellten Eigennamen als Subjekt, vgl. H.-Sz. 402, verursacht einen leichten Anakoluth. (8) redempti … ⟨a〉 Casperio Mit der Konjektur von H. S. Reimar erhält man einen sinnvollen Text. Baehrens, Ad Sexti Aurelii 257 nimmt an, dass redempto durch Dittographie nach den vorhergehenden Wörtern demptis und iugulavere entstanden sei und schlägt e. g. corrupti magnis sumptibus Casperi vor. C. Brakman, Revue de l’instruction publique en Belgique 56 (1913) 83 f. schlägt die Tilgung von redempto vor. magnis sumptibus sei als Ablativus pretii mit iugulavere zu verbinden. Das Eindringen von redemptore in den Text ließe sich so erklären, dass der Ablativus pretii am Rand oder über der Zeile mit dem erklärenden Zusatz empti versehen worden sei. F. Walter, Philologus 83 (1928) 318, möchte redempto⟨re〉 lesen, wobei redemptor ‚Erkäufer, Anstifter‘ heiße wie redimere ‚erkaufen‘. Für diesen Gebrauch des Substantivs von redimere bietet der ThLL allerdings keine überzeugende Parallele. Die vulgärlateinische Fassung hat: Casperius namque dato magno pretio liberatus est, fand also offenbar in ihrer Vorlage redempto ... Casperio. Die Verderbnis redempto muss also früh eingedrungen sein. (9) annis In den Hss. der Epitome de Caesaribus werden in der Regel menses und anni nicht verwechselt, so dass hier ein historischer Fehler des Epitomators anzunehmen ist. (12) honore delatum Von den meisten Hss. und der indirekten Überlieferung wird delato geboten. Grundsätzlich ist der Ausdruck honorem deferre ohne weiteres möglich (vgl. Hist. Aug. Ver. 4,1 post consulatus etiam honorem delatum Verum vocari praecepit und Löfstedt, Peregrinatio 328-31). An der hier vorliegenden Stelle ist jedoch Suet. Aug. 100,3 (verum adhibito honoribus modo bifariam laudatus est: pro aede Divi Iuli a Tiberio et pro rostris veteribus a Druso Tiberi filio ac senatorum umeris delatus in Campum crematusque) zu berücksichtigen. Die Lesart delatum, die durch die Hs. I überliefert und in der vulgärlateinischen Fassung durch deductum im Salisburensis gestützt wird, ist also vorzuziehen. honore ist Ablativus modi; zu dessen Gebrauch ohne cum und ohne Attribut vgl. K.-St. 1,409 Anm. 30 und Löfstedt, Syntactica 1,278 f. Löfstedt bietet ebenso wie K.-St. kein Beispiel für honore, konstatiert aber eine „relativ große Freiheit auf diesem Gebiete“. 13. (1) Tudertina Die Angabe des Epitomators, dass Trajan in Tuder in Umbrien geboren sei, widerspricht der Überlieferung, dass er in Italica in Hispania geboren wurde. s. hist. Komm. zu Ulpius Traianus, aus der Stadt

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Tuder. Daraus resultiert Dierauers Konjektur Turdetana, der sich Schlumberger, Epitome 81 („vermutlich zu lesen“) vorsichtig anschließt. Bei einheitlicher Textüberlieferung muss jedoch der Widerspruch in Kauf genommen werden. Ulpius Traianus, aus der Stadt Tuder M. Ulpius Traianus (PIR² V 865) kam vermutlich in Rom zur Welt. Die Ulpier stammten aber ursprünglich aus Tuder in Umbrien. Sie sind vermutlich in Italica Baetica (wo Trajans Vater noch geboren wurde) mit den dort führenden Traii Verbindungen eingegangen, woher sich das Cognomen Trajans ableiten lässt (vgl. Strobel, Traian 66–75). In 48,1 konstruiert der Epitomator eine Genealogie des Theodosius I. von Trajan, in der er beide aus Spanien stammen lässt (vgl. Aur. Vict. 13,1; Eutr. 8,2,1; Hier. chron. 193e). Der Epitomator hat offenbar für die verschiedenen Nachrichten über Trajans Herkunft verschiedene Quellen konsultiert. annis Es ist nicht sicher, ob der Epitomator hier den Ablativ statt des Akkusativs der zeitlichen Erstreckung verwendet. In den ältesten Hss. wird folgendermaßen verfahren: A kürzt hier und sonst añ oder anñ ab; I hat, nachdem in den ersten zwölf Kapiteln abgekürzt oder der Akkusativ verwendet wurde, an dieser Stelle annis ausgeschrieben; ebenso bietet Freculf in der indirekten Überlieferung annis. Pichlmayr druckt annis, Festy annos. Festys konsequente Praxis, bei der Jahresangabe der Kaiserherrschaft immer den Akkusativ zu drucken, verdeckt die Problematik. Im Spätlateinischen setzt sich der Ablativ der zeitlichen Erstreckung, vor allem in der Form annis, zunehmend gegenüber dem klassischen Akkusativ durch, vgl. Galdi, Jordanes 112 f. Zur grundsätzlichen Schwierigkeit dieser Frage vgl. Stein, KFHist B 5,19 f. und Song, KFHist B 7,267. (3) habens … largitionem Der Epitomator zeigt in der Aufzählung von Trajans Qualitäten durch das dreifache und in den ersten beiden Gliedern chiastisch angeordnete Asyndeton einen rhetorisch beeinflussten Stil, vgl. Schlumberger, Epitome 81 Anm. 23 und Festy, Abrégé 103 Anm. 6. (4) temperamento Vgl. Plin. Pan. 10,3: at quo, di boni, temperamento potestatem tuam fortunamque moderatus es! Im Unterschied zu Schlumberger, Epitome 83 Anm. 32, der keine engeren Beziehungen zum Trajanpanegyricus des Plinius annimmt, hält Festy, Abrégé 102 Anm. 4 Anspielungen durch den Epitomator für möglich. Es gibt auffallende Anklänge, die allerdings dem Genre geschuldet sein könnten, vgl. z. B. Plin. Pan. 1,4 (principem … divinitus constitutum) / Epit. Caes. 13,10

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(divinitus … datus) und Pan. 45,3 (tu amicos ex optimis) / Epit. Caes. 13,8 (studiosus optimi cuiusque). (5) perfrui Zu dem historischen Infinitiv s. Einl., S. 138. (7) de quo supervacaneum – nominatim promere Laut Schlumberger, Epitome 82 entschuldigt sich hier der Epitomator dafür, dass er nur wenige Fakten 1 berichtet. Statt als Entschuldigung fungiert der Ausdruck jedoch als das rhetorische Stilmittel der praeteritio. Die Vielzahl der guten Eigenschaften Trajans wird gerade dadurch betont, dass ihre genaue Aufzählung für überflüssig erklärt wird. (8) simpliciora ingenia Zu simplex als positiver Charaktereigenschaft im Sinne von „aufrichtig, ehrlich“ vgl. Plin. Pan. 84,1 (tua simplicitas) und OLD s. v. simplex 8. (10) eo … quo im Spätlateinischen häufig statt des klassischen eo … quod, vgl. H.-Sz. 575. Letzeres bieten die Hs. I, Landolfus und die vulgärlateinische Fassung, so dass eine sichere Entscheidung zwischen quo und quod hier schwierig ist 2. καλῶϲ Zur Verwendung griechischer Buchstaben in der Epitome vgl. Einl., S. 119. (11) relati … humatique … superposita Zur Ellipse der Formen von esse vgl. Komm. zu 4,4 Romae introducta. (13) ob ruinas faciles et {sumptus} … exitiosas Der Ausdruck sumptus … exitiosos, der sich in einem Teil der Überlieferung findet, ist im Zusammenhang mit dem Einsturz von Häusern merkwürdig. Zu R. Kassels Vorschlag der Tilgung von sumptus passt, dass ein Teil der Überlieferung exitiosas hat. 14. (1) Hadriae orto In der Epitome wird auch sonst öfters der Ausdruck der Herkunft mit dem Lokativ des Städtenamens konstruiert: 21,1 Lugduni genitus; 27,1 ortus Romae; 29,1 Bubaliae natus; 38,1 Narbonae natus; 47,1 genitus Sirmii, vgl. Wölfflin, Epitome 451. (2) musicus geometra D’Elia, Quos Epitomes 51 f. hält musicis geometria für die richtige Lesart. Zum einen sei musicis eine lectio difficilior, da musica, -orum im Mittelalter ungebräuchlich gewesen sei (Er räumt

Aurelius Victor (13,1–6) und Eutrop (8,2 f.) schildern die Außen- und Innenpolitik Trajans wesentlich ausführlicher. 2 In Epit. Caes. 10,3 (quae eo amplius grata fuere, quod ex nonnullis a privato adhuc patratis asperior luxuriaeque et avaritiae amans credebatur fore) bieten alle Hss. quod, nur Landolfus hat quo. 1

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allerdings selbst ein: „sed hoc et decipere potest.“) 1. Außerdem hingen die Nominative musicus geometra syntaktisch in der Luft. Dagegen ist einzuwenden, dass es sich hierbei um eine stilistische Eigentümlichkeit der Epitome de Caesaribus handelt, vgl. Einl., S. 122 f. D’Elia begründet seine Bevorzugung der Lesart musicis geometria zusätzlich damit, dass mit ceterae disciplinae nicht nur scientia gemeint sein könne. Man muss aber ceteris disciplinis mit canendi psallendi verbinden und medendique mit scientia. ceterae wird hier im Sinne von aliae gebraucht, vgl. H.-Sz. 208 (Zus. α). Da vorher keine Disziplin genannt wurde, ist der Ausdruck pleonastisch, vgl. Löfstedt, Syntactica 2,188 f. Löfstedt führt u. a. Liv. 4,41,8 (plaustra iumentaque alia) an, was er mit „und andere Transportmittel, nämlich Lasttiere“ übersetzt. B. Baldwin, AClass 33 (1990) 108 f. verweist auf die Parallelen zwischen Epit. Caes. 14,2 (sed et ceteris disciplinis canendi psallendi medendique scientia, musicus, geometra, pictor fictorque ex aere vel marmore proxime Polycletus et Euphranoras) und Iuv. 3,76-8 (grammaticus, rhetor, geometres, pictor, aliptes, / augur, schoenobates, medicus, magus, omnia novit / Graeculus esuriens ...) sowie Iuv. 3,215-7 (... qui marmora donet … hic aliquid praeclarum Euphranoris et Polycl*ti ...). Er hält eine direkte Kenntnis Iuvenals auf Seiten des Epitomators für möglich. humanae res Zu diesem Ausdruck im Sinne von „Welt“ vgl. Epit. Caes. 48,19 rebus humanis … excessit. (3) locos … milites Zu dem dreifachen Asyndeton als Merkmal eines color Sallustianus vgl. 1,10 turbas bella simultates mit Komm. z. St. und Schlumberger, Epitome 87 Anm. 44. (7) prorsus ut Zum enklitischen Anschluss von konsekutivem ut an prorsus vgl. H.-Sz. 644 (Zus. α) und ThLL s. v. prorsus Sp. 2161,12–24. (9) subcutaneo Das Adjektiv ist hier das erste Mal bezeugt, vgl. M. Conde Salazar, Innovaciones léxicas en dos breviarios del siglo cuarto. Epitome de Caesaribus y De viris illustribus, in: B. García-Hernández (Hg.), Latin vulgar y tardio: Homenaje a Veikko Väänäen, Madrid 2000, 17–30, hier 26. Zum medizinischen Interesse, das sich in der Epitome de Caesaribus zeigt, s. Schlumberger, Epitome 239 mit Anm. 32. (10) occultius Der Komparativ ist hier in für das Spätlateinische typischer Weise abgeschwächt, vgl. K.-St. 2,476 Anm. 20 und H.-Sz. 168 f. In der Antike ist musica, -orum gut belegt, vgl. ThLL s. v. musicus Sp. 1704,76– 1705,12. 1

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(11) perseverant Die Pluralform findet sich in allen Hss. und in der indirekten Überlieferung. Seit Schott wurde von allen Herausgebern zu perseverat geändert. Diese Änderung ist unnötig, wenn man annimmt, dass hier eine constructio ad sensum vorliegt, bei der dem Autor nach paucis … immutatis (sc. officiis) als Subjekt wieder officia vorschwebte. Er organisierte – bis heute noch fortbesteht Welche Maßnahmen Hadrians gemeint sein könnten, ist unklar, da für umfassende Änderungen des militärischen und zivilen Apparats Belege fehlen. Im unmilitärischen Sektor wurde in der Bemerkung der Epitome zumeist ein Hinweis auf die Verdrängung der Freigelassenen aus der Administration zugunsten der Mitglieder des Ritterstandes vermutet sowie auf die Organisation des consilium principis. Beide Interpretationen sind allerdings problembehaftet, da der Epitomator die Verhältnisse seiner Zeit vereinfachend rückproji*ziert hat 1. Die Historia Augusta nennt einige Anordnungen und Maßnahmen Hadrians bezüglich des Militärs (Hadr. 10,2–8 [mit Fündling, 558–60 zu 10,3]; 17,2; 21,9) und Vegetius beschreibt u. a. Hadrians militärische Verfügungen als vorbildhaft (mil. 1,8,11; 27,1). Die Bemerkung des Epitomators ist möglicherweise von solch zeitgenössischen Diskursen inspiriert. Festy, Abrégé 111 sieht in der Neuorganisation der militärischen Ämter vor allem die Hadrian nachgesagte Wiederherstellung der Heeresdisziplin. Keine der bekannten hadrianischen Maßnahmen hatte die Tragweite der Reformen Diokletians und Konstantins, die der Epitomator hier herunterspielt (zur Ausklammerung Diokletians Festy ebd.). Ähnlich beiläufig nennt noch Aurelius Vicor (41,12) die Heeresreorganisation Konstantins, unterscheidet dabei aber nicht so explizit zwischen militärischen und zivilen Ämtern wie der Epitomator. Gemeint ist jedoch in beiden Fällen die Umstrukturierung der Prätorianerpräfektur zu einem nicht militärischen Amt sowie die Schaffung des magister militum (vgl. Nickbakht Komm. z. St.; Lyd. mag. 2,10; Zos. 2,33,3, Demandt, magister militum 560–2). Obwohl im Bericht zu Diokletian und Konstantin die Reformen verschwiegen werden, war dem Epitomator offenbar daran Vgl. die Diskussion der Epitomestelle bei J. Crook, Consilium principis. Imperial Councils and Consellors from Augustus to Diocletian, London 1955, 135–141; Ch. Seebacher, Zwischen Augustus und Antinoos. Tradition und Innovation im Prinzipat Hadrians, Stuttgart 2020, 279 f.; J. Fündling, Kommentar zur Vita Hadriani der Historia Augusta Bd. 1 und 2, Bonn 2006, 512–4. 983–5. S. auch Festy, Abrégé 111, der dem Epitomator Glauben schenkt: „Mais cʼest avec Hadrien (qui se méfiait de ses affranchis : HA, Hadr. 21,2) que la hiérarchie des fonctions procuratoriennes fut constituée […] LʼE. est la seule source à faire état de cette réforme essentielle et à en créditer Hadrien.“ 1

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gelegen, zumindest an dieser Stelle darauf hinzuweisen. Dies könnte aus dem eigenen Zeithorizont begründet sein, in dem besonders die Heermeister das Machtpotential ihres Amtes bereits demonstriert hatten. Der Epitomator selbst wirkte zur Zeit des übermächtigen magister militum Stilicho im Westen und war Zeuge von dessen Auseinandersetzungen mit dem kaum weniger einflussreichen östlichen Prätorianerpräfekten Rufinus. Der Autor der Epitome legt besonderen Wert auf den Hinweis auf seine eigene Zeit. Damit ist als Terminus ante quem für die Entstehung der Epitome die zweite Hälfte des 5. Jh. anzusehen, da der Epitomator noch von einer Zeit auszugehen scheint, in der die magistri militum im Westen zumindest formell noch einem Kaiser unterstellt waren (vgl. dazu Einleitung S. 76 f.). 15. (1) Fulvius Die korrekte Form ist Fulvus. Die falsche Form findet sich auch bei Eutrop 8,8,1, vgl. Groß, phil. Komm. z. St. (KFHist B 3,223). (4) quam – validus Laut Schlumberger, Epitome 96 liegt hier ein „übler Stilbruch“ vor, da durch den Relativsatz die Beschreibung der äußeren Erscheinung des Kaisers unmittelbar auf den Bericht über die Außenpolitik folge. Diese Struktur muss allerdings nicht zwingend negativ bewertet werden, da die iustitia das Bindeglied zwischen Außenpolitik, Charakter und äußerer Erscheinung des Kaisers darstellt. quam leitet einen relativischen Satzanschluss ein. Die Darstellung suggeriert, dass der Kaiser auch in der Ausübung der Gerechtigkeit mit ernster Miene und eindrucksvoller äußerer Gestalt auftritt. (5) aliquantum Im Unterschied zu den früheren Herausgebern nimmt Festy zu Recht nicht die nur von zwei Hss. überlieferte Form aliquantulum in den Text. Die Bedeutung von aliquantum ist hier nicht „ziemlich viel“, sondern „ausreichend viel, eine gewisse Menge“ 1, vgl. OLD s. v. aliquantum „a certain amount or degree (of)“ und ThLL s. v. aliquantum Sp. 1603,52 f. Der Anstoß, den frühere Herausgeber der Epitome offenbar daran nahmen, dass der Kaiser „ziemlich viel“ Brot aß, ist damit beseitigt:

Zur Illustration kann Cic. fin. 4,66 dienen: si nihil est, quod tam miseros faciat quam impietas et scelus, ut iam omnes insipientes sint miseri, quod profecto sunt, non est tamen aeque miser, qui patriae consulit, et is, qui illam extinctam cupit. levatio igitur vitiorum magna fit in iis, qui habent ad virtutem progressionis aliquantum. Die Logik des Gedankengangs beruht darauf, dass aliquantum progressionis im Sinne von „ein gewisses Maß an Fortschritt“ in einer Abstufung zu levatio magna steht. 1

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Er isst nicht „ein wenig“, sondern „ausreichend“ Brot zur Aufrechterhaltung seiner Kräfte. (7) villa propria Es handelt sich hier wohl nicht um einen Ablativus loci (in 40,2 benutzt der Epitomator in villa), sondern um den Fall eines Appositionsnominativs, bei dem der Nominativ anstelle eines mit dem Hauptwort übereinstimmenden Kasus gebraucht wird, vgl. Löfstedt, Syntactica 1,81–83, H.-Sz. 28 und Galdi, Jordanes 51. Zu proprius im Sinne von suus s. H-Sz. 179 (Zus. c). (9) usque eo …, ut Zu dieser für die Epitome typischen Satzstruktur vgl. Galdi, Remarks 928 und 1,10 adeoque denique – bellum indixerit mit phil. Komm. z. St. 16. (2) obiectus est Die Form ist hier mediopassiv verwendet. Zu dieser Möglichkeit bei zahlreichen transitiven Verben s. Burkard / Schauer, Lehrbuch der lateinischen Syntax, 174 (§ 125). (3) Orientem – Italiamque Laut Bleckmann, Epitome 143 verdient der Text des Landolfus den Vorzug, da es in dieser Zeit keinen Gallienfeldzug gegeben habe und die Nennung Galliens vermutlich von einem gelehrten Kopisten stamme, der alle Reichsteile aufzählen wollte. Andernfalls müsste man annehmen, dass bereits der Epitomator Gallien fälschlich mit aufgezählt hat und Landolfus zufällig durch Weglassen das Richtige getroffen hat. Eine bewusste Korrektur ist ihm kaum zuzutrauen. terrae motus – species agris infestae Zur Ellipse der Kopula in Aufzählungen s. H.-Sz. 420 β. prorsus ut S. phil. Komm. zu 14,7 prorsus ut. quo summis angoribus Der Ablativ summis angoribus ist als Ablativ der Begleitumstände neben dem instrumentalen Ablativ quo aufzufassen, wobei die genaue grammatische Kategorisierung der Ablative nicht eindeutig ist, vgl. phil. Komm. zu 21,3 furore – ultrices. (4) credo – leniantur Der überlieferte und von Festy unverändert gedruckte Text bietet an dieser Stelle einige Schwierigkeiten, vgl. Barnes Epitome 2002,25 f. Es fehlt ein Objekt zu gignit, weswegen bereits Iucundus ea mala vor gignit ergänzen wollte. Außerdem fehlt das Subjekt zu leniantur. Callu schlägt deshalb mit Zweifel die Ergänzung von ea hinter ut vor. Es ist allerdings schwer vorstellbar, welches Dritte, den Menschen Unbekannte, neben mundi lex und natura den Menschen die Plagen schicken soll. Als „Bedrohung“ dagegen ist der Ausdruck aliudve quid hominibus incognitum gut verständlich. Mit der Ergänzung von talia vor aliudve (Vorschlag von J. Hammerstaedt) gewinnt man eine zusam-

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menfassende Wiederaufnahme der in § 3 geschilderten Übel und gleichzeitig ein sinnvolles Subjekt zu leniantur. (5) apoplexin Zur Schreibweise griechischer Wörter s. Einl., S. 119 f. (6) carminum – lascivi Ähnlich wie in 15,4 folgt die Charakterisierung der Person eng auf den Bericht eines historischen Ereignisses. Zu der Abfolge von Nominativ und Genitivus qualitatis mit Ellipse von esse zur Charakterisierung s. Einl., S. 122 f. (7) philosophiae studens Barnes, Epitome 2002,26 kritisiert Festys Entscheidung, nicht wie andere Herausgeber ein Wort wie peritissimus oder gnarus hinter litterarumque Graecarum zu ergänzen. Mit einem solchen Zusatz würde philosophiae als regulärer Dativ zu studens aufgefasst werden, während in der überlieferten Textgestalt philosophiae ein zu litterarumque Graecarum paralleler Genitiv ist. Laut Barnes bleibt Festy eine genaue Parallele für die Konstruktion von studens mit dem Genitiv schuldig. Eine solche ist aber nicht erforderlich, wenn man die zahlreichen Fälle betrachtet, bei denen das Partizip Präsens mit dem Genitiv verbunden wird, wie z. B. Genitiv nach amans, curans, sciens; vgl. den Überblick bei H.-Sz. 80 mit dem Fazit: „Schon bei Sallust …, dann seit Liv. … und Sen. … wagt die Prosa nach dem Vorgang der Dichter zahlreiche neue Fügungen.“ Vgl. auch Epit. Caes. 1,22 somni abstinens. (13) in curia – convenit Zu in mit Ablativ bei convenire vgl. ThLL s. v. convenio Sp. 823,79–824,19. (14) pari consensu Zu dieser Art der pleonastischen Ausdrucksweise vgl. J. Vahlen, Hermes 33 (1898) 246–48 und Löfstedt, Syntactica 2,178 („una bei consentire“). 17. (2) a mortuo nihil Eine vergleichbare Partie findet sich in der Hist. Aug. Aur. 28,1–2: mors autem talis fuit: cum aegrotare coepisset, filium advocavit atque ab eo primum petit, ut belli reliquias non contemneret, ne videretur rem publicam prodere. et cum filius ei respondisset cupere se primum sanitatem, ut vellet, permisit petens tamen, ut exspectasset paucos dies, haut simul proficisceretur. In indirekter Rede wird die egoistische Sorge des Commodus um die eigene Gesundheit berichtet, vgl. Schlumberger, Epitome und Historia Augusta 201. Auch in der Epitome de Caesaribus wird Commodus durch die indirekte Rede charakterisiert (ab incolumi quamvis paulatim negotia perfici posse, a mortuo nihil). Laut Schlumberger, Epitome 106 ist der Epitomator im Vergleich zur Hist. Aug. dem Commodus gegenüber positiver eingestellt, da er ihn sagen lässt, er könne die Aufgabe, wenn auch nur allmählich, zu Ende bringen. Dies trifft

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jedoch nicht zu, wenn man den Ausdruck a mortuo nihil explizit auf den sterbenden Vater bezieht. Das Dictum des Commodus besagt dann sinngemäß, er selbst könne die Angelegenheiten weiter betreiben, der Vater nach seinem Tode aber nicht mehr. incolumis würde dann synonym zu vivus als Gegensatz zu mortuus gebraucht vgl. ThLL s. v. incolumis Sp. 980,42 f. Der vorangehende Satz hic qualis futurus … ostendit ist so besser verständlich, und auch § 3 schließt überzeugender an. Es wird nicht wie in der Hist. Aug. die aus der Sorge um die eigene Sicherheit resultierende Feigheit des Commodus betont 1, sondern die Grausamkeit des Sohnes gegenüber dem sterbenden Vater, indem jener diesem vorhält, dass ein Toter nichts mehr ausrichten könne. (4) in tantum ..., ut Der Vergleich mit der entsprechenden Stelle bei Eutr. 8,15 (luxuria et obscenitate depravatus gladiatoriis armis saepissime in ludo, deinceps etiam in amphitheatro cum huiusmodi hominibus dimicavit) zeigt die Vorliebe des Epitomators für die Verwendung von durch ut eingeleiteten Konsekutivsätzen unter Abwandlung der grammatischen Struktur seiner jeweiligen Vorlage, vgl. 1,10 (adeoque denique … bellum indixerit.); 3,3 (talis, ut … fuisse) und 6,3 (ita … Gaetulicus) mit phil. Komm. zu den Stellen. 18. (2) imperator effectus Den Ausdruck effectus verwendet der Epitomator häufig statt des einfachen factus, vgl. Wölfflin, Epitome 453. obtruncatur Das historische Präsens kommt in den ersten zwölf Kapiteln der Epitome de Caesaribus gelegentlich vor (4,4 occiditur; 8,3 circumducitur; 11,12 confodiunt; 12,5 admonetur) 2; in der zweiten Hälfte deutlich häufiger, z. B. 19,3 (decollatur … ponitur); 22,2 (obtruncantur); 34,2 (designatur); 40,1 (appellantur … efficitur). Der Wechsel zwischen dem historischen Präsens und den anderen Vergangenheitstempora ist im Spätlateinischen willkürlich und folgt keinerlei festen Regeln, vgl. K.-St. 1,115 und H.-Sz. 307. (3) ad summos Der Ausdruck ist nicht ganz eindeutig, was möglicherweise den Schreiber der Hs. A sowie Helgaud zur Änderung in E. Hohl, Kaiser Commodus und Herodian, SDAW 6 (1954) 11 Anm. 48 deutet die Besorgnis des Commodus in der Hist. Aug. dahingehend, dass dieser Angst vor Ansteckung habe. Für die Hist. Aug. ist dieser Gedanke mit Blick auf Aur. 28,8 (septimo die gravatus est et solum filium admisit, quem statim dimisit, ne in eum morbus transiret) zutreffend, in der Epitome de Caesaribus dagegen spielt er keine Rolle. 2 quodque est laeti animi vel amoeni in Epit. Caes. 1,25 ist als eine generalisierende Sentenz und Feststellung allgemeiner Gegebenheiten aus Sicht des Verfassers aufzufassen, vgl. phil. Komm. z. St. 1

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summa bewogen hat. Wenn man nicht aus der vulgärlateinischen Fassung honores in den Text setzen möchte, muss man eine Ellipse von honores oder locos annehmen, für die es keine Parallele gibt. Zu dieser Problematik vgl. grundsätzlich Löfstedt, Syntactica 2,251: „Hätten wir mehr Zeugnisse der Volks- und Umgangssprache, so würden ohne Zweifel viele kühne Ellipsen, die jetzt angezweifelt oder wegemendiert werden, ihre Bestätigung finden und manche bisher unbekannte hinzukommen.“ Zu Cic. de orat. 2,85 (si intellegam posse ad summos pervenire, ...) nennen Leeman/Pinkster/Nelson in ihrem Kommentar mehrere Belege für summos homines (Cic. de orat. 1,6; 1,45; 2,360), nehmen also offenbar eine Ellipse von homines an. fortunae … pila Vgl. Plaut. Capt. 22 (enim vero di nos quasi pilas homines habent) und A. Otto, Die Sprichwörter der Römer § 818. (4) chrestologon Die Bedeutungserklärung des Wortes findet sich in der Hist. Aug. Pert. 13,5: nec multum tamen amatus est, si quidem omnes, qui libere fabulas conferebant, male Pertinacem loquebantur, chrestologum eum appellantes, qui bene loqueretur et male faceret. Zur Schreibweise griechischer Wörter s. Einl., S. 119 f. (6) patri – bonorum Zum Dativ vgl. Suet. Claud. 7 (... praeseditque … adclamante populo: „feliciter“ partim „patruo imperatoris“ partim „Germanici fratri!“.) und Suet. Dom. 13,1 (adclamari etiam in amphitheatro epuli die libenter audiit: „domino et dominae feliciter!“) sowie Hist. Aug. Comm. 18,8 f. (fidei praetorianorum feliciter. praetoriis cohortibus feliciter. exercitibus Romanis feliciter. pietati senatus feliciter.) Üblicherweise steht in derartigen formelhaften Ausdrücken der Dativ in Verbindung mit feliciter, aber auch der bloße Dativ ist inschriftlich belegt, vgl. H.-Sz. 93 zum Dativus commodi bei Interjektionen. Es lässt sich nicht endgültig entscheiden, ob die Form bonorum als maskulines Substantiv1 (wie in Epit. Caes. 11,6 [... atrox caedibus bonorum ...] und 48,9 [in omnes homines honorificus, verum effusius in bonos]) oder als Neutrum (wie in 1,31 [... nisi magnis naturae et studiorum bonis abundasset]; 9,2 [... inter cetera bona illud singulare fuit, ...] und 47,5 [... cunctisque esset plenus bonis ...]) aufzufassen ist. 19. (2) in Pannoniae Sabaria Bei Pannoniae handelt es sich um einen Genitivus possessivus, der die Region angibt, zu der die Stadt gehört, vgl. H.-Sz. 60 und Galdi, Jordanes 59.

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Vgl. auch ThLL s. v. bonus Sp. 2082, 50–78.

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(3) ab hoc Severo Auf die auffällige Verbindung des Demonstrativpronomens mit dem Eigennamen weist Wölfflin, Epitome 448 hin, vgl. Einl., S. 131. Das Phänomen findet sich auch bei Jordanes, vgl. Galdi, Jordanes 191 Anm. 28. decollatur … ponitur Zum historischen Präsens s. phil. Komm. zu 18,2 obtruncatur. 20. (6) ac Laterani Ch. Gnilka, ZPE 188 (2014) 71 weist zu Recht darauf hin, dass der Gebrauch von ac die Deutung ausschließt, die aedes Parthorum seien identisch mit den aedes Laterani, weil es dann sive Laterani heißen müßte. (8) Punica … promptior Zu promptus mit dem bloßen Ablativ vgl. ThLL s. v. Sp. 1887,67–1888,2, der auch Epit. Caes. 42,7 (legendi studio promptus) und 43,6 (usu promptior corporis) anführt, sowie Scardino zu Aur. Vict. 40,14 promptum virtutibus (KFHist B 2,321). Lepcim Lepcis statt Leptis ist inschriftlich überliefert, vgl. F. Bücheler, Lepcis, RhM 59 (1904) 638–40 (= Kleine Schriften 3, Leipzig 1930, 322– 24) und näher an den in den Hss. der Epitome de Caesaribus überlieferten Formen. provinciae Africae Zur dieser Art des Genitivs s. phil. Komm. zu 19,2 in Pannoniae Sabaria. (9) dum … nequiret Der Konjunktiv Imperfekt nach dum ist nachklassisch, vgl. K.-St. 2,377, H.-Sz. 613 f. und Galdi, Jordanes 427. Der Nebensatz hat an dieser Stelle neben der temporalen auch eine kausale Bedeutung, vgl. H.-Sz. 614 (Zus. α). 21. (3) furore – ultrices Festy, Abrégé 132 Anm. 5 verweist auf die Reminiszenz an Vergil Aen. 4,473 (ultricesque sedent in limine Dirae) und Aen. 4,610 (et Dirae ultrices). Schlumberger, Epitome 239 f. nimmt Vergilinteresse beim Autor der Epitomequelle an. Zur Bedeutung Vergils s. Epit. Caes. 1,2 ab Aenea und 1,9 Indi – Aethiopes mit Komm. z. St. Die beiden Ablative furore und insectatione lassen sich nicht eindeutig einer konkreten grammatischen Kategorie zuordnen. Beide können jeweils sowohl als instrumentaler Ablativ als auch als Ablativ des begleitenden Umstands aufgefasst werden. (5) quippe … uxorem Die Partie ist fast wörtlich aus Eutrop 8,20,1 (inpatientis libidinis, qui novercam suam Iuliam uxorem duxerit) übernommen. Das quippe qui des Epitomators betont den kausalen Zusammenhang zwischen der Handlung des Kaisers und dem Urteil über seinen Charakter, vgl. H.-Sz. 560.

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22. (2) obtruncantur Zum historischen Präsens s. Komm. zu 18,2 obtruncatur. pro eo, quod … comprimeret Die Verbindung pro eo, quod übernimmt aufgrund der Farblosigkeit von quod (und zunehmend auch eo quod) im Spätlateinischen kausale Funktion, vgl. H.-Sz. 579 f., 583 (a) und Galdi, Jordanes 378 f. Der Grund für den Konjunktiv comprimeret liegt darin, dass der Autor die Handlung nicht als vollendete, sondern als beabsichtigte präsentieren möchte. pro eo, quod kommt in der Epitome sonst nur noch in 1,24 (pro eo, quod ... conscripsit, ...) vor. 23. (1) biennio … octo Diese in allen Hss. im Ablativ überlieferte Stelle bietet ein Indiz dafür, dass der Epitomator neben dem Akkusativ der zeitlichen Erstreckung auch den Ablativ verwendete. Die indirekte Überlieferung hat annos duos et menses octo, vgl. auch annis in 13,1 mit phil. Komm. z. St. (3) matrimonio … suo Zu weiteren Belegen für die Verbindung matrimonio iungere und Possessivpronomen vgl. ThLL s. v. matrimonium Sp. 478,7–9. abscisisque -que verknüpft das Partizip Präsens mit dem Ablativus absolutus. Syntaktisch stehen die beiden Maßnahmen, mit denen der Kaiser sich dem Kult der Göttermutter weiht, auf einer Ebene. Zum Wechsel von Participium coniunctum und Ablativus absolutus in parallelen Gliedern vgl. H.-Sz. 385. (6) appellantibus Mit der überlieferten Form appellantium ist der Satz nicht zu konstruieren. Ein von militari cavillo abhängiger Genitiv, der sinngemäß auf a militibus zu beziehen wäre, ist nicht verständlich. Die Änderung der Endung stellt einen geringfügigen textkritischen Eingriff dar, der zudem durch die vulgärlateinische Fassung (irridentibus atque dicentibus) gestützt wird. (7) Tiberinus Nur Landolfus bewahrt die richtige Form des Spottnamens Tiberinus, der auch durch Hist. Aug. Heliog. 17,5 (appellatus est … Tiberinus et Tractatitius) sowie Cass. Dio 80,1,1 und 21,3 belegt ist. Alföldy, Schimpfnamen 13–16 legt dar, dass der Name Tiberinus nicht nur darauf verweist, dass der Leichnam des Kaisers in den Tiber geworfen wurde, sondern zugleich auf den Tiberinus genannten Fisch anspielt, der sich von in den Tiber geleiteten Abfällen ernährte (vgl. auch Turcan, Histoire Auguste, Tome III 1re partie: Vies de Macrin, Diaduménien, Héliogabale, 192).

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Tractitiusque Festy übernimmt die von Callu vorgeschlagene Schreibweise Tracticiusque. Es ist jedoch zu bedenken, dass laut Stotz 3,188 im Falle der Vertauschung von –ci und –ti vor einem Vokal weit häufiger –ci für –ti eintritt als umgekehrt. Hist. Aug. Heliog. 17,5 erscheint Tractaticius als Variante in Hohls Apparat. Da weder Tractitius noch Tractatitius sonst in der antiken Literatur belegt sind, vgl. Alföldy, Schimpfnamen 17 Anm. 29 und der Spottname in der gesamten direkten und indirekten Überlieferung der Epitome de Caesaribus entstellt ist, ist keine letzte Sicherheit zu erlangen. Auch in diesem Namen liegt eine doppelte Bedeutung: Der Kaiser wurde nicht nur durch die Straßen Roms geschleift, sondern die Ableitung des Schimpfnamens vom Verb tractare deutet auch auf seinen unmoralischen Lebenswandel hin, vgl. G. Alföldy, Schimpfnamen 16–18 sowie Scardino, Komm. zu Aur. Vict. 23,2 visendis tractandisve artibus libidinum ferendarum (KFHist B 2,209). 24. (1) Severus Alexander Zunächst wohl (M. Iulius Gessius) Bassianus Alexianos genannt (Hdn. 5,7,3: Alexianos; Cass. Dio 79,30,3: Bassianus). Die Epitome selbst nennt ihn in 23,4 irrigerweise Marcellus wie auch Pol. Silv. princ. 31 (KFHist B 6), was nach Festy, Abrégé 137 eine Verbindung mit Elagabals Vater Sex. Marius Marcellus (PIR² V 282) schafft. Damit hätte die Quelle der Epitome de Caesaribus gute prosopographische Kenntnisse über die Severer gehabt. In anderem Kontext begegnet der Name Marcellus auch in Hist. Aug. Alex. 4,6, nämlich im Zusammenhang mit einer vermeintlichen Verfolgung des Severus Alexander durch Elagabal: Für Severus Alexander sei ein Zitat aus Verg. Aen. 6,883 f. als Losorakel gezogen worden, in dem es um Marcellus, den Neffen des Augustus geht (hierzu ausführlich BertrandDagenbach, Histoire Auguste 66 f.). Eine gemeinsame Quelle ist hier nicht nachweisbar, aber möglich. Nach seiner Adoption durch Elagabal und der Ernennung zum Caesar im Juni 221 (Fer. Dur. col 2,15.) wurde der Name des Severus Alexander in M. Aurelius Alexander geändert und um den ungewöhnlichen Titel (nobilissimus) Caesar imperi(i) et sacerdo(tis) ergänzt (CIL VI 2001; CIL VII 585; bes. das Prätorianer-Diplom CIL XVI 140). Nach dem Tod Elagabals (11./12. März) akklamierte das Heer ihn am 13. März 222 zum Imperator. Seither bezog er sich in den Angaben zu seiner Herkunft deutlicher auf die Severer vor Elagabal (bes. Caracalla [vgl. Cod. Iust. 6,54,6]) und nahm den Namen M. Aurelius Severus Alexander an (vgl. PIR² A 1610; Kienast, Kaisertabelle 171–3). Schon im von der Epitome wiedergegebenen Namen zeigt sich der Kontrast zur

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EKG-Tradition (Aurelius Alexander, vgl. EKG fr. 64 mit Komm. [KFHist B 1,165–7]). regierte 13 Jahre Severus Alexander regierte vom 13. März 222 (Fer. Dur. col. 1,23) bis März 235 (laut A. R. Birley 19. März 235 1). Der Epitomator hat geringfügig gerundet (vgl. auch Hier. chron. 215, 1–2: 13 Jahre; Eutr. 8,23 und Hist. Aug. Alex. 60,1: 13 Jahre und 9 Tage; nach Aur. Vict. 24,7: neque ultra annos tredecim.). Die Origo gentis Romanorum [61 (KFHist B 5)] erweitert die Herrschaft auf 13 Jahre, 8 Monate und 9 Tage, Herodian (6,9,8) rundet sogar um ein ganzes Jahr auf. In diesen beiden Quellen wird vermutlich ab der Ernennung des Severus Alexander zum Caesar gezählt (vgl. Festy, Abrégé 138; G. Pfund, Von Picus bis Licinius. Historischer Kommentar zu den Chronica urbis Romae im Chronographen von 354, Stuttgart 2021, 247 f.; s. die ausführliche Darstellung der Quellen zu Herrschafts- und Lebensdaten des Severus Alexander bei Bertrand-Dagenbach, Histoire Auguste XLVI–L). Er war gut für den Staat, aber ein Unglück für sich selbst Die Zwiespältigkeit, die in der kurzen Darstellung der Epitome zu Severus Alexander durchscheint, ist für die erhaltenen lateinischen Werke ungewöhnlich, die sonst ein überaus positives Bild des Kaisers zeichnen, allen voran Aurelius Victor (24) und der Autor der Historia Augusta (Alex.; zur Julian-Angleichung in der Historia Augusta BertrandDagenbach, Histoire Auguste LXXXVI). Das Resümee Herodians (6,9,8) passt zwar zum Gesamtbild, das die Epitome vermittelt, Herodian kann aber hier nicht die direkte Quelle gewesen sein, ebensowenig wie die EKG, da die Parallelen zu Victor und Eutrop sonst ausgeprägter wären (vgl. Schlumberger, Epitome 135). Der Epitomator bewegt sich in einem Teil der griechischen Tradition, die vor allem das Verhältnis des Severus Alexander zu seiner Mutter thematisiert (s. Komm. zu 24,4 f.). Die antithetische Bemerkung kündigt schon vom unwürdigen Ende des Kaisers (24,4). Mit den von der Epitome hervorgehobenen Leistungen könnte die Expedition gegen die Sa̅sa̅niden gemeint sein (Aur. Vict. 24,2 2), da der Epitomator an militärischen Aktionen sonst nur die Unterdrückung des Usurpators Taurinus im Osten erwähnt (zum Verhältnis zu den Soldaten A. R. Birley, Art. S. Alexander, in: DNP 11 (2001), 486 f. hier 487 bezieht sich auf die armenische Fassung der Chronik Eusebs (Ed. Karst, S. 225), auf Hdn. 6,9,7 und Hist. Aug. Alex. 59,6. 2 Der Epitomator spart erfolgreiche Operationen gegen die Perser meist aus, vgl. Einl., S. 78 f. 1

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während der Persienexpedition s. aber D. Städtler, Münzen und Denkmäler von und für Severus Alexander, Hamburg 2021, 92 f.) oder die Disziplinierung der Soldaten, die Aurelius Victor (24,3) zwar lobt, gleichzeitig aber für den Untergang des Severus Alexander verantwortlich macht. Nach Festy, Abrégé XXVII–XXXI; 138 u. 140. schöpft der Epitomator hier das erste Mal intensiv aus Nicomachus Flavianus, zu den Quellen s. Einleitung S. 80–90. (2) stürzte sich Taurinus … aus Angst in den Fluss Euphrat Taurinus (PIR² T 41; Kienast, Kaisertabelle 175) wird ebenfalls von Polemius Silvius (princ. 31 [KFHist B 6]) erwähnt, dieser kennt allerdings noch als drei weitere Usurpatoren Sallustius, Uranius und Seleucus, alle vier erheben sich laut diesem zudem unter Elagabal. Zosimos (1,12) erwähnt zwei gescheiterte Usurpatoren unter Severus Alexander: Antoninus, der aus Angst das Amt niederlegt und flüchtet sowie den Sklavensohn Uranius. Diesen nennt auch Synkellos und lokalisiert die Usurpation genauer in Edessa in der Osroene (S. 438 Mosshammer). Cassius Dio berichtet unspezifisch von mehreren Aufständen durch verschiedene Personen und vom Mord eines Kommandanten durch in Mesopotamien stationierte Soldaten (Cass. Dio 80,3,1 und 4,2). Herodian (6,4,7) weiß von Militäraufständen in Ägypten und Syrien, was zum Tod des Taurinus im Euphrat passt. Teils wurden Taurinus, Uranius und Antoninus zur selben Person erklärt, teils davon ausgegangen, dass es sich bei jenem um den Usurpator von 253/4 aus Emesa handelt. Letztere Interpretation wurde von H. R. Baldus, Uranius Antoninus. Münzprägung und Geschichte, Bonn 1971, 85. 166–72 mit starken Argumenten zurückgewiesen 1. Wenn auch eine Rückprojektion nicht ausgeschlossen ist, zumal die Zeitgenossen keine Namen nennen, ist mit Baldus eher davon auszugehen, dass die Usurpatoren so zu trennen sind wie es Zosimos angibt. Der Taurinus der Epitome könnte dabei sowohl Uranius, als auch Antoninus sein. Zum Erstgenannten passen vor allem die genauen Angaben des Synkellos, zum Letztgenanntem der Name, der eine Angleichung an das severische Herrscherhaus impliziert, aber vor allem, dass Zosimos von der Furcht berichtet, die Antoninus veranlasst haben soll, die Kaiserwürde niederzulegen. In der Epitome wird allerdings nicht Solyom, Epitome 133 f. meint Sallustius Uranius Seleucus (=Taurinus) sei der Vater von Uranius Antoninus und stützt sich dabei auf D. Kienast, Römische Kaisertabelle. Grundzüge einer römischen Kaiserchronologie, Darmstadt ³2004, 176. Aus welcher Quelle er dies erschließt, wird nicht deutlich. 1

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deutlich, wovor Taurinus sich fürchtet. Die Angst vor einer Strafe durch den heranrückenden Kaiser wäre ebenso denkbar, wie vor den Persern (vgl. zu Taurinus auch J. Sünskes Thompson, Aufstände und Protestaktionen im Imperium Romanum. Die severischen Kaiser im Spannungsfeld innerpolitischer Konflikte, Bonn 1990, 85–7). Die EKGTradition legte, anders als die Epitome, ihren Fokus auf die Persienoperation selbst, vgl. EKG fr. 64 mit Komm. (KFHist B 1,165–7). (3) Dann übernahm auch Maximinus – die Herrschaft. Die Disziplinlosigkeit der Soldaten, die vor allem Cassius Dio (80,4,2) und Herodian beklagen (s. vorheriges Lemma), scheint sich hier zusammengefasst niederzuschlagen und für die Epitome de Caesaribus letzten Endes zum Aufstieg des Maximinus Thrax zu führen. Dass Maximinus Thrax nicht wegen seiner Leistungen oder seiner Beliebtheit bei den Soldaten, sondern wegen Geldzahlungen an diese erhoben worden sei, lässt ihn umso unwürdiger erscheinen. (4) fuisse Zum Infinitiv Perfekt anstelle des Infinitiv Präsens vgl. K.-St. 1,133–35 und H.-Sz. 352. cervices … compressas Der Text der direkten Überlieferung ergibt wenig Sinn. valide compressus könnte zwar mit „in großer Bedrängnis“ übersetzt werden, aber dieser Ausdruck wäre im Zusammenhang der Erzählung wenig anschaulich. Deswegen ist die durch Landolfus überlieferte Form compressas vorzuziehen. Severus Alexander hält dem Henker seinen Nacken nicht mutig und offen, sondern zwischen Kopf und Schultern zusammengedrückt, hin. Hier heißt cervices „Nacken“ wie in Epit. Caes. 32,6 (... pedem cervicibus eius imponens ...). Zur Verbindung mit praebere vgl. ThLL s. v. cervix Sp. 948,45–47. Das Partizip Perfekt Passiv compressas ist nicht zwingend vorzeitig aufzufassen, vgl. K.-St. 1,757 f. die Ursache seines Todes Severus Alexander wurde bei Mainz getötet (Origo Rom. 61 [KFHist B 5]; Ser. reg. 155,15; Hier. chron. 216c). Die Umstände des Todes werden ausführlicher aber sehr ähnlich auch von Herodian (6,9,5–7) beschrieben, dieser berichtet jedoch, dass mehrere Mörder von Maximinus Thrax geschickt wurden 1; hier ist Zonaras (12,15 [S. 123,4–6 Dindorf]) mit der Nachricht von nur einem Mörder näher an Ebenso berichtet die Historia Augusta (Alex. 59,7 f.) von mehreren durch Maximinus Thrax geschickten Mördern, räumt aber ein, verschiedene Versionen des Hergangs der Ereignisse zu kennen. Eine partielle Benutzung des Herodian durch den Autor der Historia Augusta ist in dieser Stelle nicht unwahrscheinlich. 1

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der Epitome, berichtet aber ebenfalls insgesamt ausführlicher, eine gemeinsame Quellentradition ist durchaus denkbar 1. In der Epitome ist besonders compressas/compressus schwierig zu deuten. Es könnte sich um den Überrest einer ausführlicheren Schilderung handeln, in der die herodianische Kritik an Alexanders Hörigkeit gegenüber seiner Mutter bis zu seinem Tod weiter ausgebaut wurde. Diesen Aspekt heben auch Julian (Caes. 313a f.) und Ammian (26,7,20) in ihrer Rückschau hervor. Genauso könnte auch der Akt des Mordes selbst gemeint sein, der später in Chron. Pasch. S. 500,11–4 (Dindorf) missverstanden worden ist, in dieser Notiz wird Mamaea in einem Zelt erdrosselt (zu den undurchsichtigen Quellenverhältnissen Brecht, Reichskrise 82). S. aber auch die Erklärung im phil. Komm. Der Epitomator kritisiert, dass der Kaiser sich zeit seines Lebens von seiner Mutter habe leiten lassen und begründet damit die Situation, die zum Tod des Severus Alexander geführt habe. im sechsundzwanzigsten Jahr seines Lebens Wie die Herrschaftsdauer führt die Epitome die korrekte Lebensdauer des Kaisers an. Severus Alexander wurde am 1. Oktober (Philocal. fast. S. 95 [Divjak / Wischmeier]) 209/10 geboren, laut Hdn. 5,3,3 war er 218 10 Jahre alt und 221 12 Jahre (Hdn. 5,7,4). Somit scheinen die Angaben in Hist. Aug. Alex. 60,1 und Chron. Pasch. S. 500,13, falsch zu sein, die angeben, Severus Alexander wäre mit ca. 30 Jahren gestorben (vgl. Festy, Abrégé 140). (5) quamvis – altero Der bloße Ablativ ist hier unproblematisch, vgl. das Trikolon in Epit. Caes. 18,5 communem se affatu convivio incessu praebebat, so dass die Änderung des von Landolfus überlieferten altero in alteri überflüssig ist. Diese Stelle ist eines der schlagenden Beispiele dafür, dass Landolfus eine bessere Vorlage als die Hss. der direkten Überlieferung hatte, s. Einl, S. 111. Seine Mutter Mamaea Iulia Avita Mamaea Augusta (PIR² I 649; Kienast, Kaisertabelle 174). Der Einfluss Mamaeas auf ihren Sohn bzw. die starke Bindung zwischen Severus Alexander und seiner Mutter wird von mehreren Quellen betont, bisweilen aber unterschiedlich bewertet: Aurelius Victor (24,5) erwähnt – wie Eutrop (8,23) in seiner generell knappen Beschreibung – lediglich die pietas, die Severus Alexander gegenüber seiner Mutter auszeichnete. Den Geiz Mamaeas kennt die Historia Augusta (Alex. 59,8), beurteilt die Kaisermutter dennoch Zonaras sah sich vermutlich schon für seinen Bericht nach 229 gezwungen, mehrere Quellen im Wechsel zu verwenden, vgl. Bleckmann, Reichskrise 32–4; aber auch ders., Historia Augusta, Zonaras und Herodian 20. 1

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insgesamt positiv, besonders in ihrer beratenden und erzieherischen Funktion (hierzu ausführlich Nadolny, Severische Kaiserfrauen 194–203). Cassius Dio deutet den Einfluss der Kaisermutter nur an wenigen Stellen seines Berichts an und stellt vor allem Ulpian als maßgeblichen Berater des Severus Alexander dar (vgl. 80,2,2;19,1;20,2; Nadolny, 156–8). Laut Herodian ersetzt Mamaea nach dem Untergang Elagabals diesen als Antagonisten des Severus Alexander. Sie wird so letztendlich für das Scheitern der Regierung ihres Sohnes verantwortlich gemacht (vgl. E. Kettenhofen, Die syrischen Augustae in der historischen Überlieferung. Ein Beitrag zum Problem der Orientalisierung, Bonn 1979, 54; Nadolny, 173–9). So ist die Epitome de Caesaribus in ihrer eher negativ konnotierten Darstellung Mamaeas abermals näher bei dieser griechischen Tradition. Die Anekdote über Mamaeas herrisches Auftreten, die Nahrungsaufnahme ihres Sohnes betreffend, ist ein Unikat, dürfte aber wahrscheinlich nicht vom Epitomator selbst erdacht worden sein (vgl. Schlumberger, Epitome 136). Die Rolle, die Mamaea für die Bewertung der Regierung des Severus Alexander gegeben wird, zeigt sich auch in der Benennung des Kaisers als „Sohn der Mamaea“ 1. Auch Ammian (26,7,20) erwähnt, dass Severus Alexander gemeinsam mit seiner Mutter ermordet wurde, sie also stets an seiner Seite war. 25. (1) Iulius Maximinus Thrax Eigentlich C. Iulius Verus Maximinus (PIR² I 619; Kienast, Kaisertabelle 176). Die Epitome de Caesaribus ist die älteste Quelle, die den heute geläufigen Beinamen Thrax kennt. Schlumberger, Epitome 137 Anm. 19 vermutet, dass der Beiname dem Autor des 4. Jh. möglicherweise dazu diente, Maximinus Thrax von Maximinus Daia zu unterscheiden. Aur. Vict. 25,1 (Gaius Iulius Maximinus) und Eutr. 9,1,1 (Maximinus) bzw. deren Quelle erachteten diese Unterscheidung aber nicht für notwendig. Der Epitomator muss den Namen einer verlorenen Quelle entnommen oder selbst erdacht haben. Eine Vorliebe für charakterisierende Namen hat der Epitomator in jedem Fall (vgl. zu 32,1; 39,2; 40,18; 41,16; Einleitung S. 95). Der Ursprung des Beinamens Thrax liegt vermutlich in der Bemerkung bei Hdn. 6,8,1: ἦν δέ τιϲ ἐν τῷ ϲτρατῷ Μαξιμῖνοϲ ὄνομα, τὸ μὲν γένοϲ τῶν ἐνδοτάτω Θρᾳκῶν καὶ μιξοβαρβάρων […]. Die diffamierende Behauptung, Maximinus stamme von thrakischen Halbbarbaren ab, wird ähnlich von Bspw.: Iord. Get. 83; Zonar. 12,15 (S. 119,31–S. 120,1 Dindorf); Hier. chron. 215,1– 2; Joh. Ant. fr. 219 Roberto; Joh. Mal. S. 225 (Thurn); Asinius Quadratus T1 (KFHist A 1]). 1

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Jordanes (Rom. 281; Get. 83) wiedergegeben und um weitere Details ausgeschmückt, die Jordanes möglicherweise Hist. Aug. Maximin. 1,5 f. entnahm (hic de vico Thraciae vicino barbaris, barbaro etiam patre et matre genitus, quorum alter e Gothia, alter ex Alanis genitus esse perhibetur. et patri quidem nomen Micca, matri Ababa fuisse dicitur). Auch Zonaras (12,15 [S. 122,22–24 Dindorf]) nennt ihn einen thrakischen Barbaren und zudem einen Schafhirten (wie Hdn. 7,1,2). Die Informationen des Zonaras stammen wahrscheinlich aus der Leoquelle, (vgl. Festy, Abrégé 141). Synkellos (S. 443 Mosshammer) behauptet, dass Maximinus Thrax Moesier wäre, was Syme, Emperors 185 f. für wahrscheinlich hält; dagegen, und für die Informationen Herodians, plädiert Lippold, Maximini Duo 198–202. Vgl. auch Paschoud, Vies des deux Maximins 84–6. aus dem Soldatenstand Bis auf Macrinus stammten die bisherigen Kaiser aus dem ordo senatorius. Maximinus Thrax absolvierte eine rein ritterlich-militärische Laufbahn, deren Zenit die Präfektur über die Provinz Mesopotamien und womöglich der Rang eines praefectus tironum waren. Der genaue Hergang seiner Karriere lässt sich nur schwer rekonstruieren (vgl. Huttner, Von Maximinus Thrax 162 f.). Die Angabe der Epitome stammt aus der EKG (vgl. fr. 67 mit Komm. [KFHist B 1,169 f.]). regierte drei Jahre Zum Kaiser wurde Maximinus Thrax im Februar oder März 235 erhoben. Der Zeitpunkt seines Todes ist nicht genau bestimmbar. Sollte es sich um Mitte April 238 handeln (Kienast, Kaisertabelle 176), wäre Eutr. 9,1,1 (KFHist B 3) mit imperaverat triennio et paucis diebus präziser. 25. (2) dum persequitur dum ist an dieser Stelle vorwiegend temporal gebraucht, wobei eine kausale Bedeutung nicht ganz auszuschließen ist, vgl. auch den Gebrauch von dum in 14,8 dum ... afficitur und 16,4 dum ... gignit sowie H.-Sz. 614 (Zus. α) und Galdi, Jordanes 425. Der Epitomator verwendet dum sowohl mit dem Indikativ Präsens als auch mit dem Konjunktiv Imperfekt, s. Komm. zu 20,9 dum … nequiret. insontes pariter noxiosque Eine ähnliche Wendung findet sich bereits in Epit. Caes. 2,9 (cum immani furore insontes noxios, suos pariter externosque puniret). Dort folgt der Epitomator seiner Vorlage Aur. Vict. 2,1 (atque atrocius puniens insontes noxios, suos pariter externosque); in 25,2 greift er die Formulierung selbständig auf. die Reichen, gleichermaßen Unschuldige und Schuldige, verfolgte Die Bemerkung scheint auf Tendenzen griechischer Tradition zu fußen,

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denn ähnliche Angaben hat Herodian (7,3) und – vermutlich auf der Grundlage von diesem – Hist. Aug. Maximin. 13,5. Die größte Übereinstimmung mit der Epitome zeigt Zos. 1,13,3 (vgl. Schlumberger 137 mit Anm. 22). Zonaras (12,16 [S. 125,12–15 Dindorf]) berichtet von der Schröpfung der Eliten in Africa, was dieser aus der Leoquelle entnommen hat, in die wiederum Herodian eingeflossen ist, vgl. Bleckmann, Reichskrise 416 (Tabelle: Maximinus Thrax); ders. Historia Augusta, Zonaras und Herodian 21. 24 f. apud Aquileiam Bei Städtenamen kann die Präposition apud sowohl mit „in“ als auch mit „bei“ übersetzt werden, vgl. Wölfflin, Epitome 451. Entscheidend ist der Zusammenhang: Maximinus wurde bei der Belagerung von Aquileia getötet, vgl. Eutrop 9,1 Aquileiae mit Bleckmann Komm. zu „von Pupienus in Aquileia getötet“ (KFHist B 3,230). bei Aquileia in Stücke gerissen zusammen mit seinem Sohn Die Epitome verweist nur auf wenige Aspekte der Herrschaft des Maximinus Thrax und verschweigt wie schon im Bericht zu Severus Alexander und im Gegensatz zu Aur. Vict. 26,1 und Eutr. 9,1,1 die militärischen Kampagnen gegen Germanen, in denen Maximinus Thrax durchaus erfolgreich war und tief ins germanische Gebiet vordrang 1. Der Epitomator verzichtet ebenfalls darauf, über die Aufstände gegen Maximinus Thrax in Nordafrika (vgl. zu 26,1) zu berichten und beschränkt sich auf die Ereignisse in Norditalien. Damit notiert die Epitome lediglich die Niederlage und den Tod des Maximinus und seines Sohnes (zum Fokus auf Norditalien s. Einleitung S. 78 f.). Die plastische Beschreibung des Todes (in dem Fall der Maximini) ist dabei ein Charakteristikum der Epitome (vgl. bes. 28,1; 42,6; Einleitung S. 95). Dem Epitomator zufolge wurde (der Körper des) Maximinus zerrissen (discerptus est). Vielleicht ist auch an die Abtrennung und Zurschaustellung des Kopfes gedacht (Hist. Aug. Maximin. 23,6; Hdn. 8,6,7–8; Zonar. 12,22 [S. 126,18–22 Dindorf] mit Bleckmann, Historia Augusta, Zonaras und Herodian 26 f.). Eine Inspiration durch den zeitgenössischen Hintergrund der Usurpation des Magnus Maximus und seines Sohnes ist beim Epitomator nicht ausgeschlossen. Diese wurde ebenfalls in Aquileia (48,6) niedergeschlagen Vgl. hierzu s. F. Berger u. a., Die römischgermanische Auseinandersetzung am Harzhorn (Ldkr. Northeim, Niedersachsen), Germania 88 (2010) 313–402; H. Pöppelmann u. a., Roms vergessener Feldzug. Die Schlacht am Harzhorn, Darmstadt 2013. Zu historiographischen Nachrichten zum Feldzug auch Bleckmann, Historia Augusta, Zonaras und Herodian 17–19. 1

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und die Leiche des Maximus ähnlich wie die des Maximinus behandelt (vgl. Paneg. 2(12) 45,1–3; 44,1 1: non discerpi in frusta iussisti?). Gleichzeitig gibt der Epitomator die Geschehnisse korrekt wieder und korrigiert damit die EKG-Tradition, in der die Soldaten Maximinus lediglich im Stich lassen und dieser von Pupienus ermordet wird (vgl. EKG fr. 68 mit Komm. [KFHist B 1,170 f.]). Nachdem der Senat Pupienus und Balbinus zu Augusti und Gordian III. zum Caesar bestellt hatte, wurde Aquileia verbarrikadiert. Das dort ausgetragene bellum Aquileiense (CIL VI 41229; Hdn. 8,2,5–6) bestritten allerdings vor allem die Bevölkerung und die Konsuln Rutilius Pudens Crispinus (PIR² R 257) und Tullius Menophilus (PIR² T 387; vgl. Huttner, Von Maximinus Thrax 175–7). Die Soldaten des Maximinus unterwarfen sich schließlich Pupienus, nachdem einer von ihnen Maximinus getötet hatte. Die korrekte Version stimmt mit der griechischen Tradition überein (vgl. Hdn. 8,5–6; Zos. 1,15; Zonar. 12,16 [S. 126,4–22 Dindorf]). nec catulum habendum Der überlieferte Text ist verständlich und wird daher nicht geändert; zu habere für das Halten von Tieren vgl. ThLL s. v. habere Sp. 2399,10–20. Festy, Abrégé 142 Anm. 4 nimmt einen griechischen Ursprung des Soldatenwitzes an und verweist auf Arist. ran. 1431 (οὐ χρὴ λέοντοϲ σκύμνον ἐν πόλει τρέφειν); zu dem Motiv im allgemeinen vgl. Fraenkels Kommentar zu Aesch. Ag. 736. Vor diesem Hintergrund erscheint C. M. Lucarinis Konjektur alendum als sehr elegant. Der Epitomator benutzt Formen von alere sonst noch in 12,4 (puellas puerosque natos parentibus egestosis sumptu publico per Italiae oppida ali iussit) und 41,9 (quod ab eo genere ortus altusque erat). Die Pointe bestünde dann nicht im bloßen Halten des Hündchens, sondern darin, dass man es durch Aufzucht groß werden lässt. Es ist allerdings zweifelhaft, ob man dem Epitomator die Kenntnis dieses literarischen Motivs zutrauen darf. nicht einmal ein junges Hündchen aus übler Herkunft Der hier als „Hündchen“ angesprochene und ebenfalls ermordete Sohn des Maximinus Thrax, C. Iulius Maximus wurde 236 zum Caesar ernannt (PIR² I 620; Kienast, Kaisertabelle 178). Der Spott der Soldaten ist nur aus der Epitome Im Panegyrikus des Pacatus (44,1–3) geht es darum, dass Theodosius I. nicht gewünscht habe, Maximus „in Stücke zu reißen“. Der Usurpator sei dennoch von den Anhängern des Theodosius getötet worden. In 45,2 beschreibt Pacatus dann, wie der abgetrennte Kopf des Usurpators als mahnendes Beispiel für mögliche Aufrührer dienen solle. 1

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bekannt und stammt wahrscheinlich ebenfalls aus einer von griechischer Tradition beeinflussten Quelle. Nach Festy, Abrégé 142 ist es auf einen ähnlichen Ausspruch des Aristophanes zurückzuführen, bei dem es allerdings um eine Löwenjunges geht (s. phil. Komm.). Auch zum Ableben Elagabals gibt der Epitomator (23,6) einen Soldatenwitz wieder, in dem der tote Kaiser als Hündin bezeichnet wird, womit dort auf die Wollust des Kaisers angespielt wird. Hier scheint es dem Epitomator eher um Kritik an der Soldateska zu gehen, die im blinden Blutrausch neben dem schuldigen Vater auch den unschuldigen, würdigeren Sohn umbringt (vgl. Hist. Aug. Maximin. 22,6; 24,1 [bonitate filii]; Amm. 14,2,8 hebt seine Mutter lobend hervor). Deutlicher zeigt sich das Motiv des besseren Sohnes in der Notiz zu Philippus Arabs und dessen Sohn (28,3). 26. (1) huius imperio Während in der Epitome öfters der Ausdruck huius tempore vorkommt (z. B. 4,4. 8,3. 16,11. 35,3. 45,7), erscheint der bloße Ablativ imperio mit Demonstrativpronomen im Genitiv nur hier. Unter seiner Herrschaft Kapitel 26 gehört chronologisch eigentlich in den Bericht zu Maximinus Thrax und behandelt die Usurpationen unter seiner Herrschaft und damit auch die Maßnahmen, die der Senat gegen ihn ergriff (zu den Akteuren vgl. generell K. Dietz, Senatus contra principem: Untersuchungen zur senatorischen Opposition gegen Kaiser Maximinus Thrax, München 1980, bes. 314–39). Dass die Epitome die – zwar nicht durch den Senat initiierte, aber von diesem gebilligte – Erhebung der beiden Gordiane zu Gegenkaisern nicht als legitim kennzeichnet und keine Regierungsdaten zu ihnen noch zu Pupienus und Balbinus angibt, wertet Festy, Abrégé 142 an dieser Stelle als Ausdruck der antisenatorischen Haltung des Epitomators. Damit dürfte Festy diesem m. E. zu viel implizite Kritik zutrauen, zumal die Epitome den Senat hier gar nicht erwähnt. Dessen Handeln wird in griechischen Quellen, die auch Eingang in die Historia Augusta fanden, als rechtmäßig gewertet (vgl. Hdn. 7,4–6; Hist. Aug. Maximin. 14,5–15 f. [die durchaus klar machen, dass der Senat vor allem aus einer Notsituation heraus gehandelt hat]; Zos. 1,14,1 f.). Die Epitome folgt der EKG darin, dass Gordian III. für die Herrschaft stärker legitimiert war als die beiden Senatskaiser (vgl. EKG fr. 70 mit Komm. [KFHist. B 1,171 f.]). ergriffen die beiden Gordiane, Vater und Sohn Der greise Prokonsul von Africa M. Antonius Gordianus Sempronianus Romanus (Gordian I., im Zuge der Erhebung: Africanus), der den cursus honorum ordnungsgemäß absolviert hatte, wurde vermutlich Anfang Januar 238

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während eines Aufstandes der „Jungmannschaften“ der Lokalmiliz in Thysdrus zum Kaiser ausgerufen (Hdn. 7,5–6,1) und schon kurze Zeit später zusammen mit seinem gleichnamigen Sohn (Gordian II.) durch den Senat als Augustus bestätigt (s. PIR² A 833 und 834; Kienast, Kaisertabelle 180–2). Der Senat erklärte Maximinus Thrax zugleich zum hostis publicus (Hdn. 7,7,2; ILS 1188; AE 2004, 1072). Nach der Niederlage gegen den Anhänger des Maximinus Thrax und Legaten von Numidien Capelianus (PIR² C 404) nahm sich Gordian I. das Leben. Gordians Sohn übernahm das Kommando und wurde im Kampf getötet. Die schwer zu rekonstruierende Chronologie der Ereignisse des Januars 238 bei Huttner, Von Maximinus Thrax 170–2. Aufstieg und Ende der ersten beiden Gordiane vollzogen sich in 20 (Origo Rom. 63 [KFHist B 5]) oder 22 (Joh. Mal. 12, 26; Zonar. 12,17 [S. 127,10 Dindorf]) Tagen. (2) Pupienus und Balbinus M. Clodius Pupienus Maximus (PIR² C 1179) und D. Caelius Calvinus Balbinus (PIR² C 126) wurden nach der Chronologie von Kienast, Kaisertabelle 183–5 (vgl. hierzu auch Festy, Abrégé 142) Ende Januar oder Anfang Februar nach dem Tod Gordians I. und II. vom Senat als Augusti bzw. Gegenkaiser zu Maximinus Thrax gewählt (Hdn. 7,10). Ihnen wurde Gordian III. als Caesar zur Seite gestellt, der die Regierung schließlich übernahm, nachdem beide Senatskaiser nach einer Regierungszeit von 99 (Origo Rom. 64 [KFHist B 5] oder 100 (Chron. Pasch. S. 501,4–5 Dindorf) Tagen in Rom auf der Straße ermordet wurden (Hdn. 8,8,6–8). Trotz der Korrekturen 1 durch die griechische Tradition, zeigt sich auch in dieser kurzen Bemerkung zu den Gegenkaisern des Maximinus eine Nähe zur EKG (fr. 68–70 [KFHist B 1]), die vermutlich hier die Quelle der Epitome ist. Diese hat wie Aurelius Victor und Eutrop den Namen Pupienus, im Unterschied zu Herodian (7,10,3), der ihn Maximus nennt. Der Autor der Historia Augusta entscheidet sich letztlich auch für Maximus, erwähnt aber, dass ihm beide Namen vorliegen und erfasst auch den Unterschied zwischen griechischer und lateinischer Tradition als Ursprung dieses Unterschieds (vgl. Hist. Aug. Maxim. 33,3 f. [hier der Hinweis, dass Dexippos auch Maximus angab]; Gord. 19,9. Max. Balb. 1,2). 27. (1) Gordian, Enkel des Gordian M. Antonius Gordianus (Gordian III: PIR² A 835; Kienast, Kaisertabelle 187 f.). Die EKG und die ihr folgenden Autoren kennen nur zwei Gordiane, sie verschmelzen Gordian S. zu bei Aquileia in Stücke gerissen zusammen mit seinem Sohn und 27. (1) Gordian, Enkel des Gordian. 1

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II. und Gordian III. Ammians tatsächlicher Kenntnisstand ist aus der knappen rückgreifenden Bemerkung schwer zu beurteilen (vgl. EKG fr. 69 mit Komm. [KFHist B 1,171]). Der Historia Augusta lagen, wie zu Pupienus und Balbinus, beide Versionen vor. Wie bei den Senatskaisern bemerkt sie die Divergenz zwischen griechischer und lateinischer Tradition und polemisiert gegen Letztere (Hist. Aug. Gord. 2,1; vgl. auch Schlumberger, Epitome 138 mit Anm. 28). Der Epitomator hat den meisten anderen lateinischen Autoren nicht nur die Kenntnis der Existenz der drei Gordiane voraus 1, er kennt auch das richtige Verwandtschaftsverhältnis: Gordian III. ist Enkel Gordians I. (vgl. ILS 496–498; 500). Diese Information geht wahrscheinlich auf Hdn. 7,10,7 zurück. Dagegen gab Dexippos, auf den sich womöglich schon über Eunap Zos. 1,16,1 verließ 2, laut der Historia Augusta (fälschlicherweise) an, Gordian III. sei der Sohn Gordians II. gewesen (Gord. 19,9. 23,1), wobei die Quellenangabe der Historia Augusta problematisch ist (vgl. Bleckmann, Reichskrise 70 f.). Die Historia Augusta kennt auch die Version Herodians, ohne den Autor hier zu nennen (Gord. 22,4). Die richtige Version der Epitome begegnet anscheinend noch bei Zonaras, der das Verwandtschaftsverhältnis aber nicht mehr so deutlich beschreibt (12,18 [S. 129,19–21 Dindorf]): Μετὰ δὲ τὸν νέον Γορδιανὸν ἕτεροϲ αὖθιϲ Γορδιανὸϲ τῆϲ ἀρχῆϲ ἐπελάβετο, κατὰ γένοϲ, ὡϲ λόγοϲ, προϲήκων τοῖϲ ἀπελθοῦϲι Γορδιανοῖϲ. von seiner Tochter, gebürtig in Rom von einem berühmten Vater Über die Tochter Gordians I., Mutter Gordians III. und dessen Vater ist nichts Näheres bekannt. Die bei Hist. Aug. Gord. 4,2 angegebenen Namen der Eltern Maecina Fausta (PIR² M 64) und Iunius Balbus (PIR² I 733) sind wahrscheinlich fiktiv (vgl. Kienast, Kaisertabelle 187). Die Drei Gordiane erwähnen, ohne nähere Erläuterungen, auch Origo Rom. 63–65 (KFHist B 5) und Pol. Silv. (KFHist B 6) princ. 33. 36. Dass Polemius Silvius selbst drei Gordiane kannte und es sich nicht um eine spätere Korrektur handelt belegt, gegen Burgess, Song, Komm. zu Pol. Silv. princ. (KFHist B 6,213). 2 Die Darstellung des Zosimos ist schwierig zu bewerten, er trifft keine klare Aussage über das Verwandtschaftsverhältnis, schreibt nur, dass Gordian III. der Sohn Gordians I. oder II. wäre. Beides wäre nicht korrekt, ebenso wenig, wie der hier beschriebene Tod beider bei einem Schiffsunglück. Hier hinter den noch nahe am Geschehenen schreibenden Dexipp zu vermuten, scheint problematisch. Möglicherweise wurde schon Zosimos durch die vielen teils unterschiedlichen Quellen verwirrt, vgl. hierzu Bleckmann, Reichskrise 70 mit Anm. gegen F. Paschoud, LʼHistoire Auguste et Dexippe, in: Historiae Augustae Colloquium Parisinum, Macerata 1991, 217–69. 1

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aristokratische Herkunft wird insbesondere auch von Eutrop (9,2,1) (Gordianus nobilis) zur Sprache gebracht. Die Darstellung der noblen Abstammung Gordians III. ist ein Echo seiner eigenen Herrschaftsrepräsentation als nepos Gordianorum divorum (vgl. hierzu Huttner, Von Maximinus Thrax 175 mit Anm. 129; Bleckmann, Komm. KFHist B 3,232.) Rom als Geburtsort Gordians III. ist auch epigraphisch belegt, vgl. AE 1969/1970, 599. herrschte sechs Jahre Die Angabe der Herrschaftsdauer ist korrekt und rechnet die Zeit Gordians III. als Caesar unter den beiden Augusti Pupienus und Balbinus seit Anfang Januar/Ende Februar 238 mit (vgl. auch den Komm. zu Epit. Caes. 26,2; inkludiert in die Herrschaftsdauer findet sich die Zeit als Caesar ebenfalls bei Aur. Vict. 27,8; Hier. chron. 216,18–19; exkludiert bei Origo Rom. 65 [KFHist B 5]). Nach dem Tod seines Großvaters und seines Onkels scheinen deren amici die plebs urbana animiert zu haben, den Senat zu bedrängen, einen weiteren Gordian zur Herrschaft zu legitimieren. Der damals ca. dreizehn Jahre zählende Gordian III. wurde so Caesar (vgl. Hdn. 7,10,6–9. 8,8,7 f.; AE 1951, 48; vgl. auch Huttner, Von Maximinus Thrax 174 f). Er starb zwischen dem 13. Januar und dem 14. März 244 (Cod. Iust. 6,10,1. 3,42,6; Kienast, Kaisertabelle 187). Damit ist Epit. Caes. 27,2 mit anno vitae undevicesimo ebenfalls sehr präzise, da er vermutlich am 20. Januar 226 geboren wurde (Philocal. fast. [S. 95 Divjak / Wischmeyer, die auf S. 97 darauf hinweisen, dass auch der Geburtstag eines der anderen Gordiane an diesem Tag gefeiert worden sein könnte]). (2) occiditur Zum historischen Präsens s. Komm. zu 18,2 obtruncatur. in der Nähe von Ktesiphon – getötet Die divergierenden antiken, byzantinischen und persisch-epigraphischen Berichte erschweren eine Rekonstruktion des Lebensendes Gordians III., sowohl Ort als auch Hergang betreffend. Gordian III. starb während der römischen Operationen im Perserreich (242–244), im Zuge derer er zunächst noch erfolgreich die agressive Außenpolitik der Sāsāniden konterte und die unter Maximinus verlorenen Städte Karrhai und Nisibis zurückeroberte, da innere Unruhen nach dem Tod Ardashirs I. 235 die Perser anderweitig beschäftigten (Hist. Aug. Gord. 26,6; Syncell. S. 244 Mosshammer; Zonar. 12,18 [S. 129,19– 25]; Meier, Völkerwanderung 270 f.). Laut den Res Gestae Divi Saporis fand eine „große frontale Schlacht“ (§6 Huyse) bei Misiche (PerozSchapur) statt, während der oder im Anschluss an die Gordian III. ums Leben kam (die Angaben der Inschrift der Ka'ba-i Zardušt ist hier sehr

Kommentar

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unpräzise). Misiche liegt nur unweit von Ktesiphon. Damit spräche die persische Propaganda für die Ortsangabe des Epitomators (sowie Hist. Aug. Gord. 27,6; Syncell. S. 442 Mosshammer; Zonar. 12,18 [S. 129,26– 28 Dindorf]). Ob diese Lokalisierung auf den Zeitgenossen Dexipp zurückgeht, bleibt zu bezweifeln, die Intrige des Philippus Arabs und die damit einhergehende Meuterei der Soldaten wegen Versorgungsknappheit könnte jedoch durchaus schon bei diesem zu finden gewesen sein (Hist. Aug. Gord. 29,2 f.; Zos. 1,18,3). Die EKG berichtete lediglich, dass Gordian Richtung Ktesiphon zog und auf dem Rückweg nach Rom durch den Verrat des Philippus Arabs starb (vgl. EKG fr. 71 [KFHist B 1]). Zonar. 12,17 (S. 128,8–17 Dindorf) gibt noch einen anderen, aus der vulgärbyzantinischen Tradition stammenden Ereignisverlauf wieder, in dem Gordian III. während der Schlacht vom Pferd stürzte und seinen Verletzungen erlag. Obwohl dieser Hergang auf den ersten Blick am ehesten mit dem Tatenbericht Schapurs I. vereinbar scheint, muss er im Kontext des übrigen fiktional-tendenziösen Berichts mit Vorsicht betrachtet werden. Zu der Problematik um die Überlieferung des Itinerars und des Todes Gordians III. im Perserreich, vgl. Bleckmann, Reichskrise 57–66 und 72–6. (3) „Gordians Grab“ Am nächsten an der Äußerung der Epitome ist Hist. Aug. Gord. 34,2: Gordiano sepulchrum milites apud Circesium castrum fecerunt in finibus Persidis. In der EKG-Tradition befindet sich bei Kirkesion nur ein Kenotaph, während der Leichnam Gordians nach Rom überführt wird (vgl. EKG fr. 72 mit Komm. [KFHist B 1,173 f.]). Eutrop und Ammian könnte das Grabmal aus dem Perserfeldzug Julians bekannt gewesen sein (vgl. Eutr. 10,16,1; Amm. 23,5,7). Ammian erwähnt sogar den tumulus gesehen zu haben, lokalisiert diesen allerdings in Zaitha, vgl. auch Zosimos (3,14,2), der das Grab bei Dura-Europos verortet, was nur unweit von Kirkesion liegt. Möglicherweise haben die Bezeichnungen verschiedener Orte, die alle mit dem Tod Gordians III. zusammenhängen, den Epitomator als einzigen dazu bewegt, das Toponym „Gordians Grab“ zu wählen. M. J. Johnson, The "Sepulcrum Gordiani" at Zaitha and Its Significance, Latomus 54 (1995) 141–44 vermutet, dass Gordian III. tatsächlich bei Zaitha bestattet wurde und dies als Beginn für die Kaiserbestattungen außerhalb Roms gesehen werden kann, die spätestens seit tetrarchischer Zeit üblich wurden. 28. (1) Marcus Iulius Philippus Der Name entspricht Aur. Vict. 28,1 (vgl. PIR² I 461; Kienast, Kaisertabelle 190 f.). Die Epitome führt aber

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nicht wie Victor Arabs Trachonites an, was angesichts ihrer sonst ausführlichen Angaben zu den origines hätte erwartet werden dürfen. Damit ist eine direkte Abhängigkeit von Victor fraglich. Stattdessen findet sich eine singuläre Provenienzangabe am Ende des Berichts (Epit. Caes, 28,4: is Philippus humillimo ortus loco fuit patre nobilissimo latronum ductore). Es scheint fast, als habe der Epitomator versäumt, die Angabe zur origo aus ihrem Platz am Ende der annalistisch anmutenden Vorlage zu lösen, um sie an den Anfang der Vita zu stellen (vgl. Schlumberger, Epitome 140 f. mit Anm. 48). Die diffamierende Bemerkung zur Herkunft scheint auf die griechische Tradition zurückzugehen (vgl. Körner, Philippus Arabs 31), wie in der Historia Augusta (Gord. 29,1), die hier wahrscheinlich Dexipp nutzte (darauf lässt die Konsuldatierung schließen, vgl. Schlumberger, 142; vgl. auch Zos. 1,18,3 mit Paschoud, Zosime I 143). Dem Epitomator scheint es hier vor allem um die Beschreibung der niedrigen Abstammung zu gehen. Der Ausdruck nobilissimo latronum ductore könnte der Überrest einer antiarabischen Polemik sein (zum Topos der Araber als Räuber in Bezug auf Philippus Arabs vgl. Körner, Philippus Arabs 52–4). Diese Implikation einer Kritik ist dem Epitomator selbst nicht unbedingt zuzutrauen und bestärkt die Vermutung, dass man es mit einer literarisch ambitionierten Vorlage zu tun hat. Grünewald, Räuber 122 führt diese Stelle als Beleg für die tendenziöse Darstellung der Soldatenkaiser als Räuber durch Autoren des 4. Jh. an. Dies ist zwar nicht auszuschließen, allerdings bezeichnet die Epitome sonst nur Konstantin und Konstantin II. als Räuber. Deren Gemeinsamkeit mit Philippus Arabs ist vor allem die angebliche oder wirkliche christliche Konfession, die der Epitomator selbst nie erwähnt (vgl. Epit. Caes. 41,15 und 21). Betrachtet man die ritterliche Karriere und die Ehrungen der Heimat (heute Šahbā) des Philippus – die Stadt wurde nach ihm Philippopolis genannt –, kann seine Abkunft nicht so bescheiden gewesen sein, wie es die Quellen suggerieren (vgl. B. Bleckmann, Art. Philippus Arabs, RAC 27 [2016] 599–604, hier 599 f.). Allgemein zum Begriff latro, der auch Usurpatoren bezeichnet vgl. Opelt, Schimpfwörter 132 f.; Grünewald, 24–6. herrschte fünf Jahre Die gerundete Herrschaftsdauer stimmt mit Aur. Vict. 28,11 und Eutr. 9,3,1 überein. Die genaue Herrschaftszeit bei Origo Rom. 66 (KFHist B 5): duo Philippi imperaverunt annos V, menses V, dies XXIX.

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(2) Veronae Bei den Städtenamen haben sich die Lokative auf -ae am längsten gehalten, vgl. Wölfflin, Epitome 451, H.-Sz. 150 und Galdi, Jordanes 57 Anm. 96. Er wurde in Verona vom Heer getötet Ähnlich wie Eutrop schildert der Epitomator sehr wenige Ereignisse der Regierungszeit des Philippus Arabs. Weder die Friedensverhandlungen mit Schapur I. noch die diversen Usurpationen im Osten oder der Ausbruch des Bürgerkriegs mit Decius, in dem Philipp 249 schließlich umkommt, finden Erwähnung (Eutr. 9,3,1 berichtet immerhin über die Rückführung des Heers aus Syrien, vgl. Bleckmann, Komm. KFHist B 3,233; zu den Ereignissen Huttner, Von Maximinus Thrax 193–203; zu Philippus Arabs allgemein: Körner, Philippus Arabs). Dass die Bürgerkriege weggelassen worden sind, könnte an der Parteinahme des Epitomators für Decius liegen, den er offenbar nicht als Usurpator charakterisieren möchte (vgl. Festy, Abrégé 145). Besonders erstaunlich scheint die Nichterwähnung von Usurpatoren in der Regierungszeit des Philippus Arabs, zeigt der Epitomator für Usurpatoren doch sonst stets Interesse. Zumindest Ti. Cl. Marius Pacatianus und Iotapianus werden von mehreren Autoren genannt (Pacatianus: Zos. 1,20,2; Zonar. 12,19 [S. 131 f. Dindorf]; Iotapianus: Aur. Vict. 29,2; Zos. 1,20,2; Pol. Silv. [KFHist B 6] princ. 38). Sie scheinen in der Vorlage der Epitome nicht vorhanden gewesen zu sein, die hier vermutlich wieder mehr an der Breviarientradition als an der griechischen bzw. ausführlichen lateinischen historiographischen Tradition orientiert war, und dabei mehr an Eutrop als an Victor (vgl. Schlumberger, Epitome 142). Die Verortung des Todes Philipps in Verona fand sich in der EKG (vgl. fr. 76 mit Komm. [KFHist B 1,175]). Die sehr bildhafte Beschreibung vom Tod des Philippus Arabs (Epit. Caes. 28,2: medio capite supra ordines dentium praeciso) ist in der Überlieferung singulär, lässt aber die Dramatik der Bürgerkriegsdarstellung erahnen, die in der Vorlage des Epitomators vermutlich ähnlich, wenn nicht noch blutiger war (zur Schwere des Bürgerkriegs vgl. Bleckmann, Christenverfolgung des Decius 64 f.). Diese könnte auch Ammian gekannt haben, der im Zuge einer julianischen Rede bemerkt, dass die Verräter des Gordian III., zu denen er Philippus Arabs zuvor gezählt hat, einen grausamen Tod fanden (vgl. Amm. 23,5,17). (3) occiditur Zum historischen Präsens s. Komm. zu 18,2 obtruncatur. adeo …, ut S. Komm. zu 15,9 usque eo …, ut. Sein Sohn Gaius Iulius Saturninus Dieser nur in der Epitome überlieferte Name ist falsch: Wie der Vater hieß der Sohn des Philippus

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Arabs M. Iulius (Severus) Philippus. Das Cognomen Severus führte er nicht durchgängig, (vgl. M. Peachin, Roman Imperial Titulature and Chronology, A.D. 235–284, Amsterdam 1990, 215 f. 218–221; PIR² I 462; Kienast, Kaisertabelle 192 f.). Festy, Abrégé 146 erachtet als Grund für den falschen Namen ein Missverständnis des Epitomators, da Philippus Arabs laut Iohannes Antiochenus mehrere Kinder hatte (226 Roberto = 172 Mariev: αὐτόϲ [scil. Philippus Arabs] τε ϲὺν τοῖϲ παιϲὶν ἐπακολουθεῖν ἐπηγγείλατο.). Die anderen beiden lateinischen Breviarien nennen den Sohn Philippus filius (vgl. Aur. Vict. 28,1; Eutr. 9,3,1). Der jüngere Philippus wurde erst nach der Ankunft seines Vaters in Rom im Juli/August 244 (Cod. Iust. 4,29,10) zum Caesar ernannt und erst 247 zum Augustus erhoben (vgl. Huttner, Von Maximinus Thrax 197 mit Anm. 325). Das nur in der Epitome gegebene Alter (vitae annum duodecimum) wird gemeinhin als zutreffend anerkannt, auch die Angabe zu Rom bzw. zum dortigen Prätorianerlager als Todesort kann akzeptiert werden (vgl. Origo Rom. 66 [KFHist B 5]; Aur. Vict. 29,11; Huttner, 203; Kienast, 192). er war von so ernstem und traurigem Charakter Diese Erzählung stand in der Quelle des Epitomators möglicherweise in einem anderen, ausführlicheren Kontext und erinnert an die Beschreibung des schon als Kind nachdenklichen und emotionslosen Mark Aurel (Epit. Caes. 16,7; Eutr. 8,11,1) sowie an die Unterschiede, welche die Historia Augusta zwischen den beiden Maximini ausmacht (Epit. Caes. 16,7; Eutr. 8,11,1; Komm. zu Epit. Caes. 25,3). Eventuell wurde der Sohn des Philippus Arabs in der Quelle der Epitome als Kaiser dargestellt, der zur Herrschaft befähigter war als der Vater. In dieser Tradition wurde seine Wehmut damit begründet, dass er an das Schicksal seines sich an den Spielen ergötzenden barbarischen Vaters gebunden war. Bei Zos. 1,22,2 und Zonar. 12,19 (S. 132,9 f. Dindorf) stirbt Philippus auch gemeinsam mit seinem Vater. In diesem Zusammenhang werden in der Epitome geradezu beiläufig die ludi saeculares zum tausendjährigen Bestehen Roms erwähnt, die Philippus Arabs am 21. April 248 auf besonders spektakuläre Weise beging (vgl. Hist. Aug. Gord. 33; Huttner, Von Maximinus Thrax 198). Es handelt sich um ein Ereignis, das traditionell in der stadtrömischen Überlieferung festgehalten wurde und ebenso Eingang in die EKG gefunden hat (vgl. fr. 74 mit Komm. [KFHist B 1,174 f.]). 29. (1) Decius aus Pannonia Inferior, gebürtig in Budalia C. Messius Quintus Decius Valerinus (Traianus seit Herrschaftsantritt 249,

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vgl. PIR² M 520; Kienast, Kaisertabelle 195 f.). Zum Geburtsort Budalia (heute Martinci) und den Quellenverhältnissen vgl. EKG fr. 77 (mit Komm. KFHist B 1,176). herrschte dreißig Monate Einzig die Epitome hat die von der Forschung verworfene Herrschaftsdauer von 30 Monaten, ähnlich lange nur Oros. hist. 7,21,1: inuasit imperium tenuitque annis tribus (vgl. Schlumberger, Epitome 143 mit Anm. 53). Festy, Abrégé 146 vermutet, dass hier ein Überlieferungsfehler vorliegt, und eigentlich viginti oder viginti quinque statt triginta hätten stehen müssen. Damit wäre die Epitome näher an der eigentlichen Regierungsdauer. Der Großteil der sehr uneinigen Überlieferung berichtet über eine Herrschaftsdauer von etwa zwei Jahren (z. B. Aur. Vict. 29,4; Eutr. 9,4,1) oder von etwas weniger als zwei Jahren (z. B. Origo Rom. 67 [KFHist B 5]: Decius imperavit annum unum, menses XI, dies XVIII; Eus. h. e. 7.1,1 und Zonar. 12,20 [S. 136,5 Dindorf]) oder von einem Jahr und wenigen Monaten (z. B. Hier. chron. 218,6–7 und Iord. Rom. 284). Dabei scheinen die Angaben zum einen davon abzuhängen, ob ab der ersten Akklamation im Mai oder der zweiten im September/Oktober gezählt wird, zum anderen sind einigen Autoren Fehler unterlaufen (vgl. mit einer ausführlichen Liste der literarischen Quellen zur Regierungszeit des Decius: P. Kovács, Einige Bemerkungen zum Todesdatum des Decius, AÉp (2003) 305–14, hier 306 f.). Decius regierte als Kaiser von September/Oktober 249 bis Mai 251 (vgl. Kovács, 311 f.). (2) Decium filium suum Wölfflin, Epitome 447 führt die Stelle als Beleg dafür an, dass die häufige Verwendung des Possessivpronomens bei Verwandtschaftsbezeichnungen dem Epitomator eigentümlich ist, vgl. auch 3,4 sorores suas mit phil. Komm. z. St. Allerdings liegt in 29,2 der Einfluss von Eutrop 9, 4 (filium suum Caesarem fecit) vor. Die von Wölfflin beobachtete sprachliche Eigenart ist also nicht ausschließlich dem Epitomator vorbehalten. Er machte seinen Sohn Decius zum Caesar Dieser Nachricht liegt die EKG zugrunde, die nur die Caesarerhebung des erstgeborenen Sohnes Q. Herennius Etruscus Messius Decius (PIR² H 106) anführte. Herennius wurde im Mai/Juni 250 zum Caesar und noch vor Mai 251 zum Augustus ernannt, sein jüngerer Bruder Hostilianus wurde im September 250 ebenfalls Caesar (vgl. Kienast, Kaisertabelle 197 f.). Der Fehler der EKG rührt möglicherweise von der abermaligen Teilhabe des Hostilianus an der

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Herrschaft unter Trebonianus Gallus her (vgl. Bleckmann, Komm. KFHist B 3,235; EKG fr. 77 mit Komm. [KFHist B 1,176]). artibus … virtutibus Der von Landolfus überlieferte Text ist dem Ausdruck artibus cunctis virtutibusque in der direkten Überlieferung vorzuziehen. Bleckmann, Epitome 142 Anm. 9 weist darauf hin, dass artibus instructus einfach „gebildet“ heißt und cunctis sich sinnvoll auf alle Tugenden des Decius bezieht. ein gebildeter und mit allen Fertigkeiten ausgestatteter Mann Die panegyrisch anmutende Charakterisierung des Decius ist in ihrer Formulierung einzigartig, entspricht inhaltlich aber anderen paganen Quellen (Hist. Aug. Aurelian. 42,6; bes. Zos. 1,21,1. 3; Orac. Sibyl. 13,81– 82). Die anderen lateinischen Breviarien sind in ihrem Urteil zurückhaltender: Aurelius Victor (29,5) berichtet von ruhmvollem Kampf und Tod und Eutrop (9,9,1) von der consecratio. Da das Motiv des bösartigen Christenverfolgers Decius bereits vor der Abfassungszeit der Epitome de Caesaribus bei christlichen Autoren verbreitet war (Cypr. epist. 22,1; Eus. h. e. 6,41. 7,22; Lact. mort. pers. 4,1; zur Intention vgl. Bleckmann, Christenverfolgung des Decius 57–69), kann das positive Bild hier als Stellungnahme des Epitomators und vermutlich auch seiner Quelle zur paganen Religion gewertet werden. Die Bildung des Decius ist also möglicherweise mit seinem Bekenntnis zu den traditionellen Kulten gleichzusetzen (vgl. Bleckmann, Epitome 142 Anm. 9; Einleitung S. 94). (3) Auf barbarischem Boden Wie die EKG lokalisiert die Epitome den Untergang des Decius fälschlicherweise im barbaricum. Die Enmannsche Kaisergeschichte könnte hier durch konstantinische Panegyrik beeinflusst sein (vgl. EKG fr. 79 mit Komm. [KFHist B 1,176– 8]; Potter, Decius and Valerian 30). Decius starb in Wirklichkeit auf römischem Boden bei Abrittus (heute Razgrad) in der Provinz Moesia (vgl. Dexipp. FGrHist. 100 F 22 [ = Syncell. S. 459 Mosshammer]; Hier. chron. 218h; Origo Rom. 67 [KFHist B 5]; Iord. Get. 18,103). Welche Version Ammian vorlag, ist schwer erkennbar (31,5,16: Ceciderunt dimicando cum barbaris imperatores Decii pater et filius). Die römischgotischen Kriege unter Decius blendet die Epitome größtenteils aus. Der komplizierte Verlauf dieser Kriege wurde in einer detaillierten antiken Erzählung festgehalten, die heute in den Scythica Vindobonensia greifbar ist (vgl. G. Martin / J. Grusková, Scythica Vindobonensia by Dexippus: New Fragments on Deciusʼ Gothic Wars, GRBS 54 [2014] 728–54;

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Martin, Zum Angriff der Gothen 35–53; Martin / Grusková, Neugelesener Text im Wiener Dexipp-Palimpsest, 40–6). ertrank er im Kampfgewühl – nicht einmal seine Leiche gefunden Der Epitomator notiert im Zusammenhang der Gotenkriege des Decius nur den Tod des Kaisers im Sumpf. In der Beschreibung ähneln der Epitome vor allem die späteren byzantinischen Autoren (Zos. 1,23,3; Zonar. 12,20 [S. 136,17–20 Dindorf]). Die Übereinstimmung mit Zonaras über die Unauffindbarkeit der Leiche – von der Zosimos trotz der sonstigen Konformität nicht berichtet – sind frappierend (Ebd.: … ὡϲ μηδέ τά ϲώματα αὐτῶν εὑρεθῆναι καταχωϲθέντα τῇ ἰλύι τοῦ τέλματοϲ.). Zonaras hat an dieser Stelle die Leoquelle 1 genutzt, die ihrerseits möglicherweise auf die gleiche Quelle zurückgeht wie die Epitome (Bleckmann, Reichskrise 158–60. 173). Der Ursprung dieser Episode ist schwer auszumachen, neben den zusammenhängenden Berichten der Epitome und Zonaras, wissen auch Laktanz (mort. pers. 4,3) und Ammian (31,13,13) vom Verschwinden des Leichnams. Die dramatischen Ereignisse fanden in der Historiographie sicher ein breites Echo, zumal – nimmt man eine Beteiligung des Philippus Arabs am Tod Gordians III. an – Decius der erste Kaiser war, der durch Barbarenhand ums Leben kam (vgl. Meier, Völkerwanderung 140). Ob und wie weit Trebonianus Gallus zum Untergang des Decius beigetragen hat, kann nicht endgültig entschieden werden. Zosimos (1,23,2) und Zonaras (12,20 [S. 136,13–15 Dindorf)] wissen vom Verrat des Gallus (zur Vereinbarkeit der Berichte mit den übrigen Quellen s. Bleckmann, Reichskrise 167–171, vgl. auch Huttner, Von Maximinus Thrax 211 mit Anm. 449). (4) Sein Sohn wurde im Kampf getötet Der eingeschobene Bericht des Epitomators über den Tod des Herennius stammt aus der EKG (vgl. Schlumberger, Epitome 143 f.; EKG fr. 79 [KFHist B 1]). Aurelius Victor (29,5) vermerkt, dass Herennius vor seinem Vater fiel, spezifiziert aber nicht wann. Einzig Jordanes (Get. 18,103) behauptet, Herennius sei schon in einer der vorangegangenen Schlachten gefallen. Eutrop (9,4,1) berichtet, dieser sei gemeinsam mit seinem Vater im barbaricum gestorben. Es scheint, als habe der Epitomator oder seine Quelle hier einen schnellen Wechsel zwischen der Quelle, die auch die Leoquelle nutzte, und der EKG-Tradition vollzogen. Zu Herennius Etruscus s. auch L. Grozdanova, What about Herennius Etruscus?, in: J. Grusková u. a. (Hgg.), Empire in Vgl. Sym. Log. 77,1 Wahlgren: … ὡϲ μηδὲ τὰ ϲώματα αὐτῶν εὑρεθῆναι ἤ τι μέροϲ ἔξ αὐτῶν. 1

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Crisis: Gothic Invasions and Roman Historiography. Beiträge einer internationalen Tagung zu den Wiener Dexipp-Fragmenten (Dexippus Vindobonensis). Wien, 3.–6. Mai 2017, Wien 2020, 235–44. Decius lebte fünfzig Jahre Zur Lebensdauer des Decius gibt es nur wenige Nachrichten. Lediglich Chron. Pasch. S. 505,6 (Dindorf) hat noch 60 Jahre, eine Angabe, der laut Kienast, Kaisertabelle 195 der Vorzug zu geben ist. (5) Zu seiner Zeit wurde Valens Lucinianus zum Imperator gemacht und sofort getötet Der Usurpator Iulius Valens Licinianus wurde in der zweiten Hälfte 250 in Rom möglicherweise auf Betreiben der plebs urbana zum Kaiser ausgerufen und nach kurzer Zeit wieder ermordet (vgl. Aur. Vict. 29,3; PIR² I 610; Kienast, Kaisertabelle 199). Die Historia Augusta nutzte ihn in ihrer Tyrannenliste für einen Exkurs zu früheren Usurpatoren, wobei die meisten Angaben dort fiktiv zu sein scheinen (trig. tyr. 20; vgl. Paschoud, Vies des Trente Tyrans 139). Obwohl von Victor bezeugt, wird Priscus, der als Kommandant von Philippopolis die Macht usurpierte, vom Epitomator nicht erwähnt (vgl. Aur. Vict. 29,2 f.; Iord. Get. 18,103; PIR² P 971; Kienast, Kaisertabelle 199). Philippopolis war kurz vor der Niederlage bei Abrittus erobert worden, was ausführlich von Dexipp beschrieben wurde, der einen Verräter in Philippopolis kennt (vgl. Martin, Zum Angriff der Gothen 35–53; Martin / Grusková, Neugelesener Text im Wiener Dexipp-Palimpsest 43). Aurelius Victor wurde hier wahrscheinlich nicht direkt vom Epitomator konsultiert, da Victor zwei Gegenkaiser kennt und abweichend zur Epitome den Namen Iulius Valens bietet (Pol. Silv. [KFHist B 6] princ. 40 weiß ebenfalls von zwei Usurpatoren, liefert aber nur die Namen Priscus und Valens). Möglicherweise liegt der Epitome hier nur die EKG oder eine stadtrömische Nachricht zugrunde, die den Usurpator Priscus nicht kannte (vgl. Schlumberger, Epitome 144). 30. (1) Virius Gallus Die handschriftliche und indirekte Überlieferung der Epitome bietet Virius Gallus (vgl. Philologischer Apparat). Darin vermutet Festy, Abrégé 148 eine mutwillige Verfälschung, die im Zusammenhang mit dem Konsul des Jahres 298 Virius Gallus (vgl. PLRE 1,384 Nr. 2), aber vor allem mit Nicomachus Flavianus und dessen Enkelin Galla stehen könnte, die ihrerseits zu den Virii gehörten (CIL VI 1783; PLRE 2,490 f. Nr. 1; KFHist D 1, test. 1 [Zeugnis für Nicomachus Flavianus]). Wegen der möglichen Benutzung der nicomachischen Annalen durch den Epitomator ist es laut Festy sehr verlockend, eine

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fingierte verwandtschaftliche Verbindung des Nicomachus – in dessen Umfeld der Epitomator sich möglicherweise bewegte (vgl. Schlumberger, Epitome 243–6) – mit einem ehemaligen Kaiser anzunehmen. Abgesehen von der Ähnlichkeit der Namen und der Kaiserwürde ist die Manipulation des Epitomators allerdings nur schwer begründbar, da Gallus in der Überlieferung nichts auszeichnet, womit eine Verwandtschaft einem senatorischen Geschichtsschreiber schmeicheln würde (vgl. z. B. Eutr. 9,5,1; Zos. 1, 26–8; Syncell. S. 459 Mosshammer; Aur. Vict. 30,2 honoriert immerhin seine Krankenfürsorge). Wahrscheinlich handelt es sich bei dem Namen um eine Verwechslung, da sowohl Vibius als auch Virius verbreitet waren. Der Name Virius findet sich nach der zweiten Hälfte des 3. Jh. sogar häufiger als Vibius. Generell wurden die Familien der Virii und Vibii schon im zweiten punischen Krieg miteinander in Verbindung gebracht 1. Womöglich war Virius im Umfeld des Epitomators verbreiteter und begünstigte das Versehen 2. Das nomen gentile des C. Vibius Trebonianus Gallus (vgl. Kienast, Kaisertabelle 200) ist literarisch nur in der Epitome überliefert und wird durch Münzen und Inschriften bestätigt (z. B. RIC IV Trebonianus Gallus 1; AE 1979 302). imperaverunt Zu dieser Art der constructio ad sensum bei einem grammatischen Subjekt im Singular, das von einem weiteren mit cum verbundenen sinngemäßen Subjekt ergänzt wird, vgl. H.-Sz. 433 f. und Song zu Pol. Silv. princ. 28 f. (KFHist B 6,211). herrschte mit seinem Sohn Volusianus zwei Jahre Trebonianus Gallus herrschte ca. 2 Jahre (vgl. Kienast, Kaisertabelle 200 f.). C. Vibius Volusianus (PIR² V 535) war nicht, wie die Epitome, Eutrop (9,5,1) und Hieronymus (chron. 218,20) suggerieren, von Beginn an gemeinsam mit seinem Vater Augustus. Zunächst wurde er zum Caesar und erst kurze Zeit später zum Augustus erhoben (vgl. AE 1979 302; Aur. Vict. 30,1; Zos. 1,22,3; Kienast, 201). (2) Hostilianus Perpenna vom Senat zum Imperator gemacht Wie Aur. Vict. 30, 1 unterscheidet die Epitome zwischen Gallus, Hostilianus und Volusianus (im Gegensatz zu Eutr. 9,5,1). Victor lässt die beiden Augusti und den Caesar Volusianus gleichzeitig vom Senat bestimmt werden. Der Epitomator hingegen behauptet Hostilianus sei unter ihrer H. G. Gundel, Art. Vibius, RE 2,8,2 (1958) 1948 f.; R. Hanslik, Art. Virius, RE 2,9,1 (1961) 235–9. 2 Die PLRE 1 zählt fünf Vibii (S. 957), neun Virii (S. 969) und einen Virius Vibius (S. 957; 969). 1

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Regierung zum Augustus erhoben worden, die Formulierung erinnert an Usurpationsbeschreibungen (vgl. Epit. Caes. 30,2 mit Festy, Abrégé 148). Festy vermutet hier antisenatorische Tendenz. Da der Epitomator die Herrschaft aber nicht weiter bewertet, scheint mir das nicht so deutlich. Die Formulierung spricht aber dafür, dass der Epitomator ignorierte, dass Hostilianus der Sohn des Decius war, da dessen Sohn sicher als zur Herrschaft besonders legitimiert dargestellt worden wäre. Als einzige Quelle überliefert die Epitome de Caesaribus das etruskische Cognomen Perpenna, das durchaus authentisch sein könnte (vgl. Schlumberger, Epitome 144; Festy, Abrégé 148). Birley, Fiction 71 vermutet, dass der Epitome sogar die griechische Schreibweise vorlag. von der Pest dahingerafft Auch Aurelius Victor (30,2) vermerkt, dass Hostilianus einer Pest oder Seuche zum Opfer fiel. Die sogenannte Cyprianische Pest, der später auch noch Claudius Gothicus erlag, wird von einigen Autoren beschrieben (eine Auflistung der Quellen bei Brecht, Reichskrise 218; Harper, Pandemic and Passage). Harper diskutiert die Ausmaße der Seuche ausführlich und kommt u. a. zu dem Schluss, dass diese länger wütete als bisher angenommen und von den antiken Autoren beschrieben (ca. 249–270) 1. Euagrios Scholastikos (h. e. 4,29) gibt an, Philostratos von Athen habe in seiner zeitgenössischen Darstellung geschrieben, die Seuche habe „15 Jahre geherrscht“. Auch wenn Philostratos als Urheber der Nachricht nicht ganz gesichert ist, so scheint es dennoch sehr wahrscheinlich, dass ihr eine zeitgenössische, griechische Quelle zugrunde liegt (vgl. Philostratos von Athen [KFHist A 3] fr. 2 mit Komm.). Die gleiche Zeitspanne kennt auch Zonar. 12,21 (S. 137,14–18 Dindorf), der hier abermals aus der Leoquelle schöpfte (vgl. Sym. Log. 78,1 Wahlgren mit Bleckmann, Reichskrise 180–3). Möglicherweise lag Vgl. Harper, Pandemics and Passage; K. Harper, Another Eye-Witness to the Plague Described by Cyprian and Notes on the “Persecution of Decius”, JRA 29 (2016) 473–6; Harper, Fate of Rome 137–45. K. Sessa, The New Environmental Fall of Rome: A Methodological Consideration, JLA 12,1 (2019) 211–55, fasst in einer ausführlichen Sammelrezension Forschungsergebnisse der „scholars of the ancient environment“ (S. 222) zusammen und relativiert einige der teils gewagteren Thesen, u. a. von Harper, der bspw. die Cyprianische Pest maßgeblich für den Aufstieg des Christentums verantwortlich macht (Harper, Fate of Rome 153–8) und versucht, die Krankheit näher zu definieren (Harper, Pandemic and Passage). Die Epitome wird im Bezug auf die Pest lediglich als Zeugin der EKG angeführt, vgl. Schlumberger, Epitome 144 f.; Harper, Pandemic and Passage 241; S. R. Huebner, The “Plague of Cyprian“: A Revised View of the Origin and Spread of a 3rd– c. CE Pandemic, JRA 34 (2021) 151–74, hier 156. 1

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diese Tradition der Epitome vor, obwohl es zunächst nicht den Anschein hat: In 32,1 leitet der Epitomator die Valerian-Vita mit imperavit annos quindecim ein; diese falsche Angabe ist auffällig, da der Epitomator im Folgenden beweist, dass er die tatsächliche Regierungsdauer kennt (33,3: regnavit (scil. Gallienus) annos quindecim, septem cum patre, octo solus). Schlumberger, Epitome 146 vermutet, dass der unachtsame Autor die gesamte Herrschaftsdauer vorgezogen hat. Eine andere Erklärung für den Fehler ist, dass in der Quelle der Epitome eigentlich die 15-jährige Dauer der Seuche beschrieben wurde. Dies könnte beim Epitomator wegen der Ähnlichkeit mit der erst später angegebenen Dauer der tatsächlichen Gesamtherrschaft des Gallienus zu einer Verwechslung geführt haben. Wie es auch in der Leoquelle erscheint, hätte die Quelle die 15 Jahre wütende Seuche mit den anderen krisenhaften Ereignissen unter Gallus beginnen lassen (Vgl. Sym. Log. 78,1 Wahlgren; Zonar. 12,21 1 [S. 136 f. Dindorf]). Orosius verbindet ebenfalls verschiedene Traditionen: Zunächst beginnt die Seuche in Oros. hist. 7,21,5 f. mit Gallus selbst, steht aber dann in Verbindung mit den 15 Jahren der Herrschaft des Gallienus sowie teilweise mit der des Valerianus (7,22,1). Die Assoziation der Seuche mit der Herrschaft der Licinii könnte bereits auf Philostratos von Athen zurückgehen (Harper, Pandemics and Passage 230–4). Ähnlich hat womöglich auch die Quelle der Epitome die 15-jährige Dauer der Pest mit der Herrschaft der Licinii assoziiert. 31. (1) creati In der Epitome wird creari immer im Sinne von „gewählt/ernannt werden“, nicht „geboren werden“ gebraucht, so dass Festy, Abrégé 150 Anm. 3 zu Recht darauf hinweist, dass diese Stelle nicht als Beleg für eine Herkunft des Gallus aus Djerba verwendet werden kann. Aemilianus in Moesia zum Imperator gemacht M. Aemilius Aemilianus (PIR² A 330; Kienast, Kaisertabelle 203) gelang es 253 als Statthalter von Moesien und Pannonien einen Sieg gegen immer wieder marodierende Goten zu erringen und sie erfolgreich sogar bis über die Donau zu verfolgen. Daraufhin wurde er von seinem Heer zum Kaiser erhoben und begann seinen Herrschaftsanspruch gegen die amtierenden Kaiser Trebonianus Gallus und Volusianus durchzusetzen (vgl. Huttner, Von Maximinus Thrax 215 f.). Vgl. auch Zos. 1,26,2, der die 15 Jahre nicht nennt, an späterer Stelle (1,36,1) aber einen Ausbruch der Pest unter valerianischen Truppen erwähnt (wie Petr. Patr. fr. 9 [FHG IV S. 187]), vgl. Harper, Pandemics and Passage 235–7. Vielleicht geht dies auf die erste Ausgabe Eunaps zurück. 1

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bei Interamna von ihrem eigenen Heer getötet Interamna als Todesort des Trebonianus Gallus und seines Sohnes geht auf die EKG zurück (vgl. fr. 80 [KFHist B 1]). Hieronymus (chron. 219f) weiß von dieser Version, bedient sich aber noch einer anderen Tradition, die forum Flaminii bietet, was er aus Euseb übernommen hat (vgl. Euseb. chron. armen. S. 229; Syncell. 459 Mosshammer, s. auch Origo Rom. 68 [KFHist B 5]). Der Schauplatz der Morde scheint in jedem Fall an der via Flaminia in Umbrien zu liegen (vgl. Huttner, Von Maximinus Thrax 216), wo Gallus und Volusianus wie die Epitome angibt, von ihren eigenen Soldaten umgebracht wurden. Über mögliche Motive hierfür, etwa Raffsucht (Aur. Vict. 31,2), die fehlende Popularität des Gallus (Zos. 1,28,3) oder Auseinandersetzungen mit dem Senat (Joh. Ant. 226 Roberto) sind sich die Autoren uneins. Ob zuvor eine Schlacht stattfand, lässt sich ebenso wenig entscheiden (vgl. Brecht, Reichskrise 222). der Vater etwa in seinem siebenundvierzigsten Jahr Das Alter des Gallus bei seinem Tod 253 ist nicht genau bestimmbar, Chron. Pasch. S. 505,13 (Dindorf) hat 62 Jahre; Joh. Mal. 227 (Thurn) hat 60. Da die Epitome fast dieselbe Lebensdauer für Aemilius Aemilianus annimmt (31,3), kann es sich hier auch um eine abermalige Verwechslung handeln. Laut der Epitome wäre der Kaiser um 206 geboren worden. Nach den anderen Autoren müsste er zwischen 191 und 193 geboren worden sein (vgl. Festy, Abrégé 150; Kienast, Kaisertabelle 200). auf der Insel Meninx, die jetzt Girba genannt wird Ob creati mit „geboren werden“ oder „gewählt werden“ übersetzt wird (vgl. Schlumberger, Epitome 145; Festy, Abrégé 150; vgl. auch Phil. Kommentar), ist irrelevant, da dem Epitomator in mehrfacher Hinsicht ein Fehler unterlaufen ist: Das heutige Djerba in Tunesien ist vermutlich eigentlich der Geburtsort des „Mauren“ (31,2) Aemilius Aemilianus (vgl. Schlumberger, ebd.). Trebonianus Gallus stammt ursprünglich aus Perusia (vgl. ILS 6616; Festy, ebd.). Zum Augustus wurde Gallus wahrscheinlich kurz nach dem Untergang des Decius im Donauraum erhoben (vgl. Huttner, Von Maximinus Thrax 211 f.). (2) Aemilianus jedoch wurde im vierten Monat seiner Herrschaft Die Angabe einer fast viermonatigen Herrschaft teilt die Epitome mit Zonaras (12,22 [S. 138,28 f. Dindorf]), der Logothetenchronik (79,1 Wahlgren) und Iohannes Antiochenus (229 Roberto). Bleckmann, Reichskrise 288 Anm. 47 vermutet, dass letzterer hier die erste Ausgabe Eunaps benutzt haben könnte; Zonaras nutzte die Leoquelle (vgl. Bleck-

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mann, 286 Anm. 40). In anderen Quellenzusammenhängen bewegen sich die Angaben der Autoren in einem Zeitraum zwischen drei Monaten und einem Jahr (vgl. Festy, Abrégé 150; Brecht, Reichskrise 224–30). Aemilianus herrschte von Juli/August 253 bis September/Oktober 253 (vgl. Kienast, Kaisertabelle 203; Glas, Valerian 101 f.). in Spoletium oder – zwischen Ocricolum und Narnia Die überraschend konkrete Lokalisierung des Todesortes wird teilweise von Origo Rom. 69 (KFHist B 5) bestätigt (occisus ponte Sanguinario) und könnte auf stadtrömische oder italische Nachrichten zurückgehen (vgl. Schlumberger, Epitome 145; Einleitung S. 78 f.). Wo der Ort genau liegt, kann nicht endgültig entschieden werden, es scheint sich entweder um eine Brücke in Spoleto (Umbrien) oder eine zwischen Narni und Ocricolum an der Via Flaminia zu handeln (vgl. Nickbakht, Komm. KFHist B 5,119). Aemilianus ereilte ein ähnliches Schicksal wie Gallus: Als Valerian, der mit seinem Heer Gallus zur Hilfe kommen sollte, anrückte, wandten sich die Soldaten des Aemilianus gegen ihren Heerführer und töteten ihn (vgl. Huttner, Von Maximinus Thrax 217 f.; Glas, Valerian 103 f.). Dass die Epitome Valerians Erhebung nicht erwähnt, hält Festy, Abrégé 150 für Absicht, um diesen nicht als Usurpator erscheinen zu lassen. Die negative Charakterisierung Valerians (Epit. Caes. 32,1) spricht m. E. gegen einen solchen Vorsatz. Das Toponym der Brücke hat die Origo gentis Romanorum ebenfalls, die Erklärung für den Namen bietet allerdings nur die Epitome. Ob der Name tatsächlich vom Tod des Aemilianus rührt, lässt sich nicht mehr feststellen. Der Epitomator oder seine Quelle könnte die Erklärung wie im Falle von „Gordians Grab“ (27,3) selbst erdacht haben. Er war aber von Geburt Maure, kämpferisch, aber nicht tollkühn Die afrikanische Herkunft bestätigt die Verwechslung in Epit. Caes. 31,1. Sie wird auch von Zonaras (12,21 [S. 137,22 f. Dindorf]) bezeugt, der sie aus der Leoquelle entnommen hat (vgl. Bleckmann, Reichskrise 45). Eutrop (9,6,1) schweigt über die ethnische Zugehörigkeit des Kaisers und hebt die Unbedeutsamkeit seiner Herkunft und Herrschaft hervor. Dies habe laut Zos. 1,29,1 auch den Unmut der Soldaten hervorgerufen. Aurelius Victor (31,3) berichtet, dass Aemilianus gemäßigt geherrscht habe, und spielt damit auf das Verhältnis zwischen Senat, Herrscher und Heer an (vgl. Nickbakht, Komm. KFHist B 2,233). Bei Zonaras (12,22 [S. 137 f. Dindorf]) werden die divergierenden Berichte miteinander vereint, da der Kaiser sich bei ihm einerseits ganz in den Dienst des Senats stellt, andererseits von seinen Soldaten als zur Herrschaft unfähig und wegen

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seiner Abstammung als unwürdig angesehen wird. Die Bemühung, das Einvernehmen des Senats zu gewinnen, scheint wegen der Fragilität der eigenen Herrschaft wegen der prekären Lage an den Außengrenzen plausibel (vgl. Bleckmann, Reichskrise 289–291). Die Soldaten wandten sich nicht wegen seiner Herkunft von Aemilianus ab, sondern vielmehr wegen der Überlegenheit des heranrückenden Valerianus (Zos. ebd.). (3) Er lebte siebenundvierzig Jahre Die Lebensdauer entspricht in der Epitome der des Gallus, es könnte sich also auch hier um eine Verwechslung handeln. Joh. Mal. 225 Thurn hat für Aemilianus allerdings auch 47 Jahre, als gesichert kann die Angabe dennoch nicht gelten (vgl. Brecht, Reichskrise 224 f. und 228). Da Zonar. 12,22 (S. 139,1 Dindorf) 40 Jahre angibt, wurde Aemilianus um 206 oder 214 geboren (vgl. Kienast, Kaisertabelle 203). 32. (1) Licinius Valerianus, mit Beinamen „Colobius“ Vollständig P. Licinius Valerianus (PIR L 258; Kienast, Kaisertabelle 205). Der Beiname Colobius ist nur in der Epitome überliefert und rätselhaft, vgl. Schlumberger, Epitome 145 f. Festy, Abrégé 151 folgt der Erklärung von P. G. Michelotto, A proposito di Epit. de Caesaribus 32,1; cognomento Colobius, RIL (1980) 197–205, der überlegt, dass Colobius (κολοβόϲ, gr.: „verstümmelt“) sich auf die Verstümmelung einiger Sinnesorgane beziehen könnte, die Valerian während seiner Gefangenschaft im Perserreich laut dem iranischen Historiker aus dem 9. Jh. at-Tabarī (S. 33 Nöldeke) unter Schapur I. zugefügt wurde (vgl. auch Glas, Valerian 63 mit Anm. 2). Wegen eines Missverständnisses in der rufinischen Eusebiusübersetzung (h. e. 7,10) erwägt Michelotto weiter, dass eine solche Nachricht der Verstümmelung schon im 4. Jh. habe kursieren können. Ebenso könnte dies ein Überrest der Berichte anderer Quellen zur Häutung Valerians im Perserreich sein (vgl. Bleckmann, Reichskrise 109 f. mit Anm. 202). Ähnlich vermutet Birley, Fiction 72 f., dass der Epitomator eine griechische Vorlage missverstanden haben könnte, die eine generelle Beschreibung der Martern Valerians geboten habe. Barnes, Epitome 1976, 264 vermutet, dass der Beiname nicht auf Valerian, sondern auf den die Regierungsgeschäfte vernachlässigenden Gallienus zu beziehen und von einer ärmellosen Tunika abzuleiten ist. Michelotto, 202 hält eine Verbindung von κολοβόϲ im Sinne von „klein“ oder „untersetzt“ mit dem Beinamen für unwahrscheinlich, obwohl Joh. Mal. 228 Thurn, der mit dem Epitomator zu den Kaisern der 250er Jahre einige Parallelen aufweist, Valerian in dieser Weise beschreibt.

Kommentar

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regierte fünfzehn Jahre Den gleichen Fehler macht vermittelt über Euseb Hieronymus (chron. 220,1–2: Romanorum XXVII regnauit Ualerianus et Gallienus ann. XV), der hier ansonsten aber wenig mit der Epitome gemeinsam hat. Schlumberger, Epitome 146 und Festy, Abrégé 151 nehmen an, dass es sich um eine Verwechslung mit der Gesamtherrschaftsdauer von Valerian und Gallienus handelt, was durchaus überzeugend ist (vgl. die Überlegungen zu einer Verbindung mit der 15 Jahre herrschenden Pest zu 30,1). Die Origo gentis Romanorum macht eine ähnliche Angabe, impliziert darin aber richtigerweise das vorzeitige Ausscheiden Valerians aus der Herrschaft (70: Gallienus cum Valeriano imperavit annos XIIII, menses IIII, dies XXVIII; vgl. Nickbakht, Komm. KFHist B 5,119). Valerian wurde im Juni/August 253 in Rätien oder Noricum zum Kaiser erhoben und geriet 260 in persische Gefangenschaft (vgl. Kienast, Kaisertabelle 205 f.). obwohl er von vorzüglichen Eltern abstammte Aurelius Victor (32,2) und die Historia Augusta (Val. 5,7) behaupten wie die Epitome, dass Valerian aus vornehmem Hause stamme. Der Verwandte des Kaisers Valerius Flaccinus, den die Historia Augusta (Prob. 5,2) zu kennen vorgibt, scheint jedoch fiktiv zu sein (vgl. Glas, Valerian 64 mit Anm. 8; Kienast, Kaisertabelle 205). Die Zugehörigkeit von Valerians erster Frau Mariniana zu den Egnatii (PIR² E 39) und die Verbindung seiner Familie nach Etrurien, lassen eine senatorische Abkunft jedoch plausibel erscheinen. Valerian selbst war Suffektkonsul (vgl. Hächler, Kontinuität und Wandel 180–4; Goltz / Hartmann, Valerianus und Gallienus 224 mit Anm. 5; Glas, ebd. mit Anm. 9). war er trotzdem dumm und geistig sehr träge Die Dummheit Valerians wiegt für den Epitomator umso schwerer, da sie die Erwartungen an Mitglieder vornehmer Familien untergräbt. Aurelius Victor (32,2) bemerkt, dass Valerian trotz seiner Herkunft eine militärische Karriere einschlug, vielleicht kritisiert der Epitomator dies und bemerkt daher, dass der Kaiser unfähig war, ein öffentliches Amt zu bekleiden. Potter, Decius und Valerian 31 f. verbindet die Bemerkung mit der Anekdote in Hist. Aug. Val. 5,4–6,9, in der Valerian die ihm angetragene Zensur zurückweist, weil er der Sache nicht gewachsen sei. Harsche Kritik an Valerian fand sich schon in der EKG (vgl. fr. 82 mit Komm. [KFHist B 1,179–81]). Glas, Valerian 46 f. vermutet diese selbst als Ursprung der Kritik, da sie nach Glas aus konstantinischer Zeit stammt. In dem Fall hätte die EKG Rücksicht auf Konstantin genommen, der sich von den

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Licinii des 3. Jh., die die Vorgänger des zum Ahnen Konstantins erkorenen Claudius Gothicus waren, distanzierte. Die Annahme ließe sich auch mit der Enddatierung der EKG um 357 vereinbaren, da auch noch Julian sich auf die Abstammung von Claudius Gothicus berief (Iul. imp. Caes. 313d; Rosen, Julian 222). Die Historiographie nach 310 hat das negative Bild der Licinii aber schon aus tetrarchischen Darstellungen entnommen, die die Stabilität ihrer Zeit feierten und damit die krisenhaften Ereignisse der Mitte des 3. Jh. kontrastierten, vgl. Paneg. 8(5) 10,1 f. mit Baldini, Storie perdute 59; Bleckmann, Überlegungen 29 f.; ders. Einl. KFHist B 1,44. Der Epitomator nimmt im Gegensatz zu dieser Tradition Gallienus von der Kritik aus. Dies könnte durch dessen angeblichen Philhellenismus (vgl. Geiger, Gallienus 258, dagegen Röder, Kaiserliches Handeln 289) und dessen Ansehen bei athenischen Autoren wie beispielsweise Dexipp bedingt sein (Gallienus schlug die nach Griechenland eingefallenen Heruler zurück, vgl. hierzu Glas, Valerian 45). Möglicherweise wurde die EKG bzw. Eutrop hier wiederum durch griechische Traditionen ergänzt. Dazu passt das ausgeglichenere Urteil, das andere Zeugen der griechischen Historiographie über die licinische Dynastie, insbesondere über Gallienus, fällen (Zos. 1,29–39; Zonar. 12,23–25 [S. 139–47 Dindorf]; vgl. Schlumberger, Epitome 148). (2) filium suum Gallienum Zum abundanten Gebrauch des Possessivpronomens s. Komm. zu 3,4 sorores suas und 29,2 Decium filium suum. Er machte seinen Sohn Gallienus zum Augustus P. Licinius Egnatius Gallienus wurde bei der Erhebung seines Valerians zum Augustus im September/Oktober 253 vom Senat zum Caesar und erst später von seinem Vater zum Augustus ausgerufen, wie die EKG richtig zu berichten wusste (EKG fr. 82 [KFHist B 1]; Kienast, Kaisertabelle 209–11). Die Epitome, Zonaras und Zosimos 1 übergehen die Caesarerhebung des Gallienus, womöglich fehlte sie schon in einer gemeinsamen Quelle. den Sohn des Gallienus, Cornelius Valerianus, zum Caesar Der älteste Sohn des Gallienus, P. Cornelius Licinius Egnatius Valerianus (Valerian der Jüngere) wurde im Herbst 256 zum Caesar erhoben (vgl. PIR² L 184; Kienast, Kaisertabelle 212 f.). Hier hat der Epitomator gute prosopographische Kenntnisse, obgleich auch er die komplizierten Zos. 1,30,1: αἱρεῖται Γαλλιηνòν τòν παῖδα τῆϲ ἀρχῆϲ κοινωνόν werten Goltz / Hartmann, Valerianus und Gallienus 227 Anm. 27 als Caesarerhebung. Um die EKG-Nachricht kann es sich dennoch nicht handeln, da die Erhebung bei Zosimos von Valerian vorgenommen wurde. 1

Kommentar

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Familienverhältnisse der Licinii nicht in Gänze darstellt: Die Epitome kennt zwei Söhne des Gallienus (Valerian den Jüngeren und Saloninus) und lässt sie in richtiger Reihenfolge zu Caesares avancieren (vgl. Komm. zu Epit. Caes. 33,1). Nur Pol. Silv. (KFHist B 6) princ. 44 nennt noch die Namen beider. Der noch kindliche, jüngste Sohn Marinianus ist möglicherweise in einer Notiz bei Zonar. 12,26 (S. 150,9–11 Dindorf) gemeint, in den übrigen literarischen Quellen aber nicht erwähnt. Die Nachricht in Hist. Aug. Valer. 8,1 über einen Halbbruder des Gallienus, P. Licinius Valerianus, teilt die Epitome ebenfalls nicht; die Halbbruderschaft galt in der Forschung lange als fingiert, wurde vor Kurzem aber epigraphisch bestätigt 1. Er scheint keine besondere Rolle in der Herrschaftsrepräsentation gespielt zu haben (vgl. Eutr. 9,11,1; Zonar. ebd.; Goltz / Hartmann, Valerianus und Gallienus 228–230; Geiger; Gallienus 78 f.). (3) Unter ihrer Herrschaft Die folgenden Gegenkaiser erhoben sich nicht während der gemeinsamen Regierung des Valerianus und des Gallienus, sondern während der Alleinherrschaft des Gallienus bzw. sogar unter der Herrschaft seines Nachfolgers Claudius Gothicus (vgl. Festy, Abrégé 152). Kompositorisch erweckt die Bemerkung den Eindruck, als seien die Usurpationen vor allem Valerian anzulasten, um den es im Folgenden noch geht. Schlumberger, Epitome 147 f. vermutet hierin eine absichtliche Verfälschung, um den schon negativ eingeführten Valerian weiter zu schmähen und einen Kontrast zum hellenenfreundlichen Gallienus zu schaffen. Eine solche, durch griechische Bildung motivierte Verfälschung sei dem Epitomator selbst allerdings nicht zuzutrauen. Daher identifiziert Schlumberger die Quelle des Epitomators als Urheber. Es kann sich bei dieser Quelle allerdings nicht um die handeln, der auch Zosimos und indirekt Zonaras in einigen Aspekten verpflichtet sind, denn sie erlauben sich keine kompositorische Umstellung (vgl. Bleckmann, Reichskrise 220 Anm. 2). Möglicherweise strukturierte der Epitomator seinen Stoff hier selbst, da er seine begonnene Trennung zwischen dem unfähigen Valerian und dem moderaten Gallienus für einen harmonischen Bericht beibehalten wollte. (3) Regilianus Diese Namensform findet sich auch in der Historia Augusta (Gall. 9,1; Tac. 10; Claud. 7,4). Aur. Vict. 33,2 hat Regalianus, vgl. Festy Abrégé 152 Anm. 6.

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S. u. zu Claudius wurde – durch Gallonius Basilius die Herrscherinsignien gesandt.

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Regilianus in Moesia Eigentlich P. Cassius Regalianus (RIC V Regalianus 6). Da die Historia Augusta sich die fehlerhafte Namensform mit der Epitome teilt, könnte die Schreibweise aus einer gemeinsamen Quelle stammen. Die Historia Augusta kreierte außerdem möglicherweise aus dem wohl schon früh entstandenen Fehler in Eutr. 9,8,1 (Trebellianus) einen weiteren Usurpator für ihre Tyrannen-Liste (vgl. trig. tyr. 26; Schlumberger, Epitome 148 f. mit Anm. 82; Paschoud, Vies des Trente Tyrans 89 f. und 165; Bleckmann, Komm. KFHist B 3,239 f.). Regalianus wurde 260 in Pannonien (Goltz / Hartmann, Valerianus und Gallienus 264 f.) oder Moesien (Luther, Gallische Sonderreich 327; Kienast, Kaisertabelle 215), unmittelbar nach der Niederlage des Usurpators Ingenuus zum Augustus erhoben, kurze Zeit später von Gallienus besiegt und von seinen eigenen Soldaten umgebracht (vgl. Kienast, 215). Ingenuus wurde ebenfalls 260 in Sirmium zum Kaiser ausgerufen, kurz nach der Gefangennahme Valerians. Ingenuus wurde nur wenig später von Aureolus in Mursa geschlagen und ein Teil seiner Truppen lief zu Regalianus über (vgl. Kienast, Kaisertabelle 214; Geiger, Gallienus 102–6). Dass der Epitomator Ingenuus nicht nennt, ist wegen der breiten Berücksichtigung dieses Usurpators in anderen Quellen1 und des sonst gegebenen Interesses des Epitomators an Gegenkaisern überraschend. Womöglich hat der Epitomator die von ihm erwähnten Usurpatoren einer ausführlichen Liste willkürlich entnommen oder war auf Grund einer reichen chronologischen Erzählung gezwungen, selektiv vorzugehen. Zosimos (1,38,1) behauptet, dass ihm einige Namen vorgelegen haben, nennt aber weder Regalianus noch Ingenuus. Cassius Labienus Postumus in Gallien Auch bei diesem Usurpator unterlief dem Epitomator ein Fehler. Eigentlich trug der Gegenkaiser den Namen M. Cassianus Latinus Postumus (z. B. in CIL XVII 1,85). Trotz des Fehlers beweist der Epitomator hier erneut seine herausragenden Bemühungen um vollständige Namen und überliefert als einziger derer drei. Postumus wurde als erster der fünf Kaiser des sog. Gallischen Sonderreichs (260–274) im Juli/August 260 erhoben und starb im Juni/Mai 269 in Mainz (vgl. Kienast, Kaisertabelle 234 f.; allgemein König, Die gallischen Usurpatoren; Luther, Gallische Sonderreich).

vgl. z. B. Aur. Vict. 33,2; Eutr. 9,8,1; Amm. 21,16,10; Hist. Aug. trig. tyr 9; Zonar. 12,24 (S. 143,17 Dindorf), s. Bleckmann, Reichskrise 226–41. 1

Kommentar

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filio interfecto Der Ablativus absolutus ist an dieser Stelle nicht vorzeitig aufzufassen, sondern gibt den Begleitumstand der Erzählung an, vgl. K.-St. 1,758 f. Sohn des Gallienus getötet wurde Es ist nicht klar, um welchen Sohn des Gallienus es sich handelt. Festy, Abrégé 153 schlägt den jüngeren Sohn Saloninus vor. Da die Epitome Saloninus erst in 33,1 als Ersatz für einen verstorbenen Sohn erwähnt, meint der Epitomator hier m. E. eher Valerian den Jüngeren (vgl. Bleckmann, Reichskrise 244 mit Anm.). Valerian der Jüngere starb bereits 258 in Illyricum (vgl. Kienast, Kaisertabelle 212; Goltz / Hartmann, Valerianus und Gallienus 244). Es findet sich insgesamt nur diese Notiz zum Tod eines Gallienussohns. Die vorausgehende Bemerkung zur Usurpation des Postumus passt allerdings eher zum Tod des Saloninus: Postumus stützte sich auf Soldaten, die wegen Rückforderungen von Kriegsbeute rebellierten. Nach der Belagerung von Köln wurde Saloninus an diese ausgeliefert und umgebracht (vgl. Geiger, Gallienus 157 f.). Die Usurpation könnte eine Reaktion auf die Schwächung der licinischen Dynastie durch die Gefangennahme Valerians in Persien sein, die der Epitomator erst zwei Absätze später (32,5) behandelt und die chronologisch nach dem Tod Valerians des Jüngeren zu setzen ist (vgl. Goltz / Hartmann, Valerianus und Gallienus 244–7). Eine Usurpatorenliste mit der Erzählung über den Mord an Saloninus dürfte in der Vorlage der Epitome also frühestens nach dessen Nennung gestanden haben und den Ausführungen anderer Autoren ähneln (vgl. Schlumberger, Epitome 149; Hist. Aug. trig. tyr. 3,2 [gibt an, dass Postumus erst Saloninus tötete und dann die Herrschaft ergriff, führt aber noch eine weitere Version an, vgl. Paschoud, Vies des Trente Tyrans 59]; Zos. 1,28,2 und Zonar. 12,24 [S. 143,27–S. 144,8 Dindorf]. Zum Quellenverhältnis vgl. Bleckmann, Reichskrise 242–8; zur Verwechslung der Söhne König, Die gallischen Usurpatoren 43 f.). Aelianus in Mainz Eigentlich Ulpius Cornelius Laelianus (RIC V Laelianus 8; Kienast, Kaisertabelle 235 f.), der Fehler entstand vermutlich schon in der frühen Überlieferung, denn auch in lateinischen Eutrop-Handschriften findet sich L. Aelianus genauso wie in frühen griechischen Übersetzungen (vgl. Schlumberger, Epitome 149). Als zweiten Kaiser des Gallischen Sonderreichs kennt ihn auch die EKG (vgl. fr. 86 mit Komm. [KFHist B 1,184 f.]). Laelianus usurpierte die Kaiserwürde 269 in Mainz gegen Postumus, der ihn nach kurzer Zeit besiegte, selbst aber von seinen

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Soldaten ermordet wurde, nachdem er ihnen untersagt hatte, Mainz zu plündern (vgl. Luther, Gallische Sonderreich 333). in Ägypten Aemilianus Nur die Historia Augusta weiß noch von L. Mussius Aemilianus, der sich dieser zufolge die Herrschaft von unzufriedenen aufständischen Ägyptern übertragen ließ, bzw. die Herrschaft über die ,Kornkammer Roms‘ an sich riss und so einige Städte in eine Hungersnot stürzte (trig. tyr. 22; Gall. 4,1 f.; Kienast, Kaisertabelle 219). Seine Usurpation schloss sich 261/262 an die der Macriani und des Quietus an (vgl. zu diesen Goltz / Hartmann, Valerianus und Gallienus 260–2; Kienast, 216 f.). Die Ausmaße der Usurpation sind unklar, die Münzstätte Alexandria scheint nicht zu seinem Herrschaftsgebiet gehört zu haben (vgl. Geiger, Gallienus 126 mit Anm. 729). Die partielle Förderung Nordafrikas durch Gallienus kann als Reaktion auf die Revolten gesehen werden (vgl. Röder, Kaiserliches Handeln 266 f.). Aemilianus wurde noch 262 im Auftrag des Gallienus von dem späteren praefectus Aegypti Aurelius Theodotus geschlagen und dem Kaiser überstellt (vgl. Goltz / Hartmann, Valerianus und Gallienus 266–8). in Makedonien Valens Der Usurpator Valens ist auch Ammian (21,16,10) bekannt, der als Sondergut noch das Cognomen Thessalonicus hat (vgl. J. den Boeft u. a., Philological and Historical Commentary on Ammianus Marcellinus XXI, Groningen 1991, 260). Die Historia Augusta beschreibt sein Amt als proconsulatus Achaiae (Gall. 2,2; trig. tyr. 19,1), und berichtet, dass sich ein Widersacher des Valens, Piso, nach Thessalien zurückgezogen habe und daraufhin den Beinamen Thessalicus erhalten habe (Gall. 2,3 f.; trig. tyr. 21,1 dazu Rohrbacher, Lost Books of Ammianus 110). Bis auf die Person des Valens selbst kann an der Authentizität der Episode gezweifelt werden (vgl. Paschoud, Vies des Trente Tyrans 137 f.). Numismatisch ist die Usurpation nicht belegt. Kurze Zeit nach seinem Aufstand wurde Valens 261 von seinen Soldaten getötet (vgl. PIR² V 12; Kienast, Kaisertabelle 218; Goltz / Hartmann, Valerianus und Gallienus 265 f.). in Mailand Aureolus Der Reitergeneral Aureolus usurpierte im Spätsommer 268 in Mailand die Kaiserwürde (vgl. Zonar. 12,25 [S. 147,4– 8 Dindorf]). Zuvor hatte er sich Postumus angeschlossen und diesem seine Einheiten unterstellt. Postumus kam Aureolus aber nicht gegen den heranrückenden Gallienus zur Hilfe, weshalb Aureolus sich aus Legitimationszwecken selbst zum Kaiser ausrufen ließ (vgl. Goltz / Hartmann, Valerianus und Gallienus 288). Zur zweifelhaften ersten Erhebung des

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Aureolus 262, die hier wegen der spezifischen Ortsangabe nicht gemeint sein kann, s. Bleckmann, Reichskrise 255 mit Anm. 136; Kienast, Kaisertabelle 220. (5) Aber Valerianus wurde – in schmählicher Sklaverei alt In dem Bericht über die Gefangennahme Valerians scheint die Epitome Eutrop verpflichtet (9,7,1): Valerianus in Mesopotamia gerens a Sapore Persarum rege superatus est, mox etiam captus apud Parthos ignobili servitute consenuit. Verkürzt notiert Festus die Gefangennahme (23,1: captus in dedecori servitute consenuit). Valerian wurde im Juni 260 nahe bei Edessa in der Provinz Osrhoene gefangen genommen (vgl. zur gesamten EKGPassage: Bleckmann, Komm. KFHist B 3,238). Eine Fülle von Quellen berichtet – mit divergierenden Tendenzen – über die unerhörte Gefangennahme eines römischen Kaisers durch Schapur I. (vgl. Bleckmann, Reichskrise 97–106; Goltz / Hartmann, Valerianus und Gallienus 250–4). (6) König derselben Provinz In der Propagandainschrift Schapurs an der Ka‘ba-i Zardušt (ŠKZ) wird beschrieben, dass Valerian in die Persis verschleppt wurde (§22 Huyse, vgl. auch Zonar. 12,23 [S. 142,3–7 Dindorf]). Daraus und aus der persischen Betitelung Schapurs als „König der Könige“ schließt Festy, Abrégé 155, dass hier der Satrap von Persis und nicht Schapur selbst gemeint ist (vgl. auch Bleckmann, Reichskrise 111 Anm. 203). Dies widerspräche aber der vorangehenden Angabe der Epitome und derjenigen der ŠKZ, in der berichtet wird, dass Schapur I. selbst Valerian gefangen nahm. Dass der persische Herrscher den Kaiser fing und dann einem Satrapen überließ, scheint relativ unwahrscheinlich. Zudem kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Epitomator die Provinz Persis vom Perserreich unterschied, selbst wenn er den Namen dieses spezifischen Gebiets kannte. Auch Zonaras berichtet, dass Valerian den Rest seines Lebens in der Persis verbrachte und beschreibt zuvor die Gefangennahme Valerians und die anschließende Auslieferung an Schapur selbst. Er kennt allerdings eine weitere Version, in der der Kaiser aus Angst vor einer Revolte seiner eigenen Soldaten zu den Persern geflüchtet sei 1. Die Epitome de Caesaribus meint wohl Schapur I. selbst und setzt den Herrscher über die Satrapie Persis mit diesem gleich.

Vgl. Zonar. 12,23 (S. 140,20–S. 141,2 Dindorf). Auch Zos. 1,36,2 behauptet, der Kaiser habe sich freiwillig zu den Persern begeben, um den Frieden zu erkaufen. Womöglich kannte schon seine Quelle mehrere Versionen. 1

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sein Pferd zu besteigen Diese Anekdote über das Schicksal Valerians kennt auch Laktanz (mort. pers. 5,3; vgl. auch Oros. hist. 7,22,4). Auch wenn man davon ausgeht, dass es sich beim rex eiusdem provinciae um Schapur I. selbst handelt, bedeutet dies nicht, dass hier eine direkte Abhängigkeit von Laktanz besteht (davon geht Schlumberger, Epitome 151 aus; dagegen Festy, Abrégé 155, der von einer anderen christlichen Quelle ausgeht). Wie die bereits genannte Charakterisierung Valerians könnte auch diese Episode in tetrarchischer Zeit entstanden sein, die die krisenhafte Phase des 3. Jh. als dunklen Kontrast zur glänzenden Gegenwart darzustellen suchte. Gegen eine Abhängigkeit von Laktanz sprechen weitere Details, in denen sich Laktanz und die Epitome annähern, aber in entscheidenden Punkten divergieren (vgl. Bleckmann, Überlegungen 30 mit Anm. 60). Der Epitomator hätte angesichts seines Interesses für die Todesarten der Kaiser (vgl. das Beispiel Philippus Arabs) die Häutung Valerians vermutlich erwähnt, wäre Laktanz seine Quelle gewesen. Es scheint, als habe Laktanz aus mehreren Traditionen geschöpft, um das Schicksal des Christenverfolgers Valerian möglichst umfangreich und abschreckend darstellen zu können. Eine dieser Traditionen lag auch der Epitome vor. 33. (1) Cornelii filii sui Zum abundanten Gebrauch des Possessivpronomens s. Komm. zu 3,4 sorores suas und 29,2 Decium filium suum. anstelle seines Sohnes Cornelius seinen anderen Sohn, Saloninus Dass Saloninus hier anscheinend als Ersatz für Valerian den Jüngeren erhoben wird, spricht dafür, dass in Epit. Caes. 32,3 der Tod Valerians des Jüngeren beschrieben ist (vgl. den Komm. zu 32,3). P. Licinius Cornelius Saloninus Valerianus oder P. Cornelius Saloninus Gallienus wurde 258 zum Caesar erhoben (vgl. PIR² L 183; Kienast, Kaisertabelle 213). Die Beschreibung der Familienverhältnisse der Licinii weist darauf hin, dass der Epitomator diese als Dynastie wahrnahm. Durch den Gegensatz, mit dem der Bericht über Gallienus eingeleitet wird, manifestiert sich der Eindruck, dass die Vorlage der Epitome einen verwobeneren Bericht über die Herrschaft Valerians und seines Sohnes bot. Es war also vermutlich der Epitomator selbst, der die Herrschaft des Gallienus von der des Valerian trennte und diese mit verschiedenen Perspektiven ausdeutete. amori … paelicum Der Ausdruck paelicum umfasst hier die Ehefrau und die Konkubine, vgl. ThLL s. v. paelex Sp. 39,75–79. Zu diverso vgl. ThLL s. v. diversus Sp. 1582,29–31.

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Ehefrau Salonina Cornelia Salonina (Chrysogone) war die Mutter der beiden Caesares, sie wurde 254 zur Augusta erhoben (vgl. RIC V Salonina 3; PIR² C 1499; Kienast, Kaisertabelle 212). Konkubine mit dem Namen Pipa Die anscheinend als Unterpfand mit Gallienus verheiratete Tochter eines Germanenfürsten kennen auch Aurelius Victor (33,6) und die Historia Augusta (Gall. 21,3: Piparam nomine barbaram regis, vgl. PLRE 1,702). Aurelius Victor nennt auch den offenkundig griechischen Namen des Vaters: Attali Germanorum regis. Die Historia Augusta ist ungenauer, ebenso wie Zosimos (1,30,3), der möglicherweise dieselben Ereignisse meint, wenn er von einem Arrangement zur Sicherung der Rheingrenze zwischen Gallienus und einem Fürsten der Germanen berichtet, wobei sich das nur schwer mit der Pannonia superior vereinbaren lässt. Zu einer durch Nicomachus Flavianus veränderten Version Victors als mögliche Quelle vgl. Festy, Abrégé 155 f. Schlumberger, Epitome 152 vermutet hier eine Provenienz aus der EKG. Die Berichte, die alle eine Konkurrenz zwischen Salonina und Pipa andeuten, scheinen aus der gleichen Quelle zu stammen. Diese könnten unabhängig von Aurelius Victor in die Historia Augusta und die Epitome de Caesaribus eingegangen sein. Die Formung der Erzählung in tetrarchischer Zeit wäre denkbar (vgl. Speidel, Gallienus and the Marcomanni 74 Anm. 3). Historisch ist eine diplomatische Verbindung mit Pipa zur Sicherung vor Germaneneinfällen nicht unplausibel (Speidel datiert sie in das Jahr 258). Die Ehe von Gallienus und der germanischen Prinzessin kann von römischer Seite jedoch nicht anerkannt gewesen sein, daher die Bezeichnung als concubina (vgl. Speidel, 73–80; bes. 76 f.). (2) cum – obsedit Zu temporalem cum mit Ind. Perf. neben einem Perfekt des Hauptsatzes s. K.-St. 2,336. In der Epitome de Caesaribus wird cum sonst meistens mit dem Konjunktiv konstruiert; der Indikativ ist die Ausnahme (2,7 cum sententias ad eius voluntatem promunt, incidere exitia postrema; 43,3 cumque inconsulto ardore nititur ordines ad proelium componere, ab uno ex hostibus et quidem fugiente conto percutitur.). obtentum Zu obtinere im Sinne von superare aliquem vgl. Ruf. Fest. 5 (rebellantes Lusitanos … obtinuimus) und ThLL s. v. obtineo Sp. 287, 64 f. rückte er gegen Aureolus – in der Nähe einer Brücke Die Notiz über die Schlacht bei dem pons Aureoli und den Rückzug des Aureolus nach Mailand teilt die Epitome mit Aurelius Victor (33,18: eum Gallienus apud pontem, cui ex eo Aureoli nomen est, fusum acie Mediolanum coegit). Die

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Historia Augusta, die ein recht negatives Bild von Gallienus zeichnet, rechnet diesen Sieg dem Claudius Gothicus zu (Hist. Aug. trig. tyr. 11,4). Auch Zonar. 12,25 (S. 147,4–12 Dindorf) weiß von dem Sieg des Gallienus und der anschließenden Belagerung Mailands. Die hier beschriebene Schlacht fand im Sommer 268 an der Adda, nahe Mailand, statt (vgl. Hartmann, Mord an Gallienus 86). Aureoli Bleckmann, Epitome 143 f. empfiehlt die Übernahme des von Paulus und Landolfus überlieferten Zusatzes ducis sui in den Text: Entsprechend der Parallelüberlieferung bei Aurelius Victor 33,20 f. (quippe Aureolus … ducum Gallieni tribunorumque nomina quasi destinata ab eo ad necem astu composuit litterasque e muro, quam occultissime potuit, abiecit; ... qua causa Aureliani consilio … simulata proruptione hostium … tabernaculo educ*nt nocte intempesta; teloque traicitur) könnte es in der Vorlage des Epitomators geheißen haben: Aureliani ducis sui commento a suis interiit. Durch den Text der indirekten Überlieferung werde deutlich, dass der Epitomator den zuvor genannten Aureolus zum Urheber des Plans gemacht hat, den Aurelianus, des Kaisers Gallienus eigener General, geschmiedet hat, vgl. hist. Komm. zu wurde er von den Seinigen getötet aufgrund einer Lüge desselben Aureolus. Der Zusatz ducis sui zu dem zuvor als Gegner geschilderten Aureolus bringt allerdings über die Namensverwechslung hinaus einen Widerspruch in die Darstellung des Epitomators, der über seine sonstigen historischen Irrtümer hinausgeht. 1 wurde er von den Seinigen getötet aufgrund einer List desselben Aureolus Zum Verrat und Mord an Gallienus durch die „Seinigen“ gibt es verschiedene Versionen (zusammengefasst und erläutert bei Hartmann, Mord an Gallienus 88–100). Die Epitome scheint die gleiche Version wie Victor verkürzt wiederzugeben, in der Aureolus eine Liste mit Namen einiger Generäle des Gallienus fälscht und sie so platziert, dass diese sie finden und folgern, es sei eine Aufzählung derer, die Gallienus beseitigt wissen wolle. Daraufhin habe der spätere Kaiser Aurelianus einen Hinterhalt erdacht, indem er einen nächtlichen Angriff fingierte, in dessen Trubel der unbewachte Gallienus ermordet wurde (Aur. Vict. 33,20 f.). Die falsche Todesliste ist allerdings ein beliebtes literarisches Sujet, dessen sich die Epitome oder ihre Quelle selbst zum Tod Aurelians bedient (Epit. Die Formulierung fraude Aureoli ducis sui bei Paulus ist weniger problematisch, da Aureolus vorher gar nicht erwähnt wird und sich dadurch kein Widerspruch innerhalb seiner Darstellung ergibt. Landolfus hat ducis sui von Paulus übernommen. 1

Kommentar

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Caes. 35,8), und die hier möglicherweise auf Victor selbst zurückgeht (vgl. mit weiteren Beispielen Hartmann, Mord an Gallienus 97). Einige Quellen beschreiben einen Verrat, über den Hauptakteur des Mordes herrscht allerdings Uneinigkeit. In seiner Leoquellen-Version identifiziert Zonaras ihn ebenfalls mit Aurelian (vgl. 12,25 [S. 147,27–S. 148,20 Dindorf] mit Bleckmann, Reichskrise 39 u. 259 f.). Diesen hält Hartmann, 118 für den plausibelsten Kandidaten. Aurelian ist möglicherweise mit dem bei Zos. 1,40,2 genannten Reitergeneral identisch (vgl. auch Hist. Aug. Gall. 14,4). Diese Nachricht des Zosimos rekurriert womöglich auf Dexipp, der den Mörder wegen der Abfassung seiner Chronik unter Aurelian nicht namentlich nennen konnte (vgl. Hartmann, 106). Auch Claudius Gothicus wird von einigen als Initiator angegeben. Dass dieser laut Victor und der Historia Augusta nicht am Komplott beteiligt ist, liegt daran, dass diese Autoren (vermeintlich oder wirklich) in der Zeit der konstantinischen Dynastie schreiben und Rücksicht auf deren Ahnherrn nehmen. Claudius Gothicus könnte aber durchaus zu den Mitverschwörern gehört haben (vgl. Zonar. 12,25 [S. 148,25–S. 149,5 Dindorf]; Syn. Sath. 38,25; Joh. Ant. 232 Roberto. Zu den Ereignissen und Akteuren insgesamt Hartmann, Mord an Gallienus; ders., Claudius Gothicus 298 f.). (3) herrschte fünfzehn Jahre, davon sieben mit seinem Vater, acht alleine Die achtjährige Alleinherrschaft ist plausibel. Gallienus herrschte ab Juli 260 alleine und starb im August/September 268 (vgl. Kienast, Kaisertabelle 209, zum Todesdatum ausführlich: Hartmann, Mord an Gallienus 88 f.). Leicht weichen Aur. Vict. 33,35 und Eutr. 9,11,1 mit neun Jahren bzw. „im neunten Jahr“ ab. Seine Herrschaft zusammengefasst mit der Valerians geben Zonar. 12,25 (S. 148,19 f. Dindorf) und Origo Rom. 70 (KFHist B 5) an, ausführliche Überlegungen finden sich bei Hist. Aug. Gall. 21,5, die mit den Angaben der Epitome zusammenfallen. Er lebte fünfzig Jahre Die Lebensdauer, nach der Gallienus 218 geboren wurde, hat auch Joh. Mal. 12,27 und ist glaubwürdig (vgl. Kienast, Kaisertabelle 209). 34. (1) annos duos Der handschriftliche Befund ist hinsichtlich der Regierungszeit des Claudius unsicher. Die Hss. B und C und der Bambergensis der vulgärlateinischen Fassung haben eine Lücke. Die Schreiber haben also vermutlich in ihrer Vorlage keine Zahlenangabe vorgefunden, aber gewusst, dass dort etwas gestanden haben muss. In A und C hat jeweils eine spätere Hand das Zahlzeichen ergänzt. Die Handschrift I hat

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annis II, die Hss. GFH haben anñ I mensibus VIIII. Sowohl die Frage, ob der Ablativ oder Akkusativ verwendet wurde (vgl. Komm. zu 13,1 annis), als auch die nach der Authentizität der Zahlenangabe kann nicht abschließend beantwortet werden, vgl. auch Festy, Abrégé 158. Claudius herrschte zwei Jahre M. Aurelius Claudius regierte von September/Oktober 268 an und starb im September (Kienast, Kaisertabelle 222) oder August (Hartmann, Claudius Gothicus 306) 270 in Sirmium. Die meisten Autoren geben eine Regierungszeit von ca. zwei Jahren an (Eutr., 9,11,2: weniger als 2 Jahre; Eus., h. e. 7,28,4: 2 Jahre, nicht gerundet Euseb über Hier. chron. 221,22 f.: 1 Jahr, 9 Monate; Origo Rom. 71 [KFHist B 5]: 1 Jahr, 4 Monate, 14 Tage; vgl. auch PIR² A 1626). (2) dum … institueretur Zum Konjunktiv Imperfekt nach dum s. zu 20,9 dum … nequiret. Im Unterschied zu 20,9 ist der Sinn in 34,2 rein temporal. Sehr viele glauben, dass er von Gordian gezeugt wurde Die fingierte Nachricht, Claudius Gothicus sei ein unehelicher Nachfahre von Gordian, gibt Rätsel auf. Festy, Abrégé 158 vermutet, dass neben der fiktiven Abkunft der zweiten flavischen Dynastie von Claudius Gothicus hier eine zusätzliche Herkunftsrekonstruktion vorlag. Bereits Schlumberger, Epitome 154 bemerkte aber, dass der Epitomator die Abstammung Konstantins von Claudius Gothicus nicht aufgenommen hat und es zur Abfassungszeit der Epitome kaum nötig erschien, Konstantin und seine Familie durch weitere Ahnen zu adeln. Die Historia Augusta erwähnt, dass ihr mehrere uneindeutige Berichte zur Herkunft des Claudius Gothicus vorlagen (Claud. 13,4: plerique prodiderunt). Um welchen Gordian es sich handelt (vgl. Syme, Emperors 233 f.), scheint dabei eher nebensächlich, da sowohl der Ältere (I) als auch der Jüngere (III) in verschiedenen Quellen hervorgehoben werden: Die Historia Augusta (Gord. 2,2) behauptet Gordian I. stamme mütterlicherseits von Trajan ab; Ammian (23,5,17) prophezeit Gordian III. ähnliche Erfolge wie Trajan gegen die Perser, wäre er zuvor nicht von Philipp verraten worden. Vom Alter her könnte bestenfalls Gordian I. oder II. der Vater von Claudius Gothicus sein 1. Die Nachricht ist in jedem Fall nicht zeitgenössisch und stammt vermutlich aus dem 4. Jh. (vgl. Hekster, Emperors and Ancestors 226 f.). Es könnte sich Dagegen Hekster, Emperors and Ancestors 225, der meint, dass der bei der Geburt des Claudius 214 22 Jahre alte Gordian II. zu alt gewesen sei, um hier gemeint zu sein. Gordian III. kommt nicht in Frage, da er erst 225 geboren wurde (s. zum Alter der Gordiane und des Claudius Gothicus Kienast, Kaisertabelle 180–82 und 223). 1

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um eine Fiktion aus julianischer Zeit handeln, die Julian – wie im Bericht Ammians – mit einem anderen Perserbezwinger in Verbindung brachte. Der Epitomator distanziert sich von der Nachricht, die nach der Überlieferungslage vermutlich nicht allzu sehr verbreitet war. hic Claudius Zur Verwendung des Demonstrativpronomens s. zu 19,3 ab hoc Severo. designatur Zum historischen Präsens s. zu 18,2 obtruncatur. Claudius wurde – durch Gallonius Basilius die Herrscherinsignien gesandt Wie im Bericht Victors wird Claudius nicht nur vom sterbenden Gallienus zum Kaiser gemacht, sondern aufgrund seines Aufenthalts im entfernten Ticinum vom Mord am amtierenden Kaiser in Mailand exkulpiert (vgl. Aur. Vict. 33,28). Festy, Abrégé 158 führt diese Schonung auf die Propaganda des Panegyrikers von 310 zurück. Den signifikanten Unterschied zwischen den Darstellungen macht der Überbringer der Herrschaftsinsignien Gallonius Basilius aus, der nur in der Epitome genannt wird (PIR² G 49; PLRE 1,149 Nr. 5) 1. Ob die Nachricht auf den Epitomator selbst zurückgeht oder eher auf eine verlorene italische Quelle, ist schwer zu entscheiden. Diese oder der Epitomator selbst hat möglicherweise etwas Familien-Historie des 4. Jh. miteinfließen lassen, denn „die Basilii gehörten zu den führenden stadtrömischen Familien“ im ausgehenden 4. Jh. (vgl. Bleckmann, ebd. mit PLRE 1,149). Schlumberger, Epitome 178 bezeichnet ihn als „vergessene(n) Senator“, der die generelle Senatsnähe und das Interesse der Epitomevorlage zeige, aber auch das Interesse des Epitomators selbst (ein weiterer Beleg hierfür wäre der ebenfalls in der Claudius-Vita angeführte Pomponius Bassus, vgl. Epit. Caes. 34,3 mit Komm.; Schlumberger ebd.). Eventuell ist Gallonius Basilius aber nicht nur als Person authentisch sondern gehörte zu der oberen senatorischen Riege mit Nähe zum Kaiserhaus: Zwei 2004 veröffentlichte Inschriften bestätigen nicht nur die lange bezweifelte Halbbruderschaft des P. Licinius Valerianus zu Gallienus 2, sondern verweisen auch auf den Namen ihrer Mutter und zweiten Frau Valerians, Cornelia Gallonia (vgl. B. Girotti, Cornelia Gallonia Augusta, seconda moglie di Es wäre möglich, dass Gallonius Basilius gänzlich fingiert ist. Der Name wäre dann ein Fehler oder Wortspiel aus Gallienus und βαϲιλεία (vgl. Syme, Emperors 205 f. und 234; Ders., Fiction in the Epitomators 159; Birley, Fiction 74; Festy, Abrégé 158). Hist. Aug. Quadr. Tyr. 15,6 erwähnt einen Gallonius Avitus, der ebenfalls Vorbild für die fiktive Person gewesen sein könnte (Bleckmann, Reichskrise 401 Anm. 23). 2 S. o. zu den Sohn des Gallienus, Cornelius Valerianus, zum Caesar. 1

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Valeriano: un contributo epigrafico ad un problema storiografico?, Epigraphica 66 [2004] 365–367, mit AE 2004, 673 a–b; Hächler, Kontinuität und Wandel 484 f.). Der Epitomator scheint mit guten Informationen um Norditalien und insbesondere Ticinum (heute Pavia) ausgestattet zu sein (vgl. zu 35,2; 42,5; Einleitung S. 78). Claudius wurde Anfang September 268 wie die meisten Kaiser dieser Zeit durch das Heer erhoben und kurze Zeit später vom Senat bestätigt (vgl. Hartmann, Claudius Gothicus 299). Welche „Herrscherinsignien“ Claudius von Gallienus erhalten haben soll, bleibt offen. Zu denken ist vor allem an den Purpurmantel. nachdem Aureolus durch seine eigenen Männer getötet worden war Auch die Historia Augusta (Claud. 5,3), Zonaras (12,26 [S. 149,25– 27 Dindorf]) und Aurelius Victor (33,19) behaupten, Aureolus sei von seinen eigenen Soldaten getötet worden und gewähren Claudius damit abermals Absolution. Zosimos (1,41) 1 schont dagegen den vermeintlichen Vorfahren der konstantinischen Dynastie nicht und berichtet, dass Aureolus von den Soldaten des Claudius gelyncht wurde, nachdem der Usurpator sich ergeben hatte (vgl. dazu Hartmann, Claudius Gothicus 298 f.). Die Historia Augusta widerspricht sich selbst, indem sie an anderer Stelle Aurelian zum Mörder macht (trig. tyr. 11,4; Aurelian. 16,1–4; vgl. auch Kienast, Kaisertabelle 220). trecenta milia Die nur durch Paulus und Landolfus überlieferte Zahlenangabe ist unerlässlich, da sonst die folgende Aussage ut aegre pars dimidia superfuerit keinen Sinn ergibt. Claudius hat nicht die Hälfte der gens Alamannorum getötet, sondern die Hälfte eines 300.000 Mann starken Heeres, vgl. Bleckmann, Epitome 148. Zur Authentizität der Zahlenangabe von 300.000 s. Festy Abrégé 159 Anm. 6. dreihunderttausend Alamannen Festy, Abrégé 159 bemerkt, wie Schlumberger, Epitome 154 zurecht, dass die Nachricht in der Epitome über den Alamannensieg des Claudius Gothicus, zwar singulär, aber historisch ist, auch wenn Münzen und Inschriften nur Germanicus bieten (die Zahlen der Gegner sind durchaus anzuzweifeln). Festy schreibt die Nennung dieses Sieges und die Auslassung des großen Triumphs des Claudius Gothicus Maximus über die Goten der willkürlichen Stoffwiedergabe des Epitomators zu. Festy sieht den Alamannensieg als Bestandteil der EKG. Schon Schlumberger bemerkt aber, dass sich die anderen Zeugen der EKG, die Claudius Gothicus panegyrisch überhöhen, 1

Vgl. auch Joh. Ant. 233 Roberto.

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eine solche Nachricht kaum hätten entgehen lassen. Deshalb vermutet Schlumberger eine andere römisch-italische Quelle, die keinen Eingang in die EKG gefunden hat. Bleckmann, Epitome 147–9 bemerkte auf der Grundlage von Festys Ausgabe 1, dass eine weitere Lösung denkbar wäre, die sich in die Liste der Kompositionsfehler der Epitome zu Ereignissen der zweiten Hälfte des 3. Jh. fügt: Auch Zonaras (12,24 [S. 143,6 f. Dindorf]) berichtet von einem Sieg über 300.000 Alamannen, allerdings unter Gallienus und bei Mailand. Dies erklärt Festy mit den verschiedenen Quellensträngen, die der Epitome und Zonaras hier vorgelegen haben könnten. Es scheint aber wahrscheinlicher, betrachtet man vor allem die sonstige Arbeitsweise des Epitomators, dass Zonaras – bzw. die ihm hier zugrunde liegende Leoquelle – seine Vorlage, die den Sieg bei Mailand und am Gardasee und zu ersterem die Zahl der gefallenen Gegner hatte, korrekt wiedergegeben hat, während dem Epitomator erneut ein Fehler bei der Komprimierung seines Materials unterlaufen ist. Grundquelle der Nachricht könnte Dexipp sein (vgl. FGrHist 100 fr. 6,11). Der Wert der Notiz liegt nicht nur in der Information über die Schlacht am Gardasee 269 (vgl. Drinkwater, Alamanni and Rome 71 f.), sondern ist ein weiteres Indiz, dass es „grosse (senatorische) Historiographie zur Geschichte der Germaneneinfälle nach Italien in der zweiten Hälfte des 3. Jahrhunderts“ gab (vgl. Bleckmann, Alamannen 163–6 [Zitat: S. 165]). M. E. hat der Epitomator die Nachricht über den Alamannensieg nicht willkürlich jener über den Gotensieg vorgezogen, sondern ist geleitet von julianfreundlichen Tendenzen, indem der Sieg des angeblichen Vorfahren Julians über Alamannen mit dessen Sieg bei Straßburg in Verbindung gebracht wurde. Die Epitome beschreibt die Schlacht bei Straßburg besonders dramatisch (43,13 f.) und die Quelle der Epitome könnte sie ebenfalls hervorgehoben haben. Eine weitere Veranlassung, an den Sieg des Claudius zu erinnern, bot der Sieg Gratians über 30.000 Alamannen (Epit. Caes. 47,2). (3) In diesen Tagen riss Victorinus die Herrschaft an sich Unter den antiken Quellen überliefert nur die Epitome die Erhebung des M. Piavonius Victorinus unter Claudius Gothicus, wobei his diebus nicht wörtlich zu verstehen ist und auch einen größeren Zeitraum meinen kann (vgl. Festy, Abrégé 160). Aur. Vict. 33,17, Eutr. 9,9,3 und Hist. Aug. Gall. Revidierung der Pichlmayr-Ausgabe an dieser Stelle mit Zuhilfenahme der lateinischen Nebenüberlieferung der Epitome, vgl. auch Bleckmann, Alamannen 163–6. Skeptisch dazu Gauville, Epitome 239–41, der allerdings die Parallele bei Landolfus Sagax nicht in seine Argumentation miteinbezieht. 1

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7,1; trig. tyr. 6,2 datieren seine Erhebung unter Gallienus. Die Historia Augusta macht ihn zum Mitkaiser des ersten gallischen Kaisers Postumus. Pol. Silv. (KFHist. B 6) princ. 49 datiert ihn unter Aurelian. Bezieht sich his diebus auf die Regierung des Claudius Gothicus, liegt der Epitomator richtig: Victorinus herrschte vom Herbst 269 bis 271 als vierter Kaiser des Gallischen Sonderreichs (vgl. PIR² P 401; Luther, Gallische Sonderreich 334 f.; Kienast, Kaisertabelle 237). neminem … quam imperatorem Zum Gebrauch von quam statt nemo nisi vgl. H.-Sz. 595 f. (Zus. α). als Pomponius Bassus, der zu dieser Zeit der erste war, sich anbot Die Konsultierung der Sibyllinischen Bücher 1 und das anschließende Selbstopfer des Claudius Gothicus als primus inter pares hat auch Aur. Vict. 34,3 f. Ammian scheint die Legende auch gekannt zu haben (vgl. 31,5,17; 16,10,3 mit Seyfarth, Ammian 295 Anm. 98), ebenso wie Polemius Silvius ([KFHist B 6] princ. 45) und andeutungsweise Julian (Caes. 313d). Die anscheinend recht verbreitete Erzählung hat ihren Ursprung in konstantinischer Propaganda nach 310, der Epitomator verschiebt aber leicht den Fokus. Als einziger bezeugt er den Namen des Senators Pomponius Bassus (vgl. PLRE 1,155 f. Nr. 17) und schwächt damit das panegyrische Motiv ab, wonach der Kaiser sich für den Sieg über die Goten opferte. Insgesamt wirkt es in der Epitome nicht so, als würde der Kaiser den Staat vor auswärtigen Feinden bewahren wollen, sondern vor Victorinus, dessen Usurpation der Erzählung von der Konsultation der Sibyllinischen Bücher vorangestellt ist. Baldini erklärt die Komposition mit einem Quellenwechsel in der Epitome, von einer eher senatorisch geprägten Erzählung hin zu einer Tradition, die bei der Darstellung der devotio noch mehr von konstantinischer Panegyrik geprägt Die Historia Augusta (Aurelian. 18,6–19,8) weiß von der Konsultierung der sibyllinischen Bücher unter Aurelian während eines Markomanneneinfalls. Womöglich hängt diese Nachricht mit der Anekdote der Epitome zusammen. Die Historia Augusta behauptet weiter, dass sich sowohl der Kaiser als auch ein Senator über die zu späte Befragung der Bücher echauffierten vgl. Bleckmann, Reichskrise 204 Anm. 165. Paschoud Vies d’Aurélien 122–7 sieht in der Anekdote eine Analogie zum Streit um den Victoriaaltar in der zweiten Hälfte des 4. Jh. Zur Aufarbeitung und Verkehrung der Anekdote im Spiegel der konstantinischen Vision vor der Schlacht an der Milvischen Brücke, vgl. Brandt, ‘Heidnische Vision’ 108–11. Ein ähnliches Motiv findet sich ebenfalls unter Aurelian beim Anonymus post Dionem (fr. 10,2 [FHG IV S. 197], in dem der Senator Albinus noch, als er im Sterben liegt, nur an das Wohl des Staates denken kann (vgl. Bleckmann, 324 mit Anm. 183). 1

Kommentar

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war (vgl. A. Baldini, Claudio Gotico e Constantino in Aurelio Vittore ed Epitome de Caesaribus, in: G. Bonamente / F. Fusco, Constantino il Grande. Dall'Antichitá all'Umanesimo, Vol. I., Macerata 1992, 73–89, hier 88). Nach einer anderen Tradition starb Claudius Gothicus an der erneut grassierenden Pest (Eutr. 9,11,2; Hist. Aug. Claud. 12,2; Zos. 1,46,2; Zonar. 12,26 [S. 151,9 f. Dindorf]). (4) ex auro statuam prope ipsum Iovis simulacrum atque in curia imaginem auream Die Phrase ist kunstvoll konstruiert: Material, Gegenstand und Aufstellungsort sind chiastisch angeordnet. Das auch sonst vom Epitomator verwendete aureus (1,12. 3,9. 16,9) wird durch ex auro variiert. Die Kaiserstatue wird dieser Darstellung zufolge neben der des Jupiter aufgestellt, vgl. Bleckmann zu Eutrop 9,11,2 goldene Statue aufgestellt wurde (KFHist B 3,245). proceres Der Begriff kommt in der Epitome nur an dieser Stelle vor. den Namen „Divus“ – ein goldenes Abbild in der Kurie weihten Auch Eutrop (9,11,2) bietet die Nachricht von der consecratio und der goldenen Statue im Tempel des Iupiter Capitolinus, beschreibt statt des goldenen Abbilds (vgl. auch Hist. Aug. Claud. 3,3) in der Curia aber einen clipeus, was eher mit dem augusteischen clipeus virtutis assoziiert werden kann (vgl. Augustus, Res Gestae 34,3; AE 1952, 165 mit Ph. Bruggisser, Le bouclier d’or de Claude le Gothique, un honneur étrangement nouveau, in: Historiae Augustae Colloquium Genevense, Bari 1999, 59–85). Diesen Hintergedanken hatte möglicherweise auch der Autor der Historia Augusta (vgl. Paschoud, Vies des trente Tyrans 259), der Statue und Schild ebenfalls erwähnt, die Statue allerdings nicht im Tempel, sondern vor diesem lokalisiert. Damit soll die republikanische moderatio des Kaisers unterstrichen werden (Claud. 3,3 f. 7,6; vgl. aber Bleckmann, Komm. KFHist B 3,245 f.). Eutrop und die Quelle der Epitome scheinen die gleiche Quelle unabhängig voneinander konsultiert zu haben, aus der der Epitomator ungewöhnlicherweise den Titel divus übernommen hat, welchen er im Gegensatz zu Eutrop sonst meist ausspart (die Epitome gibt ihn nur noch zu Pertinax wieder [18,6]). Die Quellenbeziehung zur Historia Augusta ist schwer zu bestimmen (vgl. Paschoud, ebd. 256 f.). Schlumberger, Epitome 156 vermutet die EKG als Grundlage der Berichte. (5) sein Bruder Quintilius … herrschte nur wenige Tage und wurde getötet M. Aurelius Claudius Quintillus wurde kurz nach dem Tod des Claudius in Italien zum Kaiser erhoben und regierte nur kurze Zeit im September 270, bis die Donaulegionen Aurelian in Sirmium zum Kaiser

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ausriefen und dieser gegen den in Aquileia wartenden Quintillus zog (vgl. PIR² 1480; Kienast, Kaisertabelle 224; Hartmann, Claudius Gothicus 307 f.). Zwei Versionen kursierten zu seinem Tod, die dem Epitomator beide vorlagen. In der einen wird der Kaiser von seinen Soldaten bei Aquileia getötet (Hier. chron. 222b; Eutr. 9,12,1). Diese Version geht womöglich auf die EKG zurück (so Festy, Abrégé 161, vgl. aber Komm. zu EKG fr. 89 [KFHist B 1,187], der auf das fehlende Zeugnis Victors verweist). Die andere Version, in der sich der Kaiser die Venen öffnet, ist in der Epitome fälschlich in den Bericht über Florianus (36,2) eingefügt, sie bezieht sich aber auf Quintillus (vgl. Zos. 1,47, Hist. Aug. Aurelian. 37,6 und Zonar. 12,26 [S. 152,18–22 Dindorf]; Festy, ebd.; Bleckmann, Epitome 149 mit Anm. 20). Der Epitomator umgeht die widersprüchliche Überlieferung zur Regierungsdauer von 17 bis 77 Tagen (dazu Komm. zu EKG fr. 89 [KFHist B 1,187]). 35. (1) Aurelian, geboren zwischen Dacia und Macedonia Die Herkunft Aurelians ist umstritten. Nur der Epitomator behauptet, der Kaiser stamme von dem Kolonen eines Senators Aurelius ab. Die Nachricht ist zwar nicht ganz abwegig, da der Epitomator aber Ähnliches zu Diokletian berichtet (39,1; Eutr. 9,19,2), könnte es sich um eine Dublette handeln, inspiriert durch die Herkunft aus dem Balkanraum und die niedrige soziale Abkunft. Diese beschreibt auch die Historia Augusta (Aurel 3,1 f.) mit einer Bemerkung über die verschiedenen Herkunftsangaben, die hinsichtlich von Kaisern aus unbekannten Familien kursieren und teils von diesen selbst erdacht sein sollen. Wie viel von der Epitomenachricht aus der EKG stammt, lässt sich nicht abschließend klären (vgl. Komm. zu EKG fr. 90 [KFHist B 1,188]; Schlumberger, Epitome 158). Die Lokalisierung des Ortes „zwischen Dacia und Macedonia“ umschreibt womöglich etwas ungeschickt Eutr. 9,13,1 und eine Version der Historia Augusta, welche die erst von Aurelian eingerichtete Dacia ripensis nennen (vgl. Schlumberger, Epitome 158). Es könnte auch ein Gebiet südlich davon, vielleicht bei Dardania oder Moesia superior, gemeint sein, wenn die vordiokletianische Provinzordnung angenommen wird (vgl. Festy, Abrégé 161 f.). Die Historia Augusta nennt als zwei weitere Möglichkeiten eben Mösien und Sirmium (vgl. dazu Paschoud, Vies d’Aurélien 71 f.). Auch die deo et domino-Prägungen aus Serdica könnten mit Aurelians Herkunft zusammenhängen, was wiederum für das Gebiet der Dacia ripensis sprechen würde (vgl. Wienand, Deo et domino 79 f.). L. Domitius Aurelianus wurde am 9. September 214

Kommentar

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geboren (vgl. Hartmann, Claudius Gothicus 308 f.; Kienast, Kaisertabelle 225). 35. (1) annos … sex Die Angaben zur Regierungsdauer sind an dieser Stelle genauso unsicher wie in 34,1. Die Hss. A, B und C haben keine Zahlenangaben. A und C lassen eine Lücke, in der von späterer Hand die Zahl ergänzt wurde. Die Hs. I hat annis ohne weitere Zahlenangabe. Möglicherweise fehlten die Zahlenangaben bereits im Archetyp der Hss. und wurden im Laufe der Überlieferung aus anderen Quellen, z. B. Hieronymus (vgl. hist. Komm zu herrschte fünf Jahre, sechs Monate), nachgetragen. herrschte fünf Jahre, sechs Monate Die gleiche Herrschaftsdauer bietet auch Hier. chron. 222,8 f. (vgl. zur möglichen Interpolation im Epitome-Text den phil. Komm.). Leicht abweichende Angaben bei Origo Rom. 73 (KFHist B 5): 5 Jahre, 4 Monate, 20 Tage; Euseb. h. e. 7,30,22: 6 Jahre und Zonar. 12,27 (S. 153,24 f. Dindorf): 6 Jahre weniger ein paar Monate. Die Angaben scheinen das am Ende des Berichts erwähnte Interregnum miteinzuschließen (vgl. Festy, Abrégé 162). Aus ägyptischen Papyri geht eine Regierungsdauer von September 270 bis September/Oktober 275 hervor (vgl. Hartmann; Claudius Gothicus, 309 f.; Kienast, Kaisertabelle 225). (2) Er unterschied sich nicht von Alexander dem Großen oder dem Diktator Caesar Für Analogien zu historischen Exempla hat der Epitomator generell eine Vorliebe (15,3: Antoninus Pius und Numa; 40,17: Galerius behauptet, er sei auf die gleiche Weise wie Alexander gezeugt; 42,20 f.: Eusebia und Plotina; 45,5 f.: Valentinian I. und Hadrian; 48,8–10: Trajan und Theodosius). Die Vergleiche dienen dabei verschiedenen Zwecken, hier werden (analog zu den Erfolgen Alexanders im Osten und Caesars in Gallien) Aurelians militärische Erfolge im Osten gegen Palmyra und im Westen gegen Tetricus gewürdigt (vgl. Hist. Aug. Aurelian. 32,4: Romam iter flexit, ut de Zenobia et Tetrico, hoc est de Oriente et de Occidente, triumphum Romanis oculis exhiberet). Ähnlich verfuhr der Epitomator schon bei Mark Aurel und Trajan, bemüht darum, große militärische Kampagnen anzudeuten, ohne näher darauf einzugehen (13,3 f.; 16,2–4). Gebildete Kreise erkannten dennoch sicher auch die im Vergleich implizierte Kritik, ähnlich wie sie in der Satire Julians zu finden ist (Caes. 319d–325c, bes. 324a), der ein Streitgespräch zwischen Caesar und Alexander fingiert. Autokratische Ambitionen werden mit beiden Feldherren assoziiert: Caesar trägt den Makel des Bürgerkriegs, und auch

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Aurelian wütete während des Aufstands der monetarii gegen Römer (35,4). Das Diadem, das Caesar noch ablehnen musste, gehört fest zum Herrscherbild Alexanders und wurde laut der Epitome erst von Aurelian wieder eingeführt. Negativ bewertet sie an Konstantin, dass er sich ständig damit schmückte (vgl. zu Caesar und Alexander Cic. Phil. 2,88; Plut. Caes. 61,5 f.; Diod. 17,77,5; zu Aurelian und Konstantin Epit. Caes. 35,5 u. 41,14). Solche Anspielungen sind schon der erzählenden Quelle des Epitomators zuzutrauen. Diese ließ sich für die Wahl des Vergleichs möglicherweise durch Plutarchs Parallelbiographie und Julians Caesares inspirieren, die Alexander und Caesar gegenüberstellen. Rein positiv kann der Vergleich allein wegen der späteren Charakterisierung Aurelians als blutrünstig und grausam nicht gewertet werden, gänzlich pejorativ ist er wegen der militärischen Erfolge der Charaktere freilich auch nicht. Aurelian war in Italien in drei Schlachten Sieger Der Epitomator berichtet mit bemerkenswertem Sondergut über die italischen Kriege Aurelians. Während dieser laut der Epitome aus allen Schlachten siegreich hervorgeht, sind die Kämpfe in den weniger genauen Berichten von Zosimos (49,2) und Aurelius Victor (35,2) eher von wechselhaftem Erfolg. Die Historia Augusta berichtet mit Ausschmückungen von einer Niederlage gegen Markomannen bei Placentia (Aurelian. 17,3 f.; 21,1). Schlumberger, Epitome 160 vermutet für die Epitome die gleiche ausführliche Quelle mit einem besonderen Zugang zu italischstadtrömischen Aufzeichnungen, die schon vom Alamannensieg des Claudius wusste, vielleicht wusste diese auch von der Niederlage Aurelians 1. Auch der Bericht Dexipps könnte Eingang in die Quelle gefunden haben (vgl. FGrHist. 100,6 mit Festy, Abrégé 162). Iuthungen und Alamannen fielen 271 in Norditalien ein und drangen nach Aurelians Niederlage bei Placentia weiter in den Süden vor. Der Kaiser konnte sie nach einem Sieg am Metaurus, der nordöstlich von Fanum Fortunae in die Adria mündet, zurückdrängen und bei Ticinum (heute Pavia) endgültig schlagen (vgl. Hartmann, Claudius Gothicus 313 mit Anm. 52). Dieses Itinerar ist nur dank der Epitome rekonstruierbar, die als einzige Quelle diese Schlachten kennt, sie zeichnet sich noch an anderer Stelle durch authentisches Sondergut zu Ereignissen in Norditalien aus (s. Einl. S. 78 f.). (3) obtruncatur Zum historischen Präsens s. zu 18,2 obtruncatur. Vgl. Anon. post Dionem fr. 10,2 f. (FHG IV S. 197) mit Bleckmann, Reichskrise 204 mit Anm. 165. 1

Kommentar

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in Dalmatien Septimius zum Imperator gemacht Die Usurpation des Septimius wird sonst nur von Zosimos erwähnt, der noch Urbanus und Domitianus als weitere Usurpatoren in der Zeit Aurelians kennt (vgl. Zos. 1,49,2 mit Paschoud, Zosime I 164). Nur die Epitome lokalisiert die Usurpation des Septimius in Dalmatien. Diese erfolgte möglicherweise als Reaktion auf die Niederlage Aurelians bei Placentia. Als Aurelian aus den anderen Schlachten siegreich hervorging, wandten sich die Soldaten beim Heranrücken des Aurelian womöglich wieder von Septimius ab (vgl. Hartmann, Claudius Gothicus 313 mit Anm. 53; Kienast, Kaisertabelle 229). (4) erhoben sich in der Stadt Rom die Münzer Die Nachricht über den Aufstand der monetarii und dessen grausame Niederschlagung durch Aurelian hat der Epitomator stark verkürzt aus Eutr. 9,14,1 oder direkt der EKG entnommen, die sehr viel ausführlicher über den Akteur Felicissimus und die Verfälschung der Münzen berichtete (vgl. EKG fr. 91 mit Komm. [KFHist B 1,190–2]). Auslöser des Aufstands war möglicherweise die Panik, die 271 in Rom nach dem Vordringen der Iuthungen ausbrach (Hartmann, Claudius Gothicus 313). (5) Er war der erste bei den Römern, der sich ein Diadem auf den Kopf setzte Nur Joh. Mal. 12,30 behauptet noch, Aurelian habe ein Diadem getragen, deshalb vermutet Schlumberger, Epitome 164 hier erneut griechische Einflüsse in der Quelle der Epitome. Das „sternengeschmückte“ Diadem könnte Malalas allerdings mit der Strahlenkrone Aurelians verwechselt haben (vgl. Bleckmann, Reichskrise 302 Anm. 7). Aurelian baute Sol Invictus einen Tempel und erwählte ihn sich zum Schutzpatron, Details, die die Epitome nicht aus der EKG oder deren Zeugen wiedergegeben hat 1. Dem Sol Invictus verschrieb sich in besonderem Maße auch Konstantin, dem die Epitome eine ähnliche Neigung zu Diadem und geschmückten Gewändern attestiert (41,14). Allgemein von geschmückten Kleidern, die im Besitz Aurelians waren, weiß auch Hist. Aug. Aurelian. 28,5. Diese trägt der Kaiser allerdings nicht selbst – Hist. Aug. Aurelian. 45,4 verzeichnet sogar die Schlichtheit seiner Kleidung – sondern er scheint damit den Tempelschatz zu vermehren, vgl. auch Zos. 1,61,2 ohne explizite Nennung der Gewänder (vgl. Hist. Aug. Aurelian. 39,6). Die Epitome behauptet im Widerspruch zu ihrer Aussage zu Aurelian, Caligula sei der erste gewesen, der ein Diadem getragen habe (3,8). Der Epitomator hat anscheinend seine Quelle, Vgl. Komm. zu EKG fr. 91 (KFHist B 1,190–2); zu Aurelian und Sol Hartmann, Claudius Gothicus 320 f. mit Literatur und Quellen in Anm. 75 1

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die die Bemerkungen zu Caligula, Aurelian und Konstantin in einen sinnvolleren Kontext einordnete, zur Unkenntlichkeit verfälscht. Die Bewertung des Autors wird dennoch deutlich: Wie das Epitheton dominus et deus, das Aurelian zu seiner Herrschertitulatur hinzufügte 1, gehört auch das Tragen edelsteingeschmückter Kleidung und Diademe aus senatorischer Sicht zu schlechten Kaisern und die Erwähnung dieser Phänomene formuliert die Kritik an deren monarchischen und tyrannischen Neigungen (Kritik der Epitome zum Titel dominus et deus für Caligula und Domitian [10,6], auch Konstantin entwickelt sich zum Schlechten hin). Dieser Topos ist auch im Caesar-Alexander-AurelianVergleich impliziert. Den wertenden Hinweis auf die Neuartigkeit des kaiserlichen Ornats hat die EKG nicht für Aurelian, sondern bringt ihn bei ihrer Darstellung der Reform des kaiserlichen Zeremoniells Diokletians, die von der Epitome nicht erwähnt wird (vgl. EKG fr. 111 mit Komm. [KFHist B 1,205–7]). Vermutlich hat die Epitome aus tendenziösen Gründen das Motiv von Diokletian auf Aurelian und Konstantin verschoben. Vgl. insgesamt auch Brandt, ‘Heidnische Vision’ bes. 115–7 mit Anm. 27. (6) Er umgab die Stadt mit sichereren und weiteren Mauern Aus dem ausführlichen Bericht der EKG über die Bautätigkeit Aurelians in Rom hat der Epitomator nur die Bemerkung über die Erweiterung der Mauern übernommen, diese allerdings mit dem ursprünglichen „Tenor“ der verlorenen Quelle (Bleckmann, Komm. zu EKG fr. 91 [KFHist B 1,190]). Der Epitomator könnte daran besonderes Interesse gehabt haben, da die Mauern in seinem Zeithorizont wegen der Bedrohung durch die Goten weiter ausgebaut wurden (vgl. Claud. 6 cons. Hon. 531–3). In diesem Fall hätte er es aber versäumt, explizit einen Rückbezug auf seine Zeit herzustellen (so in 9,13; 14,10; 20,6; 40,11). Der Bau der Aurelianischen Mauer wurde Mitte 271, kurz nachdem die Iuthungen weit ins italische Gebiet eingedrungen waren, begonnen und spätestens 282 beendet. Die Aurelianische Mauer war 7–8 m hoch, ca. 3,5 m tief und umgab die Stadt Rom auf einer Strecke von ca. 19 km, wodurch weite Teile der Stadt wieder miteingeschlossen wurden, die schon lange über die Servianische Mauer hinausgewachsen waren (vgl. R. Coates-Stephens, The Walls of Aurelian, in: R. Behrwald / Ch. Witschel (Hgg.), Rom in der

Epigraphische und numismatische Belege bei Hartmann, Claudius Gothicus 312 Anm. 76, zu den Münzen besonders Wienand, Deo et domino. 1

Kommentar

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Spätantike, Stuttgart 2012, 83–109; H. W. Dey, The Aurelian Wall and the Refashioning of Imperial Rome, AD 271–855, Cambridge 2011, 17–32). Er ließ dem Volk Schweinefleisch zur Verfügung stellen Ebenfalls in Verbindung mit dem Bau der Aurelianischen Mauer berichtet auch Aurelius Victor (35,7) über die Verteilung von Schweinefleisch, was die Epitome direkt aus dessen Werk oder der EKG entnommen haben könnte (vgl. Festy, Abrégé 164; Hist. Aug. Aurelian. 35,2 hat die Notiz in anderem Zusammenhang, vgl. Paschoud, Vies d’Aurélien 170 f.). Eine andere Quelle mit spezifisch stadtrömischen Nachrichten ist auch denkbar. Die reformierte cura annona Aurelians umfasste noch mindestens die Verteilung von Brot (Origo Rom. 73; Zos. 1,61,3; Hist. Aug. Aurelian. 35,1. 48,1 [führt auch noch Wein an]), Öl und Salz (Origo Rom. 73; Hist. Aug. Aurelian. 48,1; vgl. auch P. Jacob, Aurelians Reformen in Politik und Rechtsentwicklung, Göttingen 2004, 175–8; P. Erdkamp, The Food Supply of the Capital, in: Ders. [Hg.], The Cambridge Companion to Ancient Rome, New York 2013, 262–77, bes. 266 f.). (7) effectus fuerat Zur Tempusverschiebung im Passiv, die sich im Spätlateinischen allmählich herausbildete, vgl. H.-Sz. 321 f., Stotz 4,328 und Galdi, Jordanes 232 f. wobei er zu dem Mann mit sprühendem Witz feinsinnig sagte Die Epitome übergeht die vorangegangene entscheidende Auseinandersetzung Aurelians mit Tetricus, dem letzten Kaiser des Gallischen Sonderreichs (vgl. Aur. Vict. 35,4; bes. Eutr. 9,13,1; Oros. hist. 7,23,5; Hist. Aug. trig. tyr. 24,3). Dafür bietet sie einen in der Überlieferung singulären Witz Aurelians, den Schlumberger, Epitome 162, wie den Rest der Passage als Entnahme aus der EKG beurteilt. Denkbar wäre auch, dass die tendenziös stadtrömische/italische Quelle der Epitome diesen Italia überhöhenden Witz erdachte, um damit die EKG zu ergänzen, aus der sicherlich die Information stammt, nach der Tetricus corrector Lucaniae wurde (vgl. EKG fr. 90 [KFHist B 1]). C. Pius Esuvius Tetricus stammte aus dem gallischen Senatsadel und wurde nach der Meuterei gegen Victorinus mit Hilfe von dessen Mutter, Victoria, 271 zum Kaiser erhoben. Seine Regierung war sowohl von innen- als auch außenpolitischen Unruhen geprägt, die in der Schlacht gegen Aurelian bei Catalaunum (heute Châlons-en-Champagne) gipfelten, in deren Vorfeld oder währendderer Tetricus sich offenbar schon mit Aurelian in Verbindung gesetzt hatte. Dieser konnte zum einen mit der Schonung des Tetricus und der Vergabe des Amtes corrector Lucaniae seine clementia beweisen und sich zum

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anderen 274 endgültig als Wiedervereiniger des Reiches feiern lassen. Zu diesem Zweck führte er Tetricus mit sich im Triumphzug (vgl. Luther, Gallische Sonderreich 335–8; Kienast, Kaisertabelle 238 f.; PIR² E 99). (8) durch die Tücke seines Sklaven Die Nachricht über die Verschwörung gegen Aurelian findet sich fast wörtlich bei Eutr. 9,15,2, den die Epitome hier direkt benutzt hat. Über die Stellung des entweder als Agent oder Sekretär bezeichneten Initiators sind sich die Quellen nicht ganz einig: Hist. Aug. Tac. 2,4 (Sklave); Hist. Aug. Aurelian. 36,4 f. (Freigelassener); Aur. Vict. 35,8; Joh. Ant. 238 Roberto (Bediensteter). Ebenso ist der Name nicht ganz klar: Eros (PLRE 1,283 Nr. 1) bei Zos. 1,62,1 und Zonar. 12,27 (S. 153,13 Dindorf); Mnesteus, der den dux Mucapor zum Mord bewegt in Hist. Aug. Aurelian. 35,4–36,6, vgl. zu Mucapor auch Aur. Vict. 36,2. Wie weit die Episode authentisch ist, kann nicht endgültig beurteilt werden (vgl. Nickbakht, Komm. KFHist B 2,263 f.). Zum Mörder und zu den Darstellungen des Geschehens vgl. R. T. Saunders, A Biography of the Emperor Aurelian (AD 270–275), Diss. Cincinatti 1991, 273–6. zwischen Konstantinopel und Herakleia Die Umschreibung des Todesortes ist anachronistisch. Eutr. 9,15,2 und Cons. Const. 275,1 bestimmen mit Kainophrurion den Ort genau. Byzantion wurde erst 330 nach Konstantin in Konstantinopel, und Perinthos wurde nach Maximianus Herculius (286–305) in Herakleia umbenannt. Anders als Zos. 1,61,1 versäumt der Epitomator, der von Eutrop abhängt, die Namensverhältnisse des 3. Jh. zu reflektieren (vgl. EKG fr. 94 mit Komm. [KFHist B 1,194]). In 41,5 unterläuft dem Epitomator dieser Fehler nicht, dort folgt er seiner sorgfältigen erzählenden Quelle, die auch in Zosimos Eingang fand. (9) wild, blutrünstig und grausam, sogar Mörder seines Schwestersohns Mit der Beschreibung der Grausamkeit ist die Epitome nah an Eutrop (9,14,1). Von diesem wird die Blutrünstigkeit Aurelians ausführlicher im Zusammenhang des Münzeraufstands thematisiert (s. auch Epit. Caes. 35,4). Eutrop selbst fand die negative Charakterisierung Aurelians gemeinsam mit der Würdigung seiner militärischen Leistungen in der EKG vor. Den Leistungen trug der Epitomator bereits durch den Aurelian-Alexander-Caesar-Vergleich Rechnung. Da die Epitome die Charakterisierung Aurelians als blutrünstig ans Ende ihres Berichts zu diesem Kaiser platziert, will sie damit einen abschließenden Gesamteindruck vermitteln und stellt sich klar gegen Eutrop, der am Ende seiner Aurelianbiographie von der verdienten consecratio berichtet

Kommentar

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(9,15,2). Die crudelitas Aurelians wird in mehreren Quellen beschrieben. Dieser soll im Zusammenhang mit dem Münzeraufstand auch gegen Senatoren 1 gewütet (Hist. Aug. Aurelian. 21,6) und das Militär mit eiserner Hand geführt haben (vgl. Hier. chron. 244a; Hist. Aug. Aurelian. 7,3 f. mit Paschoud, Vies d’Aurélien 77 f.). Aurelians schlechter Ruf formte sich möglicherweise schon kurz nach seiner Regierung. Diesen könnte Laktanz dann schon in tetrarchischer Zeit in seiner Darstellung reflektiert haben (mort. pers. 6,1 f.; vgl. Bleckmann, Komm. KFHist B 3,252), vielleicht später auch Julian (Caes. 313d). Veranschaulicht wird die Gnadenlosigkeit Aurelians auch durch den vermeintlichen Mord an seinem Neffen, den außer Eutrop und der Epitome mit Varianten auch die Historia Augusta beschreibt (Aurelian. 36,3 und 39,9). Generell sind die Angaben über die Familie Aurelians zweifelhaft (vgl. Hartmann, Claudius Gothicus 311 Anm. 49). (10) eine Art Interregnum von sieben Monaten Nach dem Tod des Kaisers im September oder Oktober 275 in Thrakien scheint es ein Interregnum gegeben zu haben. Fast sechs Monate bietet Aur. Vict. 36,1, genau sechs Monate bietet Hist. Aug. Aurelian. 40,2–4; Tac. 1,1; 2,1, was womöglich auch im ursprünglichen Epitometext stand (vgl. Hohl, Vopiscus 284). Von „einigen Tagen“ berichtet Cons. Const. 275,2 (KFHist G 1). Ein Zeitraum von sechs bis sieben Monate erscheint recht unwahrscheinlich, kann aber dadurch erklärt werden, dass die Zeit vom Tod Aurelians bis zum Regierungsantritt des Probus gezählt wird und durch die lange Zeitspanne das Ringen zwischen Senat und Heer um den würdigsten Kandidaten dramatischer inszeniert wird. Das Interregnum dauerte vermutlich vier bis höchstens zehn Wochen im Herbst/Winter 275. Auch in diesem Falle wäre es außergewöhnlich für die zweite Hälfte des 3. Jh. und könnte das Diskussionspotenzial zwischen Senat und Heer widerspiegeln (vgl. Johne, Der „Senatskaiser“ Tacitus 379–81). Die angenommene Kurzherrschaft der Witwe Aurelians, Ulpia Severina, findet keine direkte Bestätigung in den literarischen Quellen und wird von Strobel auf drei Monate nach Aurelians Tod fixiert (vgl. K. Strobel, Ulpia Severina Augusta: Eine Frau in der Reihe der Illyrischen Kaiser, in: E. Frézouls / H. Jouffroy (Hgg.), Les empereurs illyriens. Actes du Colloque Strasbourg, 11–13 octobre 1990, Strasbourg 1998, 119–153).

Zur Bemühung um den ordo senatorius vgl. A. Watson, Aurelian and the Third Century, London/New York 1999, 163–6. 1

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36. (1) Tacitus – ein Mann von hervorragenden Sitten In den einführenden Worten zu Tacitus gleicht die Epitome Eutr. 9,16,1. Die lateinischen Quellen des 4. Jh. stellen M. Claudius Tacitus (PLRE 1,873 Nr. 3) als hervorragenden „letzten Senatskaiser“ dar (vgl. Johne, Die illyrischen Kaiser 130, dieses Bild bes. bei Aur. Vict. 36 und Hist. Aug. Tac.). Zu dieser Inszenierung gehört auch die in der Epitome nur angedeutete Wahl durch die Senatoren. Ihre traditionelle Rolle bei Kaisererhebung kam zwar vermutlich mehr zum Tragen, als es bei anderen Kaisern des 3. Jh. der Fall war, das Heer wird dennoch der maßgebliche Faktor gewesen sein. Diese weniger durch senatorische Ideologien des 4. Jh. verzerrte Version scheint bei Zos. 1,63 und unabhängig von diesem in Zonar. 12,28 (S. 153 f. Dindorf) eingeflossen zu sein (vgl. Bleckmann, Reichskrise 304–6). Womöglich hatte der greise – nach Zonaras schon 75 Jahre alte – Kaiser sowohl militärische als auch hohe senatorische Ämter bekleidet und bot somit einen geeigneten Kompromiss für Senat und Heer (vgl. Johne, Der „Senatskaiser“ Tacitus 379–90; C. Davenport, M. Claudius Tacitus, Senator or Soldier?, Latomus 73 [2014] 174–187). starb am zweihundertsten Tag der Herrschaft In der Herrschaftsdauer sind sich die meisten Quellen einig, die Epitome schöpfte wahrscheinlich mittelbar aus der EKG (fr. 96 mit Komm. [KFHist B 1,195]). Nur die Origo gentis Romanorum (KFHist B 5) weicht ab und scheint die mögliche Dauer des Interregnums miteinzubeziehen (74): Tacitus imperavit menses VIII, dies XII (vgl. Festy, Abrégé 166). Tacitus regierte von November/Dezember 275 bis Juni/Juli 276 (vgl. Kienast, Kaisertabelle 241). in Tarsus an einem Fieber Einzig die Epitome überliefert ein Fieber als Todesursache für Tacitus, andere Zeugen der EKG äußern sich nur sehr vage (vgl. Aur. Vict. 36,2; Eutr. 9,16,1), scheinen aber einen natürlichen Tod zu implizieren. Schlumberger, Epitome 165 vermutet dennoch, dass die Nachricht über das Fieber aus der EKG stammt. Diese habe dem Senatskaiser einen gewaltlosen Tod gewähren wollen, zumal nach ihrer Erzählung angesichts der Einmütigkeit über die Übertragung der Herrscherwürde ein Aufstand in seiner Regierung keinen Platz gehabt hätte. Paschoud, Vies dʼAurelien 299 hat aber darauf hingewiesen, dass die EKG auch das gewaltsame Ende des Tacitus gekannt haben könnte, das Zos. 1,63, Zonar. 12,28 (S. 154,11–15 Dindorf) und Hist. Aug. Tac. 13,5 nennen. Diese Version scheint authentischer als die vom Tod durch Krankheit. Der Kaiser starb 276 vermutlich durch die Hand seiner eigenen

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Soldaten in Tyana (Aur. Vict. 36,2; Cons. Const. 277 mit Nickbakht, Komm. KFHist G 1,66). Tarsus könnte eine erneute Verwechslung des Epitomators sein und ist eher der Todesort Florians (vgl. Johne, Der „Senatskaiser“ Tacitus 392 f. und Komm. zu Epit. Caes. 36,2). (2) Ihm folgte Florianus nach Nach dem Tod des Tacitus wurde sein mutmaßlicher Habbruder und praefectus praetorio M. Annius Florianus im Juli 276 von den Truppen in Kleinasien zum Kaiser erhoben (vgl. Kreucher, Probus und Carus 369; Kienast, Kaisertabelle 243). als ein großer Teil des Heeres … Equitius Probus gewählt hatte Der zusätzliche Name Equitius ist in der Überlieferung singulär. Zwar deuten Münzen die Nähe des Kaisers zur Kavallerie an, daraus lässt sich dennoch weder die Karriere des M. Aurelius Probus noch die Herkunft des Beinamens zufriedenstellend rekonstruieren (Kreucher, Kaiser Probus 97; Bleckmann, Reichskrise 235 mit Anm. 66; allgemein: PLRE 1,736 Nr. 3). Generell hat der Epitomator eine Vorliebe für Beinamen, deren Herkunft nur selten eindeutig ist (32,1; 41,16). Es wurde vorgeschlagen, die Epitome anders zu lesen, in dem Sinne, dass sie von einer Erhebung „durch die Kavallerie“ berichtet hätte (M. L. Kennedy, The Reign of the Emperor Probus, 276–82 A.D., Dissertation, University of Minnesota 1952, 184: sed cum magna pars exercitus equitum Probum legisset 1). Eventuell ist der Name von Zeitgenossen des Epitomators inspiriert. Im 4. Jh. führten einige prominente Personen den Namen. Auch der Epitomator selbst nennt einen Equitius, der maßgeblichen Anteil an der Thronbesteigung Valentinians II. hatte (45,10; Schlumberger, Epitome 166 Anm. 164; Festy, Abrégé 1999 167). Die Namen Equitius und Probus tauchen im Bericht Ammians gemeinsam auf. So nennt der Historiker in 30,3,1 im Kontext des gemeinsamen Konsulats Gratians mit Equitius auch Ereignisse um den Präfekten Probus (vgl. auch Amm 29,6,8–14 2). Dass die Erhebung auf dem Konsens des größten Teils des Heeres beruhte, scheint ahistorisch zu sein (vgl. Zos. 1,64,2; Festy, Abrégé 167), könnte aber den bei Aur. Vict. 37,2 und Eutr. 9,17,1 propagierten Ruf des Kaisers widerspiegeln, ein hervorragender Militär gewesen zu sein (vgl. auch die Dazu auch Birley, Fiction 75 Anm. 35. Auch in manchen Handschriften der Chronik des Hieronymus wurde der Probus des 4. Jh. durch equitius ersetzt. Dabei handelt es sich um eine Interpolation, die womöglich noch von Hieronymus selbst vorgenommen wurde vgl. Hier. chron. 246f mit App. Helm und A. Schöne, Die Weltchronik des Eusebius in ihrer Bearbeitung durch Hieronymus, Berlin 1900, 96–105. 1 2

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Probus-Vita in der Historia Augusta, deren Anekdoten aber größtenteils fiktiv sind, s. Kommentar Paschoud). öffnete Florianus … sich selbst die Venen und verblutete Nur der Epitomator behauptet, Florianus habe sich umgebracht, womit ihm erneut eine Verwechslung, bzw. ein Kompositionsfehler mit dem Suizid des Quintillus unterläuft (vgl. Zos. 1,47; Hist. Aug. Aurelian. 37,6; besonders deutliche Übereinstimmung bei Zonar. 12,26 [S. 152,18–22 Dindorf]; Schlumberger, Epitome 167). Nicht nur dem Epitomator ist in seiner Darstellung des Florianus ein Fehler unterlaufen. Dieser wird fälschlich von Aurelius Victor (36,2) als Bruder des Kaisers Tacitus bezeichnet. Festy, Abrégé 167 gibt daher zu bedenken, dass dem Epitomator bzw. seiner Quelle Victors Fehler bewusst gewesen sei. Der Epitomator habe demnach Victor korrigiert und gleichzeitig selbst einen Fehler in der Komposition seines Textes gemacht. Florianus wurde während der Belagerung durch Probus in Tarsus von seinen eigenen Soldaten getötet (vgl. Kreucher, Probus und Carus 400). nachdem er sechzig Tage gleichsam im Spiel geherrscht hatte In der Auskunft zur spielerischen Herrschaftsausübung ähnelt die Epitome dem Bericht in Zonar. 12,26 (S. 151,18–23 Dindorf) zu Quintillus, die Abhängigkeit von einer gemeinsamen Quelle wurde hier von Hohl angenommen, ist aber nicht so deutlich wie an anderer Stelle1. Die meisten Quellen geben eine eher kurze Regierungsdauer Florians von ca. zwei Monaten an (vgl. Festy, Abrégé 167). Der Kaiser regierte von Juli bis September/Oktober 276 (vgl. Kreucher, Probus und Carus 400; Kienast, Kaisertabelle 243). 37. (1) Probus, Sohn eines Bauern, eines Gartenliebhabers mit Namen Dalmatius Der detailreichen origo des Probus in der Epitome sind nur die Angaben der Historia Augusta (Prob. 3,2 f.) gegenüberzustellen. Nach dieser war Probus entweder der Sohn eines in Ägypten verstorbenen Tribunen Maximus oder ein Verwandter des Claudius Gothicus. Beide Angaben sind äußerst zweifelhaft (vgl. Paschoud, Vies de Probus 63–5). Die Nachricht der Epitome ist indes ebenfalls rätselhaft. Syme erwägt zwei Deutungsmöglichkeiten: zum einen eine konstruierte Verwandtschaft zum konstantinischen Herrscherhaus und damit zu Dalmatius Caesar bzw. dessen Vater (vgl. zu 41,15), zum anderen einen Vorgriff auf die in Epit. Caes. 37,3 beschriebene Förderung der gallischen, pannonischen und mösischen Winzer (vgl. R. Syme, Historia Augusta Papers, Oxford 1983, 1

Vgl. Bleckmann, Reichskrise 297 gegen Hohl, Vopiscus 201.

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158). Birley, Fiction 76 f. vermutet ein Missverständnis der griechischen Vorlage, das in Verbindung mit der einzigartigen Angabe des Namen Equitius zu sehen sei. ἱππών wäre in dem Fall als κήπων falsch gelesen worden und die ganze Passage hätte den aus niederen Verhältnissen stammenden Probus als Führer dalmatischer Kavalleristen ausgewiesen (zustimmend Kovács, Pannonia during the Principate 265). Möglich wäre auch die Verformung einer generell ländlichen Herkunftsangabe. Reine Fiktion ist dem Epitomator hier laut Schlumberger, Epitome 167 f. kaum zuzutrauen. Aur. Vict. 37,4 und Hist. Aug. Prob. 3,1 geben Sirmium als Geburtsort an, was akzeptabel ist (vgl. Kienast, Kaisertabelle 244). herrschte sechs Jahre Die Epitome rundet die Herrschaftsdauer des Probus ab, er erhob sich im Juli 276 und starb im Frühherbst 281 (vgl. Kienast, Kaisertabelle 244). (2) Er unterwarf Die Nachricht über Usurpationen unter Probus ist Bestandteil der EKG gewesen. Der Epitomator hat sie aber vermutlich direkt aus Eutr. 9,17,1 entnommen (vgl. EKG fr. 97 mit Komm. [KFHist B 1,197]). Bonosus und Proculus erhoben sich 280 in Köln und wurden kurze Zeit später dort von Probus besiegt. C. Iulius Saturninus wurde 281 in Antiochia zum Kaiser ausgerufen und wenig später von den eigenen Truppen bei Apameia getötet (vgl. Kreucher, Kaiser Probus 166–77; ders., Probus und Carus 411–3; Kienast, Kaisertabelle 245–7; PLRE 1,163 Nr. 1 [Bonosus]; PLRE 1,745 Nr. 1 [Proculus]; PLRE 1,808 Nr. 12 [Saturninus]). (3) Er erlaubte – Weinberge anzulegen Der Bericht über die Förderung der Winzer in Gallien, Pannonien und Moesien wurde fast wörtlich aus Eutr. 9,17,2 entnommen, dieser rekurriert auf die EKG (vgl. fr. 97 mit Komm. [KFHist B 1,197]). Schlumberger, Epitome 168 f. vermutet, dass die Epitome hier deshalb Eutrop direkt benutzte, weil ihre eigentliche Vorlage, die dieselben Themen bot, sprachlich schwieriger zu komprimieren war. Schlumberger überlegt aber auch, inwiefern die Übernahme weiterer Elemente der Erzählung Eutrops, nämlich die Charakterisierung des Kaisers, der Vergleich mit Aurelian und die Nachricht von der Auflösung des Heeres, in der Epitome hätten erwartet werden dürfen (vgl. Eutr. 9,17,3 mit Bleckmann, Komm. KFHist B 3,255). Der Epitomator hat aber jenseits der origo, die Sondergut aus seiner erzählenden Quelle war, kein weitergehendes Interesse an Probus. Der scheinbare Fokus auf landwirtschaftliche Maßnahmen ist der origo geschuldet. Der Alma mons ist der „Gebirgszug Fruška Gora an der Donau, nordöstlich von Sirmium“;

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der andere Berg, mons Aureus, befindet sich nahe bei „Viminacium und der Mündung der Morava“ (Bleckmann, Komm. KFHist B 3,255 mit Eutr. 9,20,2). Kreucher, Probus 213–5 sieht in diesen Maßnahmen den Versuch des Probus die durch die Barbareneinfälle der Vergangenheit gebeutelten Provinzen „wieder auf die Beine zu bringen“ (214). Dass Probus damit das implizierte vorherige Verbot des Weinanbaus für die Region aufhob, ist nicht zwingend aus der Notiz zu schließen, da Domitian dieses Verbot nur temporär verhängte und der Autor der EKG Suet. Dom. 7,2 1 falsch gedeutet haben könnte (vgl. Bleckmann, ebd.). (4) Sirmii Da der Autor bei der Ortsangabe von Städten nie den Ablativus loci, sondern entweder den Lokativ (z.B. 1,26 Nolae; 21,1 Lugduni; 28,2 Veronae; 32,4 Medionali; 47,1 Sirmii) oder die Präposition apud (z.B. 16,12 apud Vendobonam; 39,5 apud Nicomediam; 40,5 apud Carthaginem) verwendet, ist Schotts Korrektur der handschriftlichen Überlieferung gerechtfertigt. Auch Eutrop 9,17,3 hat Sirmii. Dies ist allerdings für sich genommen nicht ausschlaggebend, vgl. Komm. zu 39,1 Anulini. Er wurde in Sirmium in einem mit Eisen beschlagenen Turm getötet Diese Nachricht stammt aus Eutr. 9,17,3. Zum Turm, der wohl zum Schutz vor Brandpfeilen mit Eisen beschlagen war, vgl. Bleckmann, Komm. KFHist B 3,255 f. Eine andere Tradition bringt den Tod des Probus unmittelbar mit der Erhebung seines Nachfolgers Carus in Verbindung (vgl. Hist. Aug., Car. 6,1; Zos. 1,71,4–5; Anon. post Dionem fr. 11 [FHG IV, S. 198]; Zonar. 12,29 [S. 155,25–S. 156,7 Dindorf]). Der Hergang des Herrscherwechsels lässt sich nicht genau rekonstruieren. Vermutlich begünstigte die Unzufriedenheit der Soldaten die Erhebung des Carus, der zu diesem Zeitpunkt Prätorianerpräfekt in Raetia und Noricum war. Die Aufstände hätten sich bis nach Sirmium weiter ausbreiten können, wo Probus während der Gefechte ums Leben kam (vgl. Kreucher, Probus und Carus 415 f.). 38. (1) Carus, geboren in Narbonne Wie schon die vorherigen Nachrichten stammt auch die über die Herkunft des M. Aurelius Carus (Kienast, Kaisertabelle 248 f.) aus der EKG, der Epitome vermittelt über Eutr. 9,18,1 (vgl. EKG fr. 98 mit Komm [KFHist B 1,198]). Hist. Aug. Car. 4,1–5,2 gibt verschiedene Versionen an, die Carus als Römer oder aus Domitian habe den Weinanbau in Italien verboten, da sich die Bauern zu wenig dem Getreideanbau gewidmet hätten. Sueton vermerkt aber schon, dass der Kaiser dieses Gesetzt nicht konsequent durchgesetzt habe. 1

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dem Illyricum stammend beschreiben, sie scheinen aber nicht glaubwürdig (vgl. Paschoud, Vies de Probus 338–42; Kreucher, Probus und Carus 415). So lässt sich Carus nicht in die Riege der illyrischen Kaiser einordnen, die in der zweiten Hälfte des 3. Jh. dominierten (vgl. Johne, Die illyrischen Kaiser). II Zur Unsicherheit der Zahlenangabe vgl. 34,1 und 35,1 mit phil. Komm. z. St. Die Hs. A hat zwar die Zahlangabe, lässt dahinter aber eine längere Lücke. Die Hss. B (annis), C, J und der Bambergensis der vulgärlateinischen Fassung lassen Lücken, die nicht durch Zahlenangaben gefüllt werden. herrschte zwei Jahre Um ein Jahr zu lang gibt die Epitome wie Aur. Vict. 39,12 die Herrschaftsdauer an. Carus herrschte von Sommer 282 bis Sommer 283 (vgl. Kienast, Kaisertabelle 248). (2) Er ernannte sofort Carinus und Numerianus zu Caesares Die Caesarerhebung der beiden Carussöhne hat die Epitome ebenfalls aus Eutrop (9,18,1) entnommen, dieser aus der EKG (vgl. fr. 98 [KFHist B 1]). Der gemeinsame Fehler dieser Quellen besteht in der Nachricht über die gleichzeitige Erhebung der Söhne: M. Aurelius Carinus wurde Ende 282 kurze Zeit vor Numerianus zum Caesar erhoben, sein Bruder M. Aurelius Numerius Numerianus erlangte das Caesariat aber noch im selben Jahr (vgl. Kienast, Kaisertabelle 250–2). (3) Er starb in der Nähe von Ktesiphon durch einen Blitzschlag Den Tod des Carus gibt die Epitome stark verkürzt wieder. Die Erzählung fand sich schon in der EKG, die etwas mehr Informationen über den Perser- und vielleicht auch den Sarmatenkrieg des Carus bot. Den Tod selbst setzte die EKG in Zusammenhang mit einem Orakelspruch, der verbot, so weit in persisches Gebiet zu ziehen (vgl. EKG fr. 99 mit Komm. [KFHist B 1,199 f.]). Der Autor der Historia Augusta, Zeitgenosse des Epitomators, beschreibt das Orakel als unglaubwürdig (Car. 9,1–3) und hebt als glänzendes Gegenbeispiel zu Carus den in der fingierten Abfassungszeit der Historia Augusta herrschenden Kaiser Galerius hervor. Dies impliziert womöglich eine Kritik am Friedensvertrag des Theodosius mit den Persern 1. Mit dem Orakel und dem Tod im Perserreich wird ebenso das Vgl. R. Syme, Ammianus and the Historia Augusta, Oxford 1968, 117; Syme, Emperors 104 f.; M. Antiqueira, La Muerte del Emperador Caro y la Historiografía Latina Pagana del Siglo IV: Historias más allá de la Historia, in: Classica et Christiana 12 (2017) 9–32; bes. 29 f. Zum Friedensvertrag des Theodosius siehe zu 48,5 auch mit den Persern schloss er auf ihre Bitten hin Frieden. 1

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Schicksal Julians während seines Perserfeldzugs (Epit. Caes. 43) und der als schändlich wahrgenommene Jovianfrieden assoziiert (vgl. W. Hartke, Geschichte und Politik im Spätantiken Rom: Untersuchungen über die Scriptores Historiae Augustae, Leipzig 1940, 140 f.; Paschoud, Vies de Probus 355 f.). Der Epitomator bespricht weder die Schicksalhaftigkeit des Todes des Carus noch den Jovianfrieden (vgl. dazu Schlumberger, Epitome 170). Eine andere Tradition berichtet von einer Krankheit, durch die Carus sein Ende fand (vgl. Hist. Aug. Car. 8; Cedr. 296 Tartaglia; Sym. Log. 85 Wahlgren mit Apparat und Bleckmann, Reichskrise 134; auch Origo. Rom. 77 deutet einen natürlichen Tod an, vgl. Nickbakht, Komm. KFHist B 5,125). Altmeier, Herrschaft des Carus 127–9 vermutet, dass die Blitz-Legende schon auf diokletianische Propaganda zurückgeht, die die Konsekration des Vaters des Carinus, gegen den Diokletian sich erhoben hatte, schmähen sollte. Dafür hätten die Ereignisse vielleicht nur leicht verzerrt werden müssen: Der betagte Carus wäre auf dem Feldzug eines natürlichen Todes gestorben, ein für Kaiser dieser Zeit seltenes Ereignis, was je nach Todesart schon von den anwesenden Soldaten als göttliche Intervention hätte gedeutet werden können. U. Hartmann, Der Blitzschlag am Tigris. Überlegungen zum rätselhaften Tod des Carus in Persien, in: A. Goltz / H. Schlange-Schöningen, Das Zeitalter Diokletians und Konstantins, Köln/Wien 2022, 21–72, hier 54–60 hingegen plädiert für ein Mordkomplott am Kaiser, durchgeführt von seinen illyrischen Offizieren. Diese seien nicht bereit gewesen, die Hybris des Kaisers mitzutragen und den riskanten Zug über Ktesiphon hinaus zu wagen. Die Blitzlegende gehe damit auf die Militärs zurück, die damit propagierten, dass Jupiter den Kaiser für seine Hybris bestraft habe. Carus starb im Juli 283. (4 f.) Numerianus wurde – das Verbrechen durch den Leichengestank verraten Die Passage zum Tod Numerians stammt vor allem aus Eutr. 9,18,2 (mit Verkürzungen), der Epitomator könnte für die tückische Vertuschung des Todes (scelus 38,5) aber auch die EKG direkt konsultiert haben (vgl. Schlumberger, Epitome 169 Anm. 177; Komm. zu EKG fr. 100 [KFHist B 1,200]). Der Epitomator hat die Anekdote, seinen literarischen Interessen entsprechend, auf den Tod des Kaisers reduziert, wobei er nicht mal dessen Erhebung im Sommer 283 zum Augustus notiert. Dass Diokletian nicht erwähnt wird, hat das (höhere) Ziel, ihn nicht als Usurpator einführen zu müssen und somit in seiner eigenen Vita würdigen zu können (vgl. Schlumberger, Epitome 169). Die Darstellung des eigentlichen Ablaufs des Herrscherwechsels ist durch diokletianische

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Propaganda verzerrt. Altmayer, Herrschaft des Carus 138–42 schlägt in einer Rekonstruktion der Ereignisse vor, dass der junge Kaiser Numerian bei der Rückführung des Heeres aus dem Perserreich an einer schwerwiegenderen Krankheit gestorben sein könnte, deren Symptome unter anderem ein schmerzhaftes Augenleiden gewesen seien (Bird, Diocletian 127 vermutet ein Trachom). Das langwierige Siechen unter der Krankheit habe dabei den starken Verwesungsgeruch zur Folge gehabt. Der Prätorianerpräfekt und Schwiegervater Numerians, Aper (PLRE 1,81 Nr. 2), habe zwar heiratspolitische Ambitionen für die Nachfolge gehabt, am Tod des Kaisers sei er aber nicht beteiligt gewesen. Die spätere öffentliche Zurschaustellung der Schuld und Hinrichtung des vermeintlich ahnungslosen Apers durch Diokletian, habe letzterem vor allem dazu gedient, seinen direkten Konkurrenten zu eliminieren (vgl. Hier. chron. 225c; Hist. Aug. Car. 12,2–13,3; Oros. hist. 7,25,1 [nur Hinrichtung durch Diokletian]; Iord. Rom. 296; Syncell. 472 Mosshammer; Zonar. 12,31 [S. 159,6–11 Dindorf]). Bird, Diocletian 127–30 vermutet, Diokletian habe von langer Hand eine Verschwörung gegen Carus und seine Söhne geplant. Numerianus starb im November 284 (Kienast, Kaisertabelle 252). (6) Sabinus Iulianus – von Carinus in der Ebene von Verona getötet Mitten in der sonst so mit Eutrop verwandten Erzählung zu Carus und seinen Söhnen zeigt die Epitome wieder Parallelen mit griechischen Autoren. Wie Zos. 1,73 (das Fragment stammt aus Joh. Ant. 264,6–16 Roberto; 189 Mariev) kennt sie den vollen Namen des Usurpators und ist sogar um den genauen Ort der Schlacht reicher (vgl. auch Paneg. 12[9] 8,1), die Zosimos nur allgemein in Italien verortet. Hieraus könnte der Irrtum bei Aurelius Victor (39,10) entstanden sein, der Iulianus zum corrector Venetiae macht. Denn Iulianus zog von Pannonien aus durch Venetia et Histria, um sich Carinus in Italien zu stellen (vgl. Altmayer, Herrschaft des Carus 170 Anm. 595; zum möglichen Missverständnis vgl. Birley, Fiction 78 f.; zur alternativen Erhebung in Norditalien Kovács, Pannonia during the Principate 272 f., dazu aber Nickbakht, Komm. KFHist B 2,281 f. mit weiterer Literatur). Es handelt sich beim Iulianus in Victors Text und in der Epitome um dieselbe Person, was bezweifelt wurde (zuletzt noch Hächler, Kontinuität und Wandel 657), da der Kaiser sich auf seinen Münzen als M. Aurelius Iulianus ausweist (RIC V Sabinus Iulianus 2). Der Name Aurelius entspricht allerdings der gängigen Praxis der Herrscher, sich durch Angleichung an frühere Kaiser zu legitimieren. Die Epitome gibt also seinen ursprünglichen Namen wieder (vgl.

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Bleckmann, Überlegungen 28 Anm. 56; Altmayer, Herrschaft des Carus 167 mit Anm. 572 mit Gegenpositionen in Anm. 571; Kovács, Pannonia during the Principate 272). Der Usurpator sollte auch nicht mit dem in tetrarchischer Zeit die Herrschaft usurpierenden Iulianus (Epit. Caes. 39,3) verwechselt werden (vgl. Bleckmann, ebd. nach Edgeworth, Fiction 507– 9). Sowohl Victor als auch Zosimos unterlaufen chronologische Fehler, die der Epitomator vermeidet: Victor behauptet, die Erhebung des Iulianus sei eine Reaktion auf den Tod des Carus gewesen (Aur. Vict. 39,10). Wahrscheinlicher ist, dass die Usurpation nach dem Tod des Numerianus geschah (vgl. Altmayer, Herrschaft des Carus 167; zu Victor aber Nickbakht, Komm. zu KFHist B2,281). Zosimos hingegen scheint das Ende des finalen Kampfes zwischen Carinus und Diokletian mit der Schlacht zwischen Carinus und Iulianus zu verwechseln. Zosimos (1,73) gibt an, dass Carinus im Anschluss an das Gefecht von seinen eigenen Soldaten gelyncht wurde, was wohl in Wirklichkeit erst nach dem letzten Kampf gegen Diokletian geschah (vgl. Altmayer, Herrschaft des Carus 171). Wenn auch in knapper Form, gibt der Epitomator hier also einen wertvollen Bericht. Dieser entstammt vermutlich aus der erzählenden italischen Quelle, aus der die Epitome auch sonst wertvolle Informationen entnahm und mit der sie andere Traditionen korrigierte (vgl. Bleckmann, Überlegungen 27 f.; Festy, Abrégé 170; Einleitung, S. 78 f.). Altmayer schlägt nach der Analyse der Quellen folgende Rekonstruktion der Usurpation des Iulianus vor: Nach der Nachricht über den Tod seines jüngeren Bruders Numerianus und der Erhebung Diokletians zog Carinus von Pannonien zur Truppenverstärkung nach Gallien, während der kürzlich zum Prätorianerpräfekten beförderte Sabinus Iulianus (PLRE 1,474 Nr. 24) in Pannonien warten sollte. Dieser wurde dort von den Soldaten zum Augustus proklamiert und stieß, nachdem er die Münzstätte Siscia eingenommen und Prägungen ausgegeben hatte, weiter nach Italien vor, was Carinus zwang, den gleichen Weg zu nehmen. Bei Verona kam es zur entscheidenden Schlacht, in der Sabinus Iulianus unterlag (vgl. Altmayer, Herrschaft des Carinus 169–71, der auf S. 171 vermutet, dass sich Sabinus Iulianus auch hinter dem ermordeten Prätorianerpräfekten in Hist. Aug. Car. 16,4 verbirgt). (7) verbi fatigatione Zu fatigatio im Sinne von cavillatio („Spott“) s. ThLL s. v. fatigatio Sp. 344,78–81. Zu vergleichen ist 11,9 iniuria verborum. Zu dieser Art des Genitivs vgl. H.-Sz. 64, wo als Beispiel Cic. Att. 5,21,7 nullos honores mihi nisi verborum decerni sino (‚in Worten

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bestehende Ehrungen‘) angeführt wird. Der Epitomator variiert hier seine Vorlage Eutrop 9,19,1 (vel levi fatigatione). Dieser Carinus befleckte sich mit allen möglichen Verbrechen Die Aufzählung der verschiedenen Laster und Vergehen des Carinus entspricht teils wieder wörtlich Eutrop (9,19,1). Dass dieser hier abermals die EKG genutzt hat, kann allerdings nicht sicher konstatiert werden, da Aur. Vict. 39,11 nur die Lüsternheit vermerkt. Die Schmähungen werden ihren Ursprung in diokletianischer Zeit haben (vgl. Festy, Abrégé 170). Die meisten Anschuldigungen setzen einen längeren Aufenthalt in Rom voraus, der für Carinus allerdings nicht belegt ist (vgl. Bleckmann, Überlegungen 18; Altmayer, Herrschaft des Carus 71). Eutrop bietet nicht die einzige Parallele zur Epitome: Übereinstimmung ist erneut mit Zosimos zu konstatieren, der über Johannes Antiochenus (fr. 246,1–6 Roberto; 188 Mariev) rekonstruiert wird, der wiederum aber auch intensiv Eutropübersetzungen benutzt hat (vgl. P. Sotiroudis, Untersuchungen zum Geschichtswerk des Johannes von Antiocheia, Thessaloniki 1989, 110 und 128). Über diese drei zusammenhängenden Berichte hinaus kennen Eunap (hist. fr. 4 [Suda K 391]) und die Historia Augusta (Car. 16) ebenfalls einige Beispiele für das schändliche Verhalten des Carinus. Die Historia Augusta ähnelt in ihrer Komposition allerdings ebenfalls Eutrop (vgl. Paschoud, Vies de Probus 379). (8) durch die Hand eines Tribuns niedergemetzelt Nach den vorherigen Übereinstimmungen ergänzt die Epitome Eutr. 9,19,1 mit der Angabe über den betrogenen Tribun als Mörder des Carinus. Der Epitomator sieht den Tod des Kaisers ebenso als Konsequenz seines anstößigen Gebarens wie Aurelius Victor (39,11), der auch von Soldaten weiß, deren Frauen der Kaiser missbraucht haben soll. Victor und die Epitome könnten mittelbar wieder auf eine Quelle tetrarchischer Zeit zurückgehen, die nicht nur die Schändung der Ehefrauen von Aristokraten, sondern auch derer von Soldaten kannte. Eine deutliche Beziehung zeigt sich wieder zu Zosimos (1,73,2) bzw. Iohannes Antiochenus (fr. 246.1–6 Roberto; 188 Mariev), der den Tribun ebenfalls kennt und im Griechischen fast wörtliche Übereinstimmung zeigt. Möglicherweise fand sich die ganze Passage auch im Geschichtswerk des Eunapios (vgl. Schlumberger, Epitome 174 mit Anm. 6; Festy, Abrégé 171). Die Entscheidungsschlacht zwischen Carinus und Diokletian wurde am Fluss Margus (in der Moesia superior) ausgetragen, wo Carinus zunächst siegreich war. Womöglich fiel er dann dennoch einer Verschwörung seiner Offiziere zum Opfer, die eine

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nachträgliche Strafe für die Unterstützung des Usurpators Sabinus Iulianus befürchtet haben könnten (vgl. Altmayer, Herrschaft des Carus 174–7). 39. (1) Diokletian, ein Dalmater Die Herkunft Diokletians aus Dalmatien wird von Eutr. 9,19,2, Theophan. S. 10 de Boor und Zonar. 12,32 (S. 163,12 f. Dindorf) bestätigt (hier möglicherweise nach Theophanes [vgl. Bleckmann, Reichskrise 210]). Die byzantinischen Autoren lokalisieren die Wurzeln Diokletians etwas genauer in Salona (Epit. Caes. 39,6), was aber nicht ganz gesichert ist (vgl. Kienast, Kaisertabelle 257). Aur. Vict. 39,26 verortet seine Herkunft, so wie die der anderen Tetrarchen, allgemeiner im Illyricum. Anulini Festy druckt nach Eutr. 9,19,2 Anullini. Da die Schreibweise bei Eutrop nicht ohne weiteres für die Epitome de Caesaribus übernommen werden darf, ist hier den ältesten Zeugen der handschriftlichen Überlieferung der Epitome zu folgen. Festy, Abrégé LXXIV Anm. 135 interpretiert die Tatsache, dass Paulus ebenso wie die Hss. G und H und Freculf Anuli hat, als Zeichen dafür, dass Paulus zuweilen die Epitome als Vorlage hat, wenn er Eutrop zu folgen scheint.1 Die Tatsache, dass auch zwei jüngere Freculf-Hss. Anuli haben, zeigt aber, dass es sich um einen zufälligen Fehler handeln könnte. Freigelassener des Senators Anullinus Die Notiz erinnert an die Angaben zur Abkunft Aurelians (35,1) und des Pertinax (18,4) und findet sich für Diokletian auch im Bericht Eutrops (9,19,2), der allerdings noch eine zweite Version bietet, in der Diokletian von einem Schreiber abstammt. Zonar. 12,31 (S. 158,30–S. 159,4 Dindorf) hat wie die Epitome nur, dass Diokletian Freigelassener des Anullinus war. Die byzantinische Quelle ist aber um eine Nachricht über eine frühere Karrierestufe Diokletians (δοὺξ Μυϲίαϲ) reicher. Möglicherweise war die Nachricht von der Abstammung Diokletians von einem Schreiber schon in einer gemeinsamen Vorlage des Epitomators und des Zonaras nicht mehr vorhanden. Die Vorlage dürfte generell aber reicher an Informationen gewesen sein als die Epitome. Kuhoff, Diokletian 21 f. bemerkt, dass beide Versionen Eutrops zusammengebracht werden können, da die liberti zum Teil Schreiber ihres dominus waren. Generell sind solche Genealogien aber mit Vorsicht zu behandeln. Diocles genannt nach seiner Mutter Dioclea und nach einer Stadt gleichen Namens Der Name Diocles ist mehrfach überliefert (vgl. Lact. mort. pers. 9,11. 19,5. 52,3; Lib. or. 19,45 f. [405 f.]; P.Oxy 42 3055 noch 1

Zu dieser grundsätzlichen Schwierigkeit vgl. Einl., S. 104 Anm. 3.

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fälschlich nach Diokletians Herrschaftsantritt). Er bedeutet „Ruhm des Zeus“ und hat tatsächlich einen griechischen Hintergrund (vgl. Festy, Abrégé 172). Der Name hängt zudem unmittelbar mit der Nachricht über die niedrige Abstammung zusammen, da der Kaiser erst im Zuge seine Erhebung seinen Namen C. Valerius Diocles in M. Aurelius C. Valerius Diocletianus (PLRE 1,253 f. Nr. 2) änderte „und man das Suffix des Namens Diocletianus als Indiz für eine Freilassung gedeutet hat“ (Bleckmann, Komm. KFHist B 3,258). Die Änderung des Namens erklärt sich durch die höhere Legitimität, die sich aus der Anlehnung an frühere Kaiser, insbesondere an Mark Aurel, ergibt (vgl. Kuhoff, Diokletian 19). Die singuläre Angabe der Epitome, dass der Name von dem Heimatdorf Dioclea herrühre, stieß in der Forschung immer wieder auf Ablehnung, auch wenn ein Dorf dieses Namens im südlichen Dalmatien bezeugt ist (vgl. Kuhoff, Diokletian 20 mit Literatur in Anm. 16). Vielleicht ist dieser Ort gemeint und diente dem Epitomator als Ergänzung der origo Diokletians (vgl. Festy, 172). Über die Mutter des Kaisers, die nur die Epitome nennt, ist nichts Näheres bekannt. Die Residenz Diokletians in Split bei Salona an der Adria-Küste spricht eher für die Herkunft des Kaisers aus dieser Region (vgl. Epit. Caes. 39,6; Zonar. 12,32 [S. 163,12 f. Dindorf]; Kuhoff, 20). Im Bericht zu Galerius wird die Verbindung zwischen den Rückzugsresidenzen der Tetrarchen und ihren Geburtsorten deutlich (vgl. Epit. Caes. 40,16 mit Komm.). Er herrschte fünfundzwanzig Jahre Die Angabe der Regierungsdauer ist falsch. Papyrologische Zeugnisse belegen, dass Diokletian am 20. November 284 zum Kaiser erhoben wurde (vgl. P. Beatty Panopolis, 2,162 f.; 260 f.; Kienast, Kaisertabelle 257). Mit dem pompös inszenierten Rücktritt von der Herrschaft am 1. Mai 305 ergibt sich ein Zeitraum von ca. 20 Jahren und 7 Monaten. Die meisten Autoren geben eine gerundete Herrschaftsdauer von 20 Jahren an, was zwar nicht ganz zutreffend ist, aber der propagandistisch betonten zeitlichen Gemeinsamkeit des Rücktritts der Augusti Diokletian und Maximian entspricht (vgl. Kolb, Diocletian 152 f.). W. Seston, Dioclétien et la Tétrarchie, Paris 1946, 362 Anm. 1 und Kolb, 153 Anm. 455 vermuten, dass im Text der Epitome zwischen viginti und quinque ein mensibus weggefallen sein könnte, ein solcher Fehler wäre durchaus auch dem Epitomator schon zuzutrauen. Damit wäre die Quelle der Epitome genauer als bspw. der Panegyriker von 307 (Paneg. 7[6] 10,1). Festy, Abrégé 172 führt den Fehler auf die Verwirrung des Epitomators wegen der vielen verschiedenen Herrscher

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zurück. In diesem Fall ließe der Epitomator die Herrschaft Diokletians mit dem Tod Maximians enden. (2) Er machte Maximianus zum Augustus Wenn auch die Ausführungen über die Schaffung der Tetrarchie eine gewisse Verwandtschaft zu Eutr. 9,22,1 1 zeigen, können so auffällige wörtliche Übereinstimmungen, wie in vorherigen Kapiteln nicht mehr konstatiert werden. Der Epitomator hält zudem immer noch an einer biographischen Ordnung seines Stoffes fest, in der die Ereignisse stark verkürzt werden. Maximianus war vor seiner Augustus-Erhebung bereits ab Herbst/Winter 285 Caesar und trug den Namen Aurelius Valerius Maximianus (vgl. Eutr. 9,22,1 und implizit Amm. 27,6,16; Kuhoff, Diokletian 39; Kienast, Kaisertabelle 262). Nach einem erfolgreichen Zug gegen die Bagauden wurde er Anfang 286 zum Augustus erhoben (vgl. Cons. Const. 286 mit Nickbakht, Komm. KFHist G 1,69). Constantius und Galerius Maximianus … erhob er zu Caesares Durch die starke Verknappung wirkt es in der Epitome, als sei die erste Tetrarchie in einem Zuge eingerichtet worden, dabei entstand sie in Etappen von der Dyarchie zur Tetrarchie. Flavius Valerius Constantius (Constantius I./Chlorus, PLRE 1,227 f. Nr. 12) wurde am 1. März 293 – womöglich in Mailand von Maximianus Herculius – zum Caesar für Britannien, Gallien und Spanien erhoben und adoptiert. Sein Kollege C. Valerius Galerius Maximianus (PLRE 1,574 f. Nr. 9) wurde am gleichen Tag oder kurze Zeit später auf dem Balkan von Diokletian zum Caesar für die Donauprovinzen erhoben und ebenfalls adoptiert (vgl. Barnes, New Empire 60–2; Diskussion bei Kuhoff, Diokletian 107–113; Nickbakht, Komm. KFHist G 1,70 f.). mit Beinamen ‚Armentarius‘ Der Beiname des Galerius ist sonst nur bei Aur. Vict. 39,24 überliefert und könnte aus einer Quelle tetrarchischer Zeit stammen, die unabhängig von der EKG in die Quelle der Epitome und das Werk Victors Eingang fand. Der Beiname spiegelt die ländliche Herkunft des Tetrarchen wieder, die in Epit. Caes. 40,15 weiter ausgeführt, der Name sogar erklärt wird (Armentarius = Großviehhirte, abgeleitet von armentum = Großvieh). Möglich wäre auch, dass der Name ursprünglich ein soldatischer Spitzname war, der seine Funktion im Heer angedeutet haben könnte (vgl. Kuhoff, Diokletian 121). Theodora, die Stieftochter des Herculius Maximianus Die Nachricht erinnert an die Angaben der EKG-Tradition, die ebenfalls die Version 1

Vgl. Aur. Vict. 39,24 f. Victor formuliert allerdings noch sehr viel eigenständiger.

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bietet, dass Theodora (PLRE 1,895 Nr. 1.) die Stieftochter Maximians gewesen ist. Kompositorisch divergieren die Epitome und die Zeugen der EKG allerdings, zudem nennen sie noch die Vermählung von Galerius mit Diokletians Tochter Galeria Valeria (PLRE 1,937, vgl. Aur. Vict. 39,25; Eutr. 9,22,1; Hier. chron. 225g). Orosius (hist. 7,25,5) erwähnt wie die Epitome nur die Eheschließung von Constantius I. und Theodora, eine Abhängigkeit kann hier allein wegen der Komposition aber nicht konstatiert werden. In einer anderen Tradition ist Theodora die leibliche Tochter Maximians (vgl. Origo Const. 1; Philost. 2,16; Zonar. 12,31 [S. 160,14 f. Dindorf]). Dies hält Barnes, New Empire 33–5 für plausibler, da er allen Autoren der Stieftochter-Nachricht eine mehr oder weniger direkte Abhängigkeit von der vermeintlich fehlerhaften EKG attestiert. Der Name eines von Theodoras sechs Kindern mit Constantius I., Hannibalianus, bezieht sich womöglich auf eine Verwandtschaft mit dem Prätorianerpräfekten und Konsul von 292 Afranius Hannibalianus, nach Barnes könnte dieser der Vater von Theodoras Mutter und Maximians Frau, Eutropia, gewesen sein. Dagegen wird argumentiert, dass er ebenso Theodoras Vater aus der ersten Ehe Eutropias sein könnte. Maximian hätte Theodora in diesem Fall adoptiert. Eine endgültige Entscheidung kann hier nicht getroffen werden (vgl. auch die Diskussion bei Kuhoff, Diokletian 188 f.). Constantius I. heiratete Theodora vermutlich nicht erst zur Zeit seiner Caesarerhebung, wie in der Epitome suggeriert wird, sondern schon 289 (vgl. Kienast, Kaisertabelle 270). Mit der für diese Ehe verstoßenen Frau muss Helena (PLRE 1,410 f. Nr. 3) gemeint sein, die hier immerhin explizit als uxor bezeichnet wird (vgl. Eutr. 9,22,1 mit Bleckmann, Komm. KFHist B 3,278) und nicht wie bspw. bei Hier. chron. 228g als concubina (besonders negativ Zos. 2,8,2). (3) Carausius in Gallia Nur die Epitome überliefert den Namen des Usurpators in der Schreibweise Charausio, was ein Fehler sein könnte oder ein authentischer Überrest des Namens, bevor er romanisiert wurde (vgl. Festy, Abrégé 173). Aur. Vict. 39,20 bezeichnet ihn als Menapiae civis. Die Menapier waren an der Nordseeküste der Gallia Belgica beheimatet und behielten ihre indigenen Traditionen auch in römischer Zeit lange bei (vgl. Th. Grünewald, Art. Menapier, RGA 19 [2001] 527– 9). M. Aurelius Maus(aeus/ius) Carausius (PLRE 1,180 f.) bewährte sich als Flottenkommandant an der gallischen Küste, nutzte die gemachte Kriegsbeute aber angeblich für seine eigenen Zwecke, weshalb Maximianus Herculius nach ihm fahnden ließ (vgl. Aur. Vict. 39,21; Eutr.

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9,21,1). Aus Furcht vor der drohenden Todesstrafe ließ Carausius sich 286 oder 287 zum Kaiser proklamieren, besetzte Teile der gallischen Küste sowie Britanniens und schuf so das sog. Britannische Sonderreich (vgl. Kuhoff, Diokletian 65–7 mit Diskussion zur Chronologie in Anm. 194; Kienast, Kaisertabelle 267 f.). Carausius wurde Ende 293 von seinem Nachfolger Allectus ermordet, den die Epitome nicht erwähnt, ebensowenig wie dessen Bezwinger, den Prätorianerpräfekt Asclepiodotus, obwohl beide bei Aur. Vict. 39,40 und 42 und Eutr. 22,2 genannt werden. Achilleus in Ägypten Aurelius Achilleus, dessen Usurpation nur aus den literarischen Quellen bekannt ist, war in Wirklichkeit, wie papyrologisch nachgewiesen ist, in Ägypten corrector unter dem (wiederum nur numismatisch und papyrologisch belegten) Usurpator von 297, L. Domitius Domitianus. Die Usurpation des Domitius wurde Ende des gleichen Jahres von Diokletian niedergeschlagen (vgl. Festy, Abrégé 173 f.; Barnes, New Empire 11 f.; Kienast, Kaisertabelle 260 f.; PLRE 1,9 Nr. 1 [Achilleus]; PLRE 1,263 Nr. 6 [Domitianus]). Iulianus in Italien Bei dieser Notiz hat der Epitomator offenbar erneut sein Material bei der Kürzung vermengt und verfälscht. Italien als Ort der Usurpation ist eine Doppelung eines Details beim bereits besprochenen Usurpator unter Carinus (vgl. Schlumberger, Epitome 184; Festy, Abrégé 174; Epit. Caes. 38,6 mit Komm.). Iulianus erhob sich laut Aurelius Victor (39,22) in Africa, dieser beschreibt die Usurpation des Iulianus im Zusammenhang mit den Aufständen der Quinquegentiani (um 290). Ob Iulianus in diese involviert war, kann nicht entschieden werden (vgl. Ch. Witschel, Zur Situation im römischen Africa während des 3. Jahrhunderts, in: Johne, Deleto paene imperio Romano 145–221, hier 168; Kienast, Kaisertabelle 266; Nickbakht, Komm. KFHist B 2,292 f.; PLRE 1,469 Nr. 1). (4) e quibus Der Epitomator verwendet vor Konsonanten sowohl e als auch ex (39,7), wobei ex etwas häufiger vorkommt. Zum Gebrauch beider Formen in der späteren Latinität vgl. Löfstedt, Peregrinatio 89–91 und H.Sz. 264 f. stieß sich Iulianus einen Dolch durch die Rippen und stürzte sich ins Feuer Die überraschend detaillierte Schilderung des Todes des am wenigsten greifbaren Usurpators findet sich in keiner anderen Quelle, erinnert aber an den in Verg. Aen. 4,642–671 beschriebenen Selbstmord Didos (vgl. Edgeworth, Fiction 508; Birley, Fiction 80 f.).

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(5) Diokletian legte aus eigenem Antrieb in Nicomedia die kaiserlichen Rutenbündel nieder Die Abdankung Diokletians in Nikomedia und sein Rückzug ins vermeintliche Privatleben wurde in mehreren Varianten beschrieben. Bei Lact. mort. pers. 19 bewegen das Greisenalter sowie das Drängen des Galerius den ranghöchsten Augustus Diokletian zur Abdankung, die er nicht explizit in Nikomedia verortet. Julian (Caes. 315b) und Eutrop (9,27,1 f.) nennen Altersschwäche als Grund. Letzterer gibt die Ereignisse sehr genau wieder, besonders die Parallelität der Herrschaftsniederlegung Maximians in Mailand und Diokletians in Nikomedia am 1. Mai 305 (vgl. auch Hier. chron. 228d). Ebenso Zonaras (12,32 [S. 162,17–S. 163,14 Dindorf]), der die Herrschaftsniederlegung aber nach der christlichen Sicht konstantinischer Zeit begründet. Nach dieser hätten die Kaiser aufgegeben, nachdem es nicht gelungen war, das Christentum auszulöschen (vgl. Const. or. s. c. 25,1 f.; Kolb, Diocletian 129). Aurelius Victor (39,48) betont die Gesundheit, derer sich Diokletian erfreute, und lobt die moderatio des Kaisers, die bereits die Panegyriker würdigten (Paneg. 7[6] 9,2; 6[7] 15,4– 6; Victor verweist noch auf konträre Meinungen). Laut Zos. 2,10,5 ahnte der Kaiser die Schwierigkeiten der künftigen Staatsgeschäfte voraus und zog daher das Leben als Privatmann vor (vgl. allg. Kuhoff, Diokletian 299–301). Kolb, 129 sieht in der Epitome vor allem eine Gemeinsamkeit mit den Panegyrikern und Victor, der wie Zosimos bemerkt, dass Diokletian die Zukunft mit dem Ruin seiner Politik vorausgesehen habe. Huttner, Recusatio Imperii 384 sieht in der Betonung der Freiwilligkeit des Rücktritts einen bewussten Kontrast zur Darstellung des Laktanz. Der Epitomator enthält sich einer direkten Wertung, die Abdankung scheint mir mit Kolb und Huttner positiv konnotiert, allerdings getrübt durch vermeintlich tragische Konsequenzen. Der Epitomator nennt nicht den Rückzugsort Diokletians, d. h. seinen Kaiserpalast in Spalatum (heute Split) in Dalmatien, sondern nur Salona (39,6). Zudem fällt auf, dass der Kaiser in der Epitome die fasces zurückgibt, die metonymisch für das kaiserliche Imperium gebraucht werden. Vom Ablegen des Purpurs berichtet Lact. mort. pers. 19,5, während die Parallelquellen weniger deutlich sind, vgl. Aur. Vict. 29,48; Eutr. 9,27,2; Hier. chron. 228d; Zonar. 12,32 [S. 163,6 Dindorf]). In der Tat war Diokletian nach seinem Rücktritt kein privatus, da er neben dem späteren Konsulat immer noch die Stellung eines Senior Augustus innehatte (vgl. Kolb, 151; Paneg. 7[6] 10,5: auctoritatem privati principis). Dementsprechend hatte er noch einige

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kaiserliche Insignien, insbesondere auch den Purpur, aber nicht mehr die aktive kaiserliche Macht, die fasces. (6) Als er von Herculius und Galerius gebeten wurde, die Herrschaft wiederaufzunehmen In den Ausführungen über die Ablehnung Diokletians, die Herrschaft wiederaufzunehmen, enthält die Epitome wieder singuläre Informationen. Nur sie berichtet, dass auch Galerius seinen Adoptivvater um Rückkehr bat. Gemeint ist die Konferenz von Carnuntum am 11. November 308 (vgl. Schlumberger, Epitome 185; Festy, Abrégé 174). Die Antwort Diokletians über sein idyllisches Gärtnerdasein hat später einige Popularität erlangt (vgl. die Beispiele bei Festy, Abrégé 174; Bleckmann, Konstantin 46 mit Anm. 54; kürzlich auch P. Bordins, „The Summit“ [2018]). Die Anekdote ist ohne antike Parallele allerdings schwer zu deuten und stammt womöglich aus der verlorenen erzählenden Quelle der Epitome. Schlumberger, 187 f. wertet die Notiz, wie die gesamte recusatio der Herrschaft im Spiegel der Epitome positiv. Es könnte sich in der Epitome aber auch um die Verharmlosung einer sehr viel kritischeren Vorlage handeln, ähnlich wie es bei Zos. 2,10,4 f. durchscheint. Damit würde nicht nur das Ängstliche, das sich deutlicher zum Bericht über den Tod Diokletians zeigt (39,7), kritisiert, sondern ebenso die vermeintliche Zerstörung einer erfolgreichen Herrschaftsform (vgl. Bleckmann, Reichskrise 317 Anm. 160; Festy, 174 f.). Demnach habe Diokletian seine quies der Erhaltung des Staates vorgezogen. Huttner, Recusatio Imperii 375 sieht die Verbindung zwischen der ἡϲυχία bei Zosimos und den Ausführungen der Epitome über die Gärtnerei, erkennt die negative Konnotation aber eher im Bericht des Zosimos (vgl. Huttner, 386). Eine Schonung Diokletians liegt bei der Epitome in jedem Fall darin vor, dass Hinweise auf die Übertreibungen im Herrschaftsornat, die von den Zeugen der EKG umfangreich erörtert wurden (vgl. EKG fr. 111 mit Komm. [KFHist B 1,205–7]; Schlumberger, 187), unterblieben sind. (7) ex quibus S. zu 39,4 e quibus. Alle Hss. außer B und der indirekten Überlieferung haben quis. Es wäre denkbar, dass der Epitomator auch die Nebenform benutzte, vgl. K.-H. 613. Er lebte achtundsechzig Jahre Obwohl teils von der Forschung bezweifelt, könnte die Epitome mit dieser singulären Altersangabe richtig liegen. Gestützt wird dies durch ihre eigenen Ausführungen zur Hochzeit von Licinius und Constantia, die auf das Frühjahr 313 zu datieren ist (vgl. Soz. h. e. 1,2,10), sowie zum Ruhestand von 305 bis 313. Diokletian lebte nach der Epitome von 245 bis 313 (vgl. Kolb, Diocletian 149 mit Anm.

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445; Diskussion bei Festy, Abrégé 175, Kuhoff, Diokletian 935 f.; Nickbakht, Komm. KFHist G 1,85 f.; Kienast, Kaisertabelle 257 f.). Zu seinem Status nach der Abdankung vgl. Komm. zu 39,5. morte … voluntaria Die älteren Hss. und die indirekte Überlieferung haben voluntariam. Dass das Adjektiv auf morte zu beziehen ist, wird durch Epit. Caes. 14,8 (ad mortem voluntariam) deutlich. In den jüngeren Hss. EZJ ist der schon im Archetyp vorliegende Fehler durch die naheliegende Korrektur voluntaria bereinigt. Er starb … aus Angst einen freiwilligen Tod Dass die Angst den Kaiser in den Selbstmord getrieben hat, scheint schon durch die Wortwahl (formido) negativ konnotiert (vgl. Epit. Caes. 40,20; 42,7 mit Festy, Abrégé 175). Möglich wäre, dass in der Quelle der Epitome die Entwicklung vom bedachten zum feigen Herrscher deutlicher beschrieben wurde. Auch wenn der Tod durch Gift an den Tod des Sokrates erinnert (Pl. Phd. 57A; 116C), entbehrt Diokletian hier jeder philosophischen Furchtlosigkeit 1. Laktanz (mort. pers. 42,2 f.) konstruiert eine Entwicklung vom glücklichen Kaiser zum ängstlichen (Angst bes. in 9,6 relevant), der sich zu Tode hungert. Erneut berühren sich die Epitome und der christliche Autor, jedoch nicht so stark, dass von einer Abhängigkeit ausgegangen werden kann. Die von Laktanz geschilderten nächtlichen Sorgen, die den Tod des Senior Augustus mit hinaufbeschworen, erinnern an die nächtlichen Alpträume, die der Anonymus post Dionem (fr. 13,6 [FHG IV S. 198]) als Grund für die Abdankung beschreibt. Schlumberger, Epitome 186 sieht in den Schilderungen der Epitome einen direkten Gegenentwurf zu Laktanz: Diokletian sei angesichts der Gefahr durch eine neue Politik und den Christen Konstantin verängstigt gewesen und in den Tod getrieben worden. Trotz Festys Einwänden tendiere ich eher zur Interpretation Schlumbergers, jedenfalls, was die Epitome selbst betrifft, die Diokletian hier nicht pejorativ darstellen will. Denn wie aus den Drohbriefen des Konstantin und Licinius hervorgeht, die Diokletian nach der Hochzeit zwischen Constantia und Licinius bzw. vor dem Tod des Maximinus Daia 313 erhalten haben müsste, war die Furcht Diokletians für den Epitomator keineswegs unbegründet. Der Bericht einiger Autoren scheint einen natürlichen Tod zu implizieren, vgl. dazu Nickbakht, Komm. Suda Δ 1156 (S. 104 Adler) gibt ebenfalls Selbstmord an, allerdings erhängt sich Diokletian, vgl. auch Festy, Abrége 175. Zudem ist zu bemerken, dass Maximinus Daia (nach dem Todesdatum der Epitome) unmittelbar vor Diokletians Tod starb, laut Lact. mort. pers. 49,2–7, richtete er sich selbst mit Gift. 1

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KFHist G 1,85 Anm. 1, der zu bedenken gibt, dass ein Selbstmord Diokletians Eingang in Konstantins Rede an die Heiligen (or. s. c. 25,1) gefunden hätte. 40. (1) In diesen Tagen Das häufig verwendete eher unspezifische his diebus meint hier noch die Zeit Diokletians. Im Folgenden beschreibt der Epitomator die Konstellation der Zweiten Tetrarchie. Diokletian spielte dabei eigentlich noch eine entscheidende Rolle. Der Epitomator erwähnt den Senior Augustus wegen seines biographischen Konzepts aber nicht mehr. Es gelingt dem Autor dennoch nicht, die biographische Form für die folgenden Kaiser beizubehalten. Daher bemüht der Epitomator sich um charakterbiographische Sinnabschnitte: Zunächst stellt er die Akteure vor, sowohl legitime Kaiser als auch Usurpatoren (40,1 f.), berichtet von ihren exitus (40,3–9) und referiert besonders ausführlich über ihre mores (40,10– 20), vgl. zum Schema auch Schlumberger, Epitome 188 und Festy, Abrégé 176. Schlumberger führt diese Passagen wieder auf die chronologisch/annalistisch anmutende Quelle zurück, die seit dem Bericht zu Severus Alexander immer wieder greifbar wird. Aus dieser habe der Epitomator einzelne Passagen herausgelöst und sie dann nach Themen sortiert. appellantur Das historische Präsens tritt ab Kap. 40 gehäuft auf, vgl. phil. Komm. zu 18,2 obtruncatur, und wird nach dieser Stelle nicht mehr einzeln notiert. wurden die Caesares – zu Augusti ernannt Am 1. Mai 305 traten die Augusti Diokletian und Maximian parallel in Nikomedia und Mailand zurück und erhoben ihre Caesares Galerius Maximianus und Constantius I. (Chlorus) zu neuen Augusti. Der Epitomator verkürzt die Ereignisse extrem. Es wird nicht deutlich, ob das tetrarchische Herrschaftssystem von unserem Autor verstanden wurde. während Severus zum Caesar in Italien und Maximinus – zum Caesar im Orient In der neuen Konstellation vom 1. Mai 305 und der Erhebung der neuen Caesares – Flavius Valerius Severus „in Mailand für Italien und Africa“ (Kienast, Kaisertabelle 278), nach Origo Const. 9 auch Pannonien, und Galerius Valerius Maximinus (Daia) „in Nikomedia für die Diözese Oriens“ (Kienast, Kaisertabelle 276) – erinnert die Epitome noch an Aur. Vict. 40,1 und Eutr. 10,1,1; 2,1. Schlumberger, Epitome 188 f. und Festy, Abrégé 176 vermuten hinter der Information die EKG. Besondere Ähnlichkeit hat die Epitome aber mit Zosimos (2,8,1), der ebenfalls über die vermeintliche EKG-Version hinaus das Verwandtschaftsverhältnis zwischen Galerius und Maximinus Daia kennt

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(vgl. auch Lact. mort. pers. 18,14, allerdings unspezifischer: affinis). Hier mag die EKG durch eine weitere verlorene Quelle der Epitome ergänzt worden sein. Mittelbar fanden die Information von dort über Eunap Eingang in den Bericht des Zosimos. zur gleichen Zeit wurde auch Konstantin zum Caesar Die Umstände der Erhebung Konstantins werden in Epit. Caes. 41,2 f. ausführlicher beschrieben. Auffällig ist, dass der Epitomator wie Origo Const. 4 und Zos. 2,9,1 an dieser Stelle postuliert, dass Konstantin Caesar geworden sei, er aber später nur vage zum Ausdruck bringt, dass Konstantin das imperium (im Sinne der Herrschaft eines Augustus?) an sich nimmt (so wie in anderen Quellen: Lact. mort. pers. 24,8 f.; Aur. Vict. 40,4; Eutr. 10,2,2). Falls ein Widerspruch zu erkennen ist, sind vielleicht verschiedene Quellen die Erklärung. An dieser Stelle ähnelt die Angabe der Epitome jedenfalls eindeutig dem Panegyrikus von 310 (6[7] 5,3) mit seiner Bemerkung zur modestia Konstantins, der sich zunächst mit dem Rang eines Caesars zufriedengegeben und erst 307, ein Jahr nach dem Tod seines Vaters, den Augustustitel angenommen habe (vgl. König, Origo Constantini 78). J. Wienand, Der Kaiser als Sieger. Metamorphosen triumphaler Herrschaft unter Constantin I., Berlin 2012, 119–27 vermutet dagegen auf der Basis numismatischer Evidenz, dass schon der sterbende Constantius I. seinen Sohn für die Caesarwürde vorgesehen habe, die ab dem Tod des Augustus vakant war, da dessen Caesar Severus ihm in dem Amt nachfolgen würde (Tod Constantius I.: 25. Juli 306, Kienast, Kaisertabelle 267). „Zur gleichen Zeit“ wie die anderen Kaiser der zweiten Tetrarchie wurde Konstantin nicht erhoben. Seine Akklamation war im tetrarchischen Gefüge nicht vorgesehen und fand am 25. Juli 306 statt, also über ein Jahr nach der Erhebung der Caesares Severus und Maximinus Daia. Derartige Zeitangaben des Epitomators sollten nicht zu wörtlich genommen werden. (2) Maxentius … zum Imperator gemacht Die Erhebung des M. Valerius Maxentius (Kienast, Kaisertabelle 279 f.), Sohn des Senior Augustus Maximianus Herculius, am 28. Oktober 306 war für das tetrarchische System noch problematischer als die Machtübernahme Konstantins. Beide waren als leibliche Söhne nicht als direkte Nachfolger vorgesehen, im Falle des Maxentius kam hinzu, dass keine Stelle vakant war. Maxentius nahm nicht den Augustus-Titel an, sondern ließ sich als princeps betiteln (vgl. Rosen, Konstantin 107). Recht genau gibt die Epitome den Ort der Erhebung an, wobei sie möglicherweise fälschlich aus

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16 Meilen (ca. 24 km) 6 Meilen gemacht hat (vgl. ILS 666/667; CIL XIV 2825 mit Kommentar [hier 14 Meilen vor Rom]; zu Villa und Inschrift auch H. Leppin / H. Ziemssen, Maxentius. Der letzte Kaiser in Rom, Mainz a. R. 2007, 20). Weniger genau lokalisiert Eutr. 10,2,3 die Villa, bei der es sich nicht um die Maxentius-Villa an der Via Appia handelt (vgl. Bleckmann, Komm. KFHist B 3,280). Die Epitome hat den Ort vermutlich aus einer sehr gut informierten Quelle entnommen (Schlumberger, Epitome 189 Anm. 29 vermutet hier die direkte Benutzung der EKG). Die Akteure der Erhebung nennt der Epitomator nicht (im Gegensatz zu Eutrop). Mit dem Bedeutungsverlust Roms durch die längeren Aufenthalte der Kaiser an den Grenzen – und seit tetrarchischer Zeit auch in neuen Kaiserresidenzen – verloren die Prätorianer ihren Nutzen und die plebs urbana ihre Privilegien. Erstere hatte Diokletian schon reduziert, letztere wollte Galerius besteuern. Der Unmut beider Gruppen begünstigte die Erhebung des Maxentius, der von Galerius allerdings nicht anerkannt wurde. Der westliche Augustus, Severus, wurde gegen Maxentius ausgesandt (vgl. Rosen, Konstantin 107). sodann wurde Licinius zum Augustus gemacht Valerius Licinianus Licinius wurde auf der Konferenz von Carnuntum am 11. November 308 von Diokletian zum Augustus erhoben (vgl. Kienast, Kaisertabelle 278). Er übernahm die Stelle von Severus, der 307 während der Auseinandersetzung mit Maxentius gestorben war. Licinius hatte sich vermutlich sowohl im Krieg des Galerius gegen die Perser als auch gegen Maxentius bewährt (vgl. Kienast, 284). in gleicher Weise ist Alexander in Karthago Imperator geworden L. Domitius Alexander erhob sich nach dem 8. April 308 in Africa, wo er zuvor vicarius gewesen war (vgl. Aur. Vict. 40,17; Zos. 2,12,2; Kienast, Kaisertabelle 281). Polemius Silvius ([KFHist B 6]) princ. 62) bezeichnet ihn als Usurpator. Der gewählte Übergang parique modo ist nicht zutreffend, da Licinius – im Gegensatz zu Domitius Alexander – als vollwertiges Mitglied der Tetrarchie von deren Begründer erhoben wurde. in ähnlicher Weise wurde Valens zum Imperator gemacht Valens wiederum wurde nicht auf ähnliche Weise wie Domitius Alexander erhoben, er verdankte seine Augustuswürde der Erhebung durch einen auctor imperii. Aurelius Valerius Valens (PLRE 1,931 Nr. 13) wurde nach dem 8. Oktober 314 oder 316 von Licinius, unter dem er als dux limitis vermutlich in Dakien gedient hatte, zum Augustus erhoben (vgl. Origo Const. 17 [Caesar] mit König, Origo Constantini 126). Der Autor der

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Origo Constantini, Polemius Silvius ([KFHist B 6] princ. 62) und Zosimos (2,19,2. 20,1) bezeichnen Valens fälschlicherweise als Caesar, näher am zutreffenden Augustustitel ist mit imperator die Epitome (vgl. RIC VII Cyzicus 7; König, 127; Festy, Abrégé 177). Die Beschreibung des Aufstiegs und Niedergangs des Valens wäre im folgenden Kapitel (41) zu erwarten gewesen. Die Umplatzierung lässt sich durch die Wirren zwischen Konstantin und Licinius erklären, deren Darstellung dem Epitomator offenbar Schwierigkeiten bereitete. (3) Ihr Tod war folgender Der Epitomator rückt zu seiner nächsten Rubrik vor, den Todesarten der Kaiser, wobei er Licinius und Konstantin später ein eigenes Kapitel widmet. Er beginnt mit Severus, auch wenn zunächst die Erwähnung des Todes des Constantius I., den er hier ausklammert, chronologisch richtig gewesen wäre. Romae Bleckmann, Epitome 144 schlägt vor, die bei Landolfus nicht überlieferte Ortsangabe als späte Interpolation zu streichen. Da aber Landolfus nicht nur Romae, sondern auch das vorangehende Wort Maximiano auslässt und außerdem die vulgärlateinische Fassung den Ausdruck in Roma bietet, ist das Fehlen des sachlich ungenauen Romae bei Landolfus wohl nur eine der bei ihm häufigen Variationen und Auslassungen gegenüber seiner Vorlage. Vgl. auch Nickbakht zu Cons. Const. 307 (KFHist G 1,81), der mit Blick auf Epit. Caes. 40,3 die Angabe „in Rom bei Tres Tabernae“ in der Vorlage für möglich hält. Der Caesar Severus wurde von Herculius Maximianus in Rom bei Tres Tabernae getötet Zum Tod des Severus informiert die Epitome konträr zur EKG-Version, die ihn in Ravenna eingeschlossen sterben lässt, teilt aber mit dieser den Fehler, ihn als Caesar zu betiteln (vgl. EKG fr. 116 mit Komm. [KFHist B 1,209]). Nach dem Tod des Constantius I. war er zum westlichen Augustus aufgerückt (vgl. Kienast, Kaisertabelle 279). Nahe am Bericht des Epitomators, obgleich sehr viel ausführlicher, sind Origo Const. 9 f. und Zos. 2,10,1 f.: Maxentius habe zunächst die Soldaten bestochen, die vormalig unter seinem Vater Dienst taten. Diese seien von Severus abgefallen, was ihn gezwungen habe nach Ravenna zu flüchten, woraus ihn der reaktivierte Herculius Maximianus mit einer List hinausgelockt habe. Ab hier divergieren die Berichte leicht: Zosimos nennt, wie die Epitome, Tres Tabernae als Todesort, wohin Severus auf seinem Weg nach Rom gekommen, dort aber von Maxentius aus einem Hinterhalt überfallen, gefangen und durch den Strick getötet worden sei. Der Autor der Origo Constantini kennt den Namen Tres Tabernae nicht,

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erwähnt aber einen Ort an der Via Appia tricensimo miliario von Rom entfernt, er meint wahrscheinlich dieselbe Lokalität (vgl. Festy, Abrégé 177 f.). Paschoud, Zosime I 195 f. vermutet einen Ort gleichen Namens an der Via Flaminia und tendiert dazu, die Angaben des Zosimos gelten zu lassen. Die Origo Constantini lässt Severus als Geisel Maximians durch Strangulation sterben, allerdings nach einiger Zeit der Gefangenschaft und in dem Moment, als Galerius sich zur Rettung des Severus aufmacht. Als unhistorisch gilt, ebenso wie die Version der EKG, der Selbstmord (Origo Rom. 81 [via Latina miliario III]; Lact. mort. pers. 24,10 [Öffnung der Adern nach freiwilliger Auslieferung]). Schwer zu beurteilen ist auch der genaue Zeitpunkt im Herbst 307 (vgl. Cons. Const. 307 mit Nickbakht, Komm. KFHist G 1,80 f.). Vermutlich ergab Severus sich und wurde einige Zeit später ermordet (vgl. Bleckmann, Konstantin 44 f.; Rosen, Konstantin 107 f.). sein Leichnam wurde im Grab des Gallienus beigesetzt Die Beisetzung im Grab des Gallienus und dessen Lokalisierung ist sonst nur noch in der Origo Constantini (10) überliefert, diese nennt allerdings in einer geringfügigen Variante den 8. Meilenstein. Festy, Abrégé 178 sieht den Ort als Indiz für die Annahme, dass Zosimos Tres Tabernae an der Via Appia meint. Die Ähnlichkeiten der drei Berichte ist auffällig, wobei wegen der Divergenzen nicht von direkten Abhängigkeiten ausgegangen werden kann, möglich wäre aber ein gemeinsamer Ursprung der Nachricht. (4) consumptis Vgl. ThLL s. v. consumo Sp. 608,80–609,21. Galerius Maximianus starb, weil seine Genitalien zerfressen worden sind Zum Tod des Galerius finden sich abermals Überschneidungen mit der christlichen Tradition um Laktanz, der seiner detaillierten Beschreibung des Krankheitsverlaufs – möglicherweise Genitalkrebs oder ein anderes „Unterleibsgeschwür“ (Kuhoff, Diokletian 871) – allerdings ein ganzes Kapitel widmete und die Martern des Christenverfolgers besonders genussvoll beschreibt (mort. pers. 33; vgl. auch Euseb. h. e. 8,16 und Zonaras [12,34 (S. 169,1–7 Dindorf)], dem eine Verwechslung mit Maximinus Daia unterläuft). Auch die Ausführungen in der Origo Constantini (8) sind in ihrer Kürze recht bildhaft, beschreiben aber ohne spezifizierende Hinweise auf einen Genitalkrebs eine innere Verwesung. Aurelius Victor (40,9) und Zosimos (2,11,1) erwähnen allgemein eine Krankheit. Eutrop (10,4,2) notiert lediglich den Tod. Ein Zusammenhang zwischen der Epitome und Laktanz lässt sich kaum leugnen, es scheint aber, als habe der Epitomator oder bereits seine Quelle,

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dem biographischen Interesse entsprechend, von diesem (allerdings nicht direkt) allenfalls die Todesart übernommen. Galerius starb 311 in Serdica (vgl. Origo Const. 8; Kienast, Kaisertabelle 273). (5) Maximianus Herculius wurde – sein Genick durch den Strang gebrochen Konstantin nahm den Maximianus, der wiederholt versucht hatte, aus dem Ruhestand in die Politik einzugreifen, 310 gefangen und ließ ihn hinrichten oder zwang ihn zum Freitod, nachdem er abermals angeblich versucht hatte, Konstantin zu hintergehen (vgl. für die Details Bleckmann, Konstantin 44–8; Rosen, Konstantin 109–12. 117–9; W. Huss, Das Ende des Maximianus, Latomus 37,3 (1978) 718–25). Festy, Abrégé 178 weist auf die Gemeinsamkeit des Epitomators sowohl mit dem sehr ausführlichen Bericht des Laktanz (mort. pers. 29 f.), als auch mit Eutrop (10,3) hin. Beide Autoren haben dementsprechend ebenso untereinander frappierende Ähnlichkeit (vgl. Neri, Medius princeps 79–81; S. A. Christensen, Lactantius the Historian. An Analysis of the De Mortibus Persecutorum, Kopenhagen 1980, 59–62). Möglicherweise sind beide Versionen durch die zeitgenössische Panegyrik nach dem Ende Maximians 310 inspiriert (vgl. Paneg. 12[9] 3,4; Bleckmann, Komm. KFHist B 3,284 f.). Ob hier eine direkte Abhängigkeit der Epitome vorliegt, lässt sich wegen der Verknappung kaum sagen. Wie der Epitomator gibt auch Aurelius Victor (40,21) die Ereignisse stark verkürzt wieder, allerdings mit einem deutlichen Schwerpunkt auf der Darstellung der Intrige gegen Konstantin. Der Epitomator hingegen stellt dagegen die Schändlichkeit der Todesart heraus und ähnelt darin Lact. mors. pers. 30,6 und Euseb. h. e. 8,13,15. Der Tod durch den Strick galt in der Antike generell als schmachvoll, besonders aber aus der Sicht christlicher Autoren wegen des Suizids von Judas Iskariot (vgl. zum Tod Maximians Hofmann, Suizid in der Spätantike 166 f.; generell N. Hyldahl / B. Salmonsen, Art. Hinrichtung, RAC 15 [1991] 342–65 hier 346 und 349). Möglicherweise enthielt also die Quelle der Epitome, wie Laktanz eine ausführliche, vom Ursprung her aus konstantinischer Propaganda geborene Version, der der Epitomator seinem Interesse entsprechend nur die Notiz über den Tod und dessen Bewertung entnommen hat. Die Nachricht vom Tode Maximians dürfte im übrigen an dieser Stelle nach quorum exitus iste fuit gar nicht stehen, da die Epitome Maximian unter der vorherigen ,Rubrik‘ der Erhebungen nicht nennt. Nach Schlumberger, Epitome 109 ist dies ein weiteres Indiz für die chronologisch erzählende Vorlage des Epitomators.

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(6) Alexander wurde vom Heer des Konstantin ermordet Einzig die Epitome überliefert, Domitius Alexander sei von Konstantins Truppen getötet worden. Diese Fehlinformation ist nach Schlumberger, Epitome 191 der Komprimierung seines Stoffes geschuldet. Möglicherweise lag dem Autor der Historia Augusta am Ende der Elagabal-Vita eine ähnliche Nachricht vor, da er Domitius Alexander zu den Gegnern Konstantins zählt (vgl. Hel. 35,6 1). Domitius Alexander scheint sich um ein Bündnis mit Konstantin bemüht zu haben (vgl. ILS 8936). Aur. Vict. 40,18 f. und Zos. 2,14,2 f. bieten die richtige Version: Maxentius schickte seinen Prätorianerpräfekten Ceionius Rufius Volusianus aus, der Domitius Alexander 309/10 besiegte und hinrichtete. (7) dum – demersus est Die bisherigen Herausgeber setzen ein Komma hinter congreditur. Laut Rosen, Konstantin 421 f. Anm. 29 verkennt diese Interpunktion die Tatsache, dass Maxentius mit Konstantin „etwas oberhalb der Milvischen Brücke“ zusammengestoßen ist. Entgegen Rosens Deutung ist jedoch die herkömmliche Interpunktion einerseits wegen der üblichen Stellung des Prädikats am Ende des Nebensatzes vorzuziehen und andererseits deswegen, weil der Tod des Maxentius an der Milvischen Brücke stattfand, vgl. Aur. Vict. 40,23 (sed Maxentius atrocior in dies tandem urbe in Saxa rubra milia ferme novem aegerrime progressus, dum caesa acie fugiens semet Romam reciperet, insidiis, quas hosti apud pontem Mulvium locaverat, in transgressu Tiberis interceptus est tyrannidis anno sexto.) mit Nickbakht zu bis zu Saxa Rubra ausgerückt (KFHist B 2,325 f.). der Milvischen Brücke Die Schlacht an der Milvischen Brücke wurde am 28. Oktober 312 geschlagen. Bereits Schlumberger, Epitome 191 und Festy, Abrégé 179 f. bemerkten, dass die zahlreichen Nuancen der vielen – auch tendenziös paganen – Berichte es fast unmöglich machen, herauszuarbeiten, mit wem der kurze Bericht des Epitomators am ehesten übereinstimmt. Er ist durchaus eigenständig, aber glaubhaft. Eusebius (h. e. 9,9,5) nennt eine zusätzliche Schiffsbrücke, die den Brückenbogen ersetzen sollte, den Maxentius entfernen ließ, um Konstantin das Eindringen in die Stadt von der Via Flaminia aus zu erschweren (vgl. Bleckmann, Konstantin 53). Eine durch Eisenklammern lösbare Konstruktion erwähnt Zosimos (2,25,3 f.), ein derartiges Gebilde – sei es Zinsli, Heliogabal 867 bemerkt zu dieser Stelle: „Nur Domitius Alexander will nicht so recht passen, da er von Maxentius’ Truppen unter dem praef. praet. Rufius Volusianus besiegt wurde.“ Er zieht nicht die Parallele zum Fehler der Epitome in Betracht. 1

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eine Schiffsbrücke oder nicht – ist vermutlich mit der „Falle“ (insidiae) bei Aur. Vict. 40,23 gemeint. Maxentius ließ sie anbringen, um sie zu aktivieren, sobald die konstantinischen Truppen den Tiber überqueren wollten (vgl. auch Lib. or. 59,20 [218 f.]). Die Schlacht entwickelte sich dennoch zum Nachteil für Maxentius, er selbst stürzte in den Tiber. Zum Sturz gibt es wieder divergierende Versionen: In Origo Const. 12, wo keine Brücke genannt wird, stürzt Maxentius bei seiner Flucht vom Pferd, ähnlich bei Zonar. 13,1,12 auf der Flucht über die Milvische Brücke, und beim Panegyriker von 313, der Maxentius während der Flucht mitsamt seinem Pferd in den Tiber stürzen lässt (Paneg. 12[9] 17,2). Die Epitome lässt beide Deutungen zu. Es ist allerdings auffällig, dass der Epitomator nicht explizit eine Fluchtsituation beschreibt. Dass Maxentius’ Leichnam daraufhin nur unter großen Mühen zu finden war, überliefert nur der Epitomator. Dies steht im direkten Kontrast zum Panegyriker von 313, der das Gegenteil berichtet: Der Tiber habe Maxentius umgehend wieder ausgespien (Paneg. 12[9] 17,3; 18,2). In der Epitome fehlt auch die Freude der plebs urbana über den Tod des Tyrannen, die sowohl die Origo Constantini (12) als auch ausführlicher der Panegyriker (12[9] 18,3) zur Sprache bringen. Auch Zosimos (2,17,1 f.) weiß davon, betont aber vor allem die Schonung, die Konstantin den meisten seiner Gegner zuteil werden lässt. Trotz der Kürze des Berichts der Epitome scheint es unwahrscheinlich, dass derartige Abweichungen nur auf die Verknappung zurückzuführen sind. Vielmehr geht es möglicherweise um eine Relativierung der Leistungen Konstantins: Konstantin erringt nicht im Kampf einen Triumph über Maxentius. Dessen Pferd stürzt während des Gefechts und reisst ihn mit in die Tiefe. Sein Leichnam verschwindet im Tiber und kann nur unter Anstrengungen geborgen werden. (8) Maximinus starb bei Tarsus eines natürlichen Todes Den natürlichen Tod des Maximinus Daia in der Epitome interpretieren Schlumberger, Epitome 191 und Rosen, Konstantin 182 als absichtlichen Gegenentwurf zur christlichen Polemik bei Lact. mort. pers. 49,2–7, in der sich Maximinus das Leben nimmt. Dabei hat möglicherweise eher Laktanz die Quelle, auf die vielleicht auch die EKG (vgl Eutr. 10,4,4) zurückgriff, umgeformt, um dem Christenverfolger eben kein unauffälliges Ende zu gewähren (vgl. Festy, Abrégé 180). Denn Eusebius (vit. Const. 1,58,2) weiß von einer Krankheit, sieht sie aber als Strafe Gottes. Nachdem Konstantin und Licinius sich verbündet hatten, fügte letzterer Maximinus im Jahr 313 eine schwere Niederlage bei Tzirallum zu. Maximinus

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verstarb nach seiner Flucht in Tarsus. Dort wurde er anscheinend bestattet. Philostorg (8,1) bemerkt jedenfalls, dass das Grab Julians in Tarsus gegenüber vom Grab des Maximinus Daia errichtet wurde (vgl. K. Ehling, Der Tetrarch Maximinus Daia, sein Grab bei Tarsos und Kaiser Julian, Historia [2010] 252–5). (9) Valens wurde von Licinius mit dem Tod bestraft Das Ende des Valens fällt bei Zos. 2,20,1 ähnlich aus wie in der Epitome, ist insgesamt jedoch ausführlicher dargestellt, da Zosimos noch die Friedensverhandlungen von 316 zwischen Licinius und Konstantin beschreibt, in denen Konstantin den Tod des Valens einforderte. Nach Origo Const. 18 und Petr. Patr. fr. 15 (FHG IV 190) verlangt dagegen Konstantin lediglich die Absetzung des Mitkaisers. Dennoch ist die Version von der geforderten Hinrichtung vorzuziehen, obwohl der Anonymus ansonsten gut über die Ereignisse unterrichtet gewesen ist (vgl. König, Origo Constantini 132). Wie König bemerkt, wird Konstantin durch die angebliche Mäßigung seiner Forderung in der Version der Origo Constantini reingewaschen, während Zosimos ihn zum Alleinverantwortlichen für den Tod des Valens macht. Die Version der Epitome dürfte dazu durchaus passen, auch wenn der Kontext (die Forderung Konstantins) ausgelassen wurde: Licinius ließ den Valens vielleicht unter einem juristischen Vorwand aus dem Weg räumen, um ein Hindernis zum Friedensschluss mit Konstantin zu beseitigen. (10) Von solcher Art aber war ihr Charakter Der Epitomator leitet zu seinen umfangreichsten Ausführungen bezüglich der Tetrarchen über. Dabei fällt auf, dass weder Tod noch Charakter des Constantius I. beschrieben werden. Sein Tod wird im Zuge der Erhebung Konstantins erwähnt und könnte deshalb vom Epitomator in der exitus-Rubrik ausgespart worden sein (vgl. 41,2 mit Komm.). Dem Fehlen einer Notiz über Herkunft und Charakter liegt wohl ein Versäumnis des Autors zu Grunde. Denn beides wurde der konstantinischen Propaganda folgend reich in den Quellen reflektiert, vgl. bspw. Aur. Vict. 34,7; Eutr. 9,22,1; 10,1,2 f.; Paneg. 6(7). Im folgenden Kapitel fehlt ebenso die Charakterisierung des Severus, was Schlumberger, Epitome 191 der Quelle des Epitomators anlastet. Ein solches Versäumnis wäre aber auch diesem selbst zuzutrauen (eine negative Charakterisierung des Severus findet sich bei Origo Const. 9). Aurelius Maximianus In der Epitome sind schlechte Charaktereigenschaften Maximians zusammengefasst. Einige werden auch in

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anderen Quellen erwähnt (vgl. die Liste bei Festy, Abrégé 180 f. 1). Allerdings sind die Ähnlichkeiten nicht derart evident, dass eine direkte Verwandtschaft konstatiert werden kann. Nur Iul. imp. Caes. 315b f. führt eine ähnliche Serie von Merkmalen an: Zügellosigkeit, sexuelle Perversionen, Unaufrichtigkeit, Streitsucht. Schlumberger, Epitome 192, vermutet, dass dem Epitomator bereits eine zusammengefasste Charakterisierung vorlag, die verschiedene Tyrannen-Topoi vereinte. Laut Alföldi, EKG und Caesares 5 entstammt sie der EKG. Die Degradierung zum Tyrannen war aber wohl erst nach der Herrschaft des Constantius II. fest ausgebildet, da dieser sich durchaus auch durch den Hinweis auf die Herkunft von seinem kaiserlichen Großvater Maximian berufen hatte (vgl. Bleckmann, Kommentar zu KFHist B 3,275 und 281). Auffällig ist, dass der Epitomator den Charakter Maximians stark mit seiner bäuerlichen Herkunft erklärt, die in der Epitome nicht per se tyrannisch konnotiert ist (vgl. Epit. Caes. 40,15 mit Komm.). Auf die Herkunft geht er anschließend detaillierter ein: Pannonien als Geburtsort bestätigt der Panegyriker von 289 (Paneg. 10[2] 2,2). Zu den Angaben des Epitomators über den Palast Maximians und die Tätigkeit der Eltern finden sich keine Parallelen. Die Lokalisierung des Palastes scheint zutreffend (vgl. I. Popović, Sirmium [Semska Mitrovica] – Residenzstadt der Römischen Kaiser und Stätte der frühen Christen, in: Brandl / Vasić, Roms Erbe auf dem Balkan 12–32, hier 20). Bei dem Palast handelt es sich eher um einen privaten Rückzugsort des Kaisers, ähnlich demjenigen des Galerius in Gamzigrad. Die eigentliche Kaiserresidenz lag im Hauptort der Pannonia secunda, Sirmium (vgl. Bleckmann, Südosteuropa 436–9). (11) Er starb im Alter von sechzig Jahren Schlumberger, Epitome 192 (nach Seeck, Untergang I, 434 und Ensslin RE XIII, 2487) lehnt die Nachricht der Epitome als unplausibel ab, das Sondergut findet dennoch auch Akzeptanz in der Forschung (vgl. Festy, Abrégé 181; Kienast, Kaisertabelle 262; vgl. aber auch die Diskussion bei Kuhoff, Diokletian 31 mit Anm. 48). Nach der Epitome wäre Maximian im Jahr 250 geboren worden. zwanzig Jahre war er Imperator Neben der fehlerhaften Nachricht zu der Regierungsdauer Diokletians (39,1) kennt der Epitomator die propagandistisch gerundete und den Vicennalien entsprechende Zahl der Die epitomenahen Quellen: Aurelius Victor führt Wildheit (40,21) und Wollust (39,45) an. Eutrop bietet ebenfalls (tyrannische) Wildheit (9,27,1), Grausamkeit, Treulosigkeit und fehlende civilitas (10,3,2). 1

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Herrschaftsjahre Maximians. Aurelius Victor gibt korrekterweise an, Maximian habe ein Jahr weniger als Diokletian regiert (vgl. 39,48 mit Nickbakht, Komm. KFHist B 2,312). Maximian regierte von Dezember 286 bis zum 1. Mai 305 (vgl. Cons. Const. 286 mit Nickbakht, Komm. KFHist G 1,69; Kienast, Kaisertabelle 263). Womöglich lagen dem Epitomator zur jeweilen Regierungsdauer der beiden seniores Augusti verschiedene Quellen vor. (12) Mit Eutropia, einer Syrerin Die syrische Herkunft der Eutropia (PLRE 1,316 Nr. 1) kennt nur die Epitome. Festy, Abrégé 181, gibt zu bedenken, dass dies etwas über den früheren Aufenthaltsort Maximians aussagen könnte. Möglich wäre zudem, dass die Behauptung des Epitomators mit der Nachricht aus der Origo Constantini zusammenhängt (12: de cuius origine mater eius [scil. Maxentius] cum quaesitum esset, Syro quodam genitum esse confessa [zu Maxentius als Kuckuckskind, ohne explizite Erwähnung Syriens, s. Epit. Caes. 40,13]). Auch Julian (or. 1,6a) nennt in allgemeiner Form die östliche Herkunft Eutropias. Eventuell hat die Epitome die konstantinische Polemik über den syrischen Bastard Maxentius missverstanden bzw. stark verkürzt wiedergegeben, oder sie bietet eine authentische Nachricht über die Herkunft Eutropias, die dann unter Konstantin negativ verformt wurde. Eutropia kehrte um 325 als Pilgerin in ihre vermeintliche Heimatprovinz zurück, um einen Kirchenbau Konstantins zu inspizieren (vgl. Eus. vit. Const. 3,52). Diese Reise hing aber vermutlich weniger mit ihrer Herkunft zusammen, sondern markiert ihre Hinwendung zum Christentum, durch die es ihr gelang, ihren Platz in der konstantinischen Dynastie zu halten (vgl. N. Lenski, Empresses in the Holy Land: The Creation of a Christian Utopia in Late Antique Palestine, in: L. Ellis / F. L. Kidner [Hgg.], Travel, Communication and Geography in Late Antiquity, London 2004, 113–24, hier 116 f.). Zur Ehe zwischen Constantius I. und Theodora s. das Lemma zu Epit. Caes. 39,2. (13) Aber Maxentius, sagt man, war untergeschoben Der Epitomator distanziert sich von der um 312 entstandenen Propaganda, die Maxentius als Kuckuckskind diffamieren soll und die Vaterschaft von Maximian in Frage stellt (Paneg. 12[9] 4,3 f.; Origo Const. 12). Zunächst informiert der Epitomator über die dynastischen Familienverhältnisse (40,12) und berichtet von den Gerüchten (40,13), bevor er die Verwandtschaft des Maxentius zu Maximian und Galerius nochmals betont (40,14). arte muliebri – laborantis In der schwer verständlichen Satzstruktur liegt eine constructio ad sensum vor. Der Genitiv des Partizips bezieht sich

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auf muliebri, als würde dort mulieris stehen. Zu dem Phänomen, dass nach einem abgeleiteten Adjektiv der in dem Adjektiv enthaltene Nominalbegriff das Bezugswort für das Folgende bildet, vgl. Löfstedt, Syntactica 2,139–145 und H.-Sz. 439. Durch den dazwischengeschobenen Genitiv mariti wird die Konstruktion in Epit. Caes. 40,13 besonders hart. (14) Dieser Maxentius war niemals jemandem lieb Der konstantinischen Agenda entsprechend finden sich viele pejorative Charakterisierungen des Maxentius (vgl. die Liste bei Festy, Abrégé 181 f.). Der Epitomator zeigt sich in der Wiedergabe dieser Motive noch recht moderat, da er nicht weiter ausführt, warum Maxentius von seinem Vater Maximian und seinem Schwiegervater Galerius geringgeschätzt wurde. Laktanz, der zweite Autor, der das neben dem Epitomator behauptet, begründet es mit der fehlenden pietas des Maxentius gegenüber Vater und Schwiegervater, die sich darin geäußert habe, dass Maxentius sich weigerte, Maximian und Galerius fußfällig zu begrüßen. Diese Begründung könnte auch dem Epitomator vorgelegen haben. Womöglich ist die Notiz auch auf das Verhältnis zwischen den Tetrarchen und Maxentius insgesamt zu beziehen oder auf den Zwist zwischen Maxentius und Maximian (vgl. Lact. mort. pers. 28) bzw. darauf, dass Galerius erst Severus entsandte, um Maxentius zu entmachten und dann selbst gegen seinen Schwiegersohn zog, (vgl. Lact. mort. pers. 26,1–5. 27,2; Zos. 2,10,1–3). Maxentius hatte 293/294 die Tochter des Galerius, Valeria Maximilla, geheiratet (vgl. Kienast, Kaisertabelle 279). (15) Galerius aber war – einigermaßen lobenswert Das insgesamt positive Urteil des Epitomators widerspricht der christlichen Einschätzung. Insbesondere in Lact. mort. pers. 9,1–4 entsteht der Eindruck, als seien die Elemente des Epitome-Berichts ins Negative verkehrt worden. Sie gehen möglicherweise auf gemeinsame Vorlagen zurück, die Laktanz seiner Polemik angepasst hat, oder die Quelle der Epitome hat Laktanz entschärft. Die anderen Breviatoren sind Galerius gegenüber ähnlich wohlwollend, wobei sie nicht so detailliert auf seine Herkunft eingehen (vgl. Eutr. 10,2,1). Am ehesten findet sich diese noch bei Aurelius Victor (39,26), der die Abstammung aus dem Illyrikum allerdings auf alle Tetrarchen bezieht. Der Epitomator erläutert hier die Bedeutung des Beinamen Armentarius näher, vgl. dazu den Komm. zu 39,2. (16) Romuliana genannt nach dem Namen seiner Mutter Romulia Unter den erhaltenen Quellen hat die Epitome die präziseste Beschreibung des Geburtsorts und Grabs des Galerius. Den Namen der Mutter in einer

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leichten Variante (Romula) kennt auch Laktanz (mort. pers. 9,9). Dieser berichtet, dass Romula eine transdanubische Geflüchtete gewesen sei (vgl. mort. pers. 9,2 mit Syme, Emperors 225 f.). Den Namen Romulia (Romula) erhielt die Mutter des Galerius womöglich erst mit der Herrschaft ihres Sohnes. Die Angleichung an die Stadt Rom mag von der Senatsaristokratie als Ausdruck der Hybris empfunden und kritisiert worden sein (vgl. Castritius, Studien 40; Städele, Laktanz 114 Anm. 31; Epit. Caes. 40,17 mit Komm.). Die mittlerweile gut erschlossene Anlage von Gamzigrad (im östlichen Serbien, ca. 15 km von Zaječar) birgt nicht nur eine Palastanlage des Kaisers Galerius, sondern auch einen Konsekrationsbezirk mit zwei großen Tumuli, in denen der Kaiser und seine Mutter brandbestattet worden sein könnten. Dass Gamzigrad mit Romuliana zu identifizieren ist, bestätigt die auf dem Gelände gefundene Inschrift FELIX ROMULIANA (AE 1986, 425). Durch diese Inschrift konnte auch die zu bevorzugende Schreibweise der Epitome-Handschriften ermittelt werden (vgl. Festy, Abrégé 182; phil. App.). Zu Residenz und Anlage vgl. M. Vasić, Felix Romuliana (Gamzigrad) – Palast und Gedenkmonument des Kaisers Galerius, in: Brandl / Vasić, Roms Erbe auf dem Balkan 33–53 und Bleckmann, Südosteuropa 437–9. (17) compressam Zu comprimere im Sinne von de coitu vgl. ThLL s. v. comprimo Sp. 2157,70–2158,7. In seiner Unverschämtheit wagte er zu behaupten Der Epitomator wirft Galerius Hybris vor, da dieser die mythologische Abstammung Alexanders von Zeus (Plut. Alex. 3) auch für sich in Anspruch nahm. Die mythologische Genealogie, in der der Perserbezwinger Galerius dem Perserbezwinger Alexander angeglichen wird, entstand wahrscheinlich nach dem Sieg des Galerius über die Perser 297 (vgl. Cons. Const. 297; Festy, Abrégé 183; Kuhoff, Diokletian 122 Anm. 344). Ihr ist die Erzählung bei Lact. mort. pers. 9,9 gegenüberzustellen, in der Galerius, wie Romulus, von Mars gezeugt wurde. Schlumberger, Epitome 192 sieht die Notiz in der Epitome als bewusste Umformung, um sich von Laktanz abzugrenzen. Es wäre aber ebenso möglich, dass die Quelle der Epitome ein bekanntes Motiv aufgriff und Laktanz für Galerius auf eine Analogie zu Romulus verfiel und aufgrund des Namens der Mutter Romula und dem angeblichen Hirtendasein dem Kaiser eine Herkunft von Mars zuschrieb 1. Womöglich kursierten auch beide Herkunftslegenden zu Lebzeiten des Kaisers, um die Mutter gegenüber einem sonst unbekannten Vater hervor1

Romulus und Remus wachsen unter Hirten auf.

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zuheben (vgl. Kuhoff ebd.; zur fehlenden Genealogie der Vorgänger des konstantinischen Herrscherhauses jenseits des Mythischen vgl. auch Lib. or. 18,7 [239]; Hekster, Emperors and ancestors 277–315). Vermutlich ging es bei der angeblichen Vaterschaft des Mars oder des Zeus um zu verschiedenen Zeiten der Regierung des Galerius propagandistisch vorgebrachte mythische Konzepte, die den Kaiser überhöhen sollten. Menander [tract. 2,1,11 f.] empfiehlt eine göttliche Abstammung der Kaiser zu postulieren, wenn diese keine nennenswerte eigene Herkunft vorzuweisen haben; zu den Passagen bei Laktanz und der Epitome auch M. Casella, Galerio. Il tetrarca infine tollerante, Rom 2017, 17–21. (18) Daza Diese Namensform ist inschriftlich belegt, vgl. Festy, Abrégé 183 Anm. 23, allerdings nicht für den Kaiser. 1 Möglicherweise handelt es sich auch lediglich um eine orthographische Variante der mittelalterlichen Hss. für Daca; zur Verbreitung von z statt c in Italien vgl. Stotz 3,325. Galerius Maximinus – vor der Herrschaft mit wahrem Namen Daza genannt Zum Verwandtschaftsverhältnis zwischen Galerius und Maximinus, das der Epitomator schon zuvor erläutert hat, vgl. 40,1 mit Komm. Der Beiname Daza hängt möglicherweise mit dem Geburtsort des Galerius zusammen und könnte somit auf eine Herkunft aus Dakien hindeuten. Daher bevorzugt Kuhoff, Diokletian 314 Anm. 815 das ebenfalls überlieferte Daca, was sich jedoch laut Festy, Abrégé 183 nicht mit der besten Handschriftentradition der Epitome vereinbaren lässt. Dennoch könnte auch Daza sich auf Daca und die Herkunft der Familie aus der Dacia Ripensis beziehen (s. phil. Komm.). Kuhoff (ebd.) weist zurecht darauf hin, dass die mit seinem Namen in Verbindung gebrachte Inschrift (CIL VIII 10784) zu lückenhaft ist, um sie sicher auf den Kaiser zu beziehen. Der Name Daza an sich ist in Illyrien bezeugt (vgl. AE 1972, 196). Wie er sich zu dem bei Laktanz zu findenden Namen Daia verhält, ist nicht endgültig zu klären. Möglich wäre, dass Daia bei Laktanz von altgr. δάιοϲ (zerstörerisch, furchtbar, feindlich) hergeleitet ist und somit zum Bild des gegen das Christentum wütende Tier passt, das der Autor zeichnet. In die Epitome wäre der Name dann in entschärfter Form und an die Herkunft angepasst eingegangen, ähnlich wie bei Maximinus Thrax. war vier Jahre Caesar, danach drei Jahre Augustus im Orient Die Zeiten als Caesar und Augustus sind sehr präzise angegeben. Maximinus Informationen zu dieser Inschrift findet man in der Epigraphik-Datenbank Clauss / Slaby (http://tinyurl.com/ymf4vsb7). 1

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wurde am 1. Mai 305 Caesar, ließ sich 310 zum Augustus ausrufen und starb 313 (vgl. Kienast, Kaisertabelle 276). von Hirten abstammend und erzogen, aber ein Verehrer gerade der Weisesten Dass Maximinus Daia zuvor Hirte war, behauptet auch Laktanz (mort. pers. 19,6). Die Bemerkung über die Erziehung könnte darauf hindeuten, dass wenigstens der Quelle der Epitome auch die Angleichung an die Herkunft des Romulus bekannt war. Anders als in der christlichen Polemik 1 ist das Urteil des Epitomators über Maximinus äußerst positiv. Sogar die Trunksucht des Tetrarchen wird dadurch relativiert, dass auch der optimus princeps Trajan ihr verfallen war (13,4), der nach Aur. Vict. 13,10 auf die gleiche Weise mit den Auswirkungen seines Lasters umgeht, wie Maximinus in der Epitome (40,19) und Galerius in Origo. Const. 11. Dabei könnte es sich mit Schlumberger, Epitome 193 um eine „Wanderanekdote“ handeln, die in die Origo Constantini dennoch (fälschlich) von Maximinus auf Galerius umplatziert worden sei (so König, Origo Constantini 103). Der Topos der Trunksucht findet sich für Maximinus schon bei Euseb. h. e. 8,14,11. In der zeitgenössischen Propaganda war Maximinus naturgemäß positiv dargestellt: Die positive Darstellung der Epitome bzw. ihrer Vorlage verdankt sich aber einer Revision des Maximinusbilds in der Zeit Julians (vgl. B. Bleckmann, Art. Maximinus 1, DNP 7 [1999] 1071 f., hier 1072). Castritius, Studien 43–7, gibt zu bedenken, dass Julian selbst Maximinus in seinen Caesares noch nicht lobe. (20) Alexander war von der Herkunft Phryger, von ängstlichem Charakter Nachdem der Epitomator zuvor über weite Strecken eine erstaunliche Originalität in der Darstellung der mores bewiesen hat, bietet er in der Charakterisierung des Domitius Alexander eine genaue Parallele zu Zos. 2,12,3. Die Entsprechung erklärt sich aus der gemeinsamen Grundquelle (vgl. Festy, Abrégé 184). Schlumberger, Epitome 194 f. sieht den Grund für das Fehlen vorangehender diesbezüglicher Übereinstimmungen zwischen Zosimos und der Epitome im mangelnden Interesse des Zosimos oder seiner direkten Quelle, Eunap, an Charakterisierungen der Kaiser. Betrachtet man die wenigen, weder an Polemik, noch an Lob armen Fragmente Eunaps, ist aber wohl Zosimos selbst verantwortlich zu machen, der rhetorisierende Ausführungen Eunaps weggekürzt hat. Aurelius Victor (40,17) behauptet, Domitius stamme aus Pannonnien. Das könnte eine (mit den Klischees über illyrische Soldatenkaiser verbundene) 1

Vgl. Lact. mort. pers. 37 f.; Euseb. h. e. 8,14,8–18.

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Erfindung sein, um den schlechten Charakter des Usurpators zu unterstreichen (vgl. Nickbakht, Komm. KFHist B 2,323). Möglicherweise stammte Domitius Alexander aus dem Umfeld Maximians und begleitete diesen 298 nach Africa, wo er dann lange als Vicar verblieb (vgl. G. Malingue, The Coinage of Domitius Alexander [308–310], Bordeaux 2018, 20 f.). Für eine Herkunft aus Phrygien könnte ein ägyptischer Papyrus (P. Bingen 107) aus der Mitte des 3. Jh. sprechen, der einen Domitius Alexander 1 aus dem griechischsprachigen Raum kennt, der möglicherweise ein Verwandter des späteren Usurpators war. Auch in der Charakterisierung stimmen Zosimos und der Epitomator überein. Victor ist in seiner Kritik schärfer und stört sich an der bäuerischen und barbarischen Abstammung. Gemeinsam ist allen Quellen der Hinweis auf das rüstige Alter des Domitius. Das ist auch in seinen Münzporträts erkennbar (vgl. Malingue, 131–51). 41. (1) ging die Herrschaftsgewalt an Konstantin und Licinius Der Fokus des Kapitels liegt auf Konstantin und seiner Familie. Licinius ist untergeordnet. Trotz seiner biographischen Struktur enthält Kapitel 41 mehr chronologische Momente als das vorangehende und entspricht damit womöglich wieder mehr der Komposition der Vorlage (vgl. Schlumberger, Epitome 195). Die von Festy, Abrégé 184 vorgeschlagene Sinneinteilung 2 müsste m. E. trotz des Fokus auf Konstantin um die mores Licinii (8–10) ergänzt werden. (2) Konstantin, Sohn des Imperators Constantius und der Helena Constantius I. wurde schon in Epit. Caes 40,1 und 40,11 als Vater Konstantins erwähnt. Seine nun namentlich genannte Mutter war vermutlich schon um 270 mit Constantius I. verheiratet (Epit. Caes. 39,2) oder dessen Konkubine. Um 289 löste Constantius die Verbindung mit Helena, um Theodora zu heiraten (vgl. Kienast, Kaisertabelle 291). Die Bedeutung der Helena nahm mit dem Aufstieg Konstantins immer weiter zu (vgl. Epit. Caes. 41,12 mit Komm.). herrschte dreißig Jahre Der Epitomator rundet die Zahl der Herrschaftsjahre Konstantins ab (25. Juli 306–22. Mai 337). Das ist in zweierlei Hinsicht bemerkenswert: Zum einen vermerken die meisten Für diesen Hinweis danke ich Stephan Baum. „En préambule, l’E. revient sur les circonstances de la proclamation de Constantin (§2–3), qui n’avait été que mentionnée en 40,1. Sont développés ensuite: les rapports entre Constantin et Licinius (§4–10), le règne de Constantin après le rétablissem*nt de lʼunité (§ 11–17), et celui de ses fils jusqu’à la mort de Constant et ses suites immédiates (§18–25).” 1 2

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Quellen, dass Konstantin im 31. oder 32. Herrschaftsjahr starb (vgl. Aur. Vict. 41,16; Eutr. 10,8,2; Origo Const. 36; Hier. chron. 228,26–229,1). Zum anderen gibt der Epitomator in 41,16 eine recht ausführliche Charakterisierung der Herrschaft, die er dort 32 Jahre währen lässt (vgl. Komm. z. St.). Die Rundung könnte den Tricennalien Konstantins entsprechen. Zu den verschiedenen Angaben lag womöglich dennoch verschiedenes Quellenmaterial vor. vice obsidis Die Lesart des Landolfus findet ihre Parallele in der vulgärlateinischen Fassung (hic dum esset iuvenculus in Roma … in vice obsidis teneretur). Die Hss. B und I haben den Genitiv aus der ursprünglichen Konstruktion bewahrt. Auch die Konstruktion der Vorbildstelle Aur. Vict. 40,2 (nam is a Galerio religionis specie ad vicem obsidis tenebatur) spricht trotz der unsinnigen Lesarten der beiden Hss. OP (adducem bzw. ad ducem, von Schott zu ad vicem korrigiert, vor obsidis) für den Genitiv. Die Hss. ACGFHEZJ haben obses, das vermutlich nach dem Verlust von vice als Korrrektur aus obsidis entstanden ist. arripiens atque – interfecit Das Partizip steht mit dem finiten Verb auf der gleichen syntaktischen Ebene, ein im Spätlateinischen nicht seltenes Phänomen, vgl. H.-Sz. 389 und Galdi, Jordanes 275 f. Die Erscheinung könnte an dieser Stelle aus einem versehentlichen Anakoluth resultieren, bei dem der Verfasser nach arripiens mit interficiens fortfahren wollte, aber nach ad … egerat statt des Partizips interfecit et geschrieben hat. in Britannia situm Baehrens, Ad Sexti Aurelii 257 nahm Anstoß an situm und schlug die Änderung in cito vor. Diesen Vorschlag zog er später, Bericht über die Literatur 6 f. als „vielleicht verfehlt“ zurück, überzeugt durch die von Brakman, Notulae ad historicos Romanos, RIB 56 (1913) 84 angeführte Stelle Sidon. carm. 12,1–4 (quid me … inter crinigeras situm catervas ...). Ein letzter Zweifel lässt sich durch die sprachliche Parallele Tac. Agr. 30,2 (nobilissimi totius Britanniae eoque in ipsis penetralibus siti, s. auch Heubner, Kommentar zum Agricola des Tacitus, Göttingen 1984, 89) beseitigen. Der Salisburensis der vulgärlateinischen Fassung bietet als einzige Handschrift der direkten und indirekten Überlieferung die Lesart Britannia, allerdings ohne situm. Während er als junger Mann – das Leben seines Vaters Constantius zu Ende Die frappierende Ähnlichkeit im Bericht über die Flucht Konstantins, die die Epitome mit Aur. Vict. 40,2 aufweist, erklärt Schlumberger, Epitome 195 f. mit einer direkten Benutzung Victors, da die

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Anekdote nicht in der Hauptquelle des Epitomators zu finden gewesen sei. Festy, Abrégé 185 sieht wegen der ebenfalls auffälligen Nähe zu Zos. 2,8,2 Nicomachus Flavianus als Vorlage und gibt zu bedenken, dass dieser vielleicht auf Aurelius Victor zurückgriff und ihn ergänzt habe (vgl. auch Neri, Medius princeps 260–4). Barnes, Lost Kaisergeschichte 26 geht von einer Benutzung der EKG durch Victor und den Epitomator aus. Dass die EKG die Geschichte kannte, ist wegen deren weiten Verbreitung zwar denkbar, kann aber wegen der fehlenden Eutrop-Parallele nicht als gesichert gelten. Die Epitome unterscheidet sich sowohl von Victor als auch Zosimos in einigen Details: Der Machthunger Konstantins, den Victor nennt und Zosimos besonders polemisch darstellt, wird in der Epitome nicht erwähnt. Zudem verstümmelt Konstantin bei Zosimos die Pferde 1, während sie im Bericht Victors und des Epitomators getötet werden. Bei Lact. mort. pers. 24,6 wird offengelassen, was mit den Pferden geschieht. Laktanz beweist aber, dass die Legende schon in konstantinischer Zeit prominent war, zumal schon der Panegyriker von 310 (6[7] 7,5) von der Nutzung des cursus publicus durch Konstantin auf dem Weg zu Constantius I. berichtet. Die frühe Ausformung dieser Geschichte mag zu verschiedenen Versionen geführt haben, aus denen die Epitome vielleicht die singuläre Fehlinformation hat, Konstantin sei als Geisel in Rom gewesen. Dabei kann es sich um ein eigenes Missverständnis oder einen Irrtum der direkten Quelle handeln, die dann nicht mit Victor identisch wäre (vgl. Festy, 185). Das vermeintliche Geiseldasein fristete Konstantin (wenn überhaupt) im Osten des Reiches, wo er im Dienste Diokletians und des Galerius stand (vgl. Philost. 1,5a mit B. Bleckmann, Konstantin in der Kirchengeschichte Philostorgs, in: Millennium 1 (2004), Jahrbuch zu Kultur und Geschichte des ersten Jahrtausends n. Chr., 185–231, hier 196–9). Mit den moralischen Verpflichtungen könnte die Aufrechterhaltung des tetrarchischen Systems gemeint sein, das nicht vorsah, dass Konstantin sich über seinen Vater dynastisch legitimierte. Diesen fand Konstantin, wie von der Epitome in Übereinstimmung mit vielen anderen Quellen behauptet, kaum im Sterben liegend vor, vielmehr reisten Vater und Sohn gemeinsam von Gallien nach Britannien, um jenseits des Hadrianwalls gegen die Picten zu kämpfen. Constantius I. starb erst später in Eboracum (heute York), wo Konstantin auch zum Imperator ausgerufen wurde.

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Vgl. zur Verstümmelung auch Origo Const. 4 mit Neri, Medius princeps 10.

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(3) aber besonders des Crocus, eines Alamannenkönigs Zunächst gleicht die Epitome wörtlich Aur. Vict. 40,4 (quo mortuo cunctis, qui aderant, annitentibus imperium capit.), hat aber zusätzlich den Alamannen Crocus (PLRE 1,233), der ihr zufolge maßgeblich an Konstantins Erhebung beteiligt gewesen ist. Festy, Abrégé 186 vermutet wegen der sprachlichen Übereinstimmung, dass Nicomachus Flavianus Aurelius Victor benutzte und Crocus ergänzte und dass die Epitome wiederum Nicomachus benutzte. Möglich erscheint mir eher, dass die erzählende Quelle der Epitome ausführlicher über die Erhebung Konstantins und die Rolle des Crocus bei dieser berichtet hat, der Epitomator selbst Victor abschrieb und den alamannischen Fürsten ergänzte, um das Sondergut seiner anderen Quelle zu bewahren. Victor entspricht noch zu einem Teil der konstantinischen Propaganda, derzufolge Konstantin seine Kaiserwürde sowohl durch seinen Vater als auch durch den consensus des Heeres erhält (vgl. Paneg. 6(7) 7,3 und 8,2; Iul. imp. or. 1,7d 1; Origo Const. 4). Die Quelle der Epitome enthielt schon pejorative Tendenzen, denn die Thronbesteigung mit Hilfe eines Barbaren ist nicht positiv gemeint (vgl. Festy, Abrégé 186; B. Bleckmann, Sources for the History of Constantine, in: N. Lenski [Hg.], The Cambridge Companion to the Age of Constantine, Cambridge 2006, 14–31, hier 27). Diese negative Version könnte schon im Umfeld des Maxentius geformt worden sein, um gegen Konstantin Stellung zu nehmen, zumal sich dieser im Kampf gegen Maxentius der Hilfe von Germanen bediente (vgl. Zos. 2,15,1). In diesem Fall hätte die Quelle der Epitome oder der Epitomator selbst eine römischitalische Quelle genutzt. Auch julianische Propaganda könnte als Inspiration gedient haben, vgl. die Relativierung der Erfolge Konstantins bei Iul. imp. Caes. 329a. Nicht zwingend negativ sieht J. F. Drinkwater, Crocus, 'King of the Alamanni', Britannia 40 (2009) 185–96, hier 187 die Rolle des Crocus und verweist auf die Hilfe des Franken Arbogast bei der „final western pagan reaction against Christianity“, der Usurpation des Eugenius 392–394 (vgl. zu 48,7). Das könnte laut Drinkwater einen paganen Autor wie den Epitomator bewogen haben, die Hilfe durch Barbaren nicht zu verurteilen. Zudem hätten im Zeithorizont des Epitomators Franken und nicht Alamannen die Reichsgrenze bedroht, weshalb eher eine direkte Anspielung auf deren Unterstützung gegen Vgl. auch Zosimos (2,9,1), dessen Quelle Eunap das julianische Lob auf andere Weise entschärft hat, indem er als Begründung für die Caesarenwürde Konstantins lediglich sein Äußeres und die Erwartung der Soldaten auf Geschenke als Grund angibt. 1

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Maxentius zu erwarten gewesen wäre. Der Epitomator hat die Rolle des Crocus bei der Erhebung Konstantins aber wahrscheinlich nicht selbst erdacht und seine Quelle könnte sehr gut unter Gratian verfasst worden sein, der einen Sieg gegen die Alamannen errang (vgl. zu 47,2) und Theodosius für den Kampf gegen ,Barbaren‘ zum Kaier erhob (47,3). Das schlagendste Argument gegen eine positive Deutung ist m. E. aber, dass dieser Weg der Herrschaftsaneignung den senatorischen Idealen widerspricht, denen der Epitomator verpflichtet ist. Wenn auch nur durch die Epitome überliefert, wird Crocus als historische Persönlichkeit akzeptiert (vgl. zuletzt Meier, Völkerwanderung 339. 342). Es wurde vermutet, dass er mit dem in Greg. Tur. 1,32 erwähnten gleichnamigen alamannischen König unter Gallienus und Valerian verwandt war und dass der konstantinische Crocus eine ähnliche Familiengeschichte hatte wie der Franke Silvanus (vgl. Drinkwater, Alamanni and Rome 151–3). Drinkwater, Crocus bespricht verschiedene Voraussetzungen, durch die Crocus zu seiner Rolle bei der Erhebung gekommen sein könnte (Geisel, Prinz, General, Föderat, „war-lord“) und tendiert zur Alternative Warlord (194), der allerdings nicht zwingend alamannischer Herkunft gewesen sei. Bezüglich des Namens gibt er zu bedenken, dass er „Alamannic ,bogeyman‘ in general“ gewesen sei, den der Epitomator wiederverwendet habe (186). M. P. Speidel, Ancient Germanic Warriors. Warrior Styles from Trajan’s Column to Icelandic Sagas, New York 2004, 20–2 bietet eine andere Lösung für Namen und Status des Alamannenkönigs. Dessen Name sei im Altgermanischen Hroc (Chrocus), nhd. „Rock“, auszusprechen und vermutlich auf „Wolf-Frock“, d. h. Wolfsrock oder Fell, zurückzuführen. Damit könnte er zu den „wolf-warriors“ gehört haben, die sich zuvor schon in Trajans und später noch in Julians Dienst stellten. Die Elitetruppe war unter Constantius I. wohl eher „irregulär“. Alamannische Fürsten erlangten im Laufe des 4. Jh. immer mehr Bedeutung (vgl. B. Bleckmann, Die Germanen. Von Ariovist bis zu den Wikingern, München 2009, 201 f. und 210). (4) Er gab seine Schwester Constantia dem Licinius Flavia Iulia Constantia war eigentlich die Halbschwester Konstantins (ihre Mutter war Theodora), sie heiratete Valerius Licinianus Licinius Anfang 313 in Mailand (Kienast, Kaisertabelle 282). den er nach Mailand hatte kommen lassen Es wird nicht ganz deutlich, ob der Epitomator hier wie Zosimos (2,12,2) die Verfügungsgewalt Konstantins über Licinius andeutet. Beide könnten

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mittelbar auf die gleiche Vorlage zurückgehen, in 39,7 stellt der Epitomator die Kaiser allerdings noch als gleichrangig dar. mensum Der Genitiv des Maßes ist bei Altersangaben gebräuchlich, vgl. Löfstedt, Syntactica 1,150 f. Die Form mensum (auch mensuum) ist vielfach belegt, vgl. K.-H. 339. Da der Genitiv Plural von mensis in der Epitome sonst nicht vorkommt, lässt sich keine letztgültige Entscheidung hinsichtlich der vom Epitomator verwendeten Form treffen. er ernannte zu Caesares Auch bei den Erhebungen der Caesares schöpfen Zosimos (2,20,2) und die Epitome aus einer Quelle. Eine leicht abweichende Tradition bei Origo Const. 9 und Aur. Vict. 41,6 (vgl. Festy, Abrégé 186), wo im Gegensatz zur Epitome die vorangegangenen Konflikte zumindest angedeutet werden. Diese hatten sich 316 am neuen Caesar Bassianus (PLRE 1,150 Nr. 1.) entzündet, dem ein Attentat auf Konstantin misslungen war. Den Anstifter Senecio, den Bruder des Bassianus, lieferte Licinius nicht aus (Origo Const. 14 f.). Den darauffolgenden, für keine der Parteien gänzlich erfolgreichen Krieg bespricht der Epitomator erst im nächsten Absatz und vermengt ihn mit Details der finalen Auseinandersetzung zwischen Konstantin und Licinius 324. Die Caesarerhebungen wurden nach dem ersten Konflikt und nach der Hinrichtung des von Licinius ernannten Augustus Valens (Epit. Caes. 40,9) 317 als Kompromiss in Serdica vorgenommen. Der Status der Beziehung zwischen der Mutter des Crispus Minervina (PLRE 1,602 f.) und Konstantin ist unbekannt. Wegen der Aussage in Paneg. 6(7) 4,1 könnte sie Ehefrau Konstantins gewesen sein (so Festy, 187 f.). Es könnte sich auch um eine ähnlich inoffizielle Verbindung gehandelt haben wie die zwischen Constantius I. und Helena (vgl. Rosen, Konstantin 72). C. Flavius Iulius (Valerius) Crispus war bei seiner Erhebung ca. 16 Jahre alt (vgl. PLRE 1,233 Nr. 4; Kienast, Kaisertabelle 293). Problematisch ist die Angabe zur Geburt des ersten Sohnes mit Fausta Flavius Claudius Constantinus (Konstantin II.: PLRE 1,223 Nr. 3). Nach der Epitome und Zosimos wurde Konstantin II. 317 geboren, Constantius II. dann am am 8. August 318 (Epit. Caes. 42,17, vgl. Festy, Abrégé 186 f.; anders Kienast, Kaisertabelle 296. 300, der von den Jahren 316 bzw. 317 ausgeht, vgl. Eutr. 10,15,2. Beide Datierungen: 316/317 für Konstantin II.; 317/318 für Constantius II. sind möglich, vgl. die Diskussion bei den Boeft, Ammian XXI 234 f.). Der Wendung iisdem diebus in der Epitome darf nicht zu viel Bedeutung beigemessen werden. Die Angabe zu Valerius Licinianus Licinius (Iunior) – nach der Epitome und Zosimos im Sommer 315

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geboren – scheint zutreffend (vgl. PLRE 1,563 Nr. 2; Kienast, Kaisertabelle 284). (5) custodiunt Der Epitomator verwendet sowohl das historische als auch das generalisierende Präsens, s. phil. Komm. zu 18,2 obtruncatur mit Anm. Zur inhaltlichen Deutung s. nächstes Lemma. wie die Reichsteile schwer ihre Eintracht bewahren Aur. Vict. 41,2 und Eutr. 10,5 implizieren zwar ebenfalls, dass der Krieg unvermeidlich war (vgl. Schlumberger, Epitome 197), der Epitomator generalisiert hier m. E. aber bewusst. Er spiegelt damit die Verhältnisse seiner eigenen Zeit, in denen sich schon Spannungen zwischen dem östlichen Hof des Arcadius und dem westlichen des Honorius abzeichnen. Der Epitomator ermahnt vielleicht die aktuell herrschenden Kaiserbrüder zur Eintracht und spielt auf das Lob für deren Vater Theodosius an, der ihnen beide Teile in Frieden hinterlassen habe (48,19). Zuerst fiel Konstantin bei Cibalae – nachts in das Lager des Licinius ein Den Grund für die Auseinandersetzung bei Cibalae (heute Vinkovci), d. h. die Intrige um Bassianus (s. zu 41,4), verschweigt der Epitomator. Konstantin tritt als Aggressor auf. Hintergrund für diese Darstellung könnte der bei Eutr. 10,5,1 und Zos. 2,18,1 bezeugte Versuch Konstantins sein, Provinzen des Licinius trotz des zeitweiligen Friedens einzunehmen. Vielleicht ist die Information aber auch Teil eines Berichts, der den Ablauf der Schlacht bei Cibalae beschrieb. Die konfuse Chronologie der Epitome macht eine genaue Zuordnung schwierig. Dass der Angriff nachts stattfand, ergibt sich möglicherweise aus der Verkürzung des Berichts, der bei Zos. 2,18,4 und Origo Const. 16 erhalten ist. Bei diesen beginnt die Schlacht früh morgens und dauert bis zum späten Abend an, sodass Licinius und die Soldaten über Nacht fliehen. nahe beim Sumpf namens Hiulca Den Sumpf bei Cibalae nennt auch Zosimos und beschreibt ausführlich seine Ausmaße (2,18,2: ϲταδίων πέντε τὸ εὖροϲ ἔχουϲα: also fast einen Kilometer in östlicher Richtung). Die Epitome hat als Sondergut aber den Namen des Sumpfes Hiulca. Er ist wahrscheinlich mit den bei Cass. Dio 55,32,3 genannten Volcaeischen Sümpfen identisch (vgl. Syme, Emperors 227 f.; Festy, Abrégé 187). Licinius ergriff die Flucht und gelangte in Windeseile nach Byzanz Licinius floh nach der Schlacht bei Cibalae 316 nicht nach Byzanz, sondern zunächst nach Sirmium, zu Frau und Kind, von dort weiter über Serdica nach Thrakien, wo ein Teil seines Heeres bei Adrianopel gerüstet für die nächste Schlacht bereits auf ihn wartete. Dort wurde Valens zum

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Augustus erhoben (Epit. Caes. 40,2) und damit für den eventuell bald vakanten Posten Konstantins designiert. Das folgende Gefecht auf dem campus Ardiensis verlief jedoch für keine der Parteien gänzlich erfolgreich, woraufhin der bereits genannte dynastische Kompromiss beschlossen wurde. Licinius musste ferner fast die ganze Balkanhalbinsel aufgeben. Nach Byzanz floh Licinius erst nach der Schlacht im Sommer 324, ebenfalls bei Adrianopel, wo es Konstantin gelang, seinen Gegner beim Übertreten des Hebros zu täuschen. Auf der linken Seite des Flusses wurde Licinius von Konstantin in die Flucht geschlagen. In Byzanz kapitulierte Licinius noch nicht, und es fand eine weitere Schlacht bei Chrysopolis statt. Nach der vernichtenden Niederlage, die er dort hinnehmen musste, gelang Licinius abermals die Flucht, diesmal nach Nikomedia (vgl. Rosen, Konstantin 242–4), wo er kapitulierte. Die Epitome fasst die Schlacht von Chrysopolis und die Kämpfe im bithynischen Nikomedia unklar zusammen (41,7): Constantinus acie potior apud Bithyniam (nach Festy, Abrégé, 188 nur auf Chrysopolis zu beziehen, das aber zumindest verwaltungstechnisch nicht zu Bithynien gehörte). Dass der Epitomator den komplizierten Kriegsverlauf insgesamt derart chronologisch unrichtig darstellt, liegt womöglich wie im Bericht über die Tetrarchen an der Verkürzung und Umstrukturierung seiner erzählenden Quelle (vgl. Festy, Abrégé 188; Schlumberger, Epitome 198). Zu den Gemeinsamkeiten zwischen der Epitome und Zonar. 13,1,22 in Bezug auf den zweiten Krieg zwischen Konstantin und Licinius vgl. Bleckmann, Chronik 348 f. (6) Dort machte er Martinianus, den magister officiorum, zum Caesar Martinianus wurde 324 in Byzanz erhoben, allerdings nicht zum Caesar, sondern zum Augustus (RIC VII Nicomedia 45; Aur. Vict. 41,9; Kienast, Kaisertabelle 285; Clauss, magister officiorum 171). Den Irrtum teilt sich der Epitomator mit der Origo Constantini (25) und Zosimos (2,25,2), der die Verwandtschaft zur Epitome (über Eunap) offenbart, da bei Zosimos das Amt magister officiorum erklärend aus dem Lateinischen transkribiert erscheint (μάγιϲτρον τοῦτον ὀφφικίων καλοῦϲι Ῥωμαῖοι). (7) Dann zwang Konstantin – aushändigen zu lassen Hier unterscheiden sich Zosimos (2,28) und die Epitome wieder voneinander. Letztere lässt Konstantins Halbschwester und Frau des Licinius Constantia und nicht Licinius selbst das herrschaftliche Gewand überbringen. Deren entscheidende Rolle in dieser Situation, in der sie mehrfach versucht zwischen ihrem Bruder und Licinius zu vermitteln, beschreibt vor allem

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Zonaras (13,1,22 [entnommen aus der Leoquelle]). Der Epitomator hat eine gemeinsame Grundlage stark verkürzt (vgl. Bleckmann, Chronik 348 f.). Konstantin rang sich zur Garantie durch, das Leben seines Rivalen zu schonen, wurde aber eidbrüchig (vgl. Eutr. 10,6,1; Zos. 2,28,1–2; Origo Const. 28 f.). Auch der Epitomator berichtet über den Eidbruch, wenn auch nicht in der gleichen Deutlichkeit wie Zosimos. Dem Eidbruch fielen 325 Martinianus in Kappadokien und Licinius als Privatmann in Thessaloniki zum Opfer (vgl. Cons. Const. 325 mit Nickbakht, Komm. zu KFHist G 1,88 f.; Rosen, Konstantin 249). Die konstantinfreundliche Tradition begründet die Hinrichtung mit Erhebungsplänen bzw. konkreten Putschversuchen des Licinius (vgl. Origo Const. 29; Philost. 1,6e,18; Socr. 1,4,3 f.; Zonar. 13,1,26). (8) Licinius starb hier nach etwa vierzehn Jahren seiner Herrschaft Der angegebene Zeitraum ist zu kurz, Licinius herrschte von 308–324 (vgl. Kienast, Kaisertabelle 282). Festy, Abrégé 189 vermutet, dass der Epitomator bzw. seine Quelle vom Todesdatum seines Mitregenten Galerius an gerechnet hat, danach hätte Licinius von 311 bis 324 geherrscht. nahe dem sechzigsten Lebensjahr Einzig die Epitome überliefert das Alter des Licinius, über dessen Leben vor seiner Erhebung nur sehr wenig bekannt ist. Nach der Epitome wäre er um 265 geboren. Dem stimmt Kienast, Kaisertabelle 282 zu. Laktanz (mort. pers. 20,3) deutet jedoch an, dass Licinius Altersgenosse des Galerius war, und auch die wenigen anderen Quellen zu seiner Karriere vor 308 verorten Licinius im sozialen Umfeld des Galerius (vgl. Aur. Vict. 40,8; Eutr. 10,4,1; Zos. 2,11,1). Zudem behauptet Euseb (h. e. 10,8,13), der Kaiser sei im höchsten Alter gewesen (vgl. auch Iul. imp. Caes. 329a). Aus all diesen Punkten schließt König, Origo Constantini 92 f., dass Licinius um 250 geboren wurde und die Angabe der Epitome „mit Sicherheit falsch“ ist. avaritiae – infestus Zur Aneinanderreihung von Nominativen mit Ellipse der Kopula als typisches Stilmittel der Charakterisierung in der Epitome vgl. Einl., S. 122 f. war er von allen der Schlimmste Das vernichtende Urteil über Licinius hat seinen Ursprung in konstantinischer Propaganda (vgl. Origo Const. 22; Euseb. h. e. 10,11–13). Die Notiz über die Verachtung des Licinius gegenüber der Bildung und dem Recht fällt wegen der indirekten Rede auf, die dem Kaiser in den Mund gelegt wird1, und kann als Kontrast 1

Der Anon. post Dionem fr. 14,2 (FHG IV S. 199) lässt Licinius Homer zitieren.

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zur Charakterisierung Konstantins an anderer Stelle gewertet werden (41,14). Die Kontrastierung wird in 41,9 fortgeführt, allerdings zugunsten von Licinius, dessen schlechte Eigenschaften deutlicher hätten zur Sprache gebracht werden können (vgl. Bleckmann, Constantinus Tyrannus 345). Es scheint, als habe der Epitomator bzw. seine Quelle gängige Topoi zu Licinius verwendet und sie mit weiteren Gegensätzen zu Konstantin ergänzt, um ein ambivalentes Bild beider Kaiser zu schaffen. (9) plane Im Spätlateinischen kann die Partikel adversativ verwendet werden, vgl. H.-Sz. 493. altus Das Partizip Perfekt Passiv von alere wird nicht häufig verwendet, vgl. F. Bömer zu Ov. met. 4,660 und ThLL s. v. alo Sp. 1706,31–43. weil er in diesem Stand geboren und aufgezogen worden war Über die tatsächliche Herkunft des Licinius ist wenig bekannt. Dakien als Heimatregion bieten die Origo Constantini (13), Eutrop (10,4,1) und Sokrates (1,2,2), die ihn auch im Umfeld des Galerius verorten (vgl. Komm. zu Epit. Caes. 41,8). Schlumberger, Epitome 199 und Festy, Abrégé 189 sehen hierin einen Reflex der senatorischen Quelle der Epitome, die polemisch über einen Kaiser bäuerlicher Abstammung urteilte. Die Stelle lässt sich aber auch anders interpretieren: Es geht darum, der bäuerlichen Herkunft der Tetrarchen positive Aspekte abzugewinnen, wie etwa bei Aur. Vict. 39,26 durchscheint (his sane omnibus Illyricum patria fuit, qui, quamquam humanitatis parum, ruris tamen ac militiae miseriis imbuti satis optimi rei publicae fuere). Im Falle des Licinius führt seine Herkunft lobenswerterweise zu einer guten Regierungspraxis für die Landwirte und kontrastiert mit der luxuria Konstantins (41,14). ein sehr strenger Wächter über die Militärdisziplin entsprechend den Regeln der Vorfahren Die deutlich positiv formulierte Haltung des Licinius gegenüber dem Militär wird auch von Victor hervorgehoben und kann im Zusammenhang mit der Kritik von Zosimos (2,34) an den Militärrefomen Konstantins gesehen werden (vgl. Festy, Abrégé 190; Neri, Fonti 264 Anm. 55). Licinius erfüllt damit die Anforderungen, die seit dem Principat an die Kaiser als Feldherren gestellt werden (vgl. Suet. Aug. 24,1). (10) Unterdrücker aller Eunuchen und Höflinge Auch hier stellt der Epitomator Licinius den Kaisern der konstantinischen Dynastie scharf entgegen: Höflinge und Eunuchen prägten den Hof des Constantius II.

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(Epit. Caes. 42,19) sowie bereits Konstantins, aus dessen Regierungszeit die ersten Eunuchen in der Funktion des praepositus sacri cubiculi überliefert sind (vgl. H. Scholten, Der Eunuch in Kaisernähe, Frankfurt a. M. [u. a.] 1994, passim; Festy, Abrégé 190; Bleckmann, Constantinus Tyrannus 345 f. Anm. 10). Diese Art der aufwendigen Hofführung wird auch derjenigen Julians gegenübergestellt, der dafür gelobt wird, Eunuchen und Höflinge aus seinem Hofstaat entfernt zu haben (vgl. Amm. 22,4; Socr. 3,1; Zonar. 13,12,6; Hist. Aug. Alex. 66 f. 1, vgl. Festy [ebd.]; Neri, Fonti 264 Anm. 55). In der Gegenwart des Epitomators wirkte der Eunuch Eutropius am oströmischen Hof und gelangte zu enormer Machtfülle, was der Epitomator aus seiner tendenziös traditionellsenatorischen Perspektive verurteilt haben könnte. Damit lobt auch er das Vorgehen des Licinius. (11) Romani imperii Der in den Hss. EZJ überlieferte Ausdruck Romania wird zwar im Spätlatein häufig anstelle von imperium Romanum verwendet, vgl. Nickbakht zu Cons. Const. 261 (KFHist G 1,61), aber nirgends in der Epitome de Caesaribus. Es ist wahrscheinlicher, dass in den Hss. ACGFHBI imperii ausgefallen ist. sein bewundernswertes Kriegsglück Die Wiedervereinigung des Reiches nahmen einige Quellen als solche wahr (vgl. die Parallelen bei Festy, Abrégé 190). Besonders eindringlich wird in den prokonstantinischen Quellen das Glück betont, das dem Kaiser zur Alleinherrschaft verhalf, sowohl im paganen Sinne, als auch im christlichen, durch die Fügung des einen Gottes (bspw. Paneg. 12(9) 2,4 f.; 3,3; 4,1; 4,4; Euseb. vit. Const. 1,4; Origo Const. 24: at tamen disciplina militari et felicitate Constantinus…; Zonar. 13,1,29). Der Ausspruch des Epitomators ist in diesem Zusammenhang recht neutral. Im Einzelnen erscheinen allerdings die Glücksfälle, die zum Aufstieg Konstantins geführt haben, eher in einem ungünstigen Zwielicht: Zunächst der Unfall des Maxentius bei der Milvischen Brücke (40,7), dann die Erhebung unter dem Einverständnis aller, aber besonders des Barbarenkönigs Crocus (41,3). Vor diesem Hintergrund wird auch Konstantins wunderbares Kampfesglück relativiert. Auch Julian schmälert die Erfolge und den Aufstieg seines Onkels, indem er dessen große Widersacher Maxentius und Licinius als kampfesmüde bzw. altersschwach charakterisiert und dessen Erfolge gegen die Germanen als durch Tributzahlung erkauft Der Autor der Historia Augusta gab Severus Alexander teils Julians Züge (vgl. Hartke, Kinderkaiser 335; Bertrand-Dagenbach, Histoire Auguste XVI). 1

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darstellt (Iul. imp. Caes. 329a). Generell scheint für Julian der Erfolg eines Kaisers durch die τύχη bestimmt, sein Wert zeigt sich aber in Charakter und Verhalten (vgl. Iul. imp. Caes. 329d–330a; ep. 255d). Möglicherweise ließ sich die Quelle der Epitome von dem satirisch umgeformten Bild des glückseligen Konstantin inspirieren. Gleiches darf für die Historia Augusta vermutet werden, die den Kaiser selbst sagen lässt: imperatorem esse fortunae est (Hist. Aug. Hel. 34,4; vgl. Zinsli, Heliogabal 829–31). ließ er seinen Sohn Crispus töten – (12) Dann ließ er seine Ehefrau Fausta töten Die Rezeption der Geschichte der Verwandtenmorde von 326 zeichnet sich vor allem durch eine immer weiter fortschreitende Ausschmückung aus, die den jeweiligen Tendenzen der Autoren und Zeiten, teils unter Zuhilfenahme anderer Quellen, angepasst wird. Folgendes findet sich in den vor der Epitome verfassten Quellen: Euseb (vit. Const. 1,47,2) spricht nur allgemein von Familienmitgliedern, die eines versuchten Anschlags auf den Kaiser überführt worden seien. Aurelius Victor (41,11) berichtet vom Tod des Crispus, behauptet aber auch, dass er die Gründe dafür nicht kenne. Julian (Caes. 336a f.) erwähnt die Morde in allgemeiner Form und bietet zum ersten Mal die tendenziöse Erklärung, dass sich Konstantin für die Vergebung dafür dem Christentum zugewandt habe. Eutrop (10,6,3) weiß, dass sowohl Fausta als auch Crispus ermordet wurden, da Konstantin das Glück seiner Alleinherrschaft nicht habe ertragen können. Die Epitome ist die älteste erhaltene Quelle, die sowohl Faustas Todesart als auch Helenas Rolle bei der Sühne für den Tod ihres Enkels anführt. Die deutlichste Verwandtschaft zeigt die Epitome dabei mit den Ausführungen in Zos. 2,29,1–3 und mit Eunap (hist. fr. 9,3 [Blockley]). Auch in dieser Version setzt der charakterliche Verfall Konstantins mit der Erlangung der Alleinherrschaft ein. Zosimos beschreibt dann den Hergang fast parallel zur Epitome, aber in stärker ausgeschmückter Form. Die wenigen Divergenzen in den gemeinsamen Nachrichten fallen dabei auf. Zosimos stellt die Denunziation des Crispus durch Fausta nicht dar, sondern die Frau Konstantins wirkt insgesamt eher passiv. Wegen der Parallele des Zosimos mit der Epitome vermutet F. Paschoud, Fausta en nouvelle Phèdre. Étude d'un modèle interprétatif, in: Ders., Eunape, Olympiodore, Zosime. Scripta Minora, Bari 2006, 459–72 gleichwohl, dass die Quelle des Zosimos, Eunap, schon die bei Philostorg zu findende Analogie Faustas mit der mythologischen Phaidra bot, die den Stiefsohn des versuchten Ehebruchs bezichtigte und Konstantin in die Irre führte. Damit wäre eine Formung bereits im 4. Jh. möglich. Bleckmann,

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Komm. KFHist E 7,110–2 argumentiert, dass die Quelle der Epitome die Phädrageschichte nicht kannte und dass es dem Epitomator hier eher um die Darstellung innerdynastischer Konflikte ging, weshalb explizit ausgesagt wird, dass Crispus der Sohn einer Konkubine war (41,4). Konstantin reagierte blindwütig auf unbegründete Verleumdungen der Fausta gegen Crispus und heilte das Übel durch die ebenfalls unüberlegte, von der feindseligen Helena inspirierten Tötung der Fausta. Die Erzählung von der Verleumdung des Crispus durch Fausta könnte in einer gemeinsamen Quelle gestanden haben, von Zosimos aber übergangen, von Philostorg dagegen in Analogie zum Phädramythos weiter ausgebaut und zu einer Geschichte uminterpretiert worden sein, in der Konstantin in einem besseren Licht erschien (Bleckmann, 112). Die Epitome und Zosimos haben den Hinweis auf die charakterliche Unreife Konstantins gemeinsam, der nicht nur in grausamer Weise voreilig und unüberlegt Todesurteile fällt, sondern gegenüber am Hof von Frauen vorgebrachten Denunziationen hörig ist, obwohl er die Unart der falschen Anklagen in seinen ersten, guten Regierungsjahren lobenswerterweise noch streng verfolgte (41,14). Zosimos stellt dann – im deutlichen Kontrast zur Epitome – eine Verbindung der Verwandtenmorde zur christlichen Bekehrung Konstantins her, der für seine Sünden Vergebung erhalten möchte. Dieses Motiv bietet schon Julian. Es gelangte über Eunap, der reichlich direkt aus Julian schöpfte, in die Darstellung des Zosimos 1. Der Epitomator hat diese Erzählung noch nicht. Das christliche Bekenntnis Konstantins spielt bei ihm zumindest explizit keine Rolle, es geht darum, Konstantin als Tyrannen zu charakterisieren. Die Tötung der Fausta im heißen Bad entspricht dem taciteischen Bericht von der Ermordung Octavias (Tac. ann. 14,64,2), was auf eine mögliche Parallelisierung Konstantins und Neros in konstantinfeindlicheren Texten hindeuten könnte (vgl. Bleckmann, Komm. KFHist B 3,296 f.). Schließlich kennt Sidon. epist. 5,8,2 den Mord an Fausta ebenso und reflektiert ihn im Kontext heimlich aufgehängter Verse, die das Zeitalter Konstantins als neronisch bezeichnen (vgl. Komm. zu 41,14 mit Anm. 1). Auch spätere christliche Autoren griffen diese prominente Erzählung um die Verwandtenmorde

H. A. Pohlsander, Crispus: Brilliant Career and Tragic End, in: Historia: Zeitschrift für Alte Geschichte 33 (1984) 79–106, hier 101 f. überlegt, ob Zosimos selbst mit Julian vertraut war, vgl. auch J.-L. Desnier, Zosime II, 29 et la mort de Fausta, Bulletin de l’Association Guillaume Budé 3 (1987), 297–309, hier 307–9. 1

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auf, allerdings, um sie als Verleumdung zu enttarnen (Sozom. 1,5,1; Philostorg. 2,4; a; b). (13) Er war in der Tat über jedes Maß hinaus begierig nach Lob Konstantins Wunsch nach Lob kennen auch Aurelius Victor (40,15) und Eutrop (10,7,1). Der starke Fokus darauf und die ebenfalls in diffamierenden Kontext gesetzte Verwendung dieses Motivs für Hadrian (14,6) verstärken die Kritik (vgl. Festy, Abrégé 190). Der Epitomator verurteilt das übertriebene Verlangen nach gloria generell (s. Einleitung S. 93 f.). Der Ausspruch ist sicher mit den folgenden Ausführungen in Verbindung zu bringen, in denen Konstantin den Ruhm Trajans schmäht. Trajan pflegte er wegen der Inschriften … ein Mauerkraut zu nennen. Er errichtete eine Brücke über die Donau Den Ausspruch über Trajan kennt auch der Anonymus post Dionem fr. 15,2 (FHG IV S. 199; Exc. sent. Petr. Patr. 191 p. 271,4–8 Boissevain): „Konstantin wünschte, die Werke der früheren Herrscher zu verschleiern, und versuchte deren Tugenden durch irgendwelche Beinamen zu entwerten. So nannte er Octavianus Augustus ein Schmuckstück des Glücks, Trajan ein Mauerkraut, Hadrian eine Malerwerkstatt, Markus (Aurelius) eine Lachfigur, Severus [ 1“ (Übers. angelehnt an Bleckmann, Chronik 355). Bei dem Anonymus wird sehr viel deutlicher, dass es sich dabei nicht um eine berechtigte Kritik Konstantins am Verhalten seiner Vorgänger handelt, sondern um einen verleumderischen Witz über Kaiser, deren Qualitäten Konstantin nicht erreichen kann (vgl. Bleckmann, 355 f.). Die Epitome weiß ebenso vom Glück, das man Augustus zusprach (1,29) und lobt Hadrians Geschick in der Malerei (14,2; 45,5 f.). Der Spott über Mark Aurel lässt sich nicht ganz mit der sonst positiven Charakterisierung dieses Kaisers vereinbaren, Bleckmann, 155 vermutet dahinter eine Anspielung auf dessen Darstellung als gehörnter Ehemann. Der Witz könnte sich aber auch durch die Umkehrung der für den Epitomator lobenswerten Eigenschaft erklären, dass Mark Aurel sich weder durch Trauer, noch Freude zu Regungen verleiten ließe (16,7). Barnes, Epitome 1976, 267 nimmt Eunap als Quelle an. Wahrscheinlicher ist eine lateinische Quelle, die auch Amm. 27,3,5–7 kannte (der Ausspruch über Trajan stammt hier nicht von Konstantin, sondern einem eitlen ehemaligen Prätorianer1

ὅτι Κωνϲταντῖνοϲ τὰ τῶν πρότερον βεβαϲιλευκότων ἔργα καλύψαι θέλων, τούτων τὰϲ ἀρετὰϲ ἐπωνύμοιϲ τιϲὶν ἐκφαυλίζειν ἐϲπούδαζεν. τὸν μὲν γὰρ Ὀκταβιανὸν Αὔγουϲτον κόϲμον τύχηϲ ἐκάλει, τὸν δὲ Τραϊανὸν βοτάνην τοίχου, Ἀδριανὸν δὲ ἐργαλεῖον ζωγραφικόν, Μάρκον δὲ καταγέλαϲτον, Ϲευῆρον[.

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präfekten), wobei der Scherz an sich auch in allgemeiner Form verbreitet gewesen sein könnte (vgl. Bleckmann, Chronik 356; Rohrbacher, Lost Books of Ammianus 120; den Boeft, Ammian XXVII 57 mit weiterer Literatur). Entfernt erinnert die Selbstüberschätzung Konstantins in der Epitome auch an Iul. imp. Caes. 328d. Der Spott über Trajan ist hier in jedem Fall im Zusammenhang mit der Notiz über die Donaubrücke zu sehen, da hier eine Parallele zu dem früheren Kaiser besteht: Auch Trajan baute eine Brücke über die Donau (Cass. Dio 68,13; Aur. Vict. 13,4). Trajan nahm 102 den Titel Dacicus und Konstantin 336 den Titel Dacicus maximus an und schon 311 näherte sich Konstantin im Münzporträt dem optimus princeps an (vgl. Festy, 191; Strobel, Traian 53). Den konstantinischen Brückenbau kennt Aurelius Victor (41,18) ebenfalls, die Epitome muss hier aber nicht zwingend von ihm abhängen (vgl. Bleckmann, Konstantin und die Donaubarbaren 53 Anm. 94), denn auch Kedrenos (314,1 [Tartaglia]) weiß von der Brücke und zeigt auch noch im Weiteren Berührungspunkte zur Darstellung Konstantins in der Epitome (41,16). Das Verlangen nach Ruhm, der Spott über Trajan und die Notiz über die Brücke könnten in einer gemeinsamen Quelle in einem größeren Zusammenhang gestanden haben: Konstantin, der Trajan (und womöglich auch andere Kaiser) einerseits verspottet, andererseits aus Ruhmsucht aber imitiert (vgl. Neri, Medius Princeps 157– 61; Bleckmann, 52 f.; Festy, Abrégé 190 f.). Die 328 erbaute monumentale Brücke war eine Reaktion auf Konstantins Auseinandersetzungen mit transdanubischen Kriegergruppen. Nach einem Sieg seines Sohnes Konstantin II. 332 wurden die Goten zu einem foedus gezwungen (vgl. Meier, Völkerwanderung 133–6; Bleckmann, Konstantin und die Donaubarbaren; D. Tudor, Une cité daco-romaine et byzantine en Dacie, Bruxelles-Berchem 1965, 74–8). (14) exornans Wenn man mit Pichlmayr und Festy einen Punkt hinter diademate setzt, muss man annehmen, dass das Partizip Präsens Aktiv hier ohne Zusatz einer Form von esse anstelle einer finiten Verbform steht, vgl. H.-Sz. 389. Es ist aber auch möglich, mit einem Komma zu interpungieren, indem man den mit commodissimus tamen eingeleiteten Satz in einem adversativen gedanklichen Verhältnis zum Vorhergehenden sieht: Dem äußerlichen Schmuck werden die vernünftigen Verhaltensweisen gegenübergestellt. Das königliche Gewand schmückte er mit Edelsteinen und seinen Kopf ständig mit einem Diadem Der aufwendige Schmuck des

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herrschaftlichen Gewands sowie das permanente Tragen eines Diadems sind als Zeichen tyrannischer Herrschaft zu werten. Eine solche Assoziation erweckt auch Ablabius in dem ihm zugeschriebenen Verszitat bei Sidon. epist. 5,8,2 1 (PLRE 1,3 f. Nr. 4; s. Komm. zu 41,11). Die Verse werden allerdings im Zusammenhang mit den Verwandtenmorden wiedergegeben. Konstantins Hang zu luxuriösem Schmuck und Bekleidung wird schon bei Iul. imp. Caes. 336a kritisiert. Einer Erzählung über die Ursachen des römisch-persischen Kriegs von 363 zufolge soll Metrodorus für Konstantin bestimmte Edelsteine unterschlagen haben. Die Erzählung war auch Ammian bekannt und stammt womöglich aus der mit der Epitome verwandten Leoquelle (vgl. Amm. 25,4,23; Sym. Log. 88,4 [Wahlgren] mit Bleckmann, Chronik 358–62 und Ders. Constantinus Tyrannus 344. 349). Die gleiche Tradition behauptet auch, Konstantin sei der erste gewesen, der ein derart geschmücktes Diadem trug (Sym. Log. 88,5; Festy, Abrégé 191; Bleckmann, Späte historiographische Quellen 24), was die Epitome schon Aurelian unterstellte (35,5). Doch auch konstantinfreundliche Quellen deuten die Affinität des Kaisers zu Edelsteinen und Diademen an: Euseb (vit. Const. 4,7) berichtet, dass der Kaiser beides in Massen von Gesandtschaften geschenkt bekommen habe. Polemius Silvius (brev. 16) gibt als Erklärung für das ständige Tragen eines Diadems pragmatische Gründe an. Auch wenn es bei diesem wie eine Entschuldigung scheint 2, schwingt in der Erzählung doch auch ein Hinweis auf die Eitelkeit Konstantins mit (zur Stelle vgl. Bleckmann, Komm. KFHist B 6,237 f.). Während seiner Alleinherrschaft, die von der Epitome deutlich verurteilt wird (41,16), war das Diadem ein fester Bestandteil von Konstantins Herrschaftsrepräsentation, er nahm es vermutlich zu seinem 20-jährigen Regierungsjubiläum am 25. Juli 325 an und unterstrich damit den monarchischen Charakter seiner Herrschaft und sein späteres Projekt, gegen die Perser zu ziehen. Das Diadem darf also auch als Alexander-Imitation gewertet werden (vgl. generell zur Ausformung des Diadems bei Konstantin Kolb, Herrscherideologie 76–9). Er war jedoch in vielen Dingen sehr vernünftig Wie schon zu Licinius bietet der Epitomator auch zu Konstantin in taciteischer Manier ein ambivalentes und vermeintlich differenziertes Bild, indem neben den tyrannischen Zügen auch positive Qualitäten hervorgehoben werden.

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Saturni aurea saecla quis requirat? sunt haec gemmea, sed Neroniana. In Iul. imp. Caes. 335b macht Silen sich über die Haarpracht Konstantins lustig.

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sedare – meditari Laut Schlumberger, Epitome 200 Anm. 79 dient die Häufung von historischen Infinitiven hier als rhetorischer Schmuck. Zur Satzstruktur vgl. Einl., S. 138 f. Er unterdrückte falsche Anklagen Festy, Abrégé 192 erwägt, wegen der von Aurelius Victor (40,20) gelobten strengen Bestrafung der fiscales, dass auch die Epitome vor allem das Einschreiten gegen missbräuchliche Praktiken in der Finanzverwaltung (durch den advocatus fisci) meint, zumal ein solches Einschreiten häufig im Codex Theodosianus belegt ist (vgl. 10,15,1; 11,7,1; 8,10,1). Darauf spielt wohl das spätere Lob für Konstantins Engagement für die Provinzen an. Der Panegyriker von 313 (12[9] 4,4) rühmt wie die Epitome die Ahndung falscher Anklagen, die laut dem Codex Theodosianus tatsächlich mit drakonischen Strafen belegt waren (10,10,1–3). Um 313 beschlossen, könnten sie im Zusammenhang mit der Schonung und Beruhigung der stadtrömischen Eliten stehen, die nach dem Sturz des Maxentius mit Denunziationen rechnen mussten 1. Die Bestrafung falscher Anklagen dürfte die tendenziös senatorische Quelle und der Epitomator selbst positiv bewertet haben, zumal sie in die lobenswerten ersten 10 Jahre der konstantinischen Herrschaft fällt (Epit. Caes. 41,16). artes bonas Zu diesem Ausdruck vgl. Cic. de orat. 1,158 und ThLL s. v. ars Sp. 657,84–658,21 sowie s. v. bonus Sp. 2090,14–20. pflegte die edlen Künste Die Beschäftigung Konstantins mit den schönen Künsten wirkt wie ein Kontrast zu Licinius, wird aber auch bei Aur. Vict. 40,13 f. und Eutr. 10,7,2 (weniger deutlich) zur Sprache gebracht. Die Unterschiede machen eine direkte Abhängigkeit von diesen Quellen jedoch unwahrscheinlich (vgl. Schlumberger, Epitome 200). Euseb hebt die wissenschaftliche Betätigung des Kaisers hervor (Eus. vit. Const. 1,19,2; 4,29), wobei er einräumt, dass Konstantin des Griechischen nur bedingt mächtig gewesen sei (Eus. vit. Const. 4,32). Julian (contra Heraclium 227d–228a) und die Origo Constantini (2) stellen Konstantin als ungebildet dar. Konstantin selbst bemerkt, dem Bescheidenheitstopos verpflichtet, in seiner Rede an die Versammlung der Heiligen, dass diese Rede ein Wagnis für ihn darstellt (Const. o. c. s. 2,2). Die Bildung Konstantins war nicht mit der Julians zu vergleichen, dennoch dürfte er Vgl. J. N. Dillon, The Justice of Constantine. Law, Communication, and Control, Ann Arbor 2012, 29; Ch. Reitzenstein-Ronning, Performing Justice. The Penal Code of Constantine the Great, in: J. Wienand [Hg.], Contested Monarchy. Integrating the Roman Empire in the Fourth Century AD, New York 2015, 265–88, hier 274 f. 1

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mehr davon besessen haben, als ihm bisweilen zugestanden wurde, vgl. die Diskussion bei K. M. Girardet, Konstantin. Oratio ad sanctorum coetum. Rede an die Versammlung der Heiligen, Freiburg 2013, 72–7. Zum Bildungsideal des Epitomators vgl. Einleitung S. 91–4. (15) Dalmatio Diese Schreibweise findet sich in den literarischen Quellen, dagegen auf Inschriften und Münzen Delmatius, vgl. Festy Abrégé 193 Anm. 24, vgl. auch 41,18 Dalmatius und 41,20 Dalmatius. seine Kinder und Dalmatius, den Sohn seines Bruders, als Caesares bestätigt Die Söhne von Konstantin und Fausta waren Flavius Claudius Constantinus (Konstantin II., Caesar seit 1. März 317 [Kienast, Kaisertabelle 296]), Flavius Iulius Constantius (Constantius II., Caesar seit 8. November 324 [Kienast, 300]) und Flavius Constans (seit 25. Dezember 333 Caesar [Kienast, 298]; vgl. auch Zos. 2,35,1 ohne Dalmatius). Flavius Iulius Dalmatius (oder Delmatius) war der Sohn des Halbbruders Konstantins (von Theodora und Constantius I.). Dalmatius wurde am 18. September 335 zum Caesar erhoben (Kienast, 294). Möglicherweise deutete seine Erhebung als vierter Caesar schon die als Nachfolgeregelung geplante Aufteilung des Reiches unter die Söhne und den Neffen an (Festy, Abrégé 193; H. Chantraine, Die Nachfolgeordnung Constantins des Großen, Mainz/Stuttgart 1992). Marcos, Dalmatius 763 vermutet, dass das Datum der Erhebung des Dalmatius von Konstantin absichtlich gewählt wurde, da er an diesem Tag bei Chalkedon über Licinius gesiegt hatte, und das Datum darüberhinaus mit Trajans Geburtstag zusammenfiel, dem Konstantin nachzueifern versuchte (vgl. Komm. zu Epit. Caes. 41,13). starb er nach dreiundsechzig Lebensjahren, von denen er die Hälfte an der Macht war, wobei er dreizehn Jahre allein regierte Ähnlich umständlich drücken sich Euseb (vit. Const. 4,53,1) und Aurelius Victor (41,16) bei der Beschreibung der Lebensdaten Konstantins aus, ohne dass der Epitomator hier von jenen abzuhängen scheint. Das genaue Alter Konstantins bei seinem Tod ist umstritten. Er wurde am 27. Februar 272 oder 273 geboren, ab 324 herrschte er alleine und starb am 22. Mai 337 (vgl. Kienast, Kaisertabelle 286–8). an einer Krankheit Eine Krankheit als Todesursache für Konstantin ist außer in der Epitome vor allem in griechischen Texten zu finden (zeitgenössisch bspw. Euseb. vit. Const. 4,61,1). Wegen der Parallele zu Zos. 2,39,1 und der viel detaillierteren Leoquellen-Version des Zonaras hat der Epitomator vermutlich wieder auf die verlorene lateinische Quelle zurückgegriffen, die nicht die EKG sein kann (vgl. Zonar. 13,4,27; Sym.

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Log. 88,8 Wahlgren; Festy, Abrégé 193). Deren Zeugen nennen nämlich keine Todesursache, dafür aber Konstantins letzte Kampagne. Diese Kampagne könnte in der Quelle der Epitome durchaus auch dargestellt worden sein. Sie wurde aber vom Epitomator selbst nicht berücksichtigt, da er sich generell nicht für die auswärtigen Kriege Konstantins interessiert (vgl. EKG fr. 125 mit Komm. [KFHist B 1,212]). Konstantin brach zu einer Expedition gegen die Perser auf (Euseb. vit. Const. 4,56,1), auf dem Feldzug erkrankte er aber und reiste von Pylai (heute Yalova, Türkei) über Helenopolis in eine Villa bei Nicomedia, wo er verstarb (zum viel diskutierten Itinerar Konstantins vor seinem Tod und den Quellen dazu vgl. Bleckmann, Späte historiographische Quellen 28–30). (16) Er war eher ein Spötter als ein Schmeichler Nicht zwingend negativ konnotiert sieht Seeck, Untergang 1, 469 die Bezeichnung Konstantins als blandus. Sie ist aber im Kontext mit seinen Äußerungen über Trajan (41,13) und seinem Spitznamen zu sehen und daher sicher nicht lobend gemeint. Trachala Da in der Epitome de Caesaribus der Beiname Trachala für Konstantin als sprichwörtlich bezeichnet wird, sollten die lateinischen Entsprechungen berücksichtigt werden, vgl. A. Otto, Die Sprichwörter der Römer § 377 s. v. cervix. Dort wird Sen. contr. 3 praef. 16 (scholastici intueri me, quis essem, qui tam crassas cervices haberem) angeführt und mit: „der ich einen so dicken Nacken hätte, d. h. so unverschämt sei“ wiedergegeben. Vgl. auch Cic. Verr. 3,135 (qui tantis erunt cervicibus recuperatores qui audeant …), OLD s. v. cervix 2 f. und ThLL s. v. cervix Sp. 950,33–62. [B. C.] Der Spitzname Konstantins wurde in der Forschung breit diskutiert, allerdings oftmals ohne Würdigung der byzantinischen Parallele des mit der Leoquellen-Tradition verbundenen Kedrenos, der den Namen physisch durch die kräftige Hals- (τράχηλοϲ) und Schulterpartie des Kaisers erklärt (vgl. Cedr. 300,3 Tartaglia mit Bleckmann, Chronik 354 Anm. 49). Einen anderen Ansatz schlug schon Seeck, Untergang I 469 vor: „Das noch nicht genügend erklärte trachala ist wohl nichts anderes als die onomatopoetische Nachbildung eines kurzen heiseren Auflachens (vgl. καγχαλάω); denn mit τράχηλοϲ kann es schon deswegen nicht zusammenhängen, weil das Griechische, das man am Hofe Constantins sprach, gewiss nicht dorischer Dialekt war“ 1. Ebenso sieht A. Alföldi, Der Unterschied zwischen dem ionisch-attischen τράχηλοϲ und dem dorischen τράχαλοϲ scheint mir im Falle eines Spitznamens nicht so viel Gewicht zu haben. Am 1

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Constantinus ... proverbio vulgaria Trachala ... nominatus, in: Bonner Historia Augusta Colloquium 1970, Bonn 1972, 1–5 nicht den vermeintlich kräftigen Nacken Konstantins als Ursprung des Spitznamens, sondern eine lokale, maritime Tradition der „Küstensiedlung, Hadria“, sowie Ariminums, in der eine menschenköpfige Schnecke verehrt wurde (Alföldi, 3). Diese sei im Laufe der Zeit zu einem geflügelten Spottnamen geworden und meint, Konstantin sei „schleimig und schlüpfrig wie ein Schneckenkopf“ (vgl. Alföldi, Trachala 4, nach ihm auch Schlumberger, Epitome 200 Anm. 83 und Neri, Fonti 255). Rosen, Konstantin 378 bezieht Trachala auf τραχύϲ und übersetzt den Namen mit „Raubein“. Theoretisch ist auch diese Interpretation möglich. Sie lässt sich aber nur bedingt mit der sonstigen Charakterisierung Konstantins in Einklang bringen und steht der Parallele bei Kedrenos entgegen. Bleckmann, Chronik 354 Anm. 49 verbindet den Namen Trachala wieder mit dem Hals, der möglicherweise missverstanden wurde und in der Art des Constantius II. bei Amm. 16,10,10 als versteift dargestellt wird, bei Konstantin auch Hochmütigkeit implizieren könnte. Ch. Bruun, The Thick Neck of the Emperor Constantine, Historia 44 (1995) 468–80 führt die Assoziation zum Hals m. E. richtigerweise weiter und auf physiognomische Diagnosen zurück. Bruun, 474 bevorzugt dabei das Verb τραχηλιάω (den Hals stolz tragen) und untersucht die verschiedenen Bedeutungen eines dicken (negativ) oder kräftigen (positiv) Halses, die Bruun unter anderem auch aus der unter dem Namen des Aristoteles überlieferten Physiognomica entnimmt (Bruun, 476–8). Aus dieser ist Aristot. phgn. 807b besonders aufschlussreich, wo beschrieben wird, von welchem Schlag ein Mann mit dickem Hals sein soll: „Kennzeichen des Stumpfsinnigen: Nackenpartie und Beine fleischig, steif und straff; (…) nach oben gezogenen Schulterblättern; (…) ein dicker Hals; ein fleischiges und ziemlich langgezogenes Gesicht. Bewegungen, Haltung und Gesichtsausdruck nimmt er entsprechend den Ähnlichkeiten an. 1“ Hofe Konstantins wurde zudem Latein gesprochen, in der Stadt Byzanz, einer Kolonie Megaras, vielleicht auch noch dorisch. 1 Ἀναιϲθήτου ϲημεῖα τὰ περὶ τὸν αὐχένα καὶ τὰ ϲκέλη ϲαρκώδη καὶ ϲυμπεπλεγμένα καὶ ϲυνδεδεμένα, κοτύλη ϲτρογγύλη, ὠμοπλάται ἄνω ἀνεϲπαϲμέναι, μέτωπον μέγα περιφερὲϲ ϲαρκῶδεϲ, ὄμμα χλωρὸν κωφόν, κνῆμαι περὶ ϲφυρὸν παχεῖαι ϲαρκώδειϲ ϲτρογγύλαι, ϲιαγόνεϲ μεγάλαι ϲαρκώδειϲ, ὀϲφὺϲ ϲαρκώδηϲ, ϲκέλη μακρά, τράχηλοϲ παχύϲ, πρόϲωπον ϲαρκῶδεϲ, ὑπόμακρον ἱκανῶϲ. τὰϲ δὲ κινήϲειϲ καὶ τὸ ϲχῆμα καὶ τὸ ἦθοϲ τὸ ἐπὶ τοῦ προϲώπου ἐπιφαινόμενον κατὰ τὰϲ ὁμοιότηταϲ ἀναλαμβάνει.

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(Übersetzung Vogt). Möglicherweise dachte die Vorlage der Epitome an eine derartige Physiognomie: Der spottende, unsensible/stumpfsinnige (ἀναίϲθητοϲ) und deshalb dickhalsige Kaiser. Ob nun genau diese Zeilen zugrunde liegen, muss Spekulation bleiben, ganz auszuschließen ist es nicht: Gerade diese Stelle des Textes scheint noch recht authentischen aristotelischen Stoff zu enthalten. Das Ganze und ähnliche Werke wurden im Zeithorizont des Epitomators von einem Anonymus Latinus neu verarbeitet (vgl. Vogt, Physiognomica 195. 205–9). Ein gewisses Interesse an derartiger Literatur darf für das 4. Jh. also vorsichtig konstatiert werden. Auch jenseits des pseudoaristotelischen Textes könnten solche Klischees im Umlauf gewesen sein, beflügelt von den (gegen Alföldi, 1) teils durchaus kräftigeren Halsdarstellungen Konstantins (vgl. Bruun, 461). Dies würde auch die neutrale Erklärung des Christen Kedrenos verständlicher erscheinen lassen, dem der polemische Zusammenhang möglicherweise nicht mehr präsent war. [A. K.] pupillus ThLL s. v. pupillus Sp. 2663,34–36 führt diese Stelle als einzigen Beleg dafür an, dass das Wort für einen Verschwender („habitus prodigi“) verwendet wird. zehn Jahre vorzüglich, die folgenden zwölf einen Räuber, die letzten zehn ein Mündel Die Periodisierung der konstantinischen Herrschaft in der Epitome orientiert sich an den „Kaiserjubiläen von 315 und 326“ (Bleckmann, Reformer 27). Diese Dreiteilung kennt auch Euseb (vit. Const. 1,5,1), wenn auch mit einer anderen Bewertung, denn die Epitome konstatiert eine stetige Entwicklung zum Schlechteren. In dieser sieht Schlumberger, Epitome 200 eine Erweiterung der von Eutr. 10,7,1 gegebenen Zweiteilung. Eher ähnelt aber die absteigende Wertung der Herrschaftsphasen des Gallienus in Eutr. 9,8,1 derjenigen, die in der Epitome zu Konstantin zu finden ist (vgl. Bleckmann, Komm. KFHist B 3,239 und 297). Prägend für die guten Jahre war der Sieg gegen Barbaren und den Tyrannen Maxentius (vgl. Bleckmann, Reformer 28), wobei letzterer in der Epitome eher wie ein Unfall wirkt. Sicher hielt der Epitomator (und seine Quelle) dem Kaiser aber für diese erste gute Phase die unmittelbar an den Sieg über Maxentius anschließende Ahndung des Denunziantentums zugute. Die Jahre, in denen Konstantin ein „Räuber“ (latro) war, meinen den Kampf gegen Licinius (vgl. Zos. 2,32,1), in dessen legitimes Herrschaftsgebiet Konstantin einfiel. Ein Rest davon hat sich in der Aussage erhalten, dass Konstantin als erster bei Cibalae angegriffen habe (vgl. Epit. Caes. 40,5, anders Festy, Abrégé 194). Mit dem Begriff

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latro (vgl. dazu Opelt, Schimpfwörter 132 f. und 168; Grünewald, Räuber 24–6 1) belegt der Epitomator auch Konstantin II., der in das Gebiet seines Bruders einfiel (41,21, vgl. zu Räubern in der Epitome Einleitung S. 94 f.). Der pejorative Ausdruck steht außerdem im Zusammenhang mit dem in anderen Quellen erwähnten Machthunger Konstantins (vgl. Aur. Vict. 40,2; Eutr. 10,5; Bleckmann, Reformer 28 mit Anm. 3, gegen Neri, Medius Princeps 161–4, der noch vermeintliche Tempelplünderungen als weiteren Grund vermutet, vgl. auch Rosen, Konstantin 378). Die als dritter Punkt thematisierte Verschwendungssucht kommt in einigen Quellen zur Sprache 2. Wie in Aur. Vict. 41,20 wird zumeist kritisiert, dass der Kaiser Unwürdige beschenkte. Die Geschenke könnten finanzielle Lasten aus den Bürgerkriegen sowie die materiellen Vergünstigungen für die Eliten des neugegründeten Konstantinopels gewesen sein (vgl. Bleckmann, Constantinus Tyrannus 347). Diese Maßnahme missfiel den traditionsbewussten stadtrömischen Kreisen (vgl. Eutr. 10,8,1). Die evozierte kindliche Unmündigkeit erinnert an den Bericht zu Severus Alexander (24,4 f.; vgl. Rosen, Konstantin 382). Vielleicht handelt es sich um versteckte Kritik an der Einflussnahme durch christliche Berater. Dieses Motivs könnte sich auch Eunap. hist. fr. 48 bei seiner Beschreibung des Theodosius I. bedient haben. (17) in Byzantio Constantinopolim dicta Städtenamen auf die Frage „wo?“ werden in der Epitome sonst in der Regel mit dem bloßen Lokativ oder in Verbindung mit apud ausgedrückt, s. Komm. zu 37,4 Sirmii. Bei der von allen Hss. überlieferten Form Constantinopolim handelt es sich um einen zur Ortsangabe auf die Frage „wo?“ erstarrten Akkusativ, vgl. Galdi, Jordanes 117 f. und Becker zu Cons. Const. 359,2 (KFHist G 1,113). Die von den Hss. EZJ und von der vulgärlateinischen Fassung überlieferte Präposition in vor Byzantio ist gegenüber ex deshalb vorzuziehen, weil dicere zwar mit e für eine Neubenennung stehen kann, vgl. ThLL s. v. dico Nach Grünewald, 117–21 ist latrones bei Autoren des 4. Jh. vor allem ein Synonym für Usurpatoren (ohne die Passagen der Epitome zu Konstantin I. und II. zu beachten). Für Konstantin ist dies zumindest teils zutreffend, da er illegitim mit Hilfe von einem Barbaren an die Macht kam (41,3). Ob diese Episode hier gemeint ist, ist allerdings unwahrscheinlich, da der Epitomator sich deutlich auf eine Zeit bezieht, in der Konstantin die Herrschaft bereits innehatte. 2 Vgl. Iul. imp. Caes. 335b; Eutr., 10,7,2; Amm. 16,8,12; Origo Const. 30; Zonar. 13,4,29. Aur. Vict. 41,20 bemerkt, dass öffentliche Ämter unwürdigen Personen anvertraut worden seien; Anon. reb. bell. 2,1; Lib. or. 59; Festy, 194 und Hist. Aug. Hel. 19–33 mit Zinsli, Heliogabal 241. 1

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Sp. 977,42–45, aber der Präpositionalausdruck in diesen Fällen nicht den ursprünglichen Namen, sondern den Ursprung der Neubenennung angibt. Das Femininum dicta ist als constructio ad sensum zu erklären, vgl. Löfstedt, Syntactica 2,147 und Groß zu Eutr. 3,16,1 Tarentum (KFHist B 3,207). in Byzanz bestattet, das er Konstantinopel genannt hatte Konstantin wurde in der Apostelkirche in Konstantinopel beigesetzt. Die Umbenennung fand bereits im November 324 statt und die Gründungszeremonie am 11. Mai 330 (Vgl. Cons. Const. 330 mit Nickbakht, Komm. KFHist G 1,91 f.). (18) wurde Dalmatius von den Soldaten umgebracht Constantius II. wurde von seinem Vetter Julian für den Tod des Dalmatius und seiner anderen Familienangehörigen verantwortlich gemacht (vgl. Iul. ep. ad Ath. 270c f.) 1. Der Epitomator hat abweichend von dieser Tendenz eine entlastende Version, in der Dalmatius von der disziplinlosen Soldateska ermordet wird und Constantius II. diesen Mord trotz guten Willens nicht mehr verhindern konnte (vgl. Iul. imp. or. 1,17a; ep. ad Ath. 271b). Da der Epitomator zeitlich in großem Abstand und nicht mehr unter der konstantinischen Dynastie schreibt, ferner den Constantius II. auch unverhohlen für den Tod des Gallus verantwortlich macht (vgl. Epit. Caes. 42,9 mit Komm.), scheint es dem Autor nicht um die Schonung des Constantius II. zu gehen. Vielleicht hat der Epitomator seine Quelle nicht vollständig wiedergegeben, zumal die Verwandtenmorde des Constantius II. sich gut in das Bild fügen würden, das der Epitomator schon von Konstantin gezeichnet hat. Möglicherweise nahm die Quelle der Epitome auch Rücksicht auf Gratians Frau Constantia, die Tochter des Constantius II. Der Epitomator könnte auch lediglich um Objektivität bemüht sein wie zuvor schon in der Darstellung von Konstantin und Licinius oder später im Bericht über die Auseinandersetzung zwischen Julian und Constantius II. Neben Dalmatius starben im Sommer 337 in Konstantinopel dessen Vater Dalmatius, dessen Bruder Hannibalianus (s. zu Epit. Caes. 41,20) und Julius Constantius, der Vater Julians sowie einige namentlich nicht bekannte Verwandte des späteren Kaisers, außerdem der patricius Flavius Optatus und der praefectus praetorio Orientis Flavius Ablabius (vgl. Lib. or. 18,31 [249 f.]; PLRE 1,3 f. Nr. 4; 226 Nr. 7; Burgess, Summer of Vgl. auch Amm. 21,16,8; Zos. 2,40,2; zur EKG-Tradition um Eutr. 10,9,1 s. EKG fr. 126 [KFHist B 1], zur uneindeutigen Aussage bei Aur. Vict. 41,22 Nickbakht Komm. KFHist B 2,353 f. mit weiteren Belegstellen. 1

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Blood 10; Kienast, Kaisertabelle 294 f.; Chausson, Stemmata Aurea 106. 134–6). Somit wurde ein Großteil der männlichen Nachkommenschaft aus der Verbindung zwischen Constantius I. und Theodora ausgelöscht, eine Mittäterschaft des Constantius II. an den Morden scheint wahrscheinlich (vgl. Burgess, bes. 42; Maraval, Les Fils 24–34; Marcos, Dalmatius 765– 70; Moser, Emperor and Senator 151 f.; unsicher: Barceló, Constantius II. 47; zum Weiterbestehen der Dynastie: Chausson, 135 f.). (19) So ging die Herrschaft über die römische Welt auf drei Männer über Nach der Beseitigung des Dalmatius werden die verbliebenen Söhne Konstantins am 9. September 337 vermutlich in Sirmium zu Augusti erhoben (vgl. Cons. Const. 337,2 [KFHist G 1] mit Komm. zur Stelle; Burgess, Summer of Blood 42). Von dem Verwaltungsgebiet des Dalmatius (41,20) wurden Macedonia und Achaia dem Constans und Thrakien Constantius II. zugeschlagen, das Territorium des rex regum Hannibalianus (41,20) verwaltete ebenfalls Constantius II. (vgl. Zonar. 13,5,1–4 mit Bleckmann, Bürgerkrieg zwischen Constantin II. und Constans 230 f.). Der Epitomator führt die Augusti nach absteigendem Alter richtig auf (* 316 oder 317 Konstantin II.; *317 oder 318 Constantius II.; *320 oder 323 Constans, vgl. Kienast, Kaisertabelle 297–300; Komm. zu Epit. Caes. 41,4 mit Literatur; zur Caesarerhebung s. zu 41,15). Constantinum – filios Die für die Satzkonstruktion notwendigen Akkusativformen finden sich in den Hss. GFH und in der vulgärlateinischen Fassung (41,19 et sic ad tres imperium Romanum pervenit, Constantinum, Constantium et Constantem, filios Constantini). Baehrens, Bericht über die Literatur 7 f. hielt auf der Basis von Pichlmayrs Lesung („Constantino – Constantio – Constante filiis“ mit der Angabe „codd. praeter γ“ im textkritischen Apparat) die Akkusative unzutreffend für eine „gewaltsame Änderung“ Pichlmayrs und zog vorsichtig als „sehr kühn“ die Änderung von Constante in den Dativ Constanti in Betracht, womit ein sinngemäßer Anschluss an den Ausdruck ad tres … redacta dominatio est vorläge. Havet, Aurélius 139 hielt die in den meisten Hss. überlieferten Ablative Constatino, Constantio und Constante für ein Zeichen der Unechtheit dieser Partie, indem die Namen als Glosse zu liberis (41,15) in den Text eingedrungen seien, s. auch zu 41,20 hi singuli – circum socias. (20) hi singuli – circum socias Nach Havet, Aurélius 139 f. wurden die Paragraphen 19 und 20 nachträglich interpoliert. Ein Indiz dafür sei die Tatsache, dass der Herrschaftsbereich des Dalmatius nach seinem in § 18

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berichteten Tod erwähnt werde. Auch die Erwähnung des Hannibalianus sei unlogisch, da er weder zu den in § 15 genannten vier noch zu den in § 19 genannten drei Personen gehöre. Der Widerspruch ist aber kein Zeichen für die Unechtheit der Partie, sondern resultiert laut Bleckmann, Bürgerkrieg zwischen Constantin II. und Constans 232 daraus, dass der Autor der Epitome den Unterschied zwischen der Aufgabenverteilung unter den Caesares im Jahre 335 und der Aufteilung des Reichs nach dem Tode Konstantins nicht bemerkt habe. Grundsätzlich sind bei der Arbeitsweise des Epitomators und dem Umgang mit seinen Quellen solche Widersprüche nicht ungewöhnlich und sollten keine Grundlage für Eingriffe in den Text bilden. Laut ThLL s. v. circ*msocius Sp. 1166,55 ist das zusammengeschriebene Wort ein hapax legomenon, weswegen mit Festy, Abrégé 196 Anm. 31 die getrennte Schreibweise der Mehrzahl der Hss. zu bevorzugen ist. circum wird hier adverbial verwendet. jeweils die folgenden Teile Ebenfalls erst nach dem Bericht über den Tod Konstantins berichtet Zosimos (2,39,2): „Zunächst teilten sie nämlich die Provinzen, und zwar erloste Constantinus, der Älteste zusammen mit Constans, dem Jüngsten, sämtliche Länder jenseits der Alpen und außerdem noch Italien und Illyrien, ferner die Gebiete um den Pontos Euxenos und das unter Karthago stehende Africa. Constantius hingegen erhielt die Provinzen, welche Asien, den Osten sowie Ägypten umfassen. In Gemeinschaft mit ihnen regierten gewissermaßen Dalmatius, der von Constantinus zum Caesar erhoben worden war, sodann sein Bruder Constantius und Annibalianus. Sie trugen purpurfarbene, rings mit Gold besetzte Gewänder und hatten von Constantinus selbst – mit Rücksicht auf die nahe Verwandtschaft – die Würde von sogenannten nobilissimi erhalten.“ (Übersetzung nach O. Veh, vgl. zu der Stelle auch Paschoud, Zosime I 263 f.). Die Epitome ist um das Verwaltungsgebiet des Dalmatius und des Hannibalianus reicher (ab 335 rex regum für Armenien und das angrenzende Kaukasusgebiet, vgl. RIC Constantinopel 100), nennt aber nicht deren Titel nobilissimi, den Zosimos aus einer lateinischen Quelle transkribiert haben muss (νωβελιϲϲίμου). Festy, Abrégé 196 folgert hieraus und aus der Gemeinsamkeit von Epitome und Zosimos zu dem Herrschaftsgebiet „jenseits der Alpen“ (cuncta trans Alpes / τὰ ὑπὲρ τὰϲ Ἄλπειϲ ἅπαντα), dass ihnen (bei Zosimos über die Vermittlung durch Eunap) die gleiche lateinische Quelle zugrunde liegt. So ist die etwas unglückliche Platzierung vermutlich das Werk des Epitomators selbst,

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dessen fortlaufende Quelle ihm nach wie vor Schwierigkeiten bei der Komprimierung bereitete. Über die Aufteilung per se zeigt sich der Epitomator gut informiert (vgl. Marcos, Dalmatius 749). (21) entstand sogleich ein Streit zwischen Constantinus und Constans Konstantin II., dem nach dynastischen Prinzipien eine Vormachtstellung unter den Brüdern zugestanden hätte, wurde nach dem Tod seines Vaters 337 von seinen miteinander verbündeten Brüdern zu einer Aufteilung des Reiches gezwungen, mit der er von Anfang an unzufrieden gewesen sein muss. 340 nutzte Konstantin II. den Umstand, dass Constantius II. im Krieg gegen die Perser gefesselt war, um Reichsteile seines jüngsten Bruders Constans zu annektieren (vgl. Philostorg. 3,1a [KFHist E 7]; Zonar. 13,5,5–8 mit Bleckmann, Bürgerkrieg zwischen Constantin II. und Constans 244–50). Die Epitome übergeht die Hintergründe und erwähnt den Konflikt nur in einem kurzen Kommentar (so auch Zos. 2,41,1: „Nun brach zwischen Constantinus und Constans ein Streit über den Besitz des unter Karthago stehenden Africa sowie Italiens aus.“ 1 Übers. O. Veh). Im weiteren Bericht wird dennoch deutlich, dass Konstantin II. unrechtmäßig handelt. In der Betonung des Unrechts dürfte sich die Propaganda seiner Brüder nach dem Sieg des Constans niedergeschlagen haben (vgl. Lib. or. 59,13 [215]). Konstantin II. konnte wegen seiner Kontrolle über die Cottischen Alpen schnell nach Italien einfallen (vgl. Zonar. 13,5,3 mit Bleckmann, 247). Dass Zosimos und die Epitome damit auch Ambitionen Konstantins II. verbinden, einen Teil Afrikas zu kontrollieren, wertet Lewis, Constantine II 78 als anachronistisch, da die Gebiete zwischen 337 und 340 noch nicht unter einer Präfektur gestanden hätten. Die Nichterwähnung von Illyricum als Element der Großpräfektur Italia, Illyricum und Africa hängt eher mit der Versorgungsabhängigkeit Italiens von Africa zusammen und damit, dass Konstantin II. nicht bis nach Illyricum kam. unvorsichtig und schändlich betrunken wie ein Räuber Als Räuber bezeichnet der Epitomator auch Konstantin (41,16). Die pejorative Charakterisierung als „Räuber“ zielt auf Kaiser, deren Herrschaft mit unberechtigten Bürgerkriegen beginnt. Sie begegnet in der Epitome de Caesaribus auffälligerweise nur für christliche Kaiser (vgl. auch zu 41,16

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Κωνϲταντίνῳ δὲ καὶ Κώνϲταντι περὶ τῆϲ ὑπὸ Καρχηδόνα Λιβύηϲ καὶ Ἰταλίαϲ γενομένηϲ ἀμφιϲβητήϲεωϲ. Im weiteren Verlauf verwechselt Zosimos Konstantin II. und Constans, was die anfängliche Parallele zur Epitome de Caesaribus nicht schmälert.

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und 28,4), was eine Eigenheit des Epitomators oder seiner Quelle sein kann (vgl. Einleitung S. 94 f.; Komm. zu 41,16 und 28,4). Eutrop (10,9,2) bemerkt ebenfalls, dass Konstantin II. unbedacht die Schlacht eröffnete. Detaillierter beschreibt Zonaras (13,5,10–15), dass Konstantin II. durch ein simples Manöver getäuscht wurde (Bleckmann, Bürgerkrieg zwischen Constantin II und Constans 249). Die Trunkenheit, die der Epitomator weiter nennt, unterstreicht das unbedachte Handeln Konstantins II., so wie bspw. in 40,19 Maximinus Daia nach Weingenuss zu grausamen Befehlen neigt, oder sich Licinius bei Philost. 1,6e,1 (KFHist E 7) in betrunkenem Zustand selbst überschätzt. nicht weit von Aquileia in den Fluß mit Namen Alsa geworfen Sehr gut informiert zeigt sich der Epitomator hinsichtlich des Orts, an dem Konstantin II. den Tod fand und der von dem aus der Gegend stammenden Rufinus bestätigt wird (Rufin. hist. 10,16, vgl. auch Hier. chron. 235a). Constans traf erst ein, nachdem die Schlacht schon geschlagen war, womöglich bewegte seine drohende Ankunft den bis dahin an Truppenzahlen überlegenen Konstantin II. zu raschem, unbedachtem Vorgehen (vgl. Bleckmann, Bürgerkrieg zwischen Constantin II und Constans 248– 50). Festy, Abrégé 196 sieht hinter der präzisen Ortsangabe die EKG; Helm, Hieronymus und Eutrop 297 sieht in der Epitome die „Vermittlung“ zwischen Hieronymus und Eutrop. Die Epitome weiß im Gegensatz zu Hieronymus aber, dass es sich bei Alsa um einen Fluss handelt. So klar sind die Quellenverhältnisse im Hinblick auf die Umstände des Todes also nicht: Zonaras berichtet noch vom Sturz des Pferdes; Eutrop, dass die Generäle Konstantin II. töteten (auch bei Zonar. 13,5,9–14 besonders präsent), Rufinus etwas unspezifischer: … apud Alsam fluvium a militibus interfecto. So verdankt die Epitome ihren Bericht hier eher einer detaillierteren italischen Quelle (vgl. Komm. zu EKG fr. 126 [KFHist B 1,212 f.]; hist. Einleitung). Lewis, Constantine II 85 sieht in der Nachricht über den Tod in der Alsa eine Analogie zu anderen mali principes, die durch Stürze in Flüsse den Tod finden. Tatsächlich ist dies auch in der Epitome ein immer wiederkehrendes Motiv (23,6: Elagabals Leichnam wird in den Tiber geworfen; 24,1: der Usurpator Taurinus stürzt sich in den Euphrat [einmalig in der Überlieferung]; 40,7: Maxentius stürzt während der Schlacht bei der Milvischen Brücke in den Tiber). (22) qui – placuit Man würde erwarten, dass das Relativpronomen im Dativ steht. Wenn man nicht einen bereits aus dem Archetyp stammenden

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Fehler annehmen und quis oder quibus konji*zieren möchte 1, muss an dieser Stelle mit einem Anakoluth gerechnet werden. Bei diesem schwebte dem Epitomator zunächst eine persönliche Konstruktion vor (ähnlich der in der vulgärlateinischen Fassung qui ubi ad hoc faciendum diem statuissent, Marcellinus finxit …), die dann in die unpersönliche mit placuit überging. Als hingegen Constans – bildeten einige Soldaten eine Verschwörung zu seiner Ermordung In dem Bericht über das Komplott gegen Constans zeigt sich die Verwandtschaft zu den Byzantinern Zosimos (2,42,2 f.) und Zonaras (13,6), obwohl den einzelnen Autoren kleinere Ungenauigkeiten unterlaufen (vgl. Festy, Abrégé 197). Der Epitomator bleibt dabei in der Charakterisierung des Constans auffallend diplomatisch und bringt die Jagdausflüge nicht mit einer angeblichen Zuneigung zu Knaben und Barbaren in Verbindung (vgl. Aur. Vict. 41,24 mit Nickbakht, Komm. KFHist B 2,355; zum negativen Constansbild generell G. Woudhuysen, Uncovering Constans’ Image, in: Burgersdijk / Ross, Imagining Emperors 158–182, der vermutet, dass es von der Propaganda des Magnentius geprägt ist). Als die mutmaßlichen realen Mängel von Constans’ Regierung identifiziert Barceló, Constantius II. 92 die Finanzpolitik und den Ämterverkauf (so auch Epit. Caes. 41,24). Diese Defizite führten anscheinend dazu, dass Fl. Magnus Magnentius (PLRE 1,532) rasch als Herrscher anerkannt wurde (vgl. Barceló ebd.; Maraval, Les Fils 60 f.; D. Hunt, The Successors of Constantine, in: CAH XIII, Cambridge 1998, 1–43, hier 10). Im Gegensatz zu verwandten Quellen versäumt es der Epitomator Augustodunum (Autun), den Ort der Usurpation am 18. Januar 350, zu erwähnen (zum Datum Cons. Const. 350,1, zum Ort Hier. chron. 237c; Oros. hist. 7,29,8; Zos. 2,42,4; Zonar. 13,6,2). Zosimos weiß wie die Epitome von dem Mitverschwörer und comes rei privatae Marcellinus, der später in der Schlacht von Mursa ums Leben kam (vgl. Iul. imp. or. 2,57d; PLRE 1,546 Nr. 8; Clauss, magister officiorum 168; Maraval, Les Fils 109; Szidat, Usurpator tanti nominis 329 f.). Den anderen Intriganten, Chrestius, kennen wir nur aus der Epitome de Caesaribus (vgl. PLRE 1,202). (23) versuchte Constans nach Helena zu fliehen Nach der Usurpation des Magnentius flüchtete Constans ca. eine Woche lang (Drinkwater, Magnentius 135) von Autun nach Helena (heute Elne) in den Pyrenäen (Eutr. 10,9,4; Hier. chron. 237c; Zos. 2,42,5; Zonar. 13,6,15). Drinkwater, 1

Der Epitomator benutzt beide Formen, s. Komm. zu 39,7 ex quibus.

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135 f. schließt aus dem Umstand, dass Constans nicht in Richtung anderer Armeen bspw. nach Britannien oder gen Osten zu seinem Bruder floh, dass Magnentius den Kaiser in einem „cat-and-mouse game“ (S. 136) vor sich hertrieb. Wie den Initiator der Erhebung, Marcellinus, hat Zosimos (2,42,5) auch Gaiso, den Mörder des Constans, mit der Epitome gemeinsam. Ammian (15,5,16) nennt einen Franken Laniogaisus, der beim Tod des Constans zugegen gewesen sei (allerdings diesem wohl als Leibwächter beistand). Daher vermutet Ehling, Nepotianus 144 Anm. 19, dass Gaiso ein Germane war, was in der Umgebung des Magnentius plausibel erscheint: Julian (or. 1,34c f.) berichtet von Kelten und Galatern, die Magnentius noch als Feldherr des Constans um sich versammelt hatte, und dass Franken und Sachsen aus verwandtschaftlichen Gründen die enthusiastischsten Anhänger des Magnentius waren (vgl. zu Epit. Caes. 42,7 und Szidat, Usurpator tanti nominis 331). Gaiso war unter Magnentius magister equitum, bekleidete 351 mit ihm zusammen den Konsulat und starb wie Marcellinus womöglich in der Schlacht bei Mursa (vgl. PLRE 1,380; Demandt, Magister militum 563; Ehling, 145 Anm. 21). im dreizehnten Jahr seiner Herrschaft als Augustus Constans wurde kurz nach dem Treffen der drei Konstantinsöhne am 9. September 337 zum Augustus erhoben und starb kurz nach der Erhebung des Magnentius im Frühjahr 350 (Kienast, Kaisertabelle 298). Die Angabe der Epitome ist also gerundet. er war drei Jahre lang Caesar gewesen s. zu Epit. Caes. 41,15. im Alter von siebenundzwanzig Jahren Über das Geburtsjahr des Constans herrscht in der Forschung keine Einigkeit. Nach der Epitome wäre er 323 geboren, wie auch nach Johannes Malalas (13,16 [325 Dindorf]), der ebenfalls die gleiche Herrschaftsdauer wie die Epitome hat (die Jahre als Caesar mitgezählt), ansonsten aber stark abweicht. Zuverlässigere Nachricht scheint Eutrop (10,9,4) zu haben, der von 30 Jahren spricht (*320). Diese Angabe scheint von Zonaras (13,6,12) und einer Bemerkung des Panegyrikers von 321 (4[10] 36,1), die auf Constans anspielen könnte, bestätigt zu werden (vgl. auch Kienast, Kaisertabelle 298). Der Epitome folgen bspw. Barnes, New Empire 45, der ein Medaillon anführt, das Constans als sehr viel jünger darstellt als seine Brüder, sowie Barceló, Constantius II. 43 und die PLRE 1,326; dagegen Maraval, Les Fils 9 mit Verweis auf den Panegyriker und Marcos, Dalmatius 757 Anm. 43, der Eutrop als Zeitgenossen und einen Autor, der „more accurate with imperial chronology“ sei, der Epitome vorzieht.

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(24) schwach an Füßen und Händen aufgrund von Schmerzen in den Gelenken Auch Eutrop (10,9,3) weiß von der „schwachen Gesundheit“ (Übersetzung Bleckmann / Groß) des Constans, ohne aber weitere Details zu nennen. Ehling, Nepotianus 144 sieht in der körperlichen Versehrtheit des Kaisers einen Kontrast zum in Epit. Caes. 42,6 als besonders kräftig dargestellten Magnentius. Auch wenn dies möglich ist, scheint mir die Parallele zu Zonaras eine bessere Interpretation zu ermöglichen, denn die Epitome umschreibt mit ihren Worten die Gicht, die Zonaras explizit nennt (13,6,7: ἀρθρίτιδι). Gicht galt in der Antike als Krankheit, an der vor allem die gut situierte Gesellschaftsschicht litt, teils wurde dies von Literaten mit Spott und Schadenfreude bemerkt (vgl. K. W. Alt / U. Strerath-Bolz, Gicht, RGA 12 (1998) 141–151, hier 145). In der gemeinsamen Vorlage der Epitome und des Zonaras könnten die Ausschweifungen des Constans als Grund für die Krankheit ausgemacht worden sein. Ähnlich benennt Philostorg (11,2,5 [KFHist E 7]) auch die Wassersucht des Theodosius als Folge vom Lebenswandel des Kaisers. begünstigt durch die Milde des Klimas In der Überlieferung weiß nur die Epitome von den angeblich günstigen klimatischen Verhältnissen in der Herrschaft des Constans. In der Panegyrik des 3. und 4. Jh. ist die Verbindung von Herrschaft und günstigem Klima aber ein probates Mittel, um Kaiser wohlwollend zu charakterisieren (vgl. Paneg. 11(3) 9; 10(2) 12,4; 6(7) 9,2; 3(11) 10,1; 2(11) 4,3; Symm. or. 3,9; Men. Rhet. 2,1,38). Auch noch im Henotikon des Zenon wird das günstige Klima als Folge der göttlichen Begünstigung seiner religionspolitischen Entscheidungen angeführt (Cod. Vat. gr. 1431,75 [52,21–54,21], vgl. Evagr. h. e. 3,14). das Fehlen jeglicher Angst vor Barbaren Vermutlich spielt der Epitomator hier auf erfolgreiche Kampagnen des Constans an (RIC VIII Treveri 145; 148; 149: TRIVMFATOR GENTIVM BARBARARVM, vgl. auch RIC VIII Treveri 158–160). Ammian (27,8,4) deutet Aktionen des Constans in Britannien an und hebt darüber hinaus hervor, dass Constans die Alamannen in Schach hielt (30,7,5). Am besten dokumentiert sind aber dessen Erfolge nach 341 gegen Franken in Gallien, die wohl in deren deditio endeten (vgl. Hier. chron. 235b; Cons. Const. 341; Lib. or. 59,124– 132 [272–6]). Gallien war nach dem Sieg über Konstantin II. in den Verantwortlichkeitsbereich des Constans gefallen. Die Franken hatten die innerdynastischen Streitigkeiten zwischen den beiden Konstantinsöhnen für Plünderungen genutzt, die Constans 342 beendete. Trotz der erfolgreichen Feldzüge des Kaisers könnte in dieser Zeit die allmähliche

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Besiedlung römischer Gebiete durch fränkische Gruppen begonnen haben (unspezifisch auch Aur. Vict. 41,23; vgl. Cons. Const. 342 mit Nickbakht, Komm. [KFHist G 1,97], Meier, Völkerwanderung 345 f.; zu den verschiedenen Kampagnen Maraval, Les Fils 46–9). Die Bemerkung könnte in der Quelle des Epitomators auch einen kritischen Hintergrund gehabt haben. Denn Constans wird dafür gerügt, sich mit Barbaren umgeben zu haben, die ihn schließlich verrieten, vgl. bes. Amm. 15,5,15 f. In diesem Falle hinge die Darstellung seiner fehlenden Angst vor Barbaren nicht mit den günstigen Umständen seiner Regierung zusammen, sondern mit seiner Personalpolitik (s. das nächste hist. Lemma). Diese Interpretation würde allerdings voraussetzen, dass der Epitomator seine Quelle missverstanden oder unzureichend wiedergegeben hat. fierent Zum Konjunktiv Imperfekt anstelle des Konjunktivs Plusquamperfekt für den Irrealis der Vergangenheit s. Komm. zu 1,31 potiretur. die Statthalter der Provinzen nicht aufgrund von Geld … befördert hätte Eine ähnliche Regierungspraxis nennt der Epitomator auch für Valentinian, allerdings ohne die Korruption in expliziter Form zu nennen (Epit. Caes. 45,6; vgl. zu Mängeln der Regierung des Constans die Literatur im hist. Komm. zu 41,22). Bestechungsgelder bzw. Gebühren für bestimmte Ämter zu nehmen, war in der Spätantike auch unter den Kaisern gängige Praxis, was die senatorischen Geschichtsschreiber aus ihrer traditionell moralisierenden Perspektive verurteilten. Generell gab es eine Differenzierung zwischen Personen, die sich das Amt erarbeitet oder durch Zahlung erworben hatten (vgl. Cod. Theod. 6,18,1 mit W. Schuller, Grenzen des spätrömischen Staates: Staatspolizei und Korruption, ZPE 16 (1975) 1–21, hier 16). (25) Mursiam Die gleiche Schreibweise findet sich bei Aur. Vict. 33,2 (Mursiae). ergriff der magister militum Vetranio bei Mursa in Pannonien die Herrschaft Vetranio wurde am 1. März 350 zum Kaiser erhoben (Cons. Const. 350,2; vgl. Kienast, Kaisertabelle 307). Philostorg (3,22,2 f. [KFHist E 7]) rückt die Rolle der Constantina bei der Erhebung Vetranios stark in den Vordergrund (dazu Bleckmann, Constantina). Der Epitomator sowie die Breviarien, Zonaras (13,7,16) und Zosimos (2,43,1), der auch Mursa als Ort der Erhebung hat (auch Hier. chron. 237c), legen einen deutlicheren Fokus auf die Herkunft Vetranios aus dem Militär, was sich zur Bemerkung der Epitome über dessen Amt als magister militum fügt

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(magister peditum bei Aur. Vict. 41,26, dazu Demandt, Magister militum 562 f.; Kovács, A History of Pannonia 79). Möglicherweise benutzen Victor und der Epitomator die gleiche Quelle (vgl. Bleckmann, 44 mit Anm. 75.). Der Epitomator unterscheidet nicht mehr zwischen magister peditum und militum bzw. bringt kaiserähnliche Kompetenzen der Heermeister in seinem eigenen Zeithorizont mit dem damaligen Amt des magister militum in Verbindung. Die Consularia Constantinopolitana (350,2) lokalisieren die Usurpation Vetranios in Sirmium, der Nachricht gibt Nickbakht, Komm. KFHist G 1,100 gegen Maraval, Les Fils 89 den Vorzug. Womöglich eilte der Usurpator zu seiner Akklamation von Mursa aus nach Sirmium, dem Hauptort Pannoniens (vgl. Paschoud, Zosime I 268). simplicissimus Hier ist der Begriff – anders als in 13,8 (simpliciora ingenia) und 48,9 (simplicia ingenia) – negativ gefärbt. von sehr schlichtem, beinahe an Torheit grenzendem Gemüt Aurelius Victor (41,26) und Eutrop (10,10,2) weisen auf die mangelnde Bildung des Vetranio hin, sind aber in ihrem Urteil nicht so scharf wie die Epitome de Caesaribus und greifen dieses Thema aus unterschiedlichen Beweggründen auf (vgl. Nickbakht, Komm. KFHist B 2,356 f.; Bleckmann Komm. KFHist B 3,305). Die harsche Kritik des Epitomators könnte den Tenor einer Quelle wiedergeben, die wie Zos. 2,45,2 davon berichtete, dass Vetranio von Constantius II. übertölpelt worden sei. Julian (or. 1,30c) beschreibt, dass die Torheit Vetranios zu einem Bündnis mit Magnentius geführt habe. Eine solche Version könnte ebenfalls der Hintergrund für die Bemerkung der Epitome sein, die mit Julian auch in der offiziösen Nachricht übereinstimmt, dass Constantius II. Vetranio wegen seines hohen Alters verschont habe (vgl. Iul. imp. or. 2,77c). Zur Usurpation des Vetranio und dem gnädigen Verhalten des Constantius II. bei der Abdankung Vetranios am 25. Dezember 350 in Naissus vgl. Bleckmann, Constantina; Drinkwater, Magnentius 149–59; Szidat, Usurpator tanti nominis 68 f. Vetranio lebte noch sechs Jahre als Privatmann in Prusa in Bithynien (vgl. Zonar. 13,7,27). 42. (1) Constantius ernannte Gallus Constantius II. erhob den 325/26 geborenen Fl. Claudius Constantius Gallus am 15. März 351 zum Caesar (PLRE 1,224 f. Nr. 4; Cons. Const. 351,3) und verheiratete ihn mit seiner Schwester, der ältesten Tochter Konstantins I., Constantina (Kienast, Kaisertabelle 303 f.). Richtig gibt der Epitomator das Verwandtschaftsverhältnis des Constantius II. zu Gallus, dem Sohn des Halbbruders von

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Konstantin I., Julius Constantius, und den Namen Constantina wieder (wie Ammian „Constantina“ und nicht „Constantia“ wie Zos. 2,45,1 und Zonar. 13,8; vgl. Festy, Abrégé 199). Bleckmann, Constantina 33 Anm. 21 bemerkt, dass die Quelle der Epitome näher auf Constantina eingegangen sein könnte. Eine starke Verkürzung des Materials an dieser Stelle würde sowohl zur Fokussierung des Epitomators auf die Ereignisse im Westen um Magnentius passen als auch zu seinem generellen Desinteresse an einer Charakterisierung der Herrschaft des Gallus und seiner Person (vgl. den Komm. zu Epit. Caes. 42,9). Anders als die meisten Quellen verbindet der Epitomator die Erhebung des Gallus nicht direkt mit einer administrativen Zuständigkeit für den Osten (vgl. bspw. Eutr. 10,12,2, Amm. 21,13,11 und Zos. 2,45). Damit gibt der Epitomator die eigentlichen Intentionen des Constantius II. wieder, der den Caesar nach Bedarf einsetzen wollte. So hielt sich Gallus noch bis nach der Schlacht von Mursa im Umfeld des Augustus auf (vgl. dazu Bleckmann, Gallus, César de lʼOrient? 49 f.; ders., Constantina, Vetranio und Gallus Caesar 58 f.; ders., Komm. KFHist B 3,309). Ob der Epitomator tatsächlich die Vorstellungen des Constantius II. kannte oder die Fehlinterpretation der Ereignisse versehentlich korrigiert hat, lässt sich nur schwer beurteilen. Für Letzteres spricht, dass der Epitomator die Erhebung des Gallus fälschlich vor die des Decentius setzt (vgl. aber hist. Komm. zu 42,2). (2) consanguineum suum Zum abundanten Gebrauch des Possessivpronomens s. Komm. zu 3,4 sorores suas, 29,2 filium suum und 33,1 filii sui. Die Bezeichnung consanguineus wird in der Epitome de Caesaribus ausschließlich im Sinne von „Bruder“ verwendet, vgl. Epit. Caes. 41,20 (Hannibalianus, Dalmatii Caesaris consanguineus) und 45,4 (Valentem, consanguineum suum) sowie B. Bleckmann, Decentius, Bruder oder Cousin des Magnentius? GFA 2 (1999) 86. Magnentius machte seinen Bruder Decentius zum Caesar jenseits der Alpen Magnus Decentius wurde im Sommer 350 von seinem Bruder Magnentius zum Caesar gemacht, der ihm die Präfektur Gallien anvertraute. Zum einen propagierte der Usurpator damit offen seine Ansprüche, eine eigene Dynastie zu etablieren, zum anderen suchte er durch diese Maßnahme die gallischen Grenzen vor barbarischen Einfällen zu sichern, was nur bedingt gelang: Decentius erlitt eine schwere Niederlage durch den alamannischen König Chnodomar (s. zu Epit. Caes. 42,14). Die Erhebung des Gallus zum Caesar durch Constantius II. ist als Reaktion auf die Erhebung des Decentius zu sehen und sollte den eigenen

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dynastischen Anspruch des konstantinischen Hauses untermauern (vgl. Zonar. 13,8,2–4 mit Bleckmann, Gallus, César de l’Orient 46; ders. Schlacht von Mursa 89). (3) In diesen Tagen riss in Rom Nepotianus Die Consularia Constantinopolitana (350,3) datieren die Erhebung von Fl. Popilius Nepotianus (PLRE 1,624 Nr. 5) auf den 3. Juni 350, womit sie vor der Abdankung Vetranios und der Erhebung des Gallus zum Caesar liegt. Die scheinbar fehlerhafte Chronologie teilt sich die Epitome mit Aur. Vict. 42,6 und Eutr. 10,11,1 f. Der Ausdruck his diebus bestimmt in der Epitome allerdings nie einen genauen Zeitraum, zudem ist die Datierung des Eintrags in den Consularia Constantinopolitana umstritten, die Erhebung Nepotians kann auch im Winter 350/351 erfolgt sein (vgl. Nickbakht, Komm. zu Cons. Const. 350,3 [KFHist G 1,100 f.]; ders. Komm. zu Aur. Vict. [KFHist B 2,358 f. und 361]). Die Aussage „von schlechten Menschen ermuntert“ nimmt Nepotianus entweder aus der Verantwortung und könnte Überrest einer wohlwollenden Erzählung aus der Perspektive des konstantinischen Hauses sein, dem, wie die Epitome richtig feststellt, Nepotianus angehörte (zu seiner Herrschaftsrepräsentation vgl. Ehling, Nepotianus 148–51), oder stellt ihn als besonders willfährig dar (Aur. Vict. 42,7: cuius stolidum ingenium). Es könnte sich bei den „schlechten Menschen“ um die gladiatores handeln (vgl. Aur. Vict. 42,6 und Eutr. 10,11,2). Allerdings waren diese kaum Ratgeber. Bedenkt man die sonstige Kritik der Epitome an den Bürgerkriegen der konstantinischen Dynastie, könnte auch auf die Familie Konstantins selbst angespielt sein: Nepotians Mutter Eutropia (PLRE 1,316 Nr. 2) war Halbschwester von Konstantin I., aus der Ehe des Constantius I. und der Theodora. Nach einer Herrschaft von nur 27 (Aur. Vict. 42,8) oder 28 (Epit. Caes. u. Eutr. 10,11,2) Tagen wurde Nepotian vom bereits erwähnten (41,22) magister officiorum des Magnentius, Marcellinus, in Rom geschlagen (vgl. Zos. 2,43,4; Clauss, magister officiorum 168). Zusammen mit Nepotianus wurde auch seine Mutter hingerichtet (vgl. Athan. Apol. Const. 6,5). (4) Mursiam S. phil. Komm. zu 41,25 Mursiam. in quo – amplius Zur syntaktischen Einbindung der nachgestellten Parenthese paene numquam amplius vgl. H.-Sz. 110 (Zus. a). Demnach findet man zuweilen bei Quantitätsbegriffen wie amplius eine appositionelle Gliederung anstelle eines Ablativus comparationis oder quam, vgl. z. B. Liv. 28,2,11 (duo haud amplius milia peditum et equitatus

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omnis … effugerunt) und Tac. ann. 12,43,2 (quindecim dierum alimenta urbi non amplius superfuisse constitit). consumptae – pessumdata Die Wortstellung ist durch die Inversion von Subjekt und Prädikat im ersten Satzteil und die chiastische Stellung der beiden Partizipien recht kunstvoll. kämpfte Constantius siegreich bei Mursa gegen Magnentius – das Geschick des ganzen Reiches zugrunde gerichtet Am 28. September 351 schlugen Magnentius und Constantius II. bei Mursa an der Drau eine verlustreiche Schlacht (Zonar. 13,8,17: 54.000 Gefallene). Constantius II. ging zwar als Sieger aus dem Kampf hervor, dem Usurpator Magnentius gelang aber die Flucht. Bereits unmittelbar nach der Schlacht lag eine Fülle von Berichten und Deutungen vor. Die ausführlichsten Berichte finden sich bei Iul. imp. or. 1 und 3 sowie Zos. 2,45,3–53,1 (vgl. dazu generell Bleckmann, Schlacht von Mursa; M. Humphries, The Memory of Mursa: Usurpation, Civil War, and Contested Legitimacy Under the Sons of Constantine, in: Baker-Brian / Tougher, Sons of Constantine 157–84). Die Epitome de Caesaribus bewegt sich mit ihrer fatalistischen Bemerkung in einer Tradition gebildeter Literaten senatorischer Provenienz, die nach lukanischen Bürgerkriegskonzepten das Ereignis als schicksalhafte Zäsur auffassten. Es geht aber zu weit, aus diesen Berichten die These von einem irreversiblen Schaden für das Römische Reich abzuleiten, wie bspw. wegen des (hier der Epitome ähnlichen) Resümees bei Eutr. 10,12,1 bisweilen geschehen (vgl. zur Problematik die Analyse bei Bleckmann Komm. zu Eutr. [KFHist B 3,307 f.]; Bleckmann, Schlacht von Mursa 92–6). Der Epitomator selbst hat seinen Fokus neben der historischen Zäsur m. E. auch auf eine Gegenüberstellung von Constantius II. und Julian gelegt. Denn auch wenn er im Vergleich mit Ammian oder Eunap ein moderates Bild beider Kaiser zeichnet, zeigt sich seine Julianfreundlichkeit bzw. Constantiusfeindlichkeit deutlich in seinen Berichten zu den auswärtigen Siegen Julians und den Bürgerkriegen des Constantius II. (vgl. zu 42,12 f.; 42,18). Die Wechselfälle und Details des militärischen Verlaufs, die in der Grundquelle geschildert gewesen sein müssen, sind in der Epitome entfernt. Ein überlebendes Detail ist der Bericht zum Sieg des Magnentius bei Ticinum (vgl. nächstes Lemma). (5) sprengte er bei Ticinum ziemlich viele Feinde auseinander Der Sieg bei Ticinum (heute Pavia) ist nur durch die Epitome bekannt. Die Nachricht passt zu dem ausgewogenen Bild, das der Epitomator vom Krieg zwischen Constantius II. und Magnentius entwirft. Erneut zeichnet sich der

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Epitomator durch Sondergut zu Norditalien und speziell zu Ticinum aus (vgl. Epit. Caes. 35,2 mit Komm.; Einleitung S. 78 f.). Trotz der Singularität der Nachricht scheint sie plausibel. Der anbrechende Winter gab Magnentius die Gelegenheit, sich nach der Schlacht bei Mursa in Aquileia zu verschanzen (Iul. imp. or. 38b f.). Von dort versuchte er Truppen zusammenzuziehen (Zos. 2,53,1). Im Herbst 352 wurde Magnentius von Constantius II. wieder unter Druck gesetzt (Iul. imp. or. 1,39b f.) und hatte keinen Halt in der Bevölkerung, besonders wenig bei der stadtrömischen. Daher entschied er sich nach Gallien zu fliehen, wo er sich größere Unterstützung erhoffte (Zos. 2,53,2; vgl. auch Maraval, Les Fils 111). Auf dem Weg in Richtung auf die Alpen (womöglich am Padus, Ticinus oder der Via Postumia entlang) gelang es ihm, bei Ticinum eine Vorhut des Constantius II. aufzureiben, was ihm genügend Zeit verschaffte, um die Alpen zu überqueren (vgl. auch Maraval, 112, der noch einen Aufenthalt in Arles vermutet; Barceló, Constantius II. 100). Im Sommer 353 wurde Magnentius am Mons Seleucus von den Truppen des Constantius geschlagen und floh Richtung Lyon (vgl. Vössing, Magnentius 149–51; Szidat, Usurpator tanti nominis 289). (6) coangustatus – effundens In diesem Satz findet sich eine auffallende Anzahl von Partizipialkonstruktionen. Participia coniuncta und Ablativi absoluti sind abwechselnd asyndetisch aneinandergereiht: coangustatus, gladio … proviso, iuvans, transfosso latere, effundens. Zur Häufung von Partizipialkonstruktionen im Spätlateinischen vgl. H.-Sz. 384 und zum Auftreten dieser Erscheinung besonders in historischen Schriften, H.-Sz. 738. in Lyon eingeschlossen … durchbohrte er seine Seite mit einem heimlich beschafften Schwert Im Kontext des zuvor berichteten Siegs des Magnentius bei Ticinum verwundert die Bemerkung über seine nun missliche Lage. Zonaras (13,9,1–5) bietet einen Anhaltspunkt zur Interpretation der Stelle. Der Chronist berichtet, dass Magnentius in Gallien erneut unter Druck geraten war und fliehen musste, dabei wandten seine Soldaten sich gegen ihn, umstellten das Haus, in dem er sich aufhielt, und schlossen ihn ein, um ihn später dem Kaiser zu übergeben. Um diesem Schicksal zu entrinnen, richtet Magnentius sich selbst. Durch die Parallele mit der Erzählung des Zonaras erklärt sich auch, warum Magnentius an seinen Kerkermeistern ein Schwert vorbeischmuggeln muss. Wäre an dieser Stelle coangustare ungewöhnlicherweise im Sinne von „durch Constantius II. belagert“ oder „in die Ecke getrieben“ (Banchich:

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„cornered“) gemeint, hätte die Einfügung des Details keinen Grund. Philostorg (3,26,4 f.) und Zonaras variieren die Anekdote und berichten, dass Magnentius erweiterten Suizid an seinen anwesenden Familienmitgliedern begang, dem nach Zonar. 13,9,4 nur der sonst unbekannte andere Bruder des Magnentius mit Namen Desiderius entkam (vgl. Bleckmann, Schlacht von Mursa 98–101; Bleckmann, Komm. zu Philost. 3,26,5 [KFHist E 7,262]). vergoss er Blut aus der Wunde, der Nase und dem Mund Der Selbstmord des Magnentius wird nur von der Epitome de Caesaribus so plastisch ausgeschmückt. Julian (or. 1,40b) berichtet, dass Magnentius sich sein Schwert in die Brust stößt, näher an der Epitome ist aber Philost. 3,26,5: „und schließlich stellte er das Schwert unter sich auf und stürzte sich darauf, so dass es am Rücken durchdrang“ (Übers. Bleckmann / Stein [KFHist. E 7]). Philostorgios hat mit Julian gemeinsam, dass das Schwert in die Brust eindringt, mit der Epitome dagegen, dass der Usurpator seine Körpermasse nutzen muss, um vollständig von dem Schwert durchbohrt zu werden. Dabei scheint Magnentius das Schwert bei Philostorgios auf dem Boden aufgestellt zu haben, bevor er sich hineinwarf, in der Epitome stützt er sich mit dem Schwert gegen die Wand. Beides ist theoretisch denkbar. Der Blutaustritt in der Epitome könnte auf eine Verletzung der Lunge oder größerer Gefäße im Magen- und Speiseröhrenbereich hindeuten, ist vermutlich aber eher als Ausschmückung zu bewerten und soll abermals die gewaltige Körpermasse des Magnentius unterstreichen, bei der entsprechend auch massenweise Blut fließt. Neben seiner generellen Vorliebe für die Darstellung von Todesarten hat der Epitomator bereits in der Beschreibung des Todes des Philippus Arabs eine Affinität zu besonders drastischen Todesszenerien gezeigt (vgl. zu 28,2). quinquagesimo anno Der Ausdruck steht parallel zum vorangehenden mense … secundo. Zur Schreibweise von Zahlen in den Hss. s. Einl., S. 120. starb im zweiundvierzigsten Monat seiner Herrschaft, ungefähr im Alter von fünfzig Jahren Für Magnentius wird, was für Usurpatoren untypisch ist, eine Regierungsdauer angegeben. Festy, Abrégé 201 erklärt dies mit der möglichen Rehabilitation des Magnentius unter Valentinian I., der die Witwe des Usurpators, Iustina, ca. 370 heiratete. Die Herrschaftsdauer, die der Epitomator nennt, stimmt mit Zos. 2,54,1 überein. Für diesen Historiker sind konkrete chronologische Bemerkungen äußerst selten. Dessen Quelle Eunap hat hier, entgegen seines sonstigen Des-

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interesses für Chronologie (vgl. Eunap. hist. fr. 1), Daten aus einem gemeinsamen Bestand mit der Epitome übernommen. Diese gemeinsame Quelle ist gut unterrichtet, auch die Lebensdauer des Magnentius, die nur in der Epitome zu finden ist, scheint plausibel (vgl. Kienast, Kaisertabelle 305). (7) ortus – formidinem Zur typischen Aneinanderreihung von Nominativen und Genitivus qualitatis ohne eine Form von esse als Mittel der Charakterisierung s. Einl., S. 122 f. 42. (7) Er stammte von barbarischen Eltern ab, die in Gallien wohnten Drinkwater, Magnentius 138–45 bespricht die verschiedenen Quellen zur Herkunft des Magnentius, angefangen bei Julian (or. 1,33d; 34a und d; 42a f.; 2,56c f. und 95c) und Themistios (or. 3,43a; 6,80c) sowie Aurelius Victor (41,25), die ihn nur als Barbaren bezeichnen, über die Epitome und Zosimos (2,54,1), die seine Herkunft in Gallien verorten – Zosimos bezeichnet Magnentius außerdem als Laeten –, bis hin zu Zonaras (13,6,1), der behauptet, dass der Vater des Magnentius aus Britannien stammt. Hinzu kommt die bei J. Bidez, Amiens, ville natale de l’empereur Magnence, REA 27,4 (1925) 312–8, hier 314 entschlüsselte Notiz eines Scholiasten in der ältesten Handschrift (12./13. Jh.) der julianischen Panegyriken auf Constantius II., die zusätzlich zum britannischen Vater eine fränkische Mutter nennt. Eine fränkische Mutter würde zu den Bemerkungen Julians (or. 1,34d) passen, dass Franken und Sachsen wegen ihrer Verwandtschaft die eifrigsten Anhänger des Magnentius waren (Zur Herkunft auch Vössing, Magnentius 149). Drinkwater kommt zu dem Schluss, dass die meisten Berichte größtenteils auf der Propaganda der konstantinischen Dynastie basieren und warnt vor einem abschließenden Urteil. Die Gemeinsamkeiten zwischen der Epitome und Zosimos führt er auf eine gemeinsame Quelle zurück, der er zugesteht, im Gegensatz zu den Zeitgenossen des Constantius II. ein moderateres Bild des vermeintlichen Barbaren geschaffen zu haben, indem er diesen aus Gallien stammen lässt. Dazu passt besonders die Bildung, die der Epitomator Magnentius attestiert. Womöglich ist dies Überrest einer Quelle, die den Usurpator aus Rücksichtnahme auf dessen Witwe Iustina wohlwollend darstellte. Diese heiratete ca. 370 Valentinian I. und war Mutter von Valentinian II. sermonis acer Das Adjektiv acer ist hier mit dem sogenannten „Genitiv der Beziehung“ verbunden, vgl. H.-Sz. 79.

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(8) beendete Decentius sein Leben mit einer Schlinge Dass Decentius sich erhängte, belegen mehrere Quellen (bspw. Hier. chron. 238h; Socr. 2,32,9 [KFHist G 2 8,2]; Cons. Const. 353,2 und Zos. 2,54,2). Decentius nahm sich Mitte August 353, nach Hieronymus in Senona (heute Sens), das Leben (zum Datum Nickbakht, Komm. zu Cons. Const. 353 [KFHist G 1,107 f.]). (9) Zu dieser Zeit wurde der Caesar Gallus von Constantius getötet Im Gegensatz zum größten Teil der Überlieferung betont der Epitomator nicht den tyrannischen Charakter des Caesars (vgl. hierzu Bleckmann, Constantina 29–32). Sogar Julian (ep. ad Ath. 271d und 272b) gesteht in seiner Anklage an Constantius II. die Neigungen seines Bruders zur Grausamkeit ein. Der Epitomator scheint hier also entweder nur wenig Interesse an der Person des Gallus zu haben oder aber Constantius II. als besonders tyrannisch darstellen zu wollen. er herrschte vier Jahre Gallus war bei seinem Tod 354 laut Amm. 14,11,27 neunundzwanzig Jahre alt, also 325 oder 326 geboren, vgl. Kienast, Kaisertabelle 303. Die Dauer der vierjährigen Herrschaft wird von Ammian bestätigt. (10) Silvanus – (11) durch die römische Erziehung recht gebildet und ausdauernd Auch Ammian urteilt sehr wohlwollend über den magister peditum Silvanus (PLRE 1,840 f. Nr. 2), dessen Erhebung im August 355 in Köln sich bei Amm. 15,5 nur aus einer Verkettung unglücklicher Umstände ergibt, ausgelöst durch Intrigen am Hof des Constantius II. Nicht so ausgeschmückt und damit in seinem positiven Urteil der Epitome näher berichtet auch Zonaras (13,9,21–24) von dem Usurpator. Diese Tendenz könnte auf eine gemeinsame Quelle zurückgehen und der Sicht italischer Senatoren entsprechen, unter denen Silvanus einige Freunde hatte (vgl. B. Bleckmann, Silvanus und seine Anhänger in Italien. Zur Deutung zweier kampanischer Inschriften für den Usurpator Silvanus [CIL X 6945 und 6946], Athenaeum 88 [2000] 477–83 hier 480–3). Bonitus, der Vater des Silvanus, war Franke und hatte sich schon in den Kriegen Konstantins I. gegen Licinius verdient gemacht. Silvanus selbst brachte seine Karriere mit seinem raschen Übertritt zu Constantius II. im Kampf gegen Magnentius voran (vgl. Amm. 15,5,33). Noch mehr als im Falle des Magnentius relativiert auch bei Silvanus die römische Bildung sein Barbarentum. Silvanus wird als gezähmt und zivilisiert dargestellt, ist also das Gegenteil vom topisch illoyalen und wankelmütigen Barbaren (vgl. P. von Rummel, Habitus barbarus, Berlin

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2007, 67 f.). Ammian (15,6,1–3) berichtet, wie Silvanus bis kurz vor seiner aus der Not geborenen Erhebung sogar noch die Soldaten zur Treue gegenüber Constantius II. ermahnte. Die Angabe über die Herrschaftsdauer teilt die Epitome mit Hieronymus (chron. 239d) und Aurelius Victor (42,15), der die positive Bewertung der Epitome zwar ansonsten nicht teilt, aber doch bemerkt, dass Silvanus gezwungen wurde, die Herrschaft anzunehmen. Die Herrschaftsdauer fand sich entweder direkt in der verlorenen Quelle oder der Epitomator hat die Zahl aus Aurelius Victor hinzugefügt. (12) Constantius nahm sich Claudius Iulianus – im Rang eines Caesars hinzu Auch, wenn im Unterschied zu Amm. 15,8,1 f. die Gründe der Erhebung nicht genannt sind, zeigt sich der Epitomator hier gut unterrichtet. Er hat als einziger Historiograph den Namen Claudius überliefert, der sonst epigraphisch und numismatisch belegt ist (vollständig Fl. Claudius Iulianus). Wenn auch nur ungefähr, kennt der Epitomator auch das richtige Alter des jungen Caesars (vgl. Schlumberger, Epitome 208). Gallus war der Halbbruder Julians. Seine Mutter war Basilina, die des Gallus war Galla, ihr gemeinsamer Vater war Iulius Constantius. Julian wurde am 6. November 355 in Mailand von Constantius II. zum Caesar erhoben und mit dessen jüngster Schwester Helena verheiratet (vgl. Amm. 15,8,18; Cons. Const. 355; Kienast, Kaisertabelle 309). (13) Dieser vernichtete in der Ebene von Straßburg in Gallien mit wenigen Soldaten zahllose Truppen der Feinde Die langwierigen Kampagnen gegen Alamannen und Franken des Constantius II. übergeht der Epitomator. Die Aktionen des Caesars Julian sind auf dessen Sieg bei Argentoratum-Strasbourg reduziert (vgl. Heather, Gallic Wars of Julian 64–96; Rosen, Julian 125–8. 139–43. 145–51; Drinkwater, Alamanni and Rome 217–65). Die ausführlichste Erzählung zur Schlacht bei Straßburg bietet Ammian (16,12,1–66), der von ähnlichen Verhältnissen der Heeresstärken wie die Epitome ausgeht, dabei aber konkrete Zahlen nennt: 13.000 Soldaten auf Seiten des Caesars (16,12,2), 35.000 Bewaffnete auf Seiten der Alamannen (16,12,16). Ähnlich berichten auch die anderen projulianischen Quellen wie Libanios (or. 18,54 [260]: 30.000 Alamannen; 17,49 [257]) und Eutrop (10,14,1). Unglaubwürdig hoch sind die Verluste bei Zos. 3,3,3 mit 60.000 Gefallenen und ebenso vielen Barbaren, die auf ihrer Flucht im Rhein ertrinken. Vermutlich war die Anzahl der Kämpfer ausgeglichen (vgl. K. Rosen, Studien zur Darstellungskunst und

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Glaubwürdigkeit des Ammianus Marcellinus, Diss. Heidelberg 1968, 110– 4). (14) stabant – modo Die Wortwahl dieser Partie weist große Ähnlichkeit mit der entsprechenden Schilderung bei Ammianus Marcellinus auf (Amm. 16,12,53 pars … intactis ferro corporibus acervis superruentium obruti necabantur; 16,12,57 spumans denique cruore barbarico decolor alveus insueta stupebat augmenta und 16,12,63 inaestimabiles mortuorum acervi per undas fluminis ferebantur), ohne dass eine direkte Abhängigkeit angenommen werden darf, vgl. Schlumberger, Epitome 208 und Festy, Abrégé 204 Anm. 15. Auffallend ist in der Epitome de Caesaribus der parallele Satzbau mit Anfangsstellung des Prädikats, vgl. H.-Sz. 403. Die Haufen ragten empor wie Berge, das Blut floss in Strömen Der „fast dichterische Ausbruch“ des Epitomators unterstreicht das dramatische Bild der Schlacht von Straßburg und hat in der Parallelüberlieferung meist keine stilistische Entsprechung (Schlumberger, Epitome 208). Ähnlich aber Ammian, der von Haufen von Leichen berichtet, zunächst bei einem Sieg des Constantius über Alamannen (15,5,12) und dann in stärker ausgeschmückter Form auch in der Schlacht von Straßburg (16,12,50–4). Die Quelle der Epitome könnte vielleicht vom verlorenen Bericht Julians inspiriert worden sein (vgl. Festy, Abrégé 204). Der Epitomator betont den Kontrast zwischen Constantius II. und Julian: ersterer vernichtet fast die ganze römische Kraft im Bürgerkrieg, letzterer vernichtet mit geringen eigenen Truppen die auswärtigen Feinde in blutigen Schlachten. captus – possessionis Ein Vergleich mit Eutrop 10,14,1 f. (rex nobilissimus captus, Galliae restitutae … et finibus suis Romanum imperium restitutum) macht die Besonderheit der Wortstellung in der Epitome deutlich. Es liegt eine Inversion von Subjekt und Prädikat vor, bei der das Partizip Perfekt Passiv den Satzanfang einnimmt. der berühmte König Nodomarius wurde gefangen genommen; alle Adligen wurden vertrieben Zur Berühmtheit Chnodomars/Nodomarius (PLRE 1,202), der schon einen entscheidenden Sieg gegen den Caesar Decentius errungen hatte, s. auch Amm. 16,12,4 und Eutr. 10,14,1: rex nobilissimus. Nach dem Sieg über Decentius plünderten und eroberten die Alamannen weitläufig linksrheinische Gebiete. Julian sollte nach den Kampagnen, die Constantius II. selbst geführt hatte, den Eindringlingen Einhalt gebieten. Chnodomar hatte eine Koalition alamannischer Fürsten

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zusammengebracht, von denen Ammian (16,12,1) neben Chnodomar sechs weitere nennt: Vestralpus, Urius, Ursicinus, Serapion, Suomar und Hortar. Einige davon könnte der Epitomator mit den „vertriebenen Adligen“ gemeint haben. Urius, Ursicinus und Vestralpus baten den Caesar nach Strafexpeditionen, die dieser im Anschluss an die Schlacht bei Straßburg vorgenommen hatte, um Frieden. Chnodomar selbst wurde laut Ammian (16,12,58–60) mit 200 Gefolgsleuten und drei Freunden beim Fluchtversuch über den Rhein gefangen (vgl. Drinkwater, Alamanni and Rome 236 f. 239; Rosen, Julian 122–131. 145. 151; Heather, Gallic Wars of Julian 66–71). die Grenze des römischen Besitzes wurde wiederhergestellt Gemeint ist die Rheingrenze bzw. die Grenze der gallischen Provinzen, was Paneg. 3(11) 4,5 f. und Eutr. 10,14,1 auch spezifizieren. Die (auch) von Eutrop explizit gerühmte Wiederherstellung der Reichsgrenzen gehört zum idealisierten Bild Julians, der wiederhergestellt habe, was Constantius II. wegen seiner Bürgerkriege vernachlässigt hatte (vgl. Eutr. 10,14,2 mit Bleckmann, Komm. KFHist B 3,311 f.). als er etwas später mit den Alamannen kämpfte, nahm Julian deren mächtigsten König Vadomarius gefangen Vadomarius (PLRE 1,928) wurde erst 361 gefangen genommen, nachdem Julian bereits die Augustuswürde usurpiert hatte. Die gleiche chronologische Ungenauigkeit bietet Zosimos (3,4,1–3). Nach Ammian (21,3,4–6) war Vadomarius, der sich der Koalition Chnodomars nicht angeschlossen hatte, von Constantius II. damit beauftragt worden, seine Verträge mit den Römern zu brechen, um Julian in Gallien zu beschäftigen (vgl. auch Lib. or. 18,107 f. [281 f.]). Vadomarius kämpfte später in verschiedenen Kriegen für die Römer (vgl. Amm. 29,1,2). Sowohl die Betonung der Berühmtheit Chnodomars als auch der Macht des Vadomarius dienen dazu, Julians Erfolge hervorzuheben (vgl. zu Vadomarius auch Eunap. fr. 13). (15) Er wurde von den gallischen Soldaten zum Augustus erklärt Für den Epitomator ist die Erhebung Julians zum Augustus im Februar 360 in Paris eine logische Konsequenz von dessen Sieghaftigkeit und nicht illegitim. Die Epitome erwähnt nur die gallischen Soldaten und nicht wie Eutr. 10,15,1 den consensus militum. Damit ist sie näher an der historischen Realität, denn nur ein Bruchteil der gallischen Truppen kann direkt an der Kaisererhebung beteiligt gewesen sein (vgl. Bleckmann, Julian against Constantius 111 f.). Nach Amm. 16,12,64 wurde Julian gegen seinen Willen bereits zum ersten Mal nach dem Sieg bei Straßburg

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357 zum Augustus ausgerufen, ohne dass er den Titel annahm. Wie authentisch diese erste Ausrufung zum Augustus ist, lässt sich nicht feststellen. Ein Beweggrund der Soldaten könnte gewesen sein, dass ein Caesar nicht die Donative eines Augustus vergeben kann (vgl. Bleckmann, Julian against Constantius 99). Motiviert war die Erhebung von 360 aber vor allem dadurch, dass die gallisch-germanischen Truppen darüber aufgebracht waren, dass sie zu Constantius II. in den Osten abkommandiert wurden, um gegen die Perser zu kämpfen (vgl. Amm. 20,4–15). Mit dem Hinweis auf den gallischen Ursprung der Soldaten scheint der Autor der Epitome de Caesaribus implizit auf diesen Grund hinzudeuten, vgl. Eutr. 10,15,1. (16) Constantius drängte ihn durch Gesandtschaften Der Epitomator gibt die Korrespondenz aus den Verhandlungen mit Constantius II. verkürzt wieder. Ausgelassen wird, dass Julian als erster Briefe an Constantius II. richtete. Dies erklärt sich damit, dass der Epitomator eine Constantiusbiographie präsentieren möchte, auch wenn es zuletzt vor allem um die Herausforderer des Kaisers ging. Zudem wird durch die Auslassung der Initiative Julians dessen Unschuld am Schicksal seines Vetters insinuiert. Dass Julian den Anstoß zu Verhandlungen gab, stellen ausführlicher Zonaras (13,10,16 f.) und besonders Ammian (20,8,2–4) dar. Letzterer (20,8,5–17) gibt das ausführliche, an Constantius gerichtete Schreiben Julians wieder (Iul. imp. ep. 17b Bidez), dessen Inhalt sich mit der Aussage der Epitome und des Zonaras deckt (bes. Amm. 20,8,12). Zosimos (3,9,3 f.) behauptet, Julian selbst habe angeboten, den Purpur wieder abzulegen, damit sei Constantius aber nicht zufrieden gewesen, sondern habe ebenfalls verlangt, dass Julian der Caesarwürde entsagen solle. Eunap, die Quelle des Zosimos, hat die Ereignisse vermutlich im Sinne seiner Julianverehrung verformt. Die Verhandlungen zwischen Constantius II. und Julian scheiterten, letzterer wurde vom Oberkaiser zum hostis publicus erklärt (vgl. Bleckmann, Julian against Constantius 99). (17) Infolgedessen wurde Constantius von zunehmendem Schmerz überwältigt Hinsichtlich der Umstände des Todes des Constantius II. stimmt der Epitomator wieder mit dem ausführlicheren Bericht Ammians (21,13–15), aber insbesondere des Zonaras (13,11,11) und der Logothetenchronik (89,4 Wahlgren) überein. Die beiden letzteren berichten auch über die schwarze Galle, die Constantius II. wegen der stetigen Sorge erbrochen habe, das Fieber nennt aber Zonaras parallel zur

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Epitome und Ammian (21,15,2), der ausführlich von Träumen berichtet, die den Kaiser nachts gequält hätten (21,14,1 f.). Trotz der leichten Abweichungen und dem ausgeschmückten Bericht Ammians sind die Parallelen über die Symptome frappierend. In der Lokalisierung Mopsocrene am Fuße des Taurus (Itin. Anton. 145,5; Itin. Burdig. 579,2) finden alle drei Berichte erneut zusammen (vgl. Bleckmann, Reichskrise 367 f.). im vierundvierzigsten Lebensjahr im neununddreißigsten Jahr der Herrschaft, aber im vierundzwanzigsten als Augustus Amm. 21,15,3 bestätigt – aber der Text ist ergänzt – eventuell das Alter des Constantius II. (317–361). Eutrop (10,15,2) hat das fünfundvierzigste Lebensjahr. Ammian nennt mit dem 3. November 361 (8. November 324 zum Caesar erhoben) auch das genaue Datum seines Todes und richtigerweise ein Regierungsjahr weniger als der Epitomator (8. November 324 zum Caesar erhoben; vgl. Kienast, Kaisertabelle 300 f.). Dieser führt allerdings genau aus, mit wem Constantius regiert hat: vom 9. September 337 bis zum 10. August 353 mit seinen Brüdern und Magnentius; 353 bis 361 regiert er alleine bzw. mit den untergeordneten Caesares Gallus und Julian. Dabei scheint Julian während der Usurpationszeit nicht als Mitherrscher gezählt zu werden. Der Usurpator Magnentius erscheint hingegen als Mitherrscher. (18) felix – cupidus Die Syntax dieser Partie ist von chiastischen Strukturen bestimmt (felix … lacrimabilis, mirus … temperans, patiens … cupidus). Zur Aneinanderreihung von Nominativen mit Ellipse der Kopula als Mittel der Charakterisierung s. Einl., S. 122 f. Er hatte Glück im Bürgerkrieg, war bejammernswert bei auswärtigen Konflikten Dies bemerkt auch Ammian an mehreren Stellen (Amm. 14,10,16; 14,11,8; 16,10,1 f.; 21,1,2; 21,16,15) und Eutrop (10,15,2) in seiner Schlussbemerkung. So wird ein Kontrast zum auswärts siegreichen und angeblich in keinem Bürgerkrieg verstrickten Julian gezeichnet (bei Amm. 21,5,1 sieht Julian den Bürgerkrieg als letzten Ausweg und hadert damit: in Wirklichkeit war sein Vormarsch gegen Constantius II. eine Bürgerkriegsoperation). Die Epitome erwähnt den drohenden Bürgerkrieg gar nicht. Ammian (22,2,5) lobt, dass Julian die Herrschaft ohne Verluste für den Staat ergriff (was in Wirklichkeit nur durch den vorzeitigen Tod Constantius II. möglich war). Zu vermuten ist, dass es eine gemeinsame Quellengrundlage Ammians und der Epitome gab, die Constantius II. und Julian gegenüberstellte. Diese Vorlage wurde

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von Ammian wiederum mit einer weiteren Verschärfung der julianfreundlichen Perspektive überarbeitet. Eine weitere Parallele ist im Kontrast zu erkennen, den Libanios (or. 18, bes. 205–214 [325–30]) hinsichtlich des Misserfolgs des Constantius II. bzw. des angeblichen Erfolgs Julians im Kampf gegen die Perser erkennt. Auch Rufius Festus (28,1) betont Julians Glück in auswärtigen Kriegen. Constantius hat aber durchaus äußere Siege errungen, besonders gegen die Sarmaten an der Donaufront (vgl. Amm. 17,13; Aur. Vict. 42,21 mit Komm. Nickbakht [KFHist B 2,368]). kunstfertiger Bogenschütze, sehr enthaltsam im Essen, Trinken und Schlafen Die guten Eigenschaften des Constantius II. nennt in umgekehrter Reihenfolge auch Ammian (21,16,4 f.) in seiner abschließenden Aufzählung. Auch Aurelius Victor (42,23) ähnelt der Epitome, lobt aber die Redekunst des Kaisers; Libanios (or. 59,122 [270]) rühmt, dass Constantius II. sich keinen Ausschweifungen hingab, seine Zurückhaltung beim Essen sowie seine Schießkünste (vgl. auch Iul. imp. or. 1,10d–11c; Cedr. 316,1 [Tartaglia]: Zurückhaltung bei Speisen; Zonar. 13,11,31: Schreib- und Schießkunst). Bis auf die mangelnde Redekunst kennt der Epitomator (47,7 f.) diese Eigenschaften auch für Gratian (guter Bogenschütze, Zurückhaltung beim Essen, Trinken und Schlafen, Zügelung des sexuellen Verlangens; vgl. zu den Parallelquellen auch Festy, Abrégé 206–8). Die Quelle der Epitome de Caesaribus bot in ihrer Gesamtkomposition vermutlich eine ausgeglichenere Charakterisierung des Constantius II. als die Epitome selbst. Festy, 206 f. erklärt die Verschärfung des negativen Bilds des Constantius II. mit dem Tod der letzten Angehörigen der konstantinischen Dynastie, der Tochter des Constantius II. und Ehefrau Gratians, Constantia, im Jahre 383. Auch wenn dieser Umstand vielleicht eine Negativdarstellung begünstigt haben könnte, ist die Epitome m. E. wohl auch von der Julianverehrung der heidnischen Senatoren der 390er Jahre geprägt, die sich historiographisch besonders bei Ammian und Zosimos/Eunap niederschlägt und die dann auch zu einer kritischeren Darstellung der Antagonisten Constantius II. und Konstantin führt (vgl. B. Bleckmann, Fragmente heidnischer Historiographie zum Wirken Julians, in: A. Goltz [Hg.], Jenseits der Grenzen: Beiträge zur spätantiken und frühmittelalterlichen Geschichtsschreibung, Berlin/New York 2009, 61–78, hier 75). begierig nach Beredsamkeit Der langsame Geist des Constantius II. ist wieder im Kontrast zu Julian zu sehen, dessen Geisteskräfte ihn den

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Philosophen gleichkommen lassen (43,5). Damit könnte auch wieder auf die religiöse Ausrichtung der Kaiser angespielt sein, da in der Epitome Bildung, gerade rhetorische Bildung, zumeist als heidnische Bildung verstanden oder sogar mit dem Heidentum gleichgesetzt wird (vgl. Einleitung S. 94). (19) Er war der Zuneigung zu Eunuchen, Höflingen und Ehefrauen ergeben Vgl. zur Beeinflussung durch Höflinge ausführlicher Amm. 14,5,4 f., zu Eunuchen Amm. 14,11,3; 20,2,4, alles gemeinsam nennt Ammian ebenfalls in seiner Schlusscharakterisierung in 21,16,16. Die „Zuneigung zu … Ehefrauen“ spielt auf Eusebias Rolle am Hof an. Kritik an der Förderung von Eunuchen könnte in der Epitome auch aus ihrem eigenen Zeithorizont, in dem der übermächtige Eunuch Eutropios im Osten wirkte, resultieren. Die Parallelberichte machen die Entnahme aus einer gemeinsamen Quelle aber wahrscheinlicher (zu den Eunuchen um Constantius und Eusebia vgl. Wieber-Scariot, Zwischen Polemik und Panegyrik 289–305; generell s. H. Scholten, Der Eunuch in Kaisernähe. Zur politischen und sozialen Bedeutung des praepositus sacri cubiculi im 4. und 5. Jahrhundert n. Chr., Frankfurt a. M. 1995). (20) plurimas Die Form hat hier keinen Superlativcharakter; zum Austausch von Komparativ und Superlativ vgl. H.-Sz. 169. Aber von den Ehefrauen, von denen er mehrere hatte Constantius II. war insgesamt dreimal verheiratet: 335/6 heiratete er eine Tochter des Iulius Constantius und Schwester Julians (Iul. imp. ep. ad. Ath. 272d); 353 heiratete er Eusebia, die vermutlich 360 verstarb, wonach er Faustina zur Frau nahm (vgl. Wieber, Kaiserin von Gewicht 253; Wieber-Scariot, Zwischen Polemik und Panegyrik 237 mit Anm.; Kienast, Kaisertabelle 302). Adamantias … Gorgonias Die Eigennamen im Plural kennzeichnen ihre Träger als Typen und Vertreter einer bestimmten Gattung, s. H.-Sz. 19. durch Dienerinnen vom Schlage einer Adamantia und Gorgonia und anderes unschickliches Personal dem Ruf ihres Mannes schadete Das negative Urteil, über Eusebia (PLRE 1,300 f.) ist etwas verwunderlich, da sie als Patronin des positiv bewerteten Julian in Erscheinung trat (vgl. Iul. imp. or. 3 mit Wieber, Kaiserin von Gewicht; Amm. 15,3,8; 15,8,3; Zos. 3,1,2 f.). Die Einflüsterungen der Dienerinnen relativieren die Kritik an Eusebia zwar, entlasten sie jedoch nicht, besonders im Hinblick auf den folgenden Vergleich mit Plotina. Wer

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Adamantia und Gorgonia sind, ist nicht näher bekannt. Den Namen Gorgonia trugen Großmutter und Schwester von Gregor von Nazianz. Gorgonia bezeichnet weiterhin eine Koralle, zu deren Eigenschaften es gehört, dass sie an der Luft hart wie Stein werden, weshalb sie mit der Gorgo Medusa in Verbindung gebracht wird (vgl. Ovid. met. 4,744–752; Plin. hist. nat. 37,164). Adamantia könnte sich auf Gestein oder Metall beziehen, das, wenn es als besonders hart und unnachgiebig charakterisiert wird, als ἀδάμαϲ/adamas bezeichnet wird (vgl. bspw. Hes. scut. 135 f.; Lib. or. 21,18 [458]; Claud. in Rufin. 470). In diesem Falle wären die Namen ähnlich wie bei Colobius (32,1) und Trachala (41,16) im übertragenen Sinne gemeint, um die betreffenden Personen als scheußlich und unnachgiebig zu charakterisieren. Die mögliche Erklärung wäre dann durch die Verkürzungen des Epitomators verloren gegangen. Zu Eusebia und ihrem ebenfalls ambivalenten Bild bei Ammian vgl. Wieber-Scariot, Zwischen Polemik und Panegyrik 277–84. was bei ehrbaren Frauen Sitte ist, deren Ratschläge oft ihren Männern nützlich sind Ammian (14,1,8) diffamiert in seinem Bericht auf ähnliche Weise Constantina, die als Ehefrau des Caesars Gallus viele Gräueltaten angestiftet habe. Auch er weist danach daraufhin, was ehrbare Frauen bei ihren Männern bewirken könnten, und wählt als Beispiel aber die Gattin des Maximinus Thrax. (21) ut ceteras omittam Wie in 13,7 (de quo supervacaneum … nominatim promere) verwendet der Epitomator das rhetorische Mittel der praeteritio. in welchem Maße Pompeia Plotina den Ruhm Trajans vergrößert hat Der Gentilname der Plotina findet sich sonst nicht bei den erhaltenen antiken Literaten, ist aber epigraphisch belegt (vgl. ILS 1912; AE 1958, 184; Festy, Abrégé 209; Kienast, Kaisertabelle 120). Neben der generellen Hervorhebung Trajans als optimus princeps, der noch von Theodosius übertroffen wird (s. 48,8–10; Einleitung S. 93), ordnet Festy, 209 den Vergleich zwischen Plotina und Eusebia noch in andere Kontexte ein: Eusebia, die Julian fördert, sei bspw. das Gegenstück zu Plotina, die Hadrian an die Macht bringt. Schlumberger, Epitome 210 und Festy ebd. vermuten, dass Marius Maximus Quelle der Anekdote zu Plotina ist 1. habes – habes – habes Zum absoluten Gebrauch des Verbs vgl. ThLL s. v. habere Sp. 2400,9–37. Gauville, Epitome 163 f. bringt den Vergleich zwischen dem Staat und der Milz mit der Institutio Traiani in Verbindung, in der sich ein Vergleich mit dem Bauch findet. 1

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Prokuratoren die Provinzen mit verleumderischen Anklagen so heimsuchten Plinius (paneg. 36–43) lobt umfangreich die Unterdrückung des Denunziantentums, die Verwaltung der Staatskasse und die Reform der Erbschaftssteuer unter Trajan. Auf Letzteres bezieht sich womöglich „unde habes?“. Die Ablösung der Prokuratoren in den Finanzgerichten durch den neueingerichteten praetor fiscalis wurde allerdings schon von Nerva initiiert (vgl. die Erläuterung bei Kühn, Panegyrikus 190). 43. Wegen der Herrschaftskollegien und verschlungenen Ereignisverläufe gelingt es dem Epitomator ab seinem Bericht über die Tetrarchie nicht, abgeschlossene Biographien zu konstruieren bzw. er verzichtet darauf. Julian als Caesar nimmt viel Raum im Kapitel über Constantius II. ein und auch für Julians Alleinherrschaft findet der Autor noch nicht zum vollständigen biographischen Schema zurück. So versäumt der Epitomator es, die Herrschaftsdauer Julians anzugeben (seit 3. November 355 Caesar, seit 360 Augustus, gestorben 363, vgl. Kienast, Kaisertabelle 307 f.). Der Bericht über Julian als Augustus behandelt nur noch den Tod des Kaisers sowie die Gründe dafür und seinen Charakter, wobei diese Aspekte teilweise miteinander verwoben sind. [A. K.] (1) igitur Die Partikel ist hier abgeschwächt, vgl. H.-Sz. 513 (Zus. α). brach er, allzu begierig nach Ruhm, zum Feldzug gegen die Perser auf Bis hierhin hat Julian eine sehr wohlwollende Darstellung erfahren, mit dem Bericht über den Perserfeldzug ändert der Epitomator sein JulianBild. Er bedient sich eines topischen Motivs, indem die Herrscher ihre schlechten Eigenschaften nach der Erlangung der Alleinherrschaft offenbaren. Zuvor nutzte der Autor dies besonders deutlich im Bericht zu Konstantin (41,11). Theodosius hingegen, einer der optimi principes in der Darstellung des Epitomators, verhält sich als Alleinherrscher besser als je zuvor (48,16). Dass er diese Motive bei seinem Bericht über Julian sowie seinem Trajan-Theodosius-Vergleich bzw. dem Theodosius-Lob besonders herausstellt, liegt womöglich am Bedauern des Autors über die kurze Regierungszeit Julians (vgl. Schlumberger, Epitome 212 f.; Eutr. 10,16,2). Zudem nimmt die Epitome mit der kritischen Darstellung des Perserfeldzugs Rücksicht auf den diplomatischen Weg des Theodosius, der mit den Persern Frieden schloss (48,5). Vermutlich äußert er sich deshalb auch an gegebener Stelle nicht zum Jovianfrieden ebensowenig wie Trajans außenpolitische Erfolge genannt werden (vgl. Einleitung S. 77 f.). Julians Kampagne wird zwar erwähnt, allerdings ohne die Zwischenerfolge des Kaisers zu würdigen. Der Feldzug erscheint als

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überflüssig und führt zum Untergang Julians. Den ausführlichsten Bericht zu Julians Perserfeldzug 363 gegen Schapur II. liefert Ammian (22,12: Vorbereitung; 23–25,3: Feldzug und Tod; vgl. zur Kampagne N. McLynn, The Persian Expedition, in: Rebenich / Wiemer, A Companion to Julian, 293–325). (2–4) Wie häufig beim Tod von Kaisern, zirkulierten schon kurz nach dem Ableben Julians Berichte mit verschiedenen Abläufen, Erklärungsansätzen und Schuldigen, die es unmöglich machen, den genauen Hergang zu rekonstruieren (vgl. die Parallelstellen bei Paschoud, Zosime II,1 203 f.; Festy, Abrégé 210–2; Th. Büttner-Wobst, Der Tod des Kaisers Julian, Philologus 51 (1892) 561–80; P. Pfeil, Der Tod des Julian Apostata – ein oft besprochenes Rätsel, in: L. Popko u.a. [Hgg.], Von Sklaven, Pächtern und Politikern. Beiträge zum Alltag in Ägypten, Griechenland und Rom, Berlin/Boston 2012, 75–83). Die Erzählung der Epitome gleicht in vielen Elementen anderen Quellen, hat aber mit keiner so viele Gemeinsamkeiten, dass eine direkte Abhängigkeit ersichtlich wäre, nicht einmal mit dem ausführlich berichtenden Ammian, der zu allen Nachrichten leichte Varianten bietet (schon Büttner-Wobst, 72: „so möchte ich darauf hinweisen, dass die oft vertretene Annahme, die epitome gehe in letzter Linie auf Auszüge aus Ammian zurück […] hier durchaus nicht zutrifft.“). Wahrscheinlicher, wenn auch nicht zwingend, ist, dass Ammian die verlorene Quelle der Epitome gekannt hat (vgl. Schlumberger, Epitome 211 f.; Festy, Abrégé 210). [A. K.] (2) von einem Überläufer in einen Hinterhalt geführt Diese Nachricht bezieht sich entweder auf die von Überläufern initiierte Zerstörung der Verpflegungsschiffe (Amm. 24,7,3–7) oder auf die fatale Route, die der Kaiser einschlug (Ruf. Fest. 28,3). Dabei variiert in den Quellen auch die Zahl der Überläufer (vgl. Festy, Abrégé 210). nur mit einem hastig gegriffenen Schild Ganz ähnlich berichtet Ammian (25,3,3–7), der vermerkt, dass der Kaiser in der Aufregung seinen Panzer vergaß und nur den Schild ergriff. Die unübersichtliche Situation, in der Julian versuchte seine Truppen zu ordnen, beschreibt Ammian ausführlich. (3) cum … nititur Der Indikativ nach cum ist in der Epitome de Caesaribus gegenüber dem Konjunktiv die Ausnahme, vgl. phil. Komm. zu 33,2 cum … obsedit. wurde er von einem der Feinde, und zwar einem flüchtenden, mit einer Reiterlanze durchbohrt Nur der Epitomator bemerkt, dass der

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Mörder Julians während der Tat bereits auf der Flucht war. Eine vorgetäuschte Flucht der Perser findet sich in anderem Kontext beim Zeitgenossen des Epitomators in Claud. 3 cons. Hon. 201 f. Insgesamt erweckt die Bemerkung den Eindruck, als sei Julian im Begriff, ein Scharmützel zu gewinnen. Die ganze Auseinandersetzung, die bei Mangara am Tigris stattfand, kann damit nicht gemeint sein, sonst hätte Julian kaum Grund gehabt, verwundet nochmals aus dem Zelt hervorzukommen, um seine Männer anzusp*rnen (43,4). Außer Zosimos (3,29,1: Zosimos zeichnet sich sonst durch seine Gemeinsamkeiten mit der Epitome aus) und Theodoret (h. e. 3,25,7), die ein Schwert nennen, berichten die meisten Quellen von einer Lanze oder einem Speer als Tatwaffe (vgl. Bleckmann, Komm. Philost. 7,15,3 [KFHist E 7,402 f.]). Den contus, einen langen Reiter-Speer, hat die Epitome mit Ruf. Fest. 28,3 gemein. Der contus gehörte seit trajanischer Zeit zur Ausrüstung römischer Kavallarieeinheiten. Die Römer hatten diese Waffe vermutlich von den Sarmaten übernommen (vgl. Y. Le Bohec [Hg.], Encyclopedia of the Roman Army Vol. I, Chichester 2015, 175; vgl. aber Nickbakht, Komm. KFHist B 4 zur Stelle, der von einer schweren sasanidischen Reiterlanze ausgeht). Der Typ der benutzten Waffe erlaubt keinen Aufschluss darüber, wer Julian tötete. Die Vermutungen reichen von einem Feind, über einen von den mit Julian verbündeten Sarazenen, bis zu einem Christen oder einem Römer (vgl. die Zusammenstellung bei Festy, Abrégé 211 und die Lit. zu 2–4.). (4) er – starb ungefähr gegen Mitternacht Ähnlich berichtet auch Ammian (25,3,3-6). Zosimos (3,29,1), der hier ansonsten ungewöhnlich wenig Parallelen mit der Epitome aufweist, hat den gleichen Zeitpunkt des Todes: Mitternacht. Julian starb in der Nacht auf den 27. Juni 363 (vgl. Kienast, Kaisertabelle 210). ne … pararet Der Gedanke des sterbenden Kaisers über den Verzicht auf die Nachfolgeregelung ist zweigeteilt: Einerseits soll nicht ein einzelner von ihm favorisierter Freund, andererseits nicht der Staat in Gefahr geraten. Schotts Konjektur amicorum ergibt als Genitivattribut einen erklärenden Zusatz zu discrepantibus studiis. Schott interpungiert und druckt folgendermaßen: „ … ne, uti solet, in multitudine discrepantibus studiis amicorum, ex invidia reipublicae, discordia exercitus periculum pararet.“ Die parallele Struktur von amico ex invidia, rei publicae discordia, die für den Gedankengang zentral ist, geht durch Schotts Textgestaltung verloren. Zur Inkonzinnität des Präpositional-

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ausdrucks ex invidia und des Ablativus causae discordia vgl. H.-Sz. 817 f. und phil. Komm. zu 1,10 ob lauream coronam. dass er mit Absicht nichts über das Imperium verfüge Ammian (25,3,20) gibt zwei Gründe für Julians Weigerung, einen Nachfolger zu bestimmen, wieder: Zum einen wolle Julian keinen Würdigen übergehen, zum anderen keinen ihm Vertrauten einsetzen aus Angst, dass dieser rasch wieder abgesetzt würde. Letztere Begründung entspricht der in der Epitome. Die Angst Julians wäre insofern berechtigt gewesen, weil die wenigsten Absetzungen eines Kaisers unblutig verliefen. Die Nachricht der Epitome widerspricht anderen Quellen, die andeuten, Julian habe Prokop als Nachfolger vorgesehen, vgl. dazu den Komm. zu 46,4. (5) fuerat – aequaverat Das Plusquamperfekt kann umgangssprachlich im Hauptsatz zur Bezeichnung der einfachen Vergangenheit verwendet werden, vgl. H.-Sz. 321 und Galdi, Jordanes 240–42. Er hatte eine sehr umfassende Bildung Auffälligerweise fehlt eine ähnliche Bemerkung in der abschließenden Beurteilung Ammians zu Julian. Einzelne Aspekte finden sich aber auch hier über das Werk verteilt: Zu Julians Bildung und seinem philosophischen Verhalten vgl. bspw. Amm. 16,5,4–11, zu Julians Wissen, besonders von den Staatsgeschäften: Amm. 25,4,7; vgl. Festy, Abrégé 212. Julian ist in der Epitome der Kaiser, der in der Bildung und Philosophie am meisten herausragt (und zwar vor Mark Aurel: 16,7), wobei hellenische Bildung auch mit dem Festhalten am traditionellen Kult identifiziert wird, s. dazu Einleitung S. 94. Zur öffentlichen Selbstdarstellung Julians als Philosoph vgl. Bleckmann, Komm. zu Eutr. 10,16,3 (KFHist B 3,317). (6) er zwar stark, aber klein von Gestalt war Die Gestalt Julians thematisiert Ammian mehrfach: 22,2,5: klein; 25,4,5: „in Strapazen gestählter Körper“; 25,4,22: mittlere Größe aber sehr kräftig. In Aristot. phgn. 813b wird die mittlere Größe als die beste beschrieben: bei kleinen Menschen erreiche das Blut schneller das Gehirn, was bisweilen zu unbedachtem Handeln führe, bei großen langsamer, was sie träge mache. Die physiognomische Beurteilung passt zum ungestümen Handeln des Kaisers in der Epitome. (7) Diese Vorzüge minderte die Vernachlässigung des rechten Maßes Ähnlich urteilt auch Ammian, insbesondere in Bezug auf Julians Perserfeldzug (vgl. 24,6,4) und auch in seiner abschließenden Charakterisierung, in der er vor allem die fehlende moderatio in verschiedenen Aspekten von Julians Herrschaftsausübung kritisiert (vgl. 25,4,16–20).

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eine maßlose Begierde nach Lob Dieses Laster kritisiert der Epitomator in besonderem Maße, s. dazu Einleitung S. 93 f. eine abergläubische Verehrung der Götter Dies evoziert auch Ammian an mehreren Stellen: 22,5,2: Wiedereinführung der alten Kulte, Beschaffung von Opfertieren; 22,12,3: Massen an Opfertieren für den Perserfeldzug, davor Warnungen von Neidern, dass Julian noch an seinem eigenen Glück zugrunde ginge, wenn er nicht Maß halte (ähnlich der Epitome). Auffällig ist, dass auf das Rhetorenedikt und auf Verfolgungsmaßnahmen gegen die Christen nicht hingewiesen wird, vgl. dagegen Eutr. 10,16,3; Them. or. 67c–70c; Amm. 25,4,20; zur Aussparung des Christentums in der Epitome aber Einleitung S. 94. er war kühner, als es einem Kaiser gebührt. Vor leichtsinnigem Verhalten eines Kaisers warnt in der Epitome schon Augustus (1,11), s. den Komm. zu. 43,1 und 43,8. Nach Maier, Palastrevolution 224–36 und 247– 50 wurde Julian durch die an den Kaiser gerichtete Siegeserwartung, besonders in Abgrenzung zum eher defensiv agierenden Constantius II., zu einer kühnen und kämpferischen Herrschaftsausübung getrieben. Die Kritik an diesem Herrschaftsstil kann als Lob auf das „Palastkaisertum“ des Theodosius gewertet werden (dazu Maier, 442–50). (8) Der brennende Wunsch nach Ruhm Beim Epitomator steht diese Kritik nur in Zusammenhang mit dem Ende des Kaisers, das vermeidbar gewesen wäre. Wie die Epitome verweist auch Ammian (22,12,2) auf Julians starken Wunsch nach Ruhm im Kampf gegen die Perser, hebt aber auch für andere Bereiche diese Ruhmsucht hervor, z. B. im Zusammenhang mit dem Besuch des Philosophen Maximus in Konstantinopel (22,7,3). Der Epitomator legt die Maxime, nicht aus Begierde nach Ruhm einen Krieg zu beginnen, schon Augustus in den Mund (1,10). An diese Maxime hält sich der panegyrisch überhöhte Theodosius (48,10) ebenso wie Antoninus Pius (15,6), s. dazu auch Einleitung S. 93 f. weder durch ein Erdbeben noch durch viele Vorzeichen Der Epitomator befasst sich nur selten mit Vorzeichen. Erwähnt werden sie vor allem bei Kaisern, die eine übergreifende Rolle in seinem Werk spielen wie Trajan (13,10) und Theodosius (gleich zwei Orakel, die die Herrschaft ankündigen: 48,2 f.). Ammian (23,2,7) notiert ebenfalls das Erdbeben von Konstantinopel. Zosimos (3,12,1) berichtet von ungünstigen Omina vor dem Abmarsch aus Antiochia, führt hierzu aber nichts weiter aus. Die anderen unspezifizierten Vorzeichen, die der Epitomator erwähnt, könnten

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die bei Ammian genannten sein: 25,2,4 f.: Julian sieht eine Sternschnuppe beim Gebet; 23,5,12: Ein „ratgebender Blitz“ (Übers. Seyfarth) erscheint dem Kaiser; 23,1,6 f.: Der älteste Priester stirbt plötzlich, die sibyllinischen Bücher verbieten dem Kaiser über die Reichsgrenzen hinauszuziehen; 23,2,6–8: Ein Balken vom Stadttor von Hierapolis stürzt ein und erschlägt 50 Männer; in Batnae werden 50 Mann von einem riesigen Spreuhaufen verschüttet und finden den Tod; 23,5,6: Julian kreuzt den Weg eines zu Unrecht umgebrachten Unterbeamten; 23,5,8: Ein großer von vielen Pfeilen durchbohrter Löwe wird Julian vorgeführt, was dieser als Zeichen für den Tod eines Königs (der Perser) interpretiert und ihn in seinem Vorhaben bestärkt; 24,6,16: Julian will vor Ktesiphon 10 Stiere dem Mars Ultor opfern, 9 sterben vorher, einer flieht. 44. (1) Jovian, Sohn des Varronianus Einige Quellen heben die Bedeutung von Varronianus (PLRE 1,946 Nr. 1), Vater des Flavius Iovianus, hervor (vgl. Amm. 25,5,4 [Übers. Seyfarth: „Sohn des wohlbekannten Comes Varronianus“]; Zonar. 13,14,2 [comes]; Zos. 3,30,1 [Befehlshaber der domestici]). Auch Eutrop (10,17,1) vermerkt, dass der Vater Jovians domesticus war und den Soldaten bekannter als Jovian selbst. Er betont, dass Jovian seinem Vater die Kaiserwürde verdankt, aber ohne Varronianus namentlich zu nennen. Auch wenn der Epitomator nicht so deutlich wie andere Quellen Stellung und Erfolge des Vaters als Grund für die Akklamation Jovians nennt, impliziert er doch mit der Wiedergabe des Traums in 44,2 diesen Sachverhalt. Zu Jovians Erhebung und der Rolle seines Vaters vgl. N. Lenski, The Election of Jovian, Klio 82,2 (2000) 492–515, hier 507 f.; zur Rolle der protectores domestici J. W. Drijvers, The Forgotten Reign of the Emperor Jovian (363–364), New York 2022, 17–25; zur Karriere des Varronianus J. den Boeft u. a., Philological and Historical Commentary on Ammianus Marcellinus XXV, Leiden 2005, 186 f. Bewohners der Gegend von Singidunum in der Provinz Pannonien Nur der Epitomator lokalisiert die Herkunft Jovians genau. Dabei unterläuft ihm ein Fehler: Singidunum (heute Belgrad) liegt nicht in der Provinz Pannonia, sondern in Moesia superior (vgl. A. Mocsy, Gesellschaft und Romanisation in Moesia Superior, Budapest 1970, 33 f.; Festy, Abrégé 214). Der Fehler lässt sich durch die Nähe der Stadt zur Grenze von Pannonia inferior erklären. Oder der Epitomator zeigt sich bei der falschen Provinzzuordnung von der sehr ähnlichen Herkunftsbeschreibung zu Valentinian I. beeinflusst, der tatsächlich aus einer

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pannonischen Stadt, nämlich aus Cibalae, kam (45,2). Der Epitomator ist immer wieder um geographische Informationen reicher, wobei sich bisweilen Unsicherheiten offenbaren (vgl. Epit. Caes. 14,1 mit Einleitung S. 75 Anm. 1). regierte acht Monate Jovian wurde unmittelbar nach Julians Tod am 27. Juni 363 in Mangara zum Kaiser erhoben und herrschte bis zum 17. Februar 364 (vgl. Eutr. 10,18,2; Kienast, Kaisertabelle 312; nach Cons. Const. 364,1 starb Jovian am 19. Februar). Die Epitome rundet diese Zeit auf acht Monate. (2) amitteret Der Verstoß gegen die Consecutio temporum durch Verwendung des Konjunktivs Imperfekt anstelle des Konjunktivs Plusquamperfekt ist im Spätlatein nicht ungewöhnlich, vgl. H.-Sz. 552 und Scardino zu Aur. Vict. 33,1 arceret (KFHist B 2,237). praeceptum – diceret Zum bloßen Konjunktiv nach praecipio s. ThLL s. v. praecipio Sp. 448,54–63; zum bloßen Konjunktiv nach unpersönlichen Ausdrücken im allgemeinen vgl. H.-Sz. 531. edendus foret Die Verbindung des Gerundivums mit foret für das Futur Passiv ist spätlateinisch, vgl. H.-Sz. 313 und 395. Seinem Vater wurde … im Traum befohlen Ammian (25,10,16 f.) deutet an, den Traum zu kennen, führt diesen aber weder aus, noch berichtet er über die Verluste des Varronianus. Dafür bedient Ammian sich einer anderen Anekdote über den Konsulat von Jovians Sohn. Es scheint fast, als wolle Ammian an dieser Stelle verschleiern, dass er die Quelle der Epitome benutzt hat, s. Schlumberger, Epitome 214: „(…) durch größeren Wortreichtum und zusätzliche Informationen die frühere Quelle bewusst übertrumpfen“. Der Epitomator schweigt darüber, was das Traumgesicht voraussagen sollte, also ob Jovian, wie Theodosius, zum Kaiser bestimmt gewesen sei (vgl. 48,2–4), oder ob der Name habe verhindern sollen, dass Varronianus ein weiteres Kind verliert. Festy, Abrégé 228 nimmt wegen der Ähnlichkeit der Orakelsprüche zu Jovian und Theodosius eine gemeinsame Quelle an. Stimmt man dem zu, könnte man konkreter vermuten, dass dem Epitomator für die singuläre Traumnachricht zu Theodosius keine Quelle zu Theodosius vorgelegen hat, sondern er die Anekdote zu Jovian zweitverwertet hat 1 (zu den Eigenheiten des letzten Kapitels vgl. Komm. zu 48 und Einl. S. 89 f.).

Gauville, Epitome 10 geht von einem biblischen Kontext aus und vermutet, dass der Epitomator vom Traum Josefs in Matthäus 1,20 f. inspiriert worden sei. 1

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(3) Dieser war auffallend groß Symeon Logothetes (91,1 [Wahlgren]), Kedrenos (324,1 [Tartaglia]), Zonaras (13,14,19) und besonders detailliert Ammian (25,10,14) bemerken Jovians außerordentliche Körpergröße. Der auffällige Kontrast zu Julian war in der Quelle der Epitome womöglich noch ausgeprägter, vielleicht sogar negativer konnotiert, aber sicher nicht in der Weise, wie bei Ammian, der die daraus resultierende Schwerfälligkeit von Jovians Bewegungen bemerkt (vgl. aber Eutrop [10,17,3], der das Gegenteil behauptet). Die Epitome zeichnet generell ein erstaunlich positives Bild von Jovian (zur aristotelischen Physiognomie über Körpergrößen vgl. Komm. zu 43,6). angenehm von Charakter und bildungsbeflissen In gleicher Reihenfolge beschreibt Zonaras (13,14,19 f.) erst den Charakter, dann die Körpergröße und Belesenheit des Kaisers. Ammian (25,10,14 f.) stellt Jovian als leutselig dar, die Provenienz aus einer gemeinsamen Grundquelle, die einerseits in die Epitome einging, andererseits über die Leoquelle bis zu Zonaras gelangte, ist anzunehmen (vgl. Sym. Log. 91,1 [Wahlgren]; Cedr. 324,1 [Tartaglia]; Festy, Abrégé 214; Bleckmann, Vom Tsunami 22). Allerdings attestiert Ammian Jovian nur mittelmäßige Bildung und zwar unmittelbar, nachdem er von Jovians Verehrung für das Christentum berichtet hat. Ammian hat den Bildungsgrad des Kaisers womöglich absichtlich herabgesetzt, um die ansonsten auch in der Epitome zu findende Verbindung zwischen Bildung und Paganismus anzudeuten. Dass der Epitomator die christliche Konfession des Kaisers trotz der entsprechenden Bemerkung beim Parallelautor Ammian nicht erwähnt, verwundert nicht, vgl. Einleitung S. 94. Zum ambivalenten Jovian-Bild in anderen Quellen vgl. J. W. Drijvers, Jovian between History and Myth, in: Burgersdijk / Ross, Imagining Emperors, 234–56, bes. 239–48. (4) mitten im harten Winter von Persien nach Konstantinopel Der Epitomator fasst den beschwerlichen Marsch des Heeres vom persischen auf römisches Territorium knapp zusammen. Die diplomatischen Bemühungen Jovians nach seinem Herrschaftsantritt klammert er gänzlich aus. Der sogenannte Jovianfrieden wird von den zeitgenössischen Autoren als Schmach empfunden (vgl. Amm. 25,7,9-14; Lib. or. 18,278–280 [357– 9]; Eutr. 10,17,1–3 mit Bleckmann, Komm. und Einl. [KFHist B 3,16–8 u. 321–3]). Das Schweigen der Epitome erklärt sich vielleicht mit der Rücksicht auf den Frieden, den Theodosius in den 380er Jahren mit den Persern schloss. Dabei hätte der Epitomator parallel zur Notiz über den theodosianischen Vertrag durchaus berichten können, dass die Perser um

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den Frieden baten (vgl. Amm. 25,7,1–3; Lib. or. 18,277 [357]; Zos. 3,31,1). Kritik an Jovian selbst könnte sich in der Betonung der Eile erhalten haben, mit der der Kaiser in der Darstellung der Epitome nach Konstantinopel reist. Eutrop (10,17,3) erklärt diese Eile nämlich damit, Jovian habe schnellstmöglich nach Illyricum gelangen wollen, weil er potentiell rivalisierende Prätendenten fürchtete und seine Herrschaft so schnell wie möglich sichern wollte. Bis nach Konstantinopel kam Jovian nicht mehr. Nach Zos. 3,35,3 und Amm. 25,10,4 brach er im tiefsten Winter (vgl. die Angabe der Epitome) von Antiochia auf und starb auf dem Weg nach Konstantinopel in Dadastana (Amm. 25,10,12), an der Grenze zu Galatien (Eutr. 10,17,3). accelerans Einige der älteren Hss. haben dum … accelerans. Es ist nicht völlig auszuschließen, dass diese Art der Kontamination von Nebensatz und Partizipialkonstruktion (vgl. Galdi, Jordanes 277) vom Epitomator selbst stammt. Sie wäre aber an dieser Stelle singulär und wird deswegen nicht in den Text gesetzt. cruditate – interiit Beide Ursachen – die Überladung des Magens und die Vergiftung – sind auf gravatus zu beziehen und stehen asyndetisch nebeneinander. Zum zweifachen Asyndeton cruditate stomachi, tectorio novi operis vgl. 1,12 (compendio tenui, iactura gravi). Wie in 16,3 (quo summis angoribus) und 21,3 (furore … insectatione) lässt sich das Verhältnis der beiden Ablative zueinander nicht genau durch grammatische Kategorien wie der des Ablativus causae oder der des Ablativus modi definieren. Es bleibt in der Schilderung des Epitomators letztlich unklar, ob beide Gründe gleichberechtigt zum Tod Jovians geführt haben oder ob einer der beiden als Hauptgrund und der andere als ein verstärkender Begleitumstand anzusehen ist. starb er plötzlich Eutrop (10,18,1) und Ammian (25,10,13) bieten drei verschiedene Gründe für den Tod Jovians: durch Völlerei; durch Dämpfe eines frisch verputzten Schlafzimmers oder durch zu viele glühende Kohlen in seinem Schlafgemach, die der Kaiser wegen der strengen Kälte hatte anzünden lassen. Zonaras (13,14,11 f.) kombiniert alle drei Versionen miteinander, der Epitomator die ersten beiden. Auch Septimius Severus stirbt in Epit. Caes. 20,9 an einer solchen Magenverstimmung nach Völlerei. etwa in seinem vierzigsten Lebensjahr Die Angabe des Epitomators ist falsch, Jovian wurde 331 geboren, starb also

Profane Zeitgeschichtsschreibung des ausgehenden 4. und frühen 5. Jahrhunderts: (D1) Nicomachus Flavianus, (D2) Anonymus, (D3) Epitome de Caesaribus, (D4) Sulpicius Alexander, (D5) Renatus Profuturus Frigeridus
 350679292X, 9783506792921, 783657702756 [P (2024)
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